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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.10.2003
Aktenzeichen: 10 Sa 949/03
Rechtsgebiete: AGBG, ArbGG, BGB, EGBGB


Vorschriften:

AGBG § 2
AGBG § 5
AGBG § 23 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 305 n. F.
BGB § 306 n. F.
BGB § 307 n. F.
BGB § 308 n. F.
BGB § 309 n. F.
BGB § 310 n. F.
EGBGB § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Sa 949/03

Verkündet am: 29.10.2003

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 02.04.2003, AZ: 1 Ca 61/03, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war bei dem beklagten Fußballverein als Lizenzspieler beschäftigt. Hinsichtlich dieses Arbeitsverhältnisses schlossen die Parteien mehrere schriftliche Verträge. Der erste Vertrag datiert vom 29.07.1999 und enthält u. a. folgende Bestimmungen:

1.

Der Spieler verpflichtet sich auf der Grundlage des beigefügten DFB - Formularvertrages als Lizenzspieler für den 1. FC ab Freigabe durch I M bis zum 30.06.2002 tätig zu sein.

2.

Der Spieler erhält folgende Bezüge:

a) monatliches Grundgehalt 50.000,- DM (i. W. fünfzigtausend).

In diesem Grundgehalt ist eine Abschlagszahlung auf Urlaubsentgeltansprüche des Spielers in Höhe von DM 15.000,- monatlich enthalten. Sollte der Anspruch des Spielers geringer sein, so erklärt der Verein, dass er auf jegliche Rückerstattung unwiderruflich verzichtet. Sollte der tatsächliche Anspruch des Spielers höher sein, so tritt er den die Abschlagszahlung übersteigenden Teil an den Verein ab. Der Verein nimmt diese Abtretung ausdrücklich an.

b)

Der Spieler erhält für jeden Einsatz in einem Pflichtspiel, unabhängig von der Dauer des Einsatzes, eine Einsatzprämie in Höhe von DM 15.000,-. Pflichtspiele sind die Spiele der Fußballbundesliga und die Spiele in europäischen Wettbewerben.

...

...

...

Ab 05.08.1999 schlossen die Parteien unter Verwendung eines vom Deutschen Fußballbund erstellten Vertragsformulars einen weiteren Vertrag, der u. a. folgende Regelungen beinhaltet:

§ 4 Pflichten des Vereins

1) Vergütung und andere geldwerte Leistungen

Der Spieler erhält

a) ein monatliches Grundgehalt von DM 50.000,- (i. W. : fünfzigtausend DM)

b) Soweit weitere Vergütungen und andere geldwerte Leistungen vereinbart worden sind, sind diese in einer Anlage zum Arbeitsvertrag enthalten. Die Anlage ist Bestandteil dieses Arbeitsvertrages.

Die Bezüge des Spielers sind Bruttobezüge. Für die Abführung von Steuern und Soziallasten gelten die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen.

Auf die Bestimmung des § 12 Abs. 6 wird ausdrücklich verwiesen.

...

...

§ 12 Schlußbestimmungen

...

...

Die beiderseitigen Ansprüche aus dem Vertrag, insbesondere aus §§ 4a, 5, 6 und 7, sind von den Vertragsparteien innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung schriftlich geltend zu machen, anderenfalls sind sie erloschen, sofern ein solcher Verfall nicht durch zwingende gesetzliche Bestimmung ausgeschlossen ist.

Eine weitere schriftliche Vereinbarung trafen die Parteien unter dem 26.07./02.08.2000. Diese lautet (auszugsweise) wie folgt:

1.

Im Hinblick auf die im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss der Parteien im Jahre 1999 getroffenen mündlichen Abreden wird die Vergütung für A. für den Zeitraum 01.07.2000 bis 30.06.2002 wie folgt neu angesetzt:

a)

Monatliches Grundgehalt DM 100.000,- (i. W.: einhunderttausend DM).

...

b)

Punktprämie pro Punkt für Bundesligaspiele DM 30.000,-- (i. W.: dreißigtausend DM).

3.

Alle weiteren Punkte des Vertrages vom 29.07.1999 bleiben unverändert bestehen.

Die Parteien beendeten das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 12.02.2002. Der diesbezüglich zwischen den Parteien geschlossene schriftliche Auflösungsvertrag vom 12.02.2002 (Bl. 18 d. A.) enthält folgende Vereinbarung:

" Der 1. FC eV und A. lösen den DFB - Arbeitsvertrag vom 05.08.1999, die Zusatzvereinbarung vom 26.07.2000, sowie alle Vereinbarungen, die je mit dem Spieler seit Vertragsbeginn geschlossen wurden, zum 12.02.2002 in beiderseitigem Einvernehmen auf.

