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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 24.08.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 24/06
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 124
BGB § 124 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 1
ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 4
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO §§ 511 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 24/06

Entscheidung vom 24.08.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 15.12.2005 (Az.: 11 Ca 1792/05) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In dem vorliegenden Verfahren macht der Kläger - soweit in der Berufungsinstanz von Bedeutung - die Rechtsunwirksamkeit eines Aufhebungsvertrages geltend.

Der am 03.10.1986 geborene Kläger ist seit dem 01.08.2003 bei der Beklagten, die sich mit dem Handel und der Montage von Bauelementen und dem Innenausbau beschäftigt und für die 6 Arbeitnehmer tätig sind, als Auszubildender zum Bürokaufmann zu einer Ausbildungsvergütung von zuletzt 664,00 € brutto monatlich tätig. Grundlage des Berufsausbildungsverhältnisses der Parteien ist der Berufsausbildungsvertrag vom 16.07.2003 (Bl. 70 d.A.), der eine Beendigung am 31.07.2006 vorsieht. Die Abschlussprüfung vor der IHK fand im Mai 2006 statt.

Mit Schreiben vom 01.09.2005 erteilte die Beklagte dem Kläger einen schriftlichen "Verweis" folgenden Inhalts:

"Sehr geehrter Herr C.,

nach dem Sie mehrfach aufgefordert wurden von mir und unserem Herrn W das Berichtsheft vorzulegen, kamen Sie immer mit der Ausrede, Sie hätten dieses vergessen.

Nachdem ich Sie heute aufgefordert habe, das Berichtsheft heute Mittag bei Ihnen zu Hause abzuholen und mir dieses nach Mittag vorzulegen, kamen Sie nun mit der Aussage, dass das Berichtsheft schon über mehrere Monate nicht geführt worden ist.

Sie haben mich und auch den Herrn W somit vorsätzlich belogen.

Ich erteile Ihnen hiermit einen schriftlichen Verweis.

Sollte dies noch ein weiteres Mal vorkommen, wird dies eine umgehende, fristlose Kündigung zur Folge haben.

Des Weiteren fordere ich Sie nochmals schriftlich dazu auf, mir folgende Unterlagen von der Berufsschule spätestens am 14.09.2005 vorzulegen:

1. Adresse des Berufsschulklassenleiters, sowie dessen dienstliche und private Telefonnummer.

2. Sämtliche Arbeiten, die im 2. Ausbildungsjahr geschrieben wurden.

Das Vorliegen der Unterlagen hat ohne weitere Anforderung zu geschehen. Sollten die Unterlagen am 14.09.2005 nicht vorliegen, so hat das die fristlose Kündigung zur Folge."

Am 14.09.2005 kam es zu einer Unterredung zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten. Die Unterredung endete damit, dass der Kläger einen Aufhebungsvertrag unterzeichnete. Dieser lautet wie folgt:

"Im beiderseitigen Einvernehmen wird der geschlossene Ausbildungsvertrag vom 16.07.2003 zwischen der Firma A. und Ihnen, mit sofortiger Wirkung aufgehoben."

Mit Schreiben vom 23.09.2005 (Bl. 19 ff. d. A.) focht der Kläger den Aufhebungsvertrag wegen unzulässiger Drohung an.

Mit Schreiben vom 27.09.2005 (Bl. 22 d. A.) kündigte die Beklagte hilfsweise das Berufsausbildungsverhältnis fristlos wegen unberechtigter Computerbenutzung.

Am 05.10.2005 hat der Kläger Feststellungsklage dahingehend erhoben, dass das Arbeitsverhältnis weder durch den Aufhebungsvertrag vom 14.09.2005 noch durch die fristlose Kündigung vom 27.09.2005 beendet worden sei.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Aufhebungsvertrag vom 14.09.2005 sei unwirksam, weil er diesen wegen widerrechtlicher Drohung unter dem 23.09.2005 rechtswirksam angefochten habe.

