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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: 10 Ta 107/05
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 141 Abs. 3
ArbGG § 51 Abs. 1
ArbGG § 56 Abs. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Ta 107/05

Verkündet am: 25.05.2005

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 04.04.2005, AZ: 11 Ca 2287/04, aufgehoben.

Gründe:

I.

Die vorliegende sofortige Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes.

Mit seiner am 13.10.2004 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrte der Kläger von der Beklagten die Berichtigung eines ihm erteilten qualifizierten Arbeitszeugnisses. Im Anschluss an die Güteverhandlung vom 15.11.2004 ordnete das Arbeitsgericht das persönliche Erscheinen beider Parteien zum Kammertermin an. Der Kläger blieb diesem Verhandlungstermin, der am 16.03.2005 stattfand, jedoch fern. Die Parteien schlossen in der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2005 einen Vergleich, wobei dem Kläger eingeräumt wurde, diesen Vergleich bis zum 30.03.2005 zu widerrufen. Für den Fall des Widerrufs bestimmte das Arbeitsgericht einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf Mittwoch, den 13.04.2005. Am 30.03.2005 hat der Kläger den Vergleich widerrufen. Das Arbeitsgericht verkündete sodann am 13.04.2004 ein den Rechtsstreit erstinstanzlich beendendes Urteil.

Mit Beschluss vom 04.04.2005 hat das Arbeitsgericht gegen den Kläger wegen dessen Nichterscheinen am 16.03.2005 ein Ordnungsgeld von 150,- € verhängt. Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 18.04.2005 beim Arbeitsgericht eingereichte sofortige Beschwerde.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die statthafte und vorliegend insgesamt zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Nach § 141 Abs. 3 ZPO kann gegen die persönlich geladene Partei, die im Verhandlungstermin ausbleibt, ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Vorliegend erweist sich die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen den Kläger jedoch als ermessensfehlerhaft.

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kann das persönliche Erscheinen der Parteien gemäß § 51 Abs. 1 ArbGG in jeder Lage des Rechtsstreits angeordnet werden. Nach § 56 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG soll das persönliche Erscheinen der Parteien zur streitigen Verhandlung erfolgen, soweit es sachdienlich erscheint, um die streitige Verhandlung so vorzubereiten, dass sie möglichst in einem Termin zu Ende geführt werden kann. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Parteien ist daher kein Selbstzweck, sondern dient in Konkretisierung des im arbeitsgerichtlichen Verfahren generell geltenden Beschleunigungsgrundsatzes (§ 9 Abs. 1 ArbGG) dem Ziel, die Aufklärung des Sachverhalts zu erleichtern und zu beschleunigen. Allein dieses Ziel hat das Gericht bei der Ausübung des ihm bei der Entscheidung über den Erlass eines Ordnungsgeldes zustehenden Ermessens zu Grunde zu legen. Die Verhängung von Ordnungsgeld ist dagegen keine Sanktion für die Missachtung der richterlichen Anordnung des persönlichen Erscheinens oder für das Scheitern von Vergleichsverhandlungen. Sanktionsgrund ist vielmehr einzig und allein die pflichtwidrige Behinderung der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung und die Vereitelung des Vorantreibens des gerichtlichen Verfahrens. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes scheidet daher aus, wenn der Rechtsstreit trotz der Abwesenheit der Partei entscheidungsreif ist (LAG Rheinland - Pfalz, Beschluss vom 05.08.1987, AZ: 4 Ta 147/87; Schwab/Weth/Berscheid, ArbGG, § 51 Rd-Ziffer 25 m. w. N. a. d. Rspr.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze war die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den in der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2005 nicht erschienenen Kläger ermessensfehlerhaft. Der Rechtsstreit war nämlich trotz des Ausbleibens des Klägers - jedenfalls auch Sicht des Arbeitsgerichts - aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.03.2005 entscheidungsreif. Nachdem der Vergleich vom Kläger widerrufen worden war, konnte das Arbeitsgericht ohne Durchführung eines weiteren Verhandlungstermins und ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts den Rechtsstreit durch Verkündung eines Urteils erstinstanzlich abschließen. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes rechtfertigende Verzögerung des Rechtsstreits ist somit durch das Ausbleiben des Klägers im Kammertermin nicht eingetreten. Der bloße Umstand, dass sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers - u. U. gerade wegen der Abwesenheit des Klägers im Kammertermin - im Vergleich eine Widerrufsfrist einräumen ließ und der Vergleich vom Kläger sodann widerrufen wurde mit der Folge, dass das Arbeitsgericht erst in einem gesonderten Termin ein Urteil verkünden konnte, rechtfertigt für sich genommen keinesfalls die Verhängung der in § 141 Abs. 3 ZPO genannten Sanktion.

Der sofortigen Beschwerde war daher unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses stattzugeben.

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

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