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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.08.2007
Aktenzeichen: 11 Sa 367/07
Rechtsgebiete: MTV, ArbGG, BGB, ZPO


Vorschriften:

MTV Feinkeramikindustrie § 15
MTV Feinkeramikindustrie § 15 Abs. 1
MTV Feinkeramikindustrie § 15 Abs. 3
ArbGG § 64 Abs. 1 Satz 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 307 Abs. 3
BGB § 310 Abs. 4 Satz 3
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.04.2007, Az: 11 Ca 1942/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob etwaige Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers aufgrund der Ausschlussfrist in § 15 des unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der feinkeramischen Industrie der Bundesrepublik Deutschland vom 07.03.1989 in der Fassung vom 13.11.1997 (MTV Feinkeramikindustrie) verfallen sind.

Von einer wiederholten Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 19.04.2007 (dort Seite 3 bis 5 = Bl. 79 bis 81 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen monatlichen Bruttolohn von jeweils 2.114,52 € für die Zeit von März 2005 bis Mai 2006 mit einem Gesamtbetrag von 31.720,20 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 11.10.2006 abzüglich des an ihn für die Zeit vom 01.03.2005 bis 05.04.2005 von der Agentur für Arbeit gezahlten Leistungen in Höhe von 11.214,05 €.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.04.2007 die Zahlungsklage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob und in welcher Höhe die geltend gemachten Ansprüche entstanden seien, da sie gemäß § 15 MTV Feinkeramikindustrie i. V. m. dem Arbeitsvertrag verfallen seien. Gemäß § 15 MTV Feinkeramikindustrie müssten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Zugang der beanstandeten Abrechnung oder Entstehung des Anspruchs schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle der Ablehnung seien Ansprüche innerhalb weiterer 30 Kalendertage nach schriftlicher Ablehnung gerichtlich geltend zu machen.

Eine Inhaltskontrolle der tarifvertraglichen Ausschlussfrist finde nicht statt, § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB i. V. m. § 307 Abs. 3 BGB. Die zweistufige Ausschlussfrist verstoße auch nicht gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben.

Zwar habe der Kläger die erste Stufe der Ausschlussfrist hinsichtlich der mit der Klage verfolgten Vergütungsansprüche durch Erhebung der Kündigungsschutzklage für den Zeitraum März 2005 bis Mai 2006 gewahrt, wobei auch die verfrühte Geltendmachung die erste Stufe der Ausschlussfrist wahre und die Frist für die gerichtliche Geltendmachung nicