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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 198/07
Rechtsgebiete: HGB, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

HGB § 60
HGB § 60 Abs. 1
HGB § 61 Abs. 1 S. 1 , 1. Halbsatz
HGB § 61 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 252
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 198/07

Urteil vom 28.06.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 13.12.2006 - Az: 6 Ca 1245/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin Schadensersatz wegen Verletzung des gesetzlichen Wettbewerbsverbotes nach § 60 HGB.

Der Beklagte war auf Grundlage schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.07.1988 seit dem 01.10.1988 bis 30.09.2005 bei der Klägerin im Vertrieb als Verkaufsleiter mit dem Zuständigkeitsbereich "Westliches Osteuropa" tätig. Im Arbeitsvertrag ist kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart. Auf den Inhalt des Arbeitsvertrages im Übrigen wird Bezug genommen (vgl. Bl. 61 ff. d. A.).

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen, das Fertigungsmaschinen für die Fenster-, Türen- und Fassadenbranche konzipiert, konstruiert und produziert. Innerhalb von Deutschland gibt es mindestens vier weitere Konkurrenten am Markt, insbesondere die Firma W. St. Maschinenbaugesellschaft mbH (nachfolgend Firma St.).

Seit ca. fünf Jahren stand die Klägerin mit der Firma G. aus E. in geschäftlichem Kontakt. Mit Schreiben vom 24.04.2005, welches mit "Bestellung 2005-4" überschrieben worden ist, bat diese Firma die Klägerin um jeweils ein "Angebot" für insgesamt drei sogenannte Eckputzautomaten (EPA) 572. Auf den Inhalt des Schreibens wird Bezug genommen (vgl. Bl. 15-16 d. A.).

In der Zeit vom 11.05.-13.05.2005 fand bei der Beklagten eine Hausmesse statt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Beklagte wegen eines beruflichen Wechsels in Verhandlungen mit der Firma St. GmbH. Unstreitig hatte er Dritten gegenüber angedeutet, dass er die Klägerin unter Umständen verlassen und zur Firma St. GmbH wechseln werde.

Am 17.05.2005 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Firma G. die Bestellung vom 24.04.2005 zurückstellen werde. Unter dem 01.06.2005 verfasste die Firma G. sodann ein eine "Mitteilung 2005-6" mit dem Wortlaut:

"Mit diesem Schreiben lösen wir unsere Bestellung 2005-5 vom 24.04.2005 auf, weil ihre Lieferzeit unannehmbar ist."

Im Übrigen wird auf das Schreiben verwiesen (vgl. Bl. 17 d. A.).

Unstreitig konnten die EPA's 572 nicht sofort geliefert werden. Eine kurzfristige Lieferung des Modells EPA 472 war dagegen möglich.

Am 02.06.2005 kündigte der Beklagte sein Arbeitsverhältnis zum 30.09.2005. Ab dem 01.10.2005 wird der Beklagte bei der Firma St. GmbH beschäftigt, wo er wiederum den Vertrieb für westliches Osteuropa inne hat.

Die Klägerin hat vorgetragen,

noch während des Bestehens ihres Arbeitsverhältnisses habe die Firma St. den Auftrag der Firma G. über drei Eckputzautomaten erhalten. So habe in einem zwischen dem Zeugen C., dem ehemaligen Vorgesetzen des Beklagten, und dem Leiter "Produktion/Entwicklung" der Firma G./T., Herrn P., am 01.09.2005 geführten Telefonat Herr P. erklärt, dass die Firma G. St.-Eckputzmaschinen gekauft hätte.

Die Stornierung der rechtsverbindlichen Bestellung der Firma G. vom 24.04.2005 sei unter einem vorgeschobenen Grund, der zu langen Lieferzeiten, erfolgt. Dies ergebe sich daraus, dass die Lieferzeiten schon kein Thema im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Angebot der Klägerin vom 10.03.2005, welches bereits die Eckputzautomaten enthalten habe, gewesen sei, insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit der rechtsverbindlichen Bestellung durch die Firma G. vom 24.04.2005. Wäre die Lieferzeit von Bedeutung und damit aus Sicht der Firma G. ein mögliches Problem gewesen, wäre sie im Vorfeld auch angesprochen worden. Vor dem Hintergrund, dass bereits in der Bestellung vom 24.04.2005 von der Firma G. als Alternative auch der EPA 472 angesprochen worden sei, sei offensichtlich davon auszugehen, dass sowohl die Lieferung des EPA's 572 als auch der möglichen Alternative EPA 472, die kürzer zu liefern gewesen wäre, an der Einflussnahme des Beklagten gescheitert sei. Von besonderem Interesse sei in diesem Zusammenhang, dass der EPA 572 ohne "Sonderaggregate" ausgestattet werden sollte und das Modell EPA 472 vollkommen für die Bedürfnisse der Firma G. ausreichend gewesen sei. Auch die gelieferten Maschinen der Firma St. seien ohne Eck- und Scherenlagerbohreinheiten gewesen.

Vorliegend sei der Nachweis für einen Verstoß des Beklagten gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot durch den Anscheinsbeweis aufgrund vielfacher Indizien erbracht. Der Anscheinsbeweis gelte auch für den Nachweis unerlaubter Handlungen, des Verschuldens und der Kausalität. Die Stornierung des Auftrages durch den Kunden G. und die Vergabe des Auftrages durch diesen sodann an die Konkurrentin St., zu dem der Beklagte gewechselt sei, stünden in einem derart engen zeitlichen Zusammenhang, dass nach aller Lebenserfahrung davon ausgegangen werden müsse, der Kläger habe eine Pflichtwidrigkeit begangen indem er den Kunden G. noch während des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses mit ihr für den Wettbewerber St., bei dem er jetzt beschäftigt sei, geworben habe. Gerade aufgrund der langfristigen guten Geschäftsbeziehungen zwischen ihr und der Firma G. hätte sich ein Umschwenken auf das EPA 472 aufgedrängt. Stattdessen seien die weiteren Geschäftsbeziehungen zur Firma G. nach der Bestellung vom 24.04.2005 und dem Seitenwechsel des Beklagten abgerissen. Dagegen habe die Firma St. zum damaligen Zeitpunkt, also vor dem Eckputzautomaten-Geschäft und dem Wechsel des Beklagten, keine Geschäftsbeziehung zur Firma G. unterhalten.

Insgesamt gebe es also 14 Indizien, die sich zu einem Gesamtbild fügten. Man brauche nur den Wechsel des Beklagten zur Firma St. wegzulassen. Welchen anderen Grund, als die Einflussnahme des Beklagten anlässlich seines Wechsels zum Konkurrenten St. sollte die Firma G. sonst veranlasst haben, das Geschäft über die Eckputzautomaten wieder zu stornieren, die Geschäftsbeziehungen zu ihr abzubrechen und vor anderen Wettbewerbern ausgerechnet der Firma St. mit einem vergleichbaren Auftrag den Vorzug zu geben, insbesondere wenn sie ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, einen den Bedürfnissen der Firma G. vergleichbaren Typ (EPA 472) kurzfristig zu liefern.

Der Gesamtpreis für die drei Eckputzautomaten habe sich auf 161.162,00 € ohne MwSt. und die Herstellkosten auf 119.517,75 € belaufen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 41.644,25 € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen,

unzutreffend sei, dass die Firma G. mit Schreiben vom 24.04.2005 verbindlich drei Eckputzautomaten EPA 572 zu einem Gesamtpreis von 161.162,00 € bestellt habe. Allenfalls sei ein "Dreiecksgeschäft" zu Finanzierungszwecken zwischen der Firma G., der Leasinggesellschaft und der Klägerin vorgesehen gewesen.

Er habe die Firma G. auch im Verlaufe der Verhandlungen über die Lieferzeit informiert, welche von der Firma G. als unannehmbar lang angesehen worden sei. Das habe der Geschäftsführer der Firma G. ihm gegen Ende der von der Klägerin veranstalteten Hausmesse mitgeteilt, woraufhin er am 17.05.2005 die Beklagte hierüber informiert habe. Als die Klägerin vorgeschlagen habe, der Firma G. statt des Modells EPA 572 das kurzfristig lieferbare Vorgängermodell EPA 472 zu liefern, sei dies durch die Firma G. abgelehnt worden.

Es stünde auch nicht fest, dass die Firma G. anstelle bei der Klägerin sodann tatsächlich bei der Firma St. die Maschinen erworben habe. Er sei gegenüber der Firma St. zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Er habe während des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zu keinem Zeitpunkt und in keiner Weise Einfluss auf die Firma G. genommen, die Bestellung vom 24.04.2005 zu widerrufen und/oder Eckputzautomaten anstelle von der Klägerin von Firma St. zu erwerben.

Selbst für den Fall, dass der Sachvortrag der Klägerin zum Haftungsgrund zutreffend sein sollte, lägen die Voraussetzungen für die Annahme des Anscheins, dass er gegen sein vertragliches Wettbewerbsverbot verstoßen habe, nicht vor. Der Anscheinsbeweis verlange, dass ein bestimmter Sachverhalt feststehe, der nach der Lebenserfahrung nur auf eine bestimmte Ursache zurückgeführt werden könne. Vorliegend könnte ein Wechsel der Firma G. von der Klägerin hin zur Firma St. auch andere naheliegendere Ursachen haben, als den vermeintlichen Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot. So könnte sich die G. auch aus eigenem Antrieb, ohne seine "Vermittlung" an die Firma St. gewandt haben, was im Geschäftsleben keine Seltenheit sei, zumal es weltweit nur wenige Anbieter von Fensterbaumaschinen gebe und die Firma St. neben der Klägerin einer der Marktführer in Europa sei. Verstünde man "die Bestellung" der G. vom 24.04.2005 lediglich als "invitatio ad offerendum", wäre zudem daran zu denken, dass sich die G. mit solchen Angaben bereits von vornherein parallel auch an andere Anbieter und hierbei etwa auch an die Firma St. gewandt haben könnte. Dass dann die Firma St. und nicht die Klägerin den "Zuschlag" bekommen hätte, wäre ohne weiteres denkbar, etwa, weil das Angebot der Firma St. besser und/oder preisgünstiger gewesen wäre oder schlicht die Lieferzeiten kürzer als bei der Klägerin gewesen wären. Die Behauptung der Klägerin, er habe sein vertragliches Wettbewerbsverbot verletzt, gründe daher letztendlich nur auf einen Verdacht. Ein bloßer Verdacht reiche jedoch für die Heranziehung der Grundsätze des Anscheinbeweises nicht aus.

Zudem fehle es an einem Schaden, da zu keinem Zeitpunkt eine gesicherte Geschäftschance auf Abschluss des Kaufvertrages mit G. bestanden habe. Schließlich werden die Höhe des Schadens als nicht ausreichend substantiiert gerügt.

Hilfsweise werde die Einrede der Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB erhoben.

Bezüglich des weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze in der ersten Instanz nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle des Arbeitsgerichts verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.12.2006 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,

die Klägerin habe nicht vermocht, objektive Tatsachen vorzutragen, die die Annahme eines konkreten Pflichtenverstoßes des Beklagten während seines Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin begründen könnten. Sie beschränke sich auf die Darlegung von Tatsachen, die eine Vermutung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot gem. § 60 Abs. 1 HGB nahelegen sollten. Die Voraussetzung des Anscheinsbeweises für einen entsprechenden Gesetzesverstoß seien entgegen der Auffassung der Klägerin vorliegend nicht erfüllt.

Dabei unterstelle die Kammer zunächst zu Gunsten der Klägerin, dass die "Bestellung 2005-4" der Firma G. vom 24.04.2005 rechtlich als Vertragsabschluss zu qualifizieren sei. Es werde auch die Rechtsauffassung der Klägerin geteilt, dass es Indizien gebe, die für einen Pflichtenverstoß des Beklagten sprechen könnten. Die Klägerin verkenne aber, dass die Stornierung des Auftrags vom 01.06.2005 und eine unterstellte Auftragserteilung der Firma G. gegenüber der Firma St. andere Ursachen haben könnte, als die des Wettbewerbsverstoßes des Beklagten. Vor dem Hintergrund, dass für das Modell EPA 572 zum Zeitpunkt der Stornierung eine sehr lange Lieferzeit bestanden habe, erschließe sich der Kammer nicht, aus welchen tatsächlichen Umständen die Klägerin meint, behaupten zu können, es handele sich um ein "vorgeschobenes Argument". Das Argument der Klägerin, die lange Lieferzeit sei nicht stichhaltig, da sie kurzfristig den Typ EPA 472 als Alternative hätte liefern können und welche das Schreiben der Firma G. vom 24.04.2005 auch ausdrücklich als Alternative erwähne, greife nicht. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass sich der Hinweis "- alternativ: EPA 472 ???" lediglich bei einem Modell als Alternative finde und nicht bei sämtlichen der drei bestellten Maschinen. Auch lasse der Wortlaut nicht unzweifelhaft erkennen, dass sich die Firma G. auf die Lieferung des Modells EPA 472 eingelassen hätte.

Tatsächlich seien auch andere Gründe, als ein Wettbewerbsverstoß des Beklagten für einen Wechsel der Firma G. zur Firma St. denkbar. So habe die Firma G. auch aus eigenem Antrieb sich an die Firma St. gewandt haben können, insbesondere wenn man berücksichtige, dass es nur drei weitere ernsthafte Konkurrenten in Deutschland gebe. Auch wäre es denkbar, dass sich G. mit Anfragen bereits von vorneherein parallel auch an andere Anbieter und hierbei auch an die Firma St. gewandt haben könnte. Dem widerspreche nicht der Umstand, dass die Klägerin mit der Firma G. in den letzten fünf Jahren in Geschäftsbeziehungen gestanden habe. Insoweit sei denkbar, dass auch in der Vergangenheit die Firma G. parallel Anfragen gestartet habe und die Klägerin den Zuschlag von der Firma G. erhalten habe, weil sie bislang die besten Vertragsangebote unterbreitet hätte. Genauso könne es nunmehr umgekehrt denkbar sein. Auch könne ein Wechsel bei der Willensbildung der Firma G. denkbar sein, ohne dass es hierfür konkrete tatsächliche Anhaltspunkte gebe. Es sei mithin nicht erkennbar, dass der von der Klägerin behauptete Vorgang schon nicht auf den ersten Blick als Muster erkennbar sei, als regelmäßig, üblich und häufig vorkomme und zum Schluss auch den Wettbewerbsverstoß rechtfertige.