Er hat im Wesentlichen vorgetragen, in ihrem schriftlichen Verweis vom 01.09.2005 habe die Beklagte für den Wiederholungsfall mit einer fristlosen Kündigung gedroht und sich dabei auf das Nichtführen des Berichtshefts über mehrere Monate sowie darauf bezogen, dass er den Geschäftsführer und Herrn W angeblich vorsätzlich belogen habe. Zudem habe die Beklagte ihn aufgefordert, bis spätestens 14.09.2005 die Adresse des Berufsschulklassenleiters und dessen dienstliche und private Telefonnummer sowie sämtliche Arbeiten vorzulegen, die im zweiten Ausbildungsjahr geschrieben worden seien. Als er den Aufhebungsvertrag unterschrieben habe, habe die Androhung der fristlosen Kündigung nach wie vor im Raum gestanden, weil er - nach Ansicht der Beklagten - nicht alle Unterlagen vorgelegt bzw. alle Angaben gemacht habe. Angesicht der angedrohten fristlosen Kündigung sowie des Umstands, dass ihm gesagt worden sei, wenn er einen Arbeitsgerichtsprozess vermeide, werde er Arbeitslosengeld erhalten, habe er dem Druck der Beklagten nachgegeben und den Aufhebungsvertrag unterschrieben. Ein verständiger Arbeitgeber habe indes nicht mit einer fristlosen Kündigung drohen dürfen. Die Verstöße gegen seine Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag, die die Beklagte ihm vorgeworfen habe, seien nicht so schwerwiegend gewesen, dass ein verständiger Arbeitgeber eine fristlose Kündigung auch nur in Erwägung hätte ziehen können. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass seine mündliche Prüfung bereits im Mai 2006 stattfinde.

Auch die fristlose Kündigung vom 27.09.2005 sei unwirksam.

Der Kläger hat - soweit in der Berufungsinstanz von Bedeutung - beantragt,

festzustellen, dass sein Berufsausbildungsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 14.09.2005 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen, die vom Kläger erklärte Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung gehe ins Leere. Sie habe den Kläger weder bedroht noch im Gespräch vom 14.09.2005 Aussagen über das Arbeitslosengeld gemacht.

Für die fristlose Kündigung vom 27.09.2005 habe ein wichtiger Grund vorgelegen, da der Kläger, obwohl ihm dies verboten gewesen sei, im Zeitraum von April 2004 bis September 2005 zu privaten Zwecken Bilder aus dem Internet herunter geladen habe. Dafür seien Kosten von über 300,00 € angefallen. Die private Internetnutzung durch den Kläger sei auch erst am Tag der fristlosen Kündigung aufgedeckt worden. Ihr sei es daher unzumutbar, das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Kläger über den Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen Kündigung, den 27.09.2005 hinaus fortzusetzen.

Wegen des weiteren Sachvortrages erster Instanz wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten und zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Teil-Urteil vom 15.12.2006, das der Beklagten am 27.12.2005 zugestellt worden ist, betreffend die Anfechtung des Aufhebungsvertrages entschieden, dass das Berufsausbildungsverhältnis nicht durch den Aufhebungsvertrag vom 14.09.2005 beendet worden ist und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Aufhebungsvertrag sei unwirksam. Der Kläger habe diesen wegen widerrechtlicher Drohung wirksam angefochten. Habe ein Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Androhung einer außerordentlichen Kündigung zur einverständlichen Vertragsauflösung veranlasst, könne der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag gemäß § 123 BGB wegen widerrechtlicher Drohung innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB anfechten, wenn ein verständiger Arbeitgeber aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hätte.

Die Beklagte habe dem Kläger mit schriftlichem Verweis vom 01.09.2005 eine fristlose Kündigung für den Fall angedroht, dass er am 14.09.2005 die dort aufgeführten Unterlagen nicht vorlege. Diese Androhung habe für den Kläger noch am 14.09.2005 im Raum gestanden. Nach der eigenen Darstellung der Beklagten habe der Kläger nämlich die Verpflichtungen, für deren Zuwiderhandeln ihm die fristlose Kündigung angedroht worden sei, nicht erfüllt.

Ob über die Drohung mit der fristlosen Kündigung hinaus noch weitere Gespräche in Bezug auf den Bezug des Arbeitslosengelds geführt worden seien, sei nicht entscheidungserheblich. Maßgeblich sei, dass dem Kläger die fristlose Kündigung angedroht worden sei und gerade diese Androhung ihn dazu bewegt habe, den Aufhebungsvertrag vom 14.09.2005 zu unterschreiben. Die Drohung sei auch widerrechtlich gewesen, da ein verständiger Arbeitgeber die fristlose Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses wegen dieser Vorwürfe nicht in Erwägung hätte ziehen dürfen. Das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses sei bei weitem nicht so erheblich einzustufen wie die Interessen des Klägers an dessen Fortsetzung.

Da die Entscheidung über die Rechtswirksamkeit des Aufhebungsvertrages vorgreiflich sei, sei über die Kündigungsschutzklage noch nicht zu entscheiden gewesen.

Hiergegen richtet sich die per Fax am 09.01.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung der Beklagten, die mit einem am 20.01.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist.

