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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.05.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 903/04
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 162 Abs. 1
BGB § 812 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 903/04

Entscheidung vom 11.05.2005

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 30.09.2004, AZ: 5 Ca 1276/04, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine Sonderzahlung.

Die Klägerin war vom 15.11.1998 bis zum 31.03.2004 bei der Beklagten als Projektmanagerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete nach dem Inhalt eines zwischen den Parteien beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - am 16.02.2004 geschlossenen Prozessvergleichs (AZ: 5 Ca 131/04) aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung vom 20.01.2004 zum 31.03.2004 gegen Zahlung einer Abfindung i. H. v. 30.000,- €. Zuvor war die Klägerin bereits seit Anfang Januar 2003 von der Arbeit freigestellt gewesen.

Bei der Beklagten besteht eine Betriebsvereinbarung "über Entgeltzahlung und Gewinnbeteiligung" vom 28.09.2001, die u. a. Regelungen über einen Gewinnbeteiligungsanspruch der Mitarbeiter enthält. Diesbezüglich enthält die Betriebsvereinbarung, hinsichtlich deren Inhalt im Einzelnen auf Blatt 21 bis 25 d. A. Bezug genommen wird, folgende Bestimmung:

§ 7 Individuelle Anspruchsberechtigung

Ausgenommen sind Geschäftsführer, Prokuristen sowie Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Ausgenommen sind weiterhin alle Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Auszahlung der Gewinnbeteiligung nicht die letzten 12 Monate zurück gerechnet ab dem Zeitpunkt der Auszahlung voll für das Unternehmen tätig waren oder sich zum Zeitpunkt der Auszahlung in einem gekündigten Arbeitsverhältnis befinden, es sei denn, die Kündigung erfolgte ordentlich durch den Arbeitgeber.

Zwischen Mitte und Ende April 2004 zahlte die Beklagte an ihre Arbeitnehmer eine Gewinnbeteiligung für das Jahr 2003 aus.

Die Klägerin ist der Ansicht, auch ihr stehe nach den Vorschriften der Betriebsvereinbarung vom 28.09.2001 für das Jahr 2003 eine Gewinnbeteiligung zu. Auf § 7 der Betriebsvereinbarung könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Die Regelung sei insoweit unwirksam, als sie auch Arbeitnehmer, denen aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden sei, von der Gewinnbeteiligung ausschließe. Darüber hinaus mache die Betriebsvereinbarung das Entstehen verdienter Ansprüche vom Eintritt eines unbestimmten Fälligkeitszeitpunktes abhängig.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen

1. über die von ihr in der Zeit vom 01.01.2003 bis zum 31.12.2003 verdiente Provision Auskunft zu erteilen;

2. die Richtigkeit der Abrechnung an Eides statt zu versichern;

3. den sich aus der Auskunft zu ihren Gunsten ergebenden Bruttobetrag nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2004 zu zahlen;

4. die Beklagte zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung, die 8.000,- € nicht unterschreiten sollte, für den Fall zu verurteilen, dass sie den unter Ziffer 1 eingeklagten Auskunftsanspruch nicht binnen eines Monats nach Verkündung der Entscheidung des Arbeitsgerichts vollumfänglich erfüllt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Gewinnbeteiligung nach der Betriebsvereinbarung vom 28.09.2001 zu, da sie zum 31.03.2004 ausgeschieden und somit nicht die letzten 12 Monate vor dem Auszahlungszeitpunkt im Arbeitsverhältnis gestanden habe. Insoweit stehe dem geltend gemachten Anspruch auch der Umstand entgegen, dass die Klägerin - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - bereits seit Januar 2003 von der Arbeit freigestellt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30.09.2004 abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 und 6 dieses Urteils (= Bl. 37 und 38 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 06.10.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.11.2004 Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland - Pfalz eingelegt und diese am 03.12.2004 begründet.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge unverändert weiter.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 34 bis 37 d. A.), auf die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin vom 02.12.2004 (Bl. 63 bis 65 d. A.), auf die Berufungserwiderungsschrift der Beklagten vom 15.01.2005 (Bl. 84 bis 87 d. A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 11.05.2005 (Bl. 100 bis 103 d. A.).

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen.

Die Klage ist insgesamt unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Gewinnbeteiligung für das Jahr 2003. Die Beklagte ist daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verpflichtet, der Klägerin über die Höhe dieser Gewinnbeteiligung Auskunft zu erteilen und die Richtigkeit einer solchen Auskunft an Eides statt zu versichern.

Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Zahlung einer Gewinnbeteiligung sind nach § 7 der Betriebsvereinbarung vom 28.09.2001 nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind u. a. diejenigen Arbeitnehmer aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten Mitarbeiter ausgenommen, die zum Zeitpunkt der Auszahlung der Gewinnbeteiligung nicht die letzten zwölf Monate zurückgerechnet ab dem Auszahlungszeitpunkt voll für das Unternehmen tätig waren. Der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Auszahlungszeitpunkt ist daher Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.03.2004 und somit vor dem Auszahlungszeitpunkt (zwischen Mitte und Ende April 2004) geendet hatte, ist ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung der betreffenden Sonderzahlung nicht entstanden.

Entgegen der Ansicht der Klägerin bestehen hinsichtlich der Wirksamkeit dieser in § 7 der Betriebsvereinbarung geregelten Anspruchsvoraussetzung keine Bedenken.