Mit Erfüllung der sich aus diesem Auflösungsvertrag ergebenden Ansprüche, sind damit sämtliche zwischen den Parteien dieses Vertrages bestehenden Ansprüche, ob bekannt oder unbekannt, gleich welchen Rechtsgrundes abgegolten und erledigt.

Herr A. erhält die Möglichkeit seine Gehalts- und Prämienabrechnungen wie ausgezahlt und gehandhabt, für die Zeit vom 01.09.2001 bis 31.01.2002 zu überprüfen.

Nebenabreden habe keine Gültigkeit und bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. "

Mit seiner am 09.01.2003 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger gegenüber dem Beklagten die Zahlung von Punktprämien i. H. v. insgesamt 394.920,97 € aus Bundesligaspielen, die im Zeitraum vom 28.07.2001 bis 06.02.2002 stattgefunden hatten, geltend gemacht. Bei den betreffenden Bundesligaspielen war der Kläger nicht als Spieler eingesetzt worden. Darüber hinaus begehrt der Kläger vom Beklagten für den Monat September 2001 die Zahlung restlicher Arbeitsvergütung in Höhe von 10.225,84 €. Der Beklagte hatte diesen Betrag in der diesbezüglichen Gehaltsabrechnung (Bl. 44 b d. A.) von der Grundvergütung des Klägers in Abzug gebracht und beruft sich hierbei auf eine vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe.

Eine schriftliche Geltendmachung dieser Forderungen erfolgte vorprozessual mit Scheiben des Klägers vom 16.12.2002 (Bl. 19 und 20 d. A.).

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen stehe ihm eine Punktprämie für jeden vom Beklagten in einem Bundesligaspiel erzielten Punkt zu, und zwar unabhängig davon, ob er - der Kläger - bei dem betreffenden Spiel als Spieler eingesetzt worden sei. Seinen diesbezüglichen Ansprüchen stünden auch weder der Inhalt des Auflösungsvertrages vom 12.02.2002 noch die in § 12 des Arbeitsvertrages vom 05.08.1999 enthaltenen Ausschlussfristen entgegen. Entsprechendes gelte im Hinblick auf die unberechtigte Kürzung seiner Grundvergütung für den Monat September 2001.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 405.198,82 € nebst dem gesetzlichen Zinssatz seit dem 06.01.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Punktprämien für solche Spiele, bei denen er nicht als Spieler eingesetzt worden sei. Einem Teil der diesbezüglichen Forderungen des Klägers stehe bereits der Inhalt des Aufhebungsvertrages entgegen. Im Übrigen seien die geltend gemachten Ansprüche nach Maßgabe der vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen verfallen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.04.2003 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, die streitbefangenen Forderungen seien nach § 12 Abs. 6 des Arbeitsvertrages vom 05.08.1999 verfallen. Hinsichtlich der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf die Seiten 8 bis 10 dieses Urteils (= Bl. 103 bis 105 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 24.06.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.07.2003 Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland - Pfalz eingelegt und diese zugleich begründet.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die erstinstanzlich geltend gemachten Zahlungsansprüche mit Ausnahme der Ansprüche auf Zahlung von Punktprämien für die Bundesligaspiele vom 02.02.2002 und 06.02.2002 unverändert weiter.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien die streitbefangenen Prämienansprüche nicht von der in § 12 Abs. 6 des Formular-Arbeitsvertrages vom 05.08.1999 enthaltenen Ausschlussfrist erfasst. Der Vertrag vom 29.07.1999, welcher die Prämienansprüche regele, sei nämlich nicht Bestandteil des Vertrages vom 05.08.1999. Dies gelte erst Recht hinsichtlich der Zusatzvereinbarung vom 26.07.2000. Einer wirksamen Vereinbarung der Ausschlussfristen stünden im Übrigen auch die Vorschriften der §§ 2 und 5 AGBG entgegen. Letztlich spreche auch der Inhalt des Auflösungsvertrages gegen die Anwendung der Verfallfrist.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 02.04.2003 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 343.843,79 € nebst dem gesetzlichen Zinssatz seit dem 06.01.2003 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das mit der Berufung angefochtene Urteil und trägt im Wesentlichen vor, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass die streitbefangenen Ansprüche von der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist erfasst seien. Dies ergebe sich zum Einen daraus, dass der Lizenzspielervertrag vom 29.07.1999 ausdrücklich "auf der Grundlage des beigefügten DFB - Formularvertrages" geschlossen worden sei. Zum Anderen handele es sich bei den vereinbarten Punktprämien eindeutig um "weitere Vergütungen" i. S. v. § 4 Abs. 1 b des Formularvertrages vom 05.08.1999. Auf die Vorschriften des AGB - Gesetzes könne sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil diese auf Arbeitsverhältnisse nicht anwendbar seien. Keinesfalls enthalte der Auflösungsvertrag vom 12.02.2002 einen Verzicht auf die Einhaltung der Ausschlussfrist hinsichtlich etwaiger Forderungen aus der Zeit vom 01.09.2001 bis 31.01.2002. Mit der Zubilligung eines Prüfungsrechtes sei lediglich die im Auflösungsvertrag geregelte umfassende Erledigungsklausel eingeschränkt worden.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, auf die Schriftsätze des Klägers vom 21.07.2003 (Bl. 113 bis 117 d. A.), vom 30.07.2003 (Bl. 127 und 128 d. A.) und vom 19.08.2003 (Bl. 145 bis 151 d. A.) sowie auf die Schriftsätze des Beklagten vom 07.08.2003 (Bl. 131 bis 139 d. A.), vom 14.08.2003 (Bl. 143 und 144 d. A.) und vom 23.10.2003 (Bl. 156 bis 163 d. A.).