Die Klägerin verkenne die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Sie sei darlegungsbelastet hinsichtlich der Indizien, die den Anscheinsbeweis begründen müssten. Erst dann obliege des dem Beklagten, tatsächliche Umstände vorzutragen, die geeignet seien, diese Indizien zu erschüttern.

Da es keinen allgemeinen Erfahrungssatz für das behauptete Verhalten des Beklagten gebe, weil in der heutigen Geschäftswelt eine Vielzahl von realistischen Gründen denkbar sei, die einen Wechsel der Firma G. zu dem Hauptkonkurrenten der Klägerin veranlasst haben könnten, könne vorliegend nicht von einem Pflichtenverstoß des Beklagten ausgegangen werden.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidung des angegriffenen Urteils verwiesen.

Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 02.03.2007 zugestellt worden ist, hat am 26.03.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 30.04.2007 das Rechtsmittel begründet.

Die Klägerin trägt vor,

anders als in der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.05.1998 liege ein ganzes Bündel von Indizien vor, die das Arbeitsgericht zu einem wesentlichen Teil in den Entscheidungsgründen nicht oder nur unvollständig gewürdigt habe. Zunächst sei jedoch entscheidend, dass die "allgemeine Lebenserfahrung" und der für einen Anscheinsbeweis erforderliche Erfahrungssatz nicht divergierten. Der typische Geschehensablauf sei gegeben, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein bestimmter Sachverhalt auf eine bestimmte Ursache und auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweise. Der Rechtssprechung des BGH und des Bundesverfassungsgerichts lasse sich entnehmen, dass diese nicht zwischen typischen Geschehensablauf und allgemeiner Lebenserfahrung differenziere. So habe auch das BAG in seiner Entscheidung vom 05.02.1998 (AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Apotheken) ebenfalls nur auf die Lebenserfahrung abgestellt und im Verhältnis zum vorliegenden Fall die Anforderung an einen Anscheinsbeweis deutlich geringer bemessen. Eine bloße Wahrscheinlichkeit genüge zur Annahme des Anscheinsbeweises nicht. Sei aber eine hohe Wahrscheinlichkeit gegeben, greife der Anscheinsbeweis.

Soweit das Arbeitsgericht darauf abstelle, dass der ihrerseits behauptete Vorgang nicht auf den ersten Blick als Muster erkennbar sei, als regelmäßig, üblich und häufig vorkommend, könne eine solche rein quantitative Betrachtungsweise schon deswegen nicht richtig sei, weil andernfalls in einer Vielzahl von Fällen, in denen die Voraussetzung des Anscheinsbeweis durch die Gerichte bejaht worden seien, die aber in ihrer konkreten Fallgestaltung weder üblich noch häufig gewesen seien, das Vorliegen der Voraussetzung des Anscheinsbeweises dann hätte verneint werden müssen. Die Formulierung "typisch" oder "regelmäßig" könne nicht heißen, dass der zu beurteilende Sachverhalt auch in der Lebenswirklichkeit als Fallgestaltung Gang und Gebe sein müsse. Selbst bei selteneren Fallgestaltungen, oder gar singulären, könne die Schlussfolgerung aus den Gesamtumständen lauten, dass für diese eine hohe Wahrscheinlichkeit spreche.

Das Arbeitsgericht habe bei seiner Beurteilung, ob die Indizien für einen Pflichtenverstoß des Beklagten ausreichend seien, eine ganze Reihe wesentlicher weiterer Gesichtspunkte völlig unberücksichtigt gelassen. Dies seien:

- die Beauftragung der Firma St. an die Stelle der Klägerin durch die Firma G. vor dem 01.09.2005 mit der Erstellung der Eckputzautomaten,

- die fünfjährige unbelastete Geschäftsbeziehung zwischen ihr und der Firma G.,

- das Angebot des Beklagten über Eckputzautomaten bereits unter dem Datum vom 10.03.2005,

- der Umstand, dass die Firma St. zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Geschäftsbeziehungen zur Firma G. gehabt habe,

- der Umstand, dass nach der Bestellung vom 24.04.2005 und dem Seitenwechsel des Beklagten zur Firma St. die weiteren Geschäftsbeziehungen zwischen ihr und der Firma G. abgerissen seien.

Zumindest bei Berücksichtigung dieser weiteren Umstände, die das Arbeitsgericht nicht gewürdigt habe, sei in der Gesamtbetrachtung von einer hohen Wahrscheinlichkeit eines Verstoßes des Beklagten gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot auszugehen.

Es sei keineswegs zwischen den Parteien unstreitig, wovon das Arbeitsgericht ausgehe, dass eine sehr lange Lieferzeit für das Modell EPA 572 zum Zeitpunkt der Stornierung bestanden habe. Sie habe ausdrücklich den Vortrag des Beklagten insoweit als unsubstantiiert in ihrem Schriftsatz vom 14.11.2006 gerügt. Insbesondere im Hinblick darauf, dass der Bestellung der Firma G. vom 24.04.2005 ein Angebot der Klägerin vom 10.03.2005, durch den Beklagten selbst erstellt, bezüglich des EPA 572 an die Firma G. vorausgegangen sei, widerspreche es jedweder Lebenserfahrung im normalen Geschäftsverkehr, dass in der angeblich so wichtigen Frage der Lieferzeit in der Zeit vom 10.03.2005 bis zum 24.04.2005 kein Wort über die Lieferzeit gewechselt worden sein solle. Zum Zeitpunkt, als das Thema "Lieferzeit" ihr gegenüber zur Sprache gekommen sei, am 17.05.2005, habe der Beklagte schon längst in Vertragsverhandlungen mit der Firma St. über einen Wechsel gestanden, was der Beklagte anlässlich der Hausmesse Dritten gegenüber unstreitig angedeutet habe.

Schließlich sei noch der Umstand zu bewerten, dass sie alternativ den Typ EPA 472 hätte liefern können. Dass der EPA 472 als Alternative nur bei einem Modell und nicht bei sämtlichen drei bestellten Maschinen angegeben worden sei, sei insoweit zu vernachlässigen, weil der EPA 572 ohne erweitertes Werkstückspektrum von der Firma G. bestellt worden sei. Ohne Sonderaggregate wäre also das Modell EPA 472 vollkommen ausreichend gewesen. So seien auch die Maschinen der Firma St., die diese anstelle der Klägerin an die Firma G. geliefert habe, ohne Ecken- und Schererlagerbohreinheiten gewesen. Die Firma St. habe also auch nichts wesentlich anderes geliefert, als sie es mit einem EPA 472 getan hätte. Von daher hätte es also des Hinweises der Firma G. auf die Alternative 472 überhaupt nicht bedurft. Die drei Fragezeichen im Bestellschreiben bei der Alternative EPA 472 ließen sich dadurch erklären, dass zum Zeitpunkt der Bestellung die Firma G. habe signalisieren wollen, dass sie gegebenenfalls auch mit dem Modell EPA 472 einverstanden wäre. Es habe sich gerade um eine Anfrage gehandelt, deswegen die Fragezeichen. In diesem Zusammenhang sei auch der Aspekt der langjährigen Geschäftsbeziehungen zu sehen.