Die Beklagte trägt vor, das erstinstanzliche Urteil könne bereits auf Grund eines Verfahrensfehlers keinen Bestand haben, da das Arbeitsgericht seinen Hinweispflichten nicht nachgekommen sei. So habe das Arbeitsgericht zum Termin am 15.12.2005 den von ihr benannten Zeugen W zur Frage, ob der Kläger bei Abschluss des Aufhebungsvertrages bedroht worden sei, geladen. Dann aber im Kammertermin vom 15.12.2005 erklärt, es komme auf die Beweisaufnahme nicht an, da die Drohung bereits im Schreiben vom 01.09.2005 enthalten gewesen sei und nachgewirkt habe. Eine Stellungnahme auf diese Argumentation sei dann nicht mehr möglich gewesen.

Zudem sei der Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 14.12.2005 erst im Kammertermin übergeben worden.

Ihr Verweis vom 01.09.2005, der inhaltlich keine Abmahnung, sondern eine in sich abgeschlossene Sanktion darstelle, habe subjektiv betrachtet am 14.09.2005 keine Nachwirkung mehr gehabt. Dies zeige das Verhalten des Klägers nach dem 01.09.2005. Sinngemäß habe dieser im Kollegenkreis zum Ausdruck gebracht habe, dass er die Sache "auf die leichte Schulter" nehme.

Zudem habe der Kläger noch kurz vor der Besprechung am 14.09.2005 im Kollegenkreis geäußert, er müsse die Unterlagen erst bis 24.00 Uhr abgeben. Am 14.09.2005 habe er auch noch angefangene Arbeiten erledigt und sich sodann fröhlich von den Mitarbeitern verabschiedet.

Aus all dem werde deutlich, dass - was das Arbeitsgericht einfach unterstellt habe - keinesfalls ein psychischer Druck auf dem Kläger gelastet habe.

Selbst wenn das Schreiben eine gewisse Nachwirkung entfaltet habe, sei dies im Gespräch am 14.09.2005 nicht mehr der Fall gewesen, da die Kündigung nicht mehr erwähnt worden sei. Der Kläger habe daher ohne Druck über den Abschluss des Aufhebungsvertrages entscheiden können. Er sei auch alt und verständig genug gewesen, um zu wissen was ein Aufhebungsvertrag sei, zumal er als kaufmännischer Auszubildender eine gewisse Geschäftserfahrung gehabt habe, da er im Rahmen seiner Ausbildung mit der Abwicklung von Verträgen beauftragt gewesen sei.Noch gravierender sei der Umstand, dass im erstinstanzlichen Urteil einfach der Schluss gezogen worden sei, die Androhung mit der außerordentliche Kündigung habe den Kläger zum Abschluss des Aufhebungsvertrages bewogen, ohne den wahren Beweggrund zu erforschen. Tatsächlich habe der Kläger die Aufhebungsvereinbarung unterzeichnet, weil er selbst eingesehen habe, dass die Ausbildung nicht das Richtige für ihn gewesen sei. Der Kläger habe - was sich jetzt herausgestellt habe - in der Berufsschule nur die schlechtesten Noten gehabt. Der Berufsschullehrer des Klägers habe ihrem Geschäftsführer unmissverständlich mitgeteilt, dass der Kläger die Abschlussprüfung nicht bestehen werde.

Tatsächlich habe der Kläger weder das vorgeschriebene Berichtsheft geführt noch dieses vorgelegt und zudem den Geschäftsführer und den zuständigen Mitarbeiter im Zusammenhang mit dem Berichtsheft über lange Zeit hinweg belogen. Auch die anderen angeforderten Unterlagen habe er nicht beigebracht. Insbesondere der Vertrauensverlust wegen der falschen Angaben des Klägers im Zusammenhang mit dem Berichtsheft, hätten sehr wohl dazu geführt, dass sie über eine außerordentliche Kündigung habe nachdenken können.

In rechtlicher Hinsicht komme es nicht darauf an, ob die außerordentliche Kündigung letztlich wirksam gewesen wäre.

Die Beklagte beantragt zuletzt,

auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 15.12.2005, Az.: 11 Ca 1792/05, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit ihr im angefochtenen Teilurteil stattgegeben wurde.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bad Kreuznach vom 15.12.2005, Az.: 11 Ca 1792/05, zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt im Wesentlichen vor, ein Verfahrensfehler des Arbeitsgerichts wegen eines unterlassenen Hinweises gemäß § 139 ZPO liege erkennbar nicht vor. Auf den Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14.12.2005 komme es letztlich nicht an, da dieser keinen neuen Tatsachenvortrag enthalte, sondern lediglich eine Würdigung des Schreibens der Beklagten vom 01.09.2005 beinhalte.