Entscheidungsgründe:

I.

Die an sich statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

II.

Das Arbeitsgericht hat die Klage sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung abgewiesen. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen erscheinen lediglich folgende ergänzenden Klarstellungen angezeigt:

1.

Soweit der Kläger die Zahlung von Punktprämien auch für Bundesligaspiele, die im Juli und August 2001 stattgefunden haben, i. H. v. insgesamt 360.000,- DM begehrt, so erweist sich die Klage bereits im Hinblick auf den Inhalt des Aufhebungsvertrages vom 12.02.2002 als unbegründet.

Die Parteien haben nämlich in dem betreffenden Vertrag ausdrücklich vereinbart, dass sämtliche wechselseitigen Ansprüche, ob bekannt oder unbekannt, gleich welchen Rechtsgrundes, abgegolten und erledigt sind. Hiervon ausgenommen sollten lediglich diejenigen Vergütungsansprüche des Klägers sein, die aus seiner Tätigkeit während der Zeit vom 01.09.2001 bis 31.01.2002 resultieren. Dies ergibt sich daraus, dass dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt wurde, seine auf diesen Zeitraum bezogenen Gehalts- und Prämienabrechnungen zu überprüfen. Einem solchen Überprüfungsrecht kann nur dann ein Sinn zukommen, wenn dem Kläger zugleich das Recht verblieb, etwaige, bei der Überprüfung festgestellten Zahlungsrückstände noch geltend zu machen. Die außerhalb des betreffenden Zeitraums entstandenen Vergütungsansprüche des Klägers sollten indessen nach dem insoweit eindeutigen Inhalt des Auflösungsvertrages erledigt sein.

2.

Die vom Kläger für den Zeitraum September 2001 bis einschließlich Januar 2002 geltend gemachten Prämienansprüche sind nach Maßgabe der in § 12 Abs. 6 des Arbeitsvertrages vom 05.08.1999 vereinbarten Ausschlussfristen verfallen. Das Gleiche gilt für die vom Kläger eingeklagte Restzahlung in Höhe von 20.000,- DM für den Monat September 2001.

Nach § 12 Abs. 6 des Vertrages vom 05.08.1999 erlöschen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Vertrag, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung, schriftlich geltend gemacht werden. Eine schriftliche Geltendmachung sowohl der Prämienansprüche als auch des von der Vergütung des Klägers für den Monat September 2001 in Abzug gebrachten Betrages von 20.000,- DM erfolgte erstmals mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16.12.2002. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits beide der in § 12 Abs. 6 des Vertrages vom 05.08.1999 genannten Fristen längst abgelaufen. Die betreffenden Forderungen sind somit verfallen.

a)

