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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 07.07.2006
Aktenzeichen: 10 Ta 101/06
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO


Vorschriften:

RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1
ZPO §§ 104 Abs. 3 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Ta 101/06

Entscheidung vom 07.07.2006 Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.02.2006, Az.: 10 Ca 62/05, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 548,91 € festgesetzt. Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthaft und vorliegend insgesamt zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat vielmehr zu Recht die der Klägerin von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 548,91 € (1,1 Verfahrensgebühr, Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer) festgesetzt. Das Beschwerdegericht folgt diesbezüglich den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Gründen der angefochtenen Entscheidung sowie des Nichtabhilfebeschlusses des Arbeitsgerichts vom 01.06.2006. Es besteht lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen: Die der Klägerin durch die Beauftragung und die Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren entstandenen Kosten in Höhe einer 1,1 Verfahrensgebühr sind erstattungsfähig. Es handelt sich nämlich insoweit um notwendige Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung i. S. v. § 91 Abs. 1 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte in ihrer Berufungsschrift vom 28.06.2005 erklärt hat, dass die Berufungseinlegung zunächst nur zur Fristwahrung erfolge und zugleich die gegnerischen Prozessbevollmächtigten gebeten hat, "von einer Mandatierung" aus Kostengründen vorläufig Abstand zu nehmen. Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Daraus ist zu entnehmen, dass eine Partei im Prozess einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen darf und die dadurch entstandenen Kosten auch erstattungsfähig sind. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes für die Fälle, in denen ein Rechtsmittel nur vorsorglich eingelegt wird, ist weder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, noch lässt sich dies aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO entnehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts überhaupt der Nachprüfung unterliegt. Denn jedenfalls ist sie aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei zu beurteilen. Maßgebend ist dabei nicht, ob die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten im konkreten Fall objektiv nützlich oder gar notwendig war, sondern ob eine verständige Prozesspartei in der gleichen Situation ebenfalls einen Rechtsanwalt beauftragen würde. Dies kann im Regelfall, so lange das Rechtsmittel nicht wieder zurückgenommen ist, nicht verneint werden. Die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei kann regelmäßig nicht selbst beurteilen, was zur Rechtsverteidigung sachgerecht zu veranlassen ist. Ihr kann daher nicht zugemutet werden, zunächst die weiteren Entschließungen der anwaltlich vertretenen Gegenpartei abzuwarten. Ob in der aktuellen Situation tatsächlich etwas zu veranlassen ist, kann in diesem Zusammenhang nicht allein den Ausschlag geben. Der Grundsatz der Waffengleichheit spielt daher nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr genügt es, dass der Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikohaft empfundenen Situation für erforderlich halten darf. Die durch die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in einem Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten sind daher auch dann erstattungsfähig, wenn die Gegenpartei ihr Rechtsmittel nur zur Fristwahrung einlegt und vor Ablauf der Begründungsfrist zurücknimmt (vgl. BGH, Beschluss v. 17.12.2002, Az.: X ZB 9/02; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 03.05.2004, Az.: 10 Ta 78/04; KG Berlin, Beschluss v. 09.05.2005, Az.: 1 W 20/05). Ein Stillhalteabkommen zwischen den Parteien ist im vorliegenden Fall nicht geschlossen worden, so dass es auf die in diesem Falle geltenden erstattungsrechtlichen Grundsätze nicht ankommt. Zwar hat die Beklagte bei der fristwahrenden Einlegung ihrer Berufung die Bitte an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgesprochen, anwaltlich noch nicht im Berufungsverfahren tätig zu werden. Dies konnte aber keine rechtliche Verpflichtung für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin begründen, die Gebühr nach VV 3201 nicht geltend zu machen, und erst Recht nicht für die Auftraggeberin, insoweit keine Erstattung ihrer Kosten zu verlangen. Die sofortige Beschwerde der Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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