Auch der zeitliche Ablauf im Übrigen zeige, dass die Bedrohungswirkung des schriftlichen Verweises vom 01.09.2005 fortgewirkt habe. Bereits auf Grund des eigenen Vortrags der Beklagten, wonach er - der Kläger - am 14.09.2005 die Forderungen nicht erfüllt habe, stehe fest, dass er auf Grund des Gesamtverhaltens der Beklagten in einer erheblichen Drucksituation gewesen sei.

Die Tatsache, dass und in welcher Weise eine derartige Situation auch psychologisch von dem Geschäftsführer der Beklagten aufgebaut worden sei, habe sich beispielsweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht gezeigt, als dieser in einer äußerst herrischen Weise nicht einmal seinen in Gerichtsverhandlungen gewiss nicht unerfahrenen Prozessbevollmächtigten zu Wort habe kommen lassen. Bezeichnend sei auch, dass schon in der ganzen Firma bekannt gewesen sei, dass man ihm eine fristlose Kündigung angedroht habe, wenn er die geforderten Unterlagen nicht fristgerecht abgebe. Sogar von dem Lastwagenfahrer sei er darauf angesprochen worden.

Zutreffend sei, dass er am 14.09.2005 noch die angefangenen Arbeiten erledigt habe. Soweit die Beklagte dieses Verantwortungsgefühl negativ auslege, bedürfe es keines Kommentars. Er habe sich nicht fröhlich, sondern freundlich von seinen Kollegen, die ihm schließlich nichts getan hätten, verabschiedet.

Den Aufhebungsvertrag habe er keineswegs deswegen unterzeichnet, weil er eingesehen habe, dass die Ausbildung nicht das Richtige für ihn gewesen sei. Dies zeige sich bereits daran, dass er nur noch ca. ein halbes Jahr in der Firma zu absolvieren gehabt habe. Zudem habe er noch ausreichend Zeit gehabt, eventuelle Rückstände - die bestritten würden - aufzuholen und die Prüfung zu bestehen.

Das Berichtsheft habe er geführt und vorgelegt. Tatsächlich habe es aber Lücken gegeben. Die diesbezüglichen Unterlagen habe er dem Geschäftsführer übergeben. Es werde bestritten, dass er diesen oder andere Mitarbeiter belogen habe.

Insgesamt hätten die von der Beklagten vorgetragenen Umstände ohnehin nicht ausgereicht, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Dies zeige im Übrigen der Umstand, dass die Beklagte deswegen auch keine Kündigung ausgesprochen, sondern den Weg über einen Aufhebungsvertrag gewählt habe.

Gleichzeitig habe die Beklagte ihm - dem Kläger - aber suggeriert, dass eine außerordentliche Kündigung berechtigt sei und ihn so mit der Abmahnung vom 01.09.2005 und den Äußerungen über eine außerordentliche Kündigung am 14.09.2005 so unter Druck gesetzt, dass er den Aufhebungsvertrag unterschrieben habe. Zudem habe die Beklagte ihm am 14.09.2005 angedroht, er werde kein Arbeitslosengeld erhalten, wenn er einen Arbeitsgerichtsprozess anstrenge.

Dabei sei zu bedenken, dass der Druck, einen Aufhebungsvertrag kurz vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses abzuschließen, schon sehr stark sein müsse. Dies gelte insbesondere, wenn man bedenke, dass er - der Kläger - bei der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages gerade 18 Jahre alt gewesen sei und den Umfang und die Konsequenzen eines solchen Vertrages nicht habe überblicken können.

Wegen des weiteren Sachvortrages zweiter Instanz wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten und zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 511 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden.

B. Die insgesamt zulässige Berufung erweist sich indes nicht als begründet.

Das Arbeitsgericht hat in seinem Teil-Urteil zu Recht festgestellt, dass das Berufsausbildungsverhältnis nicht durch den Aufhebungsvertrag vom 14.09.2005 aufgelöst worden ist.

Das Teil-Urteil ist nicht bereits wegen vermeintlicher Verfahrensfehler aufzuheben (hierzu unter I.). Der Aufhebungsvertrag vom 14.09.2005 ist - wovon das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen ist - unwirksam, weil der Kläger diesen wegen widerrechtlicher Drohung wirksam angefochten hat (hierzu unter II.).

I. Das Urteil erweist sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bereits deswegen als rechtsfehlerhaft, weil das Arbeitsgericht seinen Hinweispflichten nicht nachgekommen sei.

