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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 31.05.2006
Aktenzeichen: 10 TaBV 68/05
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 23 Abs. 3
BetrVG § 37 Abs. 2
BetrVG § 38
BetrVG § 38 Abs. 1
BetrVG § 78
ArbGG § 2 a
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 TaBV 68/05

Entscheidung vom 31.05.2006 Tenor:

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 08.07.2005, AZ: 6 BV 4/05, wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin unterhält einen Klinikbetrieb mit Rheumakrankenhaus und zwei Rehabilitationskliniken in A-Stadt. Sie beschäftigt ca. 240 Arbeitnehmer. Der Antragsteller ist der dort gebildete und aus neun Mitgliedern bestehende Betriebsrat. Betriebsratsvorsitzender ist der bei der Antragsgegnerin als Arzt beschäftigte Dr. U. Dieser ist, ebenso wie der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, halbschichtig von der Arbeit freigestellt. Mit Schreiben vom 25.11.2004 setzte der Antragsteller die Antragsgegnerin über einen Betriebsratsbeschluss in Kenntnis, nach dessen Inhalt für den Zeitraum vom 23.11. - 03.12.2004 die vollschichtige Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden notwendig sei. Mit einem weiteren Schreiben vom 01.12.2004, hinsichtlich dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 7 der Akte Bezug genommen wird, teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass er einstimmig beschlossen habe, die "volle Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden" auf den Zeitraum vom 06.12. bis einschließlich 17.12.2004 zu erweitern. Die Antragsgegnerin teilte dem Betriebsratsvorsitzenden daraufhin mit Schreiben vom 03.12.2004 mit, dass sie eine weitere vollschichtige Freistellung nicht für erforderlich halte und forderte ihn zugleich auf, ab dem 06.12.2004 seinen ärztlichen Dienst wieder halbschichtig auszuüben. Nachdem der Vorsitzende des Antragstellers dieser Aufforderung nicht nachkam, erteilte ihm die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 06.12.2004 eine Abmahnung, hinsichtlich deren Inhalt auf Blatt 11 d. A. Bezug genommen wird. Der Antragsteller hat erstinstanzlich (zuletzt) folgende Anträge gestellt:

I.

1.) Festzustellen, dass die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. für die Zeit vom 06. bis zum 17.12.2004 gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG rechtmäßig, hilfsweise wirksam, und die Zuweisung von Arbeit durch die Antragsgegnerin für den 06.12.2004 rechtswidrig, hilfsweise unwirksam war. Der Antragsgegnerin aufzugeben, Arbeitszuweisungen bei wirksamen Freistellungen des Betriebsratsvorsitzenden, wie für die Zeit vom 06. bis zum 17.12.2004 zu unterlassen. Hilfsweise: Festzustellen, dass der Betriebsratsvorsitzende Dr.U. einen Anspruch auf Freistellung für die Zeit vom 06. bis zum 17.12.2004 gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG hatte, hilfsweise die Freistellung für die Zeit objektiv für erforderlich halten durfte und die Zuweisung von Arbeit durch die Antragsgegnerin für den 06.12.2004 daher rechtswidrig, hilfsweise unwirksam war. Der Antragsgegnerin aufzugeben, Arbeitszuweisungen bei Freistellungen des Betriebsratsvorsitzenden, wie für die Zeit vom 06. bis zum 17.12.2004, die dieser für erforderlich halten durfte, zu unterlassen. 2.) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld bis zu 10.000,00 EUR anzudrohen. II.

1.) Der Antragsgegnerin aufzugeben, den Ausspruch individualrechtlicher Abmahnungen wie diejenige vom 06.12.2004 gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. trotz bestehenden Anspruchs auf Freistellung, wie vorliegend für die Zeit vom 06. bis zum 17.12.2004, zu unterlassen und zu unterlassen, hierdurch die Betriebsratstätigkeit zu behindern. Hilfsweise: Der Antragsgegnerin aufzugeben, den Ausspruch individualrechtlicher Abmahnungen wie diejenige vom 06.12.2004 gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. trotz bestehenden Anspruchs auf Freistellung, wie vorliegend für die Zeit vom 06. bis zum 17.12.2004, weil der Betriebsratsvorsitzende Dr. U. die Betriebsratstätigkeit in der Freistellungszeit für erforderlich halten durfte, zu unterlassen, und zu unterlassen, hierdurch die Betriebsratstätigkeit zu behindern. 2.) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 EUR anzudrohen. III.

Der Antragsgegnerin aufzugeben, hilfsweise: Die Antragsgegnerin zu verurteilen, die Abmahnung des Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. vom 06.12.2004 aus dessen Personalakte zu entfernen. Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 08.07.2005 die Anträge insgesamt abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts unter II. dieses Beschlusses (= Bl. 156 - 161 d. A.) verwiesen. Gegen den ihm am 25.11.2005 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 23.12.2005 Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 25.01.2006 verlängerten Beschwerdebegründungsfrist am 24.02.2006 begründet. Der Antragsteller trägt im Wesentlichen vor, die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden für die Zeit vom 06.12. bis 17.12.2004 sei zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Betriebsratsvorsitzenden erforderlich gewesen. Demzufolge sei die Zuweisung von Arbeit durch die Antragsgegnerin für diesen Zeitraum rechtswidrig gewesen. Da eine Wiederholungsgefahr gegeben sei, sei - entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts - bezüglich des Feststellungsantrages auch das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Der Unterlassungsantrag sei auch keineswegs zu unbestimmt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne der Anspruch auf Entfernung des Abmahnungsschreibens vom 06.12.2004 vorliegend auch im Rahmen eines Beschlussverfahrens geltend gemacht werden, da ihm - dem Antragsteller - diesbezüglich (auch) ein kollektivrechtlicher Anspruch zustehe. Die Abmahnung verstoße gegen § 78 BetrVG, da insoweit eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit vorliege. Der Betriebsratsvorsitzende habe bereits aufgrund des Freistellungsbeschlusses davon ausgehen können, dass seine Freistellung wirksam sei und er daher seine Arbeit in dem betreffenden Zeitraum nicht verrichten müsse. Es liege daher (allenfalls) eine entschuldbare Fehleinschätzung bzgl. des Rechtsbegriffs "Erforderlichkeit" i. S. v. § 37 Abs. 2 BetrVG vor, was jedoch die Erteilung einer Abmahnung nicht rechtfertigen könne. Angesichts der vielfältigen Aufgaben in der aktuellen Situation habe der Betriebsratsvorsitzende die Arbeitsbefreiung jedenfalls für notwendig erachten dürfen. Der Antragsteller stellt folgende Anträge:

I.

Der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach vom 08.07.2005, 6 BV 4/05, wird abgeändert. II.

1.) Es wird festgestellt, dass die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. für die Zeit vom 06. bis 17.12.2004 gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG rechtmäßig, hilfsweise wirksam, und die Zuweisung von Arbeit durch die Antragsgegnerin für den 06.12.2004 rechtswidrig, hilfsweise unwirksam, war. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, Arbeitszuweisungen bei wirksamen Freistellungen des Betriebsratsvorsitzenden, wie für die Zeit vom 06. - 17.12.2004, zu unterlassen.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der Betriebsratsvorsitzende Dr. U. einen Anspruch auf Freistellung für die Zeit vom 06. bis 17.12.2004 gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG hatte, hilfsweise die Freistellung für die Zeit objektiv für erforderlich halten durfte, und die Zuweisung von Arbeit durch die Antragsgegnerin für den 06.12.2004 daher rechtswidrig, hilfsweise unwirksam war. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, Arbeitszuweisungen bei Freistellungen des Betriebsratsvorsitzenden, wie für die Zeit vom 06. - 17.12.2004, die dieser für erforderlich halten durfte, zu unterlassen. 2.) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld bis zu 10.000,00 EUR angedroht. III.