Der Wechsel der Bestellung der Eckputzautomaten von der Klägerin zur Firma St. unter dem Vorwand einer angeblich zu langen Lieferzeit lasse sich so zwanglos als "Eintrittskarte" des Beklagten beim neuen Arbeitgeber sehen, um zu zeigen, dass er sich in seinem neuen/alten Aufgabengebiet bestens auskenne.

Das Arbeitsgericht führe rein theoretischen Gründe an, aus denen heraus ein Wechsel der Firma G. zur Firma St. denkbar sei, wobei er selbst den Anspruch erhebe, dass für die von ihm erwähnten "Alternativen" "konkrete" Umstände angeführt werden könnten. Soweit das Arbeitsgericht annehme, die Firma G. könne sich aus eigenem Antrieb an die Firma St. gewandt haben, lasse es die langjährige gute Zusammenarbeit zwischen ihr und der Firma G. völlig außer Betracht. Das Arbeitsgericht komme insoweit zu einer "nicht unerheblichen Wahrscheinlichkeit". "Nicht unerheblich" liege hingegen im Bereich der Geringfügigkeit und nicht Wahrscheinlichkeit.

Soweit das Arbeitsgericht die These aufstelle, dass die Firma St. neben der Klägerin eine der Marktführer in Europa sei, gehe es nicht um Europa, sondern der relevante Markt sei E., allenfalls westliches Europa. Hierbei habe es sich um die bisherige Zuständigkeit des Beklagten bei ihr gehandelt und die gleiche Zuständigkeit habe der Beklagte nunmehr nach dem Wechsel bei der Firma St.. Diese habe bis zum Wechsel des Beklagten gar keinen Direktvertrieb in dieser Region gehabt.

Es sei reine Spekulation des Arbeitsgerichts, wenn es ausführe, die Firma G. könnte sich auch von vorneherein parallel an andere Anbieter und hierbei auch an die Firma St. gewandt haben. Konkret widerspreche solchen Überlegungen die Tatsache, dass von der Klägerin unter dem 10.03.2005 ein Angebot über Eckputzautomaten unterbreitet worden sei und die Firma G. den EPA 472 von sich aus als Alternative ins Spiel gebracht hätte.

Soweit das Arbeitsgericht ausführt, es sei ohne weiteres denkbar, dass die Firma St. diesmal den Zuschlag deshalb bekommen habe, weil ihr Angebot insgesamt besser und preisgünstiger gewesen sei, sei festzuhalten, dass bei ihrem Angebot zu keinem Zeitpunkt der Preis oder etwas anderes von Seiten der Firma St. zur Diskussion gestanden habe.

Soweit das Arbeitsgericht davon ausgehe, dass ein Wechsel bei der Willensbildung der Firma G. denkbar sei, ohne dass es hierfür konkrete tatsächliche Anhaltspunkte gebe, sei dies wiederum reine Spekulation und entbehre jedweder Grundlage.

Es entbehre jedweder Grundlage, dass der Pflichtverstoß eines Angestellten bei einem Wechsel zum Hauptkonkurrenten des Arbeitgebers unter gleichzeitigem Wechsel eines Kunden des bisherigen Arbeitgebers zu eben diesem Hauptkonkurrenten einem Anscheinsbeweis von vorneherein nicht zugänglich sein solle.

Soweit der Beklagte darauf hinweise, dass das Modell EPA 472 zu einem späteren Zeitpunkt - anders als das Modell EPA 572 - nicht entsprechend hätte nachgerüstet werden können, übersehe er, dass die Maschine der Firma St. nachrüstungsfähig gewesen sein müsste und zwar hinsichtlich vergleichbarer Sonderaggregate, mit der der EPA 572 ausgestattet werden könne. Dies werde jedoch ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten. Der Vortrag des Beklagten zum Leistungsspektrum der von der Firma St. gelieferte Maschine werde mit Nichtwissen bestritten. Im Übrigen bleibe unklar, was der Beklagte mit seinen Darlegungen überhaupt meine. Die Auslegung, die der Beklagte der Formulierung "Alternativ: EPA 472 ???" beimesse, sei nicht möglich. Da die Firma G. bereits im Besitz eines EPA 472 sei, den sie über die Firma Sch. gekauft habe und mit welchem diese sehr zufrieden gewesen sei, hätte keine Veranlassung bestanden eine Maschine mit einer anderen Typenbezeichnung zu kaufen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 13.12.2006, AZ: 6 Ca 1245/06, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 41.644,25 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuwied vom 13. Dezember 2006, AZ: 1245/06, zurückzuweisen.

Er trägt vor,

das Verständnis des Arbeitsgerichts über die Grundsätze des Anscheinsbeweises und seiner Voraussetzungen sei nicht angreifbar, unabhängig davon, ob die allgemeine Lebenserfahrung mit dem für den Anscheinsbeweis erforderlichen Erfahrungssatz tatsächlich inhaltlich deckungsgleich sei.

Es sei weiterhin unstreitig, dass das aktuelle Modell EPA 572 in der Tat nicht kurzfristig lieferbar gewesen sei, sondern nur das Vorgängermodell EPA 472. Ob die Lieferzeit zudem "sehr lang" gewesen sei, sei hier nicht mehr von zusätzlichem Gewicht. Es sei unzutreffend, dass das Vorgängermodell 472 für den von G. benötigten Verwendungszweck völlig ausreichend gewesen wäre. Das aktuelle Modell EPA 572 wäre, wenn es auch von G. zunächst ohne Sonderaggregate benötigt worden sei und daher insoweit an sich mit den Anwendungsmöglichkeiten des Vorgängermodells EPA 472 weitgehend identisch sei, zu einem späteren Zeitpunkt nachzurüsten gewesen. Diese Möglichkeit hätte beim alten Modell 472 gerade nicht bestanden. Es sei auch nicht zutreffend, dass die angeblich von der Firma St. gelieferten Maschinen mit dem Leistungsspektrum des EPA 472 im Wesentlichen identisch seien. So bestünden wesentliche technisch qualitative Unterschiede zwischen den jeweiligen Maschinen im Softwarebereich. So könne die Software der Firma St. im Unterschied zum Angebot der Klägerin nicht nur die Kommunikation vom Bedienungspersonal zur Maschine, sondern auch die umgekehrte Kommunikation von der Maschine zum Bedienungspersonal.

Das Arbeitsgericht habe auch zu Recht festgestellt, dass sich die Anfrage bzgl. des EPA 472 dem Wortlaut nach nur auf eine von drei Maschinen bezogen hätte. Diese hätte auch dahingehend verstanden werden können, dass G. habe anfragen wollen, ob das Modell EPA 472 mit dem bestellten Modell EPA 572 identisch sei. Daher sei auch die Einschätzung des Arbeitsgerichts, dass Zweifel an der Auslegung bestünden, G. hätte sich ursprünglich auch auf die Lieferung des Vorgängermodells - zumal für alle drei Maschinen - zufrieden gegeben, richtig.