Entgegen der Ansicht des Klägers gelten die vereinbarten Ausschlussfristen auch für die im Lizenzspielervertrag vom 29.07.1999 und in der Zusatzvereinbarung vom 26.07.2000 vereinbarten Prämien. Auch bei diesen handelt es sich nämlich um "Ansprüche aus dem Vertrag" i. S. v. § 12 Abs. 6 des Vertrages vom 05.08.1999. Dies ergibt sich eindeutig aus § 4 Abs. 1 b des betreffenden Vertragswerks. Nach dieser Bestimmung sind Vergütungen, die über das monatliche Grundgehalt von 50.000,- DM hinausgehen in einer Anlage zum Arbeitsvertrag enthalten, wobei die Anlage zugleich Bestandteil des Arbeitsvertrages sein soll. Bei den Prämienansprüchen handelt es sich zweifelsfrei um "weitere Vergütungen" im Sinne dieser Vertragsklausel. Die schriftlichen Vereinbarungen über diese weiteren Vergütungen sollten somit nach dem insoweit eindeutigen Inhalt des § 4 Abs. 1 b des Vertrages vom 05.08.1999 als Anlage zu dem betreffenden Arbeitsvertrag gelten und zugleich auch Bestandteil des Arbeitsvertrages sein. Damit handelt es sich bei den in der Anlage, d. h. in den Vereinbarungen vom 29.07.1999 und vom 26.07.2000 geregelten Prämienansprüchen zugleich auch um Ansprüche "aus dem Vertrag" im Sinne von § 12 Abs. 6 des Vertrages vom 05.08.1999 .

b)

Die Ausschlussfristen sind auch wirksamer Bestandteil des Arbeitsvertrages der Parteien geworden.

Dies gilt auch, wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass es sich bei dem betreffenden Vertragswerk im Wesentlichen nicht um ein einzelvertraglich ausgehandeltes, sondern um ein vorformuliertes Regelwerk handelt. Eine Prüfung anhand der Vorschriften des auf den Streitfall noch anzuwendenden AGB - Gesetzes, ob eine wirksame Vereinbarung der Ausschlussfristen erfolgt ist, scheitert schon daran, dass § 23 Abs. 1 AGB - Gesetz bestimmt, dass dieses Gesetz keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts findet. Diese eindeutige gesetzliche Regelung verbietet es auch, die Frage der wirksamen Vereinbarung und die der Wirksamkeit einer Vertragsklausel in formularmäßigen Arbeitsverträgen mittels einer entsprechenden Anwendung der Bestimmungen des AGB -Gesetzes zu überprüfen (vgl. BAG, AP Nr. 2 zu § 241 BGB).

Ob eine bestimmte Klausel Inhalt eines Arbeitsvertrages geworden ist, muss allein anhand der Vorschriften des BGB über das Zustandekommen von Verträgen (§§ 145 ff. BGB) und der dazu entwickelten arbeitsrechtlichen Rechtssprechung geprüft werden, wobei im Streitfall zu beachten ist, dass die Vorschriften der §§ 305 bis 310 BGB n. F. über die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 5 EGBGB auf die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge keine Anwendung finden. Zu berücksichtigen sind hingegen allgemeine Rechtsgedanken, die in anderen Gesetzen, wie z. B. auch im AGB - Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BAG, AP Nr. 9 zu 339 BGB). Die Unzulässigkeit der Anwendung des AGB - Gesetzes auf Arbeitsverträge darf nämlich nicht dazu führen, dass diejenigen in der Rechtssprechung entwickelten arbeitsrechtlichen Grundsätze, die auch im AGB - Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben, ihre Anwendbarkeit nur deshalb verlieren, weil im konkreten Fall die Arbeitsvertragsbedingungen nicht durch die Parteien im Einzelnen ausgehandelt, sondern durch den Arbeitgeber als allgemeine Geschäftsbedingungen einseitig vorformuliert worden sind.

Grundsätzlich können die Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit in Arbeitsverträgen Verfallklauseln für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis vereinbaren. Regelungen über Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen werden jedoch dann nicht Vertragsbestandteil, wenn es sich dabei um eine sog. Überraschungsklausel handelt. Eine überraschende Vertragsklausel wird nämlich deshalb nicht Vertragsbestandteil, weil es gegen Treu und Glauben verstößt (§ 242 BGB), wenn ein Arbeitgeber die Unerfahrenheit seines Vertragspartners dadurch ausnutzt, dass er ihm durch Verwendung eines vorformulierten Regelwerks in einer Weise eine Vertragsklausel unterschiebt, mit welcher dieser aufgrund der Umstände des Einzelfalles nicht zu rechnen brauchte und auf die er auch nicht aufgrund der Gestaltung des Vertragsurkunde aufmerksam werden musste (vgl. BAG, AP Nr. 2 zu § 241 BGB).

Die in § 12 Abs. 6 des Arbeitsvertrages vom 05.08.1999 enthaltene Vereinbarung von Ausschlussfristen stellt keine überraschende Vertragsklausel dar. Zunächst ist die Vereinbarung einer Frist in einem Arbeitsvertrag, innerhalb derer Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht werden müssen, im Arbeitsleben durchaus geläufig (vgl. BAG, AP Nr. 2 zu § 241 BGB). Hinzu kommt, dass in § 4 des Arbeitsvertrages vom 05.08.1999, der Regelungen über die Vergütung des Klägers entfällt, ausdrücklich auf die Bestimmung des § 12 Abs. 6 des Vertrages verwiesen wird. Dieser besondere Hinweis steht einer Bewertung der in § 12 Abs. 6 enthaltenen Bestimmung als Überraschungsklausel entgegen.