1.) Der Antragsgegnerin wird aufgegeben den Ausspruch individualrechtlicher Abmahnungen wie diejenige vom 06.12.2004 gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. trotz bestehenden Anspruchs auf Freistellung, wie vorliegend für die Zeit vom 06. bis 17.12.2004, zu unterlassen und zu unterlassen hierdurch die Betriebsratstätigkeit zu behindern. Hilfsweise:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Ausspruch individualrechtlicher Abmahnungen wie diejenige vom 06.12.2004 gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. trotz bestehenden Anspruchs auf Freistellung wie vorliegend für die Zeit vom 06. bis 17.12.2004, mit Ausnahme von Notsituationen, in denen der Betriebsratsvorsitzende Dr. U. trotz Freistellung zur Arbeitsleistung verpflichtet ist, zu unterlassen und zu unterlassen hierdurch die Betriebsratstätigkeit zu behindern. Hilfsweise hierzu:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben den Ausspruch individualrechtlicher Abmahnungen wie diejenige vom 06.12.2004 gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. trotz bestehenden Anspruchs auf Freistellung, wie vorliegend für die Zeit vom 06. bis 17.12.2004, weil der Betriebsratsvorsitzende Dr. U. die Betriebsratstätigkeit in der Freistellungszeit für erforderlich halten durfte, zu unterlassen und zu unterlassen hierdurch die Betriebsratstätigkeit zu behindern. 2.) Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 EUR angedroht. IV.

Der Antragsgegnerin wird geboten, hilfsweise: Die Antragsgegnerin wird verurteilt, die Abmahnung des Betriebsratsvorsitzenden Dr. U. vom 06.12.2004 aus dessen Personalakte zu entfernen. Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin verteidigt - im Wesentlichen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - den mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss. Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des erstinstanzlichen Beschlusses (Bl. 151 - 156 d. A.), auf die Beschwerdebegründungsschrift des Antragstellers vom 06.02.2004 (Bl. 201 - 206 d. A.) sowie auf die Beschwerdeerwiderung der Antragsgegnerin vom 17.03.2006 (Bl. 220 - 226 d. A.). II.

Die statthafte Beschwerde ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Anträge vielmehr zu Recht abgewiesen. 1.)

Die im Beschwerdeantrag unter II. enthaltenen Feststellungsanträge sind unzulässig. Insoweit fehlt es - wie bereits das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat - am erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren fehlt in der Regel das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag, mit dem ausschließlich die Feststellung begehrt wird, eine bestimmte, bereits abgeschlossene Maßnahme sei wirksam bzw. unwirksam. Ein über einen - bereits abgeschlossenen - Einzelfall hinausgehendes Interesse an der Entscheidung einer strittigen Rechtsfrage kann nur durch einen gesonderten, darauf gerichteten Feststellungsantrag geltend gemacht werden. Die Beteiligten eines Beschlussverfahrens sind daher gefordert, einen vom strittigen Anlassfall unabhängigen, auf den fortbestehenden Streit bezogenen Feststellungsantrag zu stellen, wenn sie an der Entscheidung dieses Streites und nicht nur des Anlassfalles interessiert sind (BAG v. 10.04.1984 - 1 ABR 73/82). Im Streitfall betrifft die vom Antragsteller unter II. seines Berufungsantrages begehrte Feststellung, dass die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden für die Zeit vom 06.12. - 17.12.2004 rechtmäßig bzw. wirksam war, ausschließlich eine in der Vergangenheit liegende und abgeschlossene Maßnahme. Dasselbe gilt hinsichtlich der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuweisung von Arbeit durch die Antragsgegnerin sowie der (hilfsweise) begehrten Feststellung, dass der Betriebsratsvorsitzende die Freistellung objektiv für erforderlich halten durfte. Ein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich dieser, auf einen konkreten Anlass beschränkten Feststellung ist nicht erkennbar. Eine Entscheidung über die betreffenden Anträge würde im Ergebnis auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinauslaufen. 2.)

Der Antrag, der Antragsgegnerin aufzugeben, Arbeitszuweisungen bei wirksamen Freistellungen, wie für die Zeit vom 06. - 17.12.2004, bzw. (hilfsweise) bei solchen Freistellungen, die der Betriebsratsvorsitzende - wie im betreffenden Zeitraum - für erforderlich halten durfte, zu unterlassen, ist zwar zulässig, jedoch unbegründet. a)

Der Antrag ist hinreichend bestimmt, da er auf eine einzelne, tatbestandlich umschriebene, konkrete Handlung als Verfahrensgegenstand bezogen ist. Darüber hinaus ist bei einem Unterlassungsantrag, soweit dieser auf § 23 Abs. 3 BetrVG gestützt wird, ohnehin eine auf einzelne tatbestandlich umschriebene, konkrete Handlungen bezogene Antragstellung regelmäßig nicht erforderlich (vgl. BAG v. 18.04.1985 - 6 ABR 19/84). Auch ansonsten bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit dieses Antrages. b)

Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Unterlassung der im Berufungsantrag zu II. bezeichneten Maßnahmen, da diese keine Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten darstellen. Die Antragsgegnerin war nämlich berechtigt, den Vorsitzenden der Antragstellerin aufzufordern, seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Arzt - unter Berücksichtigung seiner halbschichtigen Freistellung - ab dem 06.12.2004 wieder aufzunehmen. Sie verstieß damit nicht gegen ihre Freistellungsverpflichtung aus § 37 Abs. 2 BetrVG. Eine über die gesetzliche Staffel des § 38 Abs. 1 BetrVG hinausgehende Freistellung ist zulässig, soweit diese zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Betriebsrates erforderlich ist. Dies ist dann der Fall, wenn es den entsprechend der gesetzlichen Staffel freigestellten Betriebsratsmitgliedern nicht möglich ist, die Aufgaben des Betriebsrats ordnungsgemäß innerhalb der ihnen bereits durch die Freistellung nach § 38 Abs. 1 BetrVG zur Verfügung stehenden Zeit zu erfüllen. Die Erforderlichkeit muss sich aus den Verhältnissen des betreffenden Betriebs ergeben und ist vom Betriebsrat durch konkrete Tatsachen darzulegen, wobei hinsichtlich des Umfanges der Darlegungslast zu berücksichtigen ist, dass für den Regelfall der Bedarf an Freistellungen bereits durch § 38 BetrVG abgedeckt ist (BAG v. 26.07.1989 - 7 ABR 64/88). Im Streitfall hat der Betriebsrat nicht dargetan, dass eine vollschichtige und damit die Staffel des § 38 BetrVG überschreitende Freistellung seines Vorsitzenden für die Zeit vom 06.12. - 17.12.2004 zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich war. Zwar hat der Betriebsrat bereits erstinstanzlich in seiner Antragsschrift vom 03.02.2005 (dort Seiten 4 und 5 = Bl. 4 und 5 d. A.) zur Begründung der Erforderlichkeit der Freistellung mehrere, ihm als Betriebsrat obliegende Aufgaben genannt. Es ist indessen weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese Tätigkeiten nicht von den beiden ohnehin halbschichtig freigestellten Betriebsratsmitgliedern während der diesen zur Verfügung stehenden Freistellungszeit ordnungsgemäß bewältigt werden konnten. Insoweit fehlt es an jeglichen Angaben hinsichtlich des erforderlichen (zusätzlichen) Zeitaufwandes. Zwar ist für die Beurteilung, ob eine Freistellung nach § 37 Abs. 2 BetrVG erforderlich ist, um die Aufgaben als Betriebsratsmitglied ordnungsgemäß zu erfüllen, nicht auf rein objektive Gesichtspunkte abzustellen. Entscheidend ist vielmehr, worauf der unter II. 1.) a. E. des Berufungsantrages hilfsweise gestellte Unterlassungsantrag abzielt, dass das Betriebsratsmitglied bei gewissenhafter Prüfung und bei vernünftiger Würdigung aller Umstände die Arbeitsversäumnis für notwendig halten durfte, um den gestellten Aufgaben gerecht zu werden (vgl. Richardi, BetrVG, 9. Auflage, § 37 Rz. 24 m. N. a. d. R.). Vorliegend sind jedoch keine Tatsachen vorgetragen oder ansonsten ersichtlich, dass der Betriebsratsvorsitzende bei gewissenhafter Überlegung und ruhiger, vernünftiger Würdigung aller Umstände eine über seine halbschichtige Freistellung hinausgehende Arbeitsversäumnis zur Erledigung der Betriebsratstätigkeit für erforderlich erachten konnte. Der Antragsteller beruft sich diesbezüglich allein auf den Umstand, dass ein entsprechender Freistellungsbeschluss des Betriebsrats vorlag. Diesbezüglich ist allerdings anerkannt, dass allein ein Beschluss des Betriebsrats, mit dem ein Betriebsratsmitglied zur Erledigung bestimmter Aufgaben "freigestellt" wird, für sich allein nicht genügt, um die Erforderlichkeit einer Arbeitsbefreiung zu begründen. Ebenso wenig entbindet ein solcher Beschluss den Arbeitnehmer von einer selbständigen Überprüfung der Rechtslage hinsichtlich der Erforderlichkeit der Freistellung (BAG v. 31.08.1994 - 7 AZR 893/93). Im Streitfall ist nicht erkennbar, ob und welche eigenständigen Überlegungen der Betriebsratsvorsitzende bezüglich der Erforderlichkeit der vom Antragsteller beschlossenen Freistellung überhaupt vorgenommen hat. Konkrete Umstände, welche diese Erforderlichkeit aus Sicht des Betriebsratsvorsitzenden begründen konnten, sind - wie bereits ausgeführt - nicht vorgetragen. 3.)