Zwar ist zutreffend, dass das Erstgericht im Kammertermin vom 01.12.2005 beschlossen hat, zum weiteren Termin am 15.12.2005 den von der Beklagten benannten Zeugen W gemäß § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 ArbGG vorsorglich zu laden. Damit stand indes für die Parteien erkennbar noch nicht fest, dass es tatsächlich zu einer Beweisaufnahme kommen würde. Nachdem ein entsprechender Beweisbeschluss nicht erlassen worden ist, musste den Parteien klar sein, dass die Entscheidung darüber, ob und ggf. zu welchem Beweisthema Beweis erhoben würde, erst im zweiten Kammertermin durch die Kammer in der dann bestehenden Besetzung erfolgen würde.

Lediglich ergänzend weist die Berufungskammer daher darauf hin, dass ein Gericht selbst durch einen bereits erlassenen Beweisbeschluss noch nicht zur Beweiserhebung verpflichtet ist (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 360 Rz. 1).

Im Übrigen trägt die Beklagte selbst vor, dass das Arbeitsgericht im Kammertermin vom 15.12.2005 sehr wohl gemäß § 139 ZPO darauf hingewiesen hat, dass und warum eine Beweisaufnahme nicht erfolgt ist. Dass eine Stellungnahme auf diesen Hinweis im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr möglich gewesen sein soll, wird von der Beklagten zwar behauptet, aber nicht näher erläutert. Die Beklagte behauptet auch selbst nicht, dass sie im Hinblick auf den richterlichen Hinweis einen begründeten Antrag auf die Gewährung eines Schriftsatznachlasses gestellt hätte.

Auch soweit sie darauf verweist, der Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 14.12.2005 sei erst im Kammertermin übergeben worden, hat sie weder behauptet, dass sie das dortige Vorbringen als verspätet gerügt habe, noch, dass sie in begründeter Weise um einen Schriftsatznachlass gebeten hätte. Im Übrigen kann, da das Gericht rechtliche Überlegungen von sich aus anzustellen hat, ohnehin nur tatsächliches Vorbringen verspätet sein. Welche Tatsachen das Arbeitsgericht unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aber berücksichtigt haben soll, wird von der Beklagten selbst weder vorgetragen, noch ist dies im Übrigen ersichtlich. Allenfalls könnte man die Auffassung vertreten, dass sich der Kläger das bisherige Vorbringen der Beklagten, wonach der Kläger den Auflagen im Schreiben vom 01.09.2005 auch am 14.09.2005 nicht nachgekommen sei, im Wege des sog. äquipolenten Vorbringens zu eigen gemacht hat. Hinzu kommt, dass bei einer auf § 139 ZPO gestützten Rüge in der Berufungsbegründung angegeben werden muss, was auf einen entsprechenden Hinweis vorgetragen worden wäre. Auch hieran mangelt es vorliegend.

II. In der Sache selbst geht das Arbeitsgericht zutreffend von einer wirksamen Anfechtung des Aufhebungsvertrages vom 14.09.2005 aus.

1. Gemäß § 123 BGB kann derjenige, der zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung bestimmt worden ist, die Erklärung anfechten. Nach § 124 Abs. 1 BGB kann die Anfechtung einer nach § 123 BGB anfechtbaren Willenserklärung nur binnen Jahresfrist erfolgen. Die Anfechtungsfrist wurde vorliegend unzweifelhaft eingehalten.

2. Die Anfechtung des Klägers erweist sich auch in der Sache als berechtigt. Insoweit ist Folgendes zu beachten:

a) Falls ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer - gleiches gilt für einen Auszubildenden - mit der Androhung einer außerordentlichen Kündigung zur einverständlichen Vertragsauflösung veranlasst, kann der Arbeitnehmer bzw. der Auszubildende den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung innerhalb der Jahresfrist des § 124 BGB dann anfechten, wenn ein verständiger Arbeitgeber aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (KR/Fischermeier, 6. Aufl., § 626 BGB Rz. 49, m.w.N.; ErfK/Müller-Glöge § 620 Rz. 10 m.w.N.). Dagegen ist nicht entscheidend, ob sich die beabsichtigte Kündigung in einem Kündigungsschutzprozess als wirksam herausgestellt hätte. Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der die Widerrechtlichkeit der Drohung ausmachenden Tatsachen trifft dabei den die Anfechtung erklärenden Arbeitnehmer (BAG Urt. vom 12.08.1999, AP BGB § 123 Nr. 51).

b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen die Kammer folgt, erweist sich die Anfechtung des Aufhebungsvertrages auch nach Überzeugung der Berufungskammer als wirksam.

Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Vorliegend hat die Beklagte dem Kläger in ihrem Anschreiben vom 01.09.2005 u.a. eine fristlose Kündigung auch für den Fall angedroht, dass er am 14.09.2005 die Adresse des Berufsschulklassenleiters sowie dessen dienstliche und private Telefonnummer sowie sämtliche Arbeiten, die im zweiten Ausbildungsjahr geschrieben wurden, nicht vorlegen würde. Dem Kläger wurde zudem mitgeteilt, dass die Vorlage der Unterlagen ohne weitere Anforderung zu geschehen habe.

Die im Schreiben der Beklagten vom 01.09.2005 enthaltende Drohung mit einer außerordentliche Kündigung war - wovon das Arbeitsgericht zu Recht ausgeht - nach den Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts, denen auch die Kammer folgt, widerrechtlich.

Ein verständiger Arbeitgeber hätte - wie das Arbeitsgericht zu Recht ausführt - die fristlose Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses des Klägers wegen der Vorwürfe, die im Schreiben vom 01.09.2005 enthalten sind, insbesondere unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, nicht ernsthaft in Erwägung ziehen dürfen.

aa) In Anlehnung an die Definition des § 626 Abs. 1 BGB ist ein wichtiger Grund immer dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.

Bei der Beurteilung des wichtigen Grundes für die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses kann dabei nicht von den Maßstäben ausgegangen werden, die bei einem Arbeitsverhältnis eines erwachsenen Arbeitnehmers anzulegen sind.

Vielmehr muss der Zweck des Berufsausbildungsverhältnisses, nämlich die Ausbildung des Auszubildenden, in erster Linie berücksichtigt werden.

Nicht jeder Vorfall, der zur Kündigung eines Arbeitnehmers berechtigen würde, kann als wichtiger Grund zur fristlosen Entlassung eines Auszubildenden dienen, da die Nachteile, die einen fristlos gekündigten Auszubildenden treffen, oft unverhältnismäßig schwerer wiegen als diejenigen, die der fristlos gekündigte Arbeitnehmer zu erwarten hat (KR/Weigand, 7. Aufl., §§ 14, 15 BBiG, Rn. 45, m.w.N. aus der Rechtsprechung; LAG Köln Urt. v. 08.01.2003, AUR 2003, 235).

Daneben sind an das Vorliegen eines wichtigen Grundes auch deswegen strengere Anforderungen zu stellen, weil es sich bei einem Auszubildenden in der Regel um einen in der geistigen, charakterlichen und körperlichen Entwicklung Befindlichen handelt. Es ist zu berücksichtigen, dass es auch zu den Pflichten des Ausbildenden gehört, den Auszubildenden charakterlich zu fördern (KR/Weigand, a.a.O., Rn. 46, m.w.N. aus der Rechtsprechung). In jedem Fall ist die Kündigung erst nach Ausschöpfung aller möglichen pädagogischen Mittel und ggf. der Einschaltung des gesetzlichen Vertreters zulässig (ErfK/Schlachter § 22 BBiG, Rn. 4, m.w.N.).

Darüber hinaus sind auch die Interessen der beiden Vertragsparteien gegenüberzustellen und gegeneinander abzuwägen. Dabei gewinnen die Interessen des Auszubildenden in dem Ausmaß an Bedeutung, wie das Berufsausbildungsverhältnis fortschreitet. Von daher ist eine fristlose Kündigung kurz vor Abschluss der Ausbildung nur noch in Ausnahmefällen zulässig (KR/Weigand, a.a.O.; LAG Baden-Württemberg Urt. v. 31.10.1996, NZA-RR 1997, 288).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechungsgrundsätze, denen die Kammer folgt, liegt nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles auch nach hiesiger Überzeugung kein Sachverhalt vor, der die Beklagte berechtigt hätte, im maßgeblichen Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses in Betracht zu ziehen.

Zutreffend nimmt das Arbeitsgericht an, dass es bereits nicht zum Pflichtenkreis eines Auszubildenden gehört, seinem Ausbilder die Adresse sowie die dienstliche und private Telefonnummer seines Berufsschulklassenleiters zur Verfügung zu stellen. Hinzu kommt hier, dass der Geschäftsführer der Beklagten selbst angegeben hat, er habe im mit einem Lehrer des Klägers telefoniert und Auskunft erhalten. Selbst wenn es sich dabei nicht um den im Schreiben vom 01.09.2005 genannten Berufsschulklassenleiter handeln sollte, zeigt dies, dass es dem Geschäftsführer durch eine Rücksprache mit der Berufsschule ohne weiteres möglich war, auch ohne die Auskunft durch den Kläger mit dessen Lehrern in Kontakt zu treten und an Informationen zu gelangen.