Die vereinbarten Ausschlussfristen halten auch einer richterlichen Inhaltskontrolle stand. Ein Verstoß gegen Gesetzesrecht kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen um einzelvertragliche und somit abdingbare Ansprüche des Klägers handelt. Die Verfallklausel verstößt auch nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB), insbesondere ist sie nicht sittenwidrig (§ 138 Abs. 1 BGB). Die betreffende Klausel ist inhaltlich ausgewogen und beschneidet nicht einseitig die Rechte des Klägers. Die vereinbarten Verfallfristen sind für beide Vertragsparteien gleich lang. Auch die Regelung, dass die Frist mit Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs zu laufen beginnt, ist sachgerecht. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Vereinbarung einer ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses beginnenden dreimonatigen Frist. Die vereinbarten Verfallfristen von sechs Monaten bzw. drei Monaten sind auch keineswegs zu kurz bemessen. Vielmehr sind bereits Verfallfristen von lediglich zwei Monaten als rechtlich zulässig erachtet worden (vgl. BAG, AP Nr. 30 zu § 4 TVG Ausschlussfristen BAG, AP Nr. 226 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG, AP Nr. 1 zu § 241 BGB).

c)

Der Beklagte hat auch nicht im Auflösungsvertrag vom 12.02.2002 auf die Einhaltung der Ausschlussfristen für die Ansprüche aus der Zeit vom 01.09.2001 bis 31.01.2002 verzichtet. Für die Annahme eines solchen Verzichts enthält der Auflösungsvertrag keine hinreichenden Anhaltspunkte. Soweit dem Kläger in Einschränkung der vereinbarten umfassenden Erledigungsklausel vorbehalten blieb, noch Ansprüche aus der Zeit vom 01.09.2001 bis 31.01.2001 geltend zu machen, so betraf dies solche Ansprüche, die im Zeitpunkt der Vertragsauflösung noch nicht verfallen waren. Aus dem Umstand, dass dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt wurde, unverfallene Ansprüche noch geltend zu machen, kann keinesfalls geschlossen werden, dass es dem beiderseitigen Willen der Parteien entsprach, eine Anwendung der Verfallfristen auf die betreffenden Ansprüche auszuschließen.

Dem Beklagten ist es schließlich auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Ausschlussfristen zu berufen. Die Berufung des Arbeitgebers auf eine Ausschlussfrist verstößt gegen das Gebot von Treu und Glauben, wenn er durch positives Tun oder durch pflichtwidriges Unterlassen dem Arbeitnehmer die Geltendmachung des Anspruchs erschwert oder unmöglich gemacht hat oder den Arbeitnehmer von der Einhaltung der Frist abgehalten oder es pflichtwidrig unterlassen hat, dem Gläubiger die Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (vgl. BAG, AP Nr. 7 zu § 70 BAT). Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber an objektiven Maßstäben gemessen den Eindruck erweckt hat, der Arbeitnehmer könne darauf vertrauen, dass der Anspruch auch ohne Wahrung einer tariflichen Ausschlussfrist erfüllt werde (vgl. BAG, AP Nr. 2 zu § 4 BAT; BAG, AP Nr. 40 zu § 615 BGB). Tatsachen, die in Ansehung dieser Grundsätze die Berufung des Beklagten auf die vereinbarten Verfallfristen treuwidrig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies gilt auch hinsichtlich der Behauptung des Klägers, sein damaliger Bevollmächtigter habe Ende Februar/Anfang März 2002 gegenüber dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden des Beklagten im Rahmen einer Besprechung ausstehende Punktprämien geltend gemacht, woraufhin der Aufsichtsratsvorsitzende erklärt habe, "die Sache werde noch überprüft". Zum Einen handelte es sich beim Aufsichtsratsvorsitzenden nicht um ein vertretungsberechtigtes Organ des Beklagten, welches zur Abgabe rechtsverbindlicher Erklärungen für den Beklagten befugt gewesen wäre. Darüber hinaus war die vom Kläger behauptete Äußerung des Aufsichtsratsvorsitzenden nicht geeignet, den Eindruck zu erwecken, der Kläger könne darauf vertrauen, dass Ansprüche auch ohne Wahrung der vereinbarten Ausschlussfristen erfüllt werden.

III.

Nach allem war die Berufung des Klägers mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand in Ansehung der in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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