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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 08.02.2006
Aktenzeichen: 10 Sa 659/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 55 Abs. 1 Nr. 4
ArbGG § 59
ArbGG § 67 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 296 Abs. 1
ZPO § 313 b Abs. 1
ZPO § 340 Abs. 3
ZPO § 520 Abs. 3
ZPO § 539 Abs. 2
ZPO § 539 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 659/05

Entscheidung vom 08.02.2005

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.07.2005, AZ: 8 Ca 1266/05, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt teilweise abgeändert:

1. Das Versäumnisurteil vom 15.06.2005 wird insoweit aufrechterhalten, als der Beklagte verurteilt wurde,

a) an den Kläger 1.880,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 600,00 € seit dem 01.02.2005, aus 650,00 € seit dem 01.03.2005 und aus 630,00 € seit dem 01.04.2005 zu zahlen.

b) an den Kläger dessen Lohnsteuerkarte 2005 sowie einen Versicherungsnachweis herauszugeben.

2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat 33 % und der Beklagte 67 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten im Termin vom 15.06.2005 entstandenen Kosten, die dem Beklagten auferlegt werden.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Arbeitsvergütungsansprüche des Klägers. Darüber hinaus begehrt der Kläger vom Beklagten in Herausgabe von Arbeitspapieren.

Am 15.06.2005 erging gegen den in der Güteverhandlung nicht erschienen Beklagten folgendes Versäumnisurteil:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.060,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 600,00 EUR seit dem 01.02.2005, aus 650,00 EUR seit dem 01.03.2005, aus 630,00 EUR seit dem 01.04.2005 sowie 1.180,00 EUR ab dem 01.05.2005 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger dessen Lohnsteuerkarte 2005 sowie einen Versicherungsnachweis herauszugeben.

...

Eine förmliche Zustellung dieses Versäumnisurteils kann nicht festgestellt werden. Eine diesbezügliche Postzustellungsurkunde ist nicht beim Arbeitsgericht eingegangen. Nach dem Vorbringen des Beklagten, welchem der Kläger nicht entgegengetreten ist, gelangte das Versäumnisurteil in Folge fehlerhafter Adressierung (falsche Hausnummer) in den Briefkasten eines Nachbarn, der es ihm - dem Beklagten - erst am 29.06.2005 zukommen ließ.

Am 05.07.2005 hat der Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt.

Der Kläger hat erstinstanzlich (zuletzt) beantragt,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abzuweisen.

Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Weiteren wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.07.2005 (Bl. 24 und 25 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.07.2005 das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4 bis 6 dieses Urteils (= Bl. 25 - 27 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 01.08.2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15.08.2005 Berufung eingelegt und diese am 30.09.2005 begründet.

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Monate Januar bis April 2004. Zwar treffe es zu, dass mit dem Kläger ein monatlicher Nettolohn von 1.200,00 € vereinbart worden sei. Die Arbeitsentgeltansprüche des Klägers seien jedoch für die Monate Januar, Februar und März 2005 durch Zahlung einer Vielzahl kleinerer Barbeträge an den Kläger ausgeglichen worden. Für April 2005 stehe dem Kläger bereits deshalb kein Arbeitsvergütungsanspruch zu, da er in diesem Monat nicht mehr gearbeitet habe. Vielmehr sei der Kläger letztmals am 31.03.2005 zur Arbeit erschienen. Von einer Erkrankung des Klägers sei ihm, dem Beklagten, nichts bekannt. Er bestreite daher, dass der Kläger im April 2005 arbeitsunfähig gewesen sei.

Der Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 15.06.2005 abzuweisen.

Für den Kläger, der schriftsätzlich der Berufung unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils entgegengetreten ist, erschien in der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2006 trotz ordnungsgemäßer Ladung niemand.