Eine Sonderleistung des Arbeitgebers kann zum Einen ausschließlich die Entlohnung erbrachter Arbeitsleistung zum Gegenstand haben und keinen darüber hinausgehenden Zweck verfolgen. Ein derartiger Anspruch auf Entgelt im engeren Sinne entsteht bereits im Laufe des Bezugszeitraums entsprechend der zurückgelegten Zeitdauer und Arbeitsleistung und wird lediglich zu einem bestimmten Zeitpunkt insgesamt fällig. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor dem vertraglich festgelegten Auszahlungstag einen Anspruch auf eine anteilige Sonderzahlung entsprechend dem Wert der von ihm erbrachten Teilleistung. Demgegenüber handelt es sich dann, wenn die Sonderleistung sowohl Entgelt für erbrachte Arbeitsleistung als auch eine Belohnung für die in der Vergangenheit und/oder Zukunft erwiesene Betriebstreue darstellt, um eine Sonderzuwendung mit sog. Mischcharakter. Dabei ist es rechtlich möglich, in einer Betriebsvereinbarung die Voraussetzung aufzustellen, dass die Zuwendung nur denjenigen Arbeitnehmern zustehen soll, die im Zeitpunkt der Auszahlung in einem Arbeitsverhältnis stehen (BAG, AP Nr. 4, 16, 34, 52 und 86 zu § 611 BGB Gratifikation). Ob eine Sonderleistung als reines Entgelt oder als Entgelt mit Mischcharakter einzuordnen ist, ergibt sich aus dem Zweck und Motiv der Zahlung. Die Zweckbestimmung ergibt sich aus der Bezeichnung der Leistung und insbesondere aus der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzung, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG, Urteil vom 07.11.1991, AZ: 6 AZR 489/89).

Im Streitfall ergibt sich aus den in § 7 der Betriebsvereinbarung geregelten Anspruchsvoraussetzungen, dass es sich bei der Gewinnbeteiligung um eine Sonderleistung mit Mischcharakter handelt. Aus der Bestimmung die - wie bereits ausgeführt - , die Voraussetzung beinhaltet, dass das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt noch besteht und - mit Ausnahme einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung - auch nicht bereits gekündigt sein darf, ergibt sich, dass die Sonderleistung nach dem Willen der Betriebspartner nicht nur ein Entgelt für bereits erbrachte Arbeitsleistung sondern zumindest auch eine Belohnung für die in der Vergangenheit und Zukunft erwiesene Betriebstreue darstellen soll.

Es begegnet vorliegend auch keinen rechtlichen Bedenken, dass nach § 7 der Betriebsvereinbarung ein Anspruch auf die Sonderzahlung auch dann nicht besteht, wenn das Arbeitsverhältnis wie im Streitfall vor dem Auszahlungszeitpunkt durch eine betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung geendet hat. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine solche in einer Betriebsvereinbarung getroffene Regelung bei Sonderzuwendungen mit Mischcharakter zulässig (BAG, AP Nr. 138 zu § 611 BGB Gratifikation).

Der Beklagten ist es auch nicht verwehrt, sich auf die Stichtagsregelung zu berufen. Die im gerichtlichen Vergleich vom 16.02.2004 festgelegte betriebsbedingte Beendigungskündigung wurde nicht allein oder im Wesentlichen mit dem Ziel der Vereitelung der Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich der Gewinnbeteiligung ausgesprochen. Dafür hat weder die Klägerin Tatsachen vorgetragen, noch sind solche ansonsten ersichtlich. Die Beklagte hat auch nicht durch die Wahl des Auszahlungszeitpunktes im April 2004 die Entstehung des Anspruchs der Klägerin nach § 162 Abs. 1 BGB wider Treu und Glauben verhindert. Wie zuletzt zwischen den Parteien unstreitig geworden und auch durch die von der Klägerin selbst vorgelegten Gehaltsabrechnungen (Bl. 66 bis 72 d. A.) belegt ist, erfolgte die Auszahlung der Gewinnbeteiligung in der Vergangenheit jeweils nicht vor April des auf den Bemessungszeitraum folgenden Jahres. Grund hierfür ist nach dem unbestrittenen Sachvortrag der Beklagten der Umstand, dass jeweils im Februar/März das Ergebnis zunächst von der Geschäftsführung festgestellt wird, die Wirtschaftsprüfer das Ergebnis testieren und danach der vom Betriebsrat gewählte Wirtschaftsausschuss sein "ok" gibt und somit erst danach die Auszahlung der Gewinnbeteiligung vorgenommen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Auszahlungszeitpunkt im Jahr 2004 in irgendeiner Weise verzögert hat, bestehen nicht. Auch die Tatsache, dass die Beklagte bis für das Jahr 2001 ihren Mitarbeitern jeweils bereits im November aufgrund einer Gewinnprognose einen Abschlag auf die zu erwartende Gewinnbeteiligung ausbezahlt hat, vermag der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Insoweit handelte es sich zweifellos lediglich um einen Vorschuss, den ein Mitarbeiter, der im Folgejahr vor dem maßgeblichen Auszahlungszeitpunkt ausscheidet, nach § 812 Abs. 1 BGB zurückerstatten müsste. Im Übrigen erfolgte in den Jahren 2002 und 2003 unstreitig eine solche Vorschussleistung nicht.

Da somit feststeht, dass der Klägerin für das Jahr 2003 kein Anspruch auf Zahlung einer Gewinnbeteiligung zusteht, war die Stufenklage insgesamt - ebenso wie der Antrag nach § 61 Abs. 2 ArbGG auf Entschädigung für den Fall der nicht fristgemäßen Auskunftsteilung - abzuweisen.

Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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