Der Umstand, dass die Klägerin zur Firma G. über einen Zeitraum von rund 5 Jahren Geschäftsbeziehungen gepflegt hätte, sei kein wesentliches Indiz. Die Firma G. habe stets auch bei anderen Anbietern erworben, so etwa von dem Wettbewerber Greiner und dem Profilhersteller Sch. AG. Die Zusammenarbeit mit der Klägerin sei zudem auch nicht stets reibungsfrei verlaufen.

Es sei auch ohne Relevanz, dass vor der Anfrage vom 24.04.2005 durch die Firma G. bereits unter dem 10.03.2005 durch den Beklagten im Namen der Klägerin ein Angebot unterbreitet worden sei.

Es handele sich um eine reine Vermutung der Klägerin, dass die Firma St. GmbH zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Geschäftsbeziehungen zur G. gehabt habe.

Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast sei es nicht erforderlich, dass die Alternativursachen für eine Stornierung eines Auftrags durch den Gegner bewiesen werden müssten oder auch nur mit einer großen Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben müssten. Der Vorwurf, die Alternativursachen seien bloße Spekulation und theoretische Gründe, sei daher unberechtigt. Vielmehr trage die Klägerin die Beweislast dafür, dass eine sehr große Wahrscheinlichkeit für die Pflichtverletzung des Beklagten spreche. Solange ihr dies nicht gelinge, könnten auch nur mögliche/denkbare Alternativursachen, sofern diese nicht abwegig seien, den Vortrag der Klägerin erschüttern. Es sei fast lebensfremd im Geschäftsleben davon auszugehen, dass der Preis oder andere essentialia negotii dann keine Bedeutung für die Kaufpreisentscheidung des Kunden spielen würde, wenn der Verkäufer einen anderen Hersteller empfehle.

Bei der Prüfung, ob nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweis der Nachweis von Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot erbracht sei, sei zu beachten, dass einem Arbeitnehmer nicht die Beweislast dafür auferlegt werden könne, dass er gegen das Wettbewerbsverbot nicht verstoßen habe. Dies wäre ihm praktisch möglich nur mit Hilfe seines neuen Arbeitgebers oder des betreffenden Kunden, was für alle Beteiligte unzumutbar wäre, solange nicht mehr als ein bloßer Verdacht oder die vage Möglichkeit einer Pflichtverletzung bestehe.

Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien hingewiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Insbesondere hält das arbeitsgerichtliche Urteil den Angriffen der Berufungsführerin stand.

Weder konnte die Klägerin den Hauptbeweis durch Darstellung unmittelbarer objektiver Tatsachen, die auf eine wettbewerbsrechtliche Verletzungshandlung des Beklagten schließen lassen, führen, noch genügten die im einzelnen seitens der Klägerin behaupteten und teilweise durch den Beklagten bestrittenen Indizien, um unter Berücksichtigung der Grundsätze für einen Anscheinsbeweis auf eine entsprechende Vertragsverletzung des Beklagten schließen zu lassen. Zu guter Letzt konnte auch keine Vertragsverletzung durch den Beklagten angenommen werden unter Berücksichtigung eines sog. Indizienbeweises.

Gemäß § 60 Abs. 1 HGB darf der Handlungsgehilfe, also der Arbeitnehmer, ohne Einwilligung des Prinzipals, also des Arbeitgebers, weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweig des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Untersagt sind damit alle Betätigungen, die die Interessen des Arbeitgebers gefährden können. Damit wäre auch insbesondere ein Einwirken des Arbeitnehmers auf einen Kunden seines Arbeitgebers mit der Intention, dass der Kunde von einem beabsichtigten oder bereits abgeschlossenen Auftrag bei seinem Arbeitgeber Abstand nimmt, um diesen Auftrag an einen Konkurrenten seines Arbeitgebers vermitteln zu können, untersagt. Verletzt der Arbeitnehmer die ihm nach § 60 HGB obliegende Verpflichtung, so kann der Arbeitgeber Schadensersatz fordern, § 61 Abs. 1 S.1 , 1. Halbsatz HGB. Der Schadensersatz kann nach den allgemeinen Grundsätzen verlangt werden (§§ 249 ff. BGB). Darzulegen und zu beweisen sind das konkurrenzschädliche Verhalten des Arbeitnehmers und der hierdurch kausal entstandene Schaden. Gefordert ist der Nachweis, dass der Arbeitgeber ohne den Wettbewerbsverstoß des Arbeitnehmers das Geschäft oder die Geschäfte selbst getätigt hätte. Dabei ist auch der entgangene Gewinn zu ersetzen, § 252 BGB.

Das Arbeitsgericht führt zunächst zutreffend aus, dass die Klägerin keine objektiven Tatsachen darlegen kann, die die Annahme eines konkreten Pflichtenverstoßes des Beklagten während seines Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin begründen könnten.

Vielmehr beschränkt sich das Vorbringen der Klägerin auf Indizien mittels derer ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot gemäß § 60 Abs. 1 HGB angenommen werden soll.

Bei diesen Indizien handelt es sich um folgende Umstände:

- Zusendung eines durch den Beklagten erstellten Angebotes über einen Eckputzautomaten EPA 572 durch die Klägerin an die Firma G. vom 10.03.2005,

- mit "Bestellung 2005 - 4 - " überschriebenes Schreiben der Firma G. vom 24.04.2005 an die Klägerin, dass die Klägerin rechtlich als verbindliche Bestellung und der Beklagte lediglich als "invitatio offerendum" wertet (vgl. Bl. 15 f. d. A.),

- Einräumung des Beklagten, dass er zum Zeitpunkt der Hausmesse bei der Klägerin vom 11.05. bis 13.05.2005 Dritten gegenüber angedeutet habe, dass er die Klägerin unter Umständen verlasse und zur Firma St. GmbH wechseln werde,

- Stornierung der "Bestellung" vom 24.04.2005 am 01.06.2005 durch die Firma G.,

- Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin durch den Beklagten am 02.06.2005 zum 30.09.2005,

- Wechsel des Beklagten zur Firma St. GmbH,

- Identität der jeweiligen Zuständigkeit des Beklagten bei der Klägerin und bei der Firma St. GmbH, nämlich westliches Osteuropa, wozu auch E. gehört, wo die Firma G. ihren Firmensitz hat,

- strittige Behauptung der Klägerin, die Firma G. habe die dem Modell EPA 472 gleichwertige Maschinen anstelle bei der Klägerin bei der Firma St. noch vor dem 01.09.2005, also noch während des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien, erworben,

- alternative Liefermöglichkeit des Typ EPA 472 statt EPA 572 durch die Klägerin an die Firma G.,

- fünfjährige Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin und der Firma G.,

- strittige Behauptung der Klägerin, diese Geschäftsbeziehung sei nach der "Bestellung" vom 24.04.2005 und dem Wechsel des Beklagten zur Firma St. abgerissen.

- Strittige Behauptung der Klägerin, die Firma St. habe zum Zeitpunkt der "Bestellung" der Eckputzautomaten keine Geschäftsbeziehung zur Firma G. unterhalten.