Zu Recht geht das Arbeitsgericht auch davon aus, dass selbst dann, wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgehen würde, es gehöre überhaupt zu den Aufgaben eines Auszubildenden, dem Arbeitgeber die im zweiten Ausbildungsjahr geschriebenen Arbeiten vorzulegen, und zudem unterstellt, der Geschäftsführer der Beklagten habe den Kläger hierzu mehrfach erfolglos aufgefordert, führt die von der Beklagten behauptete Nichtvorlage bzw. die unvollständige Vorlage der Arbeiten am 14.09.2005 nicht dazu, dass ein verständiger Arbeitgeber den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung des Berufsbildungsverhältnisses hätte in Betracht ziehen dürfen.

Teilweise wird die Auffassung vertreten, jedenfalls seit dem Inkrafttreten des BBiG stelle eine mangelhafte Berufsschulleistung kein wichtiger Grund zur fristlosen Entlassung dar. Dies wird damit begründet, dass die Erfüllung der Lernpflicht im Rahmen des Unterrichts in der Berufsschule in der Abschlussprüfung neben den praktischen, im Betrieb vermittelten Fertigkeiten und Kenntnissen gesondert geprüft wird und in das privatrechtliche Arbeitsverhältnis, dem ein eigenständiger Ausbildungsplan zugrunde liegt, nur einwirken könne, wenn auch dieses durch die Mängel in seinem Erfolg gefährdet werde (KR-Weigand, a.a.O., §§ 14, 15 BBiG, m.w.N.). Ob dieser Meinung generell zu folgen ist, kann vorliegend dahin stehen, da die Beklagte selbst dem Kläger insbesondere im Schreiben vom 01.09.2006 keine schlechten Berufsschulleistungen, sondern lediglich die Nichtvorlage der Arbeiten vorgeworfen hat. Dass und welche Schlechtleistungen der Kläger in der betrieblichen Arbeit gezeigt haben soll, hat die Beklagte indes nicht dargetan.

Die Kammer folgt dem Arbeitsgericht ausdrücklich auch darin, dass das unordentliche bzw. unvollständige Führen des Berichtsheftes sowie dessen Nicht-Vorlage bzw. nicht vollständige Vorlage, Vorkommnisse sind, die in einem Ausbildungsverhältnis nicht selten anzutreffen sind und es sich zudem um Pflichtverletzungen handelt, die typischerweise mit dem jugendlichen Alter eines Auszubildenden einhergehen. Entsprechendes gilt für den Vorwurf, der Kläger habe mehrfach Ausflüchte für die Nichtvorlage des Berichtsheft gesucht.

Zudem stellt sich unter Berücksichtigung des ultima-ratio-Grundsatzes die Frage, welche anderen pädagogische Mittel die Beklagte, die nach eigenen Angaben vom Kläger bereits seit längerer Zeit bezüglich des Berichtshefts hingehalten wurde, vor Ausspruch der im Schreiben vom 01.09.2005 enthaltenen Abmahnung ausgeschöpft hat.

Nach alledem ist dem Arbeitsgericht im vollem Umfang darin zuzustimmen, dass etwaige Vertragsverletzungen des Klägers, wie sie Gegenstand des Schreibens vom 01.09.2005 sind, nicht geeignet waren, einen verständigen Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses zu bewegen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger im Zeitpunkt dieses Schreibens bei der Beklagten bereits mehr als zwei Jahre als Auszubildender beschäftigt war und bereits im Mai 2006 seine Prüfung abzulegen hatte. Die Beklagte hat selbst nicht behauptet, dass dem Kläger bereits vor dem Schreiben vom 01.09.2005 eine Abmahnung erteilt worden sei.

3. Das Arbeitsgericht geht zu Recht auch davon aus, dass die in ihrem Schreiben vom 01.09.2005 enthaltene - widerrechtliche - Drohung mit einer fristlosen Kündigung in ihrem Schreiben vom 01.09.2005 auch noch am 14.09.2005 im Raum stand und fortgewirkt hat.

a) Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien insbesondere auch in der Berufungsinstanz.

Vielmehr hatte der Kläger gerade nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten, das sich der Kläger sowohl im Schriftsatz vom 14.12.2005 als auch im Berufungsverfahren ausdrücklich zu eigen gemacht hat, die Verpflichtungen aus dem Schreiben vom 01.09.2005 auch am 14.09.2005 noch nicht vollständig erfüllt, sondern weder die Adresse seines Berufsschulklassenleiters vorgelegt, noch sämtliche Arbeiten, die im zweiten Ausbildungsjahr geschrieben worden waren, beigebracht.