Der Beklagte hat daher beantragt,

gegen den Kläger ein Versäumnisurteil zu erlassen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 24, 25 d. A.) sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist nur zum Teil zulässig. Zwar hat der Beklagte das Rechtsmittel sowohl fristgerecht eingelegt als auch begründet. Soweit das Arbeitsgericht auch der Klage auf Herausgabe von Arbeitspapieren (Lohnsteuerkarte 2005, Versicherungsnachweis) stattgegeben hat, fehlt es jedoch an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 ZPO. Die Berufungsbegründungsschrift des Beklagten enthält diesbezüglich keinerlei Ausführungen. Das Rechtsmittel war daher insoweit als unzulässig zu verwerfen, ohne dass dies im Tenor gesondert zum Ausdruck zu bringen war.

Aber auch im Übrigen konnte dem Antrag des Beklagten, die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils sowie unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 15.06.2005 insgesamt abzuweisen, nur zum Teil entsprochen werden. Nach § 539 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist der Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Berufungsbeklagten nur insoweit zulässig, als das zulässige tatsächliche Vorbringen des Berufungsklägers dessen Antrag rechtfertigt. Dies ist vorliegend hinsichtlich der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Arbeitsvergütung für die Monate Januar, Februar und März 2005 nicht der Fall. Zwar hat der Beklagte unter Substantiierung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend gemacht, die diesbezüglichen Vergütungsansprüche des Klägers durch Teilzahlungen erfüllt zu haben. Mit diesem Vorbringen ist der Beklagte jedoch nach § 67 Abs. 1 ArbGG ausgeschlossen, weil es im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden ist. Das Arbeitsgericht hat in den Entscheidungsgründen seines Urteils den erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2005 vorgebrachten Erfüllungseinwand des Beklagten zutreffend als verspätet angesehen, weil der nicht innerhalb der Frist des § 340 Abs. 3 ZPO, d. h. innerhalb der einwöchigen Einspruchsfrist des § 59 ArbGG vorgetragen worden war. Nach § 340 Abs. 3 ZPO ist die Partei gehalten, bereits in der Einspruchschrift ihre Angriff- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, vorzubringen. Hierauf war der Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung des Versäumnisurteils vom 15.06.2005 auch ausdrücklich hingewiesen worden. Zutreffend ist das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass eine Berücksichtigung des verspäteten Vorbringens des Beklagten die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte. Insoweit folgt das Berufungsgericht den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils (dort Seite 5 letzter Absatz bis Seite 6 1. Absatz) und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Umstände, welche das verspätete Vorbringen des Erfüllungseinwandes rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Arbeitsgericht hat daher zu Recht das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten gemäß §§ 340 Abs. 3, 296 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückgewiesen, mit der Folge, dass dieses auch im Berufungsverfahren keine Berücksichtigung mehr finden kann (§ 67 Abs. 1 ArbGG).

Die Berufung des Beklagten war daher insoweit, d. h. hinsichtlich der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Arbeitsentgeltansprüche des Klägers für die Monate Januar, Februar und März 2005 i. H. v. insgesamt 1.880,00 € durch sog. unechtes Versäumnisurteil zurückzuweisen.

Im Übrigen, d. h. hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten und vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Vergütungsanspruchs für April 2005 i. H. v. 1.180,00 € rechtfertigt das Berufungsvorbringen des Beklagten, gegen dessen Berücksichtigung im Berufungsverfahren insoweit keine Bedenken bestehen, und welches gem. § 539 Abs. 2 ZPO als zugestanden gilt, eine Abweisung der Klage unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils durch Erlass eines entsprechenden Versäumnisurteils, wobei das Berufungsgericht gemäß § 313 b Abs. 1 ZPO von einer weitergehenden Begründung absieht.

Nach alledem war die Berufung überwiegend durch unechtes Versäumnisurteil zurückzuweisen. Lediglich hinsichtlich der geltend gemachten Arbeitsvergütung für April 2005 i. H. v. 1.180,00 € war die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils durch Versäumnisurteil abzuweisen. Die Entscheidung erging nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG insgesamt durch Alleinentscheidung des Vorsitzenden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 344 ZPO.

Für die Zulassung der Revision für den Beklagten bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die (nur) für den Beklagten gegebene Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Für den Kläger ist der Rechtsbehelf des Einspruchs nach Maßgabe der folgenden Rechtsbehelfsbelehrung gegeben.

Ende der Entscheidung

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