- Neben der Klägerin und der Firma St. gibt es mindestens noch vier weitere Hersteller von Eckputzautomaten.

Diese teilweise strittigen Tatsachen zugunsten der Klägerin als wahr unterstellt, können vorliegend nicht rechtfertigen, einen Anscheinsbeweis anzunehmen, der auf eine wettbewerbsrechtliche Vertragsverletzung des Beklagten schließen lässt.

Der Anscheinsbeweis beruht auf Sätzen der Lebenserfahrung, nach denen aus bestimmten Ursachen in aller Regel bestimmte Wirkungen hervorgehen oder umgekehrt bestimmte Wirkungen auf bestimmte Ursachen rückschließen lassen. Beim Anscheinsbeweis kann somit nicht nur von einem feststehenden Ereignis auf den Zusammenhang mit einem eingetretenen Erfolg, sondern auch umgekehrt von einem eingetretenen Erfolg auf ein bestimmtes Ereignis als Ursache geschlossen werden (vgl. Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Auflage, Rz. 325, 337). Erfahrungssätze sind Regeln, in denen die Summe der Ergebnisse gezogen ist, die bei der Beobachtung typischer Geschehensabläufe immer wieder festgestellt worden sind. Diese Regeln können aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung oder aufgrund wissenschaftlicher Forschung ermittelt werden (vgl. Schneider, a.a.O., Rz. 332). Erfahrungssätze im eigentlichen Sinne sind nur abstrakte Regeln, die in Voraussetzung und Folge aufgelöst werden können und typische Geschehensabläufe betreffen (Schneider, a.a.O., Rz. 334). Der Anscheinsbeweis ist dem konkreten Beweis nicht untergeordnet, sondern er steht ihm gleichrangig gegenüber; es handelt sich um Modifikationen der Beweiswürdigung (vgl. Schneider, a.a.O., Rz. 345).

Soweit die Klägerin zunächst darauf abstellt, das Arbeitsgericht habe in unzutreffender Weise zwischen typischen Geschehensablauf und allgemeiner Lebenserfahrung differenziert, in dem es ausgeführt habe, dass zur Annahme des Anscheinsbeweis nicht die allgemeine Lebenserfahrung genüge, weil die allgemeine Lebenserfahrung mit den für einen Anscheinsbeweis erforderlichen Erfahrungssatz nicht gleichzusetzen sei, handelt es sich - worauf der Beklagte zu Recht hinweist - lediglich um eine terminologische und keine inhaltliche Frage. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass das Arbeitsgericht von einem unzutreffenden Verständnis über den Anscheinsbeweis ausgegangen ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kann auch nicht der Formulierung im arbeitsgerichtlichen Urteil: "Aus den vorstehenden Umständen ist mithin erkennbar, dass der von der Klägerin behauptete Vorgang schon nicht auf den ersten Blick als Muster erkennbar ist, als regelmäßig, üblich und häufig vorkommt und den Schluss auf den Wettbewerbsverstoß rechtfertigt." nicht darauf geschlossen werden, dass das Arbeitsgericht allein auf eine quantitative Betrachtungsweise im Rahmen der Voraussetzungen des Anscheinsbeweises abstellt. Eine derartige Annahme gibt die sorgfältige Begründung des Arbeitsgerichts nicht her.

Vorliegend kann auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht zurückgegriffen werden, weil kein typischer Geschehensablauf festzustellen ist. Dies hängt damit zusammen, dass es um individuelle Verhaltensweisen in bestimmten Lebenslagen geht, die erfahrungsgemäß von jedem Menschen nach verschiedenen, ihm besonders eigenen Gesichtspunkten gefasst werden (vgl. Schneider, a.a.O., Rz. 356; Thomas/Putzo, ZPO, 28. Auflage, § 286 Rz. 15).

Die seitens der Klägerin vorgetragenen - teilweise durch den Beklagten bestrittenen - Indizien deuten in keinem Fall auf einen Geschehensablauf von so typischer Art hin, dass die Annahme gerechtfertigt ist, der Beklagte habe nach allgemeiner Lebenserfahrung eine Pflichtverletzung wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot begangen. Voraussetzung wäre, dass es eine derart von Merkmalen des üblichen und gewöhnlichen geprägte oder zumindest begleitete Handlungsweise vorsätzlichen Wettbewerbsverstoßes gibt, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung dieser Vertragsverstoß derjenigen Person zugeordnet werden kann, die diese Merkmal verwirklicht hat.

Eine durch die Lebenserfahrung gesicherte Typizität menschlichen Verhaltens gibt es jedoch nicht, wenn es sich um eine vorsätzliche Vertragsverletzung handeln soll (vgl. BGH, Urteil 04.05.1988, Az: IV a ZR 278/86). Danach geht die höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass es keinen Anscheinsbeweis für individuelle Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Lebenslagen gibt. Möglich sei - so der BGH - ein Beweis des ersten Anscheins dann, wenn im Einzelfall ein typischer Geschehensablauf vorliege, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweise, und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trage, dass die besondern individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten würden. Das werde kaum je der Fall sein, wenn ein bewusst gefasster Willensentschluss bewusst in die Tat umgesetzt werde. Es fehle an der Typizität im Verhalten der Person, die einem vorsätzlichen deliktischen Handeln bezichtigt würden.

Dieser Rechtsansicht ist zuzustimmen. Vorliegend will die Klägerin auf einen vorsätzlichen Vertragsverstoß des Beklagten gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot und damit auf ein willentliches Handeln in Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises schließen. Da ein vorsätzliches Handeln jedoch grundsätzlich durch die Individualität des Handelnden geprägt ist, so dass es hierfür auch keine objektivierbaren Erfahrungssätze geben kann, darf auch nicht auf die Grundsätze über den Anscheinsbeweis zurückgegriffen werden.

Wenn aber die Feststellung einer auf einem Willensentschluss beruhenden individuellen Verhaltensweise in einer bestimmten Lebenslage keiner generalisierenden Beurteilung aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze unterworfen werden kann, ist für den Anscheinsbeweis kein Raum.

In solchen Fällen kann daher nur auf die für nicht typische Geschehensabläufe geltenden Grundsätze der freier Beweiswürdigung abgestellt werden. Hierzu dient der Indizienbeweis.

Zwar sind grundsätzlich nur Tatsachen, die einen unmittelbaren Bezug zum Streitgegenstand haben, entscheidungserheblich. Bei Beweisnot oder Unzumutbarkeit der Beweisführung für unmittelbare Tatsachen können jedoch auch mittelbare Tatsachen beweiserheblich sein, wenn diese geeignet sind, logische Rückschlüsse auf den unmittelbaren Beweistatbestand - bestärkend oder entkräftigend - zu ziehen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 286 Rz. 9 a).

Die seitens der Klägerin insbesondere oben wieder gegebenen Indizien reichen jedoch nach abschließender Bewertung nicht aus, einen arbeitsvertraglichen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB anzunehmen. Dabei wird zugunsten der Klägerin unterstellt, dass es sich bei dem Schreiben der Firma G. vom 24.04.2005 um eine rechtverbindliche Bestellung der Firma G. gehandelt hat und dass die Firma G. bei der Firma St. GmbH vor dem 01.09.2005 Eckputzautomaten gekauft hat. Denn die seitens der Firma G. erfolgte Stornierung am 01.06.2005 kann auch andere Ursachen haben als ein behaupteter Vertragsverstoß des Beklagten selbst unter Berücksichtigung der seitens der Klägerin behaupteten und teilweise strittigen Tatsachen.