Damit bestand auch nach Überzeugung der Berufungskammer die im Schriftsatz der Beklagten vom 01.09.2005 enthaltene (widerrechtliche) Drohung mit einer fristlosen Kündigung auch am 14.09.2005 noch fort.

b) Auch aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten ergibt sich nach Überzeugung der Kammer nichts anderes.

Die - im Übrigen wenig konkrete - Behauptung der Beklagten, der Kläger habe noch kurz vor der Besprechung am 14.09.2005 im Kollegenkreis geäußert, er müsse die Unterlagen erst bis 24.00 Uhr abgeben, kann zu deren Gunsten als wahr unterstellt werden. Dies sagt indes nach Überzeugung der Kammer wenig aus. Zum einen passt es ohne weiteres gerade auch zu dem jugendlichen Alter des Klägers, dass er vor Dritten so zu tun, als würde ihn die Drohung der Beklagten mit einer außerordentliche Kündigung wenig oder gar nicht beeindrucken. Zum anderen konnte der Kläger vor dem Gespräch 14.09.2005 noch nicht wissen, ob die Beklagte ihre Drohung mit der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich in die Tat umsetzen würde.

Tatsächlich hat die Beklagte im Gespräch vom 14.09.2005 dann aber, wie sich bereits aus dem Wortlaut des Aufhebungsvertrages ergibt, die Initiative für die sofortige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses im Wege des Aufhebungsvertrages ergriffen. Dies hat die Beklagte nicht nur bestritten, sondern in der Kammerverhandlung vom 30.03.2006 ausweislich der Sitzungsniederschrift (Bl. 129 ff., 131 d.A.) ausdrücklich eingeräumt.

Soweit die Beklagte weiter - was der Kläger auch einräumt - vorträgt, dieser habe am 14.09.2006 noch die angefangenen Arbeiten erledigt, kann auch daraus nach Überzeugung der Kammer nicht darauf geschlossen werden, dass der Kläger sich in dem Gespräch selbst, insbesondere konfrontiert mit der (neuen) Initiative der Beklagten auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages, nicht in einer Drucksituation befunden habe. Dies gilt umso mehr als der Geschäftsführer in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, man habe dem Kläger gesagt, dass der Abschluss eines Aufhebungsvertrages für ihn die bessere Alternative sei. Dies obwohl der Kläger auch bei einem Aufhebungsvertrag mit einer Sperre der Agentur für Arbeit rechnen musste und zudem - wie der vorliegende Prozess zeigt - nunmehr die Beweislast für einen Anfechtungsgrund hat, während im Falle einer außerordentliche Kündigung die Beklagte für das - hier tatsächlich nicht gegebene - Vorliegen eines wichtigen Grundes gehabt hätte.

Letztlich vermag auch der Umstand, dass der Kläger sich - nach dem unsubstantiierten Vortrag der Beklagten - fröhlich bzw. - nach eigenen Angaben - freundlich bei den anderen Mitarbeitern verabschiedet hat, kein anderes Ergebnis zu begründen. Auch dies kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden. Insoweit weist der Kläger zu Recht darauf, dass die Kollegen ihm schließlich nichts getan haben und daher auch kein Grund bestand, sich nicht angemessen von diesen zu verabschieden.

Angesichts der dargelegten Gesamtumstände ist die pauschale Behauptung der Beklagten, der Kläger habe den Aufhebungsvertrag (nur) deswegen unterzeichnet, weil er eingesehen habe, dass die Ausbildung nicht das Richtige für ihn gewesen sei, nicht überzeugend. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass die Beweislast für das Vorliegen von Anfechtungsgründen bei dem Kläger liegt. Angesichts des Umstands, dass er nur noch einige Monate in der Firma zu absolvieren und zudem noch Zeit hatte, eventuelle, von der Beklagten nicht näher dargelegte und zudem bestrittene Rückstände aufzuholen, reicht die diesbezügliche Behauptung der Beklagten nach Überzeugung der Kammer für ein erhebliches Bestreiten der festgestellten Anfechtungsgründe nicht aus.

Nach alledem war bereits aufgrund der obigen Ausführungen zu entscheiden wie geschehen, ohne dass es einer Entscheidung bedurfte, ob die vom Geschäftsführer der Beklagten gegenüber dem Kläger im Gespräch vom 14.09.2005 im Kammertermin eingeräumten, aber nicht zutreffenden Angaben zu den Vorzügen eines Aufhebungsvertrages die (eigenständige) Anfechtung des Aufhebungsvertrages durch den Kläger rechtfertigen würden.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Mangels Vorliegen der Voraussetzungen (§ 72 ArbGG) war die Zulassung der Revision nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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