Der auf Unterlassung des Ausspruchs individualrechtlicher Abmahnungen gerichtete Antrag ist zwar ebenfalls zulässig, jedoch nicht begründet. Da der Betriebsrat vorliegend keinen individualrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend macht, sondern seinen Antrag ausdrücklich auf § 78 BetrVG stützt, handelt es sich insoweit um eine Angelegenheit i. S. v. § 2 a ArbGG, für welche das Beschlussverfahren als richtige Verfahrensart gegeben ist. Das Unterlassungsbegehren ist jedoch weder im Haupt- noch in einem der Hilfsanträge begründet. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin, künftig Abmahnungen wie diejenige vom 06.12.2004 (Bl. 11 d. A.) zu unterlassen. Die betreffende Abmahnung stellt nämlich keine Behinderung der Betriebsratstätigkeit i. S. v. § 78 BetrVG dar. Da ein Anspruch des Betriebsratsvorsitzenden - wie bereits ausgeführt -, ihn in der Zeit vom 06. - 17.12.2004 vollschichtig von der Arbeit zu befreien, nicht gegeben war, ist die im Abmahnungsschreiben vom 06.12.2004 enthaltene Rüge des Nichterscheinens zum Dienst nicht geeignet, die Betriebsratstätigkeit zu behindern. Der Antragstellerin ist allerdings zuzugeben, dass der Betriebsratsvorsitzende u. U. der objektiv fehlerhaften Ansicht war, seine vollschichtige Freistellung sei bereits allein im Hinblick auf den diesbezüglichen Betriebsratsbeschluss erforderlich gewesen. Es trifft auch zu, dass - um die freie Betätigung eines Betriebsratsmitglieds in seinem Amt zu gewährleisten - nicht jede Verkennung der objektiven Rechtslage nachteilige Auswirkungen für das betreffende Betriebsratsmitglied haben darf. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo aus Sicht eines sorgfältig prüfenden objektiven Dritten erkennbar ist, dass es an einer Erforderlichkeit i. S. v. § 37 Abs.2 BetrVG fehlt (BAG v. 31.08.1994 - 7 AZR 893/93). Eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit könnte daher u. U. bereits dann gegeben sein, wenn (worauf einer der Hilfsanträge abstellt) der Betriebsratsvorsitzende bei eigener gewissenhafter Überprüfung und bei ruhiger und vernünftiger Würdigung aller Umstände eine vollschichtige Freistellung noch für erforderlich halten durfte. Hiervon kann jedoch im vorliegenden Fall - wie ebenfalls bereits ausgeführt - nicht ausgegangen werden. 4.)

Der Antrag auf Entfernung des Abmahnungsschreibens vom 06.12.2004 aus der Personalakte des Betriebsratsvorsitzenden ist ebenfalls zulässig, da der Antragsteller auch diesen Anspruch ausdrücklich auf § 78 BetrVG stützt und dieser somit im Beschlussverfahren geltend gemacht werden kann. Der Antrag ist jedoch unbegründet, da dem Betriebsrat vorliegend aus § 78 BetrVG kein Entfernungsanspruch zusteht. Das Verbleiben des Abmahnungsschreibens in der Personalakte des Betriebsratsvorsitzenden behindert nämlich weder diesen noch andere Betriebsratsmitglieder in ihrer Betriebsratstätigkeit. Diesbezüglich wird - zur Vermeidung unnötiger Widerholungen - auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Ob der Betriebsratsvorsitzende gegen die Antragsgegnerin aus §§ 242, 1004 BGB einen individualrechtlichen Anspruch auf Entfernung des Abmahnungsschreibens aus seiner Personalkate hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beschlussverfahrens und daher nicht zu prüfen. III.

Nach alledem war die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 92 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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