In erster Linie stellt das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang zu Recht darauf ab, dass die Firma G. die Stornierung damit begründet hat, dass die Lieferzeit der Klägerin unannehmbar sei. Zwar ist es zutreffend, dass das Arbeitsgericht insoweit ohne Grund von einer "sehr langen Lieferzeit" für das Modell EPA 572 zum Zeitpunkt der Stornierung ausgegangen ist. Tatsächlich tragen jedoch weder die Klägerin noch der Beklagte zur tatsächlichen Dauer der Lieferungszeit vor. Festzustellen ist jedoch, dass die Vertragspartnerin der Klägerin diese Lieferzeit für unannehmbar gehalten hat. Es wäre zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin vorzutragen, wie lange die Lieferzeit für den Eckputzautomaten EPA 572 tatsächlich gedauert hätte, um nachvollziehen zu können, ob es sich um ein vorgeschobenes Argument handelt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beklagte hierfür jedenfalls nicht darlegungs- und beweisbelastet. Zudem dürfte es der Klägerin auch zumutbar sein, bei der Firma G. nachzufragen, warum die Lieferzeit unannehmbar gewesen sein soll.

Soweit die Klägerin ein Vorschieben der Lieferzeit annimmt, weil es jedweder Lebenserfahrung im normalen Geschäftsverkehr widersprechen solle, dass in der wichtigen Frage der Lieferzeit in der Zeit vom 10.03.2005, also dem Zeitpunkt ihres erstmaligen Angebots, bis zum 24.04.2005 kein Wort über die Lieferzeit gewechselt worden sein solle, ist nicht nachvollziehbar, dass eine Bestellung der Firma G. am 24.05.2005 auf der Basis eines Angebots des Klägers vom 10.03.2005 erfolgt ist. Zumindest lässt sich dies nicht dem Schreiben der Firma G. vom 24.05.2005 entnehmen. Wenn insoweit die Klägerin der Firma G. am 10.03.2005 ein Angebot bezüglich eines EPAs 572 unterbreitet haben will, kann dieses entweder - mangels Bedarf - infolge der Nichtreaktion durch die Firma G. zunächst abgelehnt worden sein, oder infolge eines zwischenzeitlich eingetretenen Bedarfs der Firma G. mit Schreiben vom 24..05.2005 angenommen worden sein, ohne dass es zunächst auf die Frage der Lieferzeit angekommen ist.

Die Klägerin nimmt des Weiteren an, dass die Lieferzeit vorgeschoben sei, weil die Firma G. noch in ihrer "Bestellung" vom 24.04.2005 bezüglich eines der drei insgesamt aufgeführten Modelle als Alternative den Modelltyp EPA 472 angegeben hätte, den sie auch kurzfristig hätte liefern können. Der Umstand, dass nur bei einem Modell und nicht bei sämtlichen drei bestellen Maschinen die Alternative EPA 472 angegeben sei, lasse sich dadurch erklären, dass alle drei bestellten EPA 572 ohne "Sonderaggregate" ausgestattet werden sollten, so dass das Modell EPA 472 vollkommen ausreichend gewesen wäre.

Woraus die Klägerin diese Vermutung hernimmt, bleibt ungewiss. Immerhin ist festzustellen, dass es sich zwar immer um denselben Typ Eckputzautomaten (EPA 572) handeln soll, jedoch für unterschiedliche Firmen und somit ggfs auch für einen unterschiedlichen Bedarf. Woher will die Klägerin annehmen, dass alle drei Firmen den gleichen Bedarf abdecken wollen, auch wenn sie zunächst den gleichen Modelltyp bestellen. Schließlich überzeugt auch nicht die Erklärung der Klägerin über die drei Fragezeichen, die an die Alternative EPA 472 angehängt worden sind. Gerade wenn die Klägerin die drei Fragezeichen so verstehen will, dass die Firma G. habe signalisieren wollen, sie sei gegebenenfalls auch mit dem Modell EPA 472 einverstanden, bestätigt sie gerade die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass nicht unzweifelhaft erkennbar ist, dass die Firma G. tatsächlich sich auf eine Lieferung des Modells EPA 472 eingelassen hätte. Dies verdeutlicht die Klägerin gerade durch ihre Formulierung "gegebenenfalls". Zu Recht nimmt daher das Arbeitsgericht an, dass aus dem Schreiben der Firma G. vom 24.04.2005 nicht unzweifelhaft entnommen werden kann, die Firma G. würde auf jeden Fall bereit sein, das Modell EPA 472 statt des Modells EPA 572 erwerben zu wollen.

An dieser Einschätzung ändern auch die langjährigen und gegebenenfalls guten Geschäftsbedingungen zwischen der Klägerin und der Firma G. nichts. Abgesehen davon, dass gar nicht abschließend festgestellt werden kann, wie die drei Fragezeichen hinter der Alternative EPA 472 für eins der drei Modelle in geschäftlicher Hinsicht zu interpretieren sind, ist nicht zwangsläufig anzunehmen, dass ein Vertragspartner sich mit einem anderen Modell zufrieden gibt, als demjenigen, welches er bestellt hat. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, was die Klägerin glaubt, wie sich die Firma G. nach ihrer Meinung hätte verhalten müssen. Hierbei handelt es sich - worauf das Arbeitsgericht zu Recht hinweist - um rein subjektive Bewertungen.

Nicht angreifbar ist auch trotz Rüge der Klägerin die Feststellung des Arbeitsgerichts, dass nicht nur ein Wettbewerbsverstoß des Beklagten für einen Auftragswechsel der Firma G. zur Firma St. denkbar sei. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass es sich nur um ein rein theoretische Gründe handele, ohne dass es hierfür konkrete tatsächliche Anhaltspunkte gäbe, wird die Klägerin die seitens des Arbeitsgerichts angeführten alternativen Ursachen aber auch nicht ausschließen können. Da insbesondere der Beklagte nicht im Geschäftskreis der Firma G. tätig ist, ist es ihm schlechterdings auch nicht möglich, konkrete Fakten dazu vorzutragen, wieso und weshalb die Firma G. nunmehr nach fünfjähriger Geschäftsbeziehung zur Klägerin eine Bestellung storniert hat. Von daher muss es zulässig sein, dass der Beklagte auf Alternativursachen theoretischer Natur abstellt, sofern sie nicht jeglicher Wahrscheinlichkeit sind. Wenn also das Arbeitsgericht der Argumentation des Beklagten folgend eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen dieser Alternativursachen annimmt, ist dies nicht angreifbar. Die weiteren Ausführungen der Klägerin zur Definition der Wahrscheinlichkeit, helfen letztendlich nicht weiter. Schließlich geht es nicht darum, dass der Beklagte gemessen an den Anforderungen, die an einen erbrachten Anscheinsbeweis zu stellen sind, Sachvortrag für Alternativursachen liefern muss. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für den Verstoß eines Wettbewerbsverbotes trägt und sie daher darlegungs- und beweisbelastet ist hinsichtlich der Indizien, die den Anscheinsbeweis begründen müssen. Nur dann, wenn der vorgetragene Sachverhalt ausreicht, einen Anscheinsbeweis als geführt zu sehen, obliegt es dem Beklagten, die tatsächlichen Umstände konkret vorzutragen, die geeignet sind, diese Indizien zu erschüttern. In diesem Fall würden bloße Vermutungen oder Annahmen nicht ausreichen. Vielmehr würde ein erheblicher Erschütterungsbeweis voraussetzen, dass der Gegner die ernsthafte Möglichkeit eines vom gewöhnlichen Verlaufs abweichenden Ganges des Geschehens darlegt und beweist (vgl. Schneider, a.a.O., Rz. 342).

In dieser Prozesssituation befinden sich die Parteien jedoch gerade nicht. Wie bereits oben festgestellt, fällt der vorliegende streitgegenständliche Sachverhalt gar nicht unter den Anwendungsbereich des Anscheinsbeweises, so dass dieser gar nicht durch die Klägerin geführt werden konnte. Daher ist auch der Beklagte nicht gehalten, im Einzelnen darzustellen, warum die von ihm aufgeführten Alternativursachen ernsthaft für möglich gehalten werden mussten.

Aber auch im Rahmen des Indizienbeweises obliegt es dem Beklagten nicht, konkrete Tatsachen gegen die Annahme der Indizien vorzutragen, so lange nicht die Klägerin ausreichenden Vortrag erbracht hat, die logische Rückschlüsse auf einen Vertragsverstoß des Beklagten zulassen.

Daher sind die seitens des Arbeitsgerichts aufgenommenen Einwände des Beklagten, die auf andere Ursachen des Auftragswechsels als den arbeitsvertraglichen Pflichtenverstoß durch den Beklagten schließen lassen, zu berücksichtigen. Es gibt zwar Indizien dafür, die für einen Pflichtenverstoß des Beklagten im Hinblick auf seine wettbewerbsrechtlichen Pflichten schließen lassen können. Hierbei weist das Arbeitsgericht zu Recht auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Stornierung des Auftrags am 01.06.2005 durch die Firma G. und den Ausspruch der Eigenkündigung des Beklagten am 02.06.2005 hin sowie auf den Wechsel des Beklagten zur Firma St., wo der Beklagte das gleiche Vertriebsgebiet wie bei der Klägerin betreut.

Dennoch ist es nicht außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit, dass die Firma G. sich auch ohne ein Dazutun des Beklagten an die Firma St. gewandt haben könnte und zwar unter den verschiedensten Umständen. Eine geschäftliche Kontaktaufnahme könnte zum einen erst nach der Stornierung der "Bestellung" vom 24.04.2005 erfolgt sein. Gleichzeitig ist es aber auch möglich, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hinweist, dass sich die Firma G. anlässlich ihrer "Bestellung" vom 24.04.2005 parallel auch an andere Anbieter gewandt haben könnte, insbesondere nicht zum ersten Mal. Auch führt das Arbeitsgericht zu Recht aus, dass auch in der Vergangenheit die Firma G. Parallelanfragen gestartet haben könnte, die Klägerin aber bislang stets die besten Vertragsangebote unterbreitet haben könnte und deshalb den Zuschlag von der Firma G. bislang erhalten habe. Nunmehr könnte es umgekehrt sein. Insbesondere ist vorliegend auch nicht auszuschließen, dass die Firma St., wo die Firma G. nach Behauptung der Klägerin nunmehr ihre Putzautomaten bezogen haben soll, mit kürzeren Lieferzeiten als die Klägerin hätte liefern können oder ggf. auch zu einem günstigeren Preis. Soweit die Klägerin vorträgt, bei ihrem Angebot hätte zu keinem Zeitpunkt der Preis oder etwas von Seiten der Firma St. zur Diskussion gestanden, ist nicht erkennbar, warum die Firma G. mit der Klägerin über die Preise etwaiger Konkurrenten zwangsläufig hätte sprechen müssen. Es ist die Entscheidung der Firma G., ob und mit welchem Auftragnehmer sie über etwaige Preisvorstellungen verhandeln will oder nicht. Insoweit kann auch dahingestellt bleiben, ob die Eckputzautomaten der Firma St. im Vergleich zum EPA 472 gleichwertig gewesen wären oder nicht. Allein der Umstand, dass nicht auszuschließen ist, dass sie ggf. preisgünstiger gewesen sind als die Maschinen der Klägerin könnte für eine Entscheidung der Firma G. für die Firma St. bereits ausschlaggebend gewesen sein. Im übrigen reicht es nicht aus, wenn die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin lediglich eine fehlende Nachrüstbarkeit der St.-Maschinen bestreitet.

Selbst wenn die Klägerin seit fünf Jahren mit der Firma G. ungestörte Geschäftsbeziehungen gepflegt haben sollte, ist dennoch denkbar, dass die Firma G. auch zu den Hauptkonkurrenten der Klägerin, von denen es wohl mindestens vier gibt, regelmäßig geschäftliche Verbindungen geführt haben kann. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 21.06.2007 (Bl. 7) soll die Firma G. über die Firma Sch. einen EPA 472 gekauft haben. Warum soll es nunmehr nicht mehr möglich gewesen sein, dass die Firma G. bereits früher oder zumindest seit Sommer 2005 Kundin der Firma St. geworden ist, ohne dass der Beklagte diese Geschäftsbeziehung vermittelt haben muss.

Auch der Umstand, dass nach Vortrag der Klägerin die Firma St. vor dem Wechsel des Beklagten dorthin gar keinen Direktvertrieb mit dem westlichen Osteuropa gepflegt haben soll, schließt eine Geschäftsbeziehung zwischen der Firma St. und der Firma G. vor dem Wechsel des Beklagten zur Firma St. nicht aus. Immerhin könnte der geschäftliche Kontakt auch über die Vermittlung eines anderen Unternehmens zustande gekommen sein.

Schließlich ist auch nicht auszuschließen, dass die Firma G. infolge einer während der Hausmesse vom 11.05. bis 13.05.2005 erfolgten Andeutung des Beklagten, er werde unter Umständen die Klägerin verlassen und zur St. GmbH wechseln, diesen Umstand von sich aus zum Anlass genommen hat, ihre Geschäftsbeziehungen zur Klägerin zu ändern, etwa weil sie gerade mit der Zusammenarbeit mit dem Beklagten besonders zufrieden gewesen ist. Hierbei dürfte es sich gerade in der Geschäftswelt um einen ganz wesentlichen Umstand handeln.

Nach alledem konnte somit nicht festgestellt werden, dass der Beklagte tatsächlich gegen das Wettbewerbsverbot gemäß § 60 Abs. 1 HGB verstoßen hat. Mithin ist ein Schadensersatzanspruch bereits dem Grunde nach nicht feststellbar, so dass auf die Schadenshöhe, ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin sowie auf die Frage der Verjährung eines Schadensersatzanspruchs nicht mehr ankommt.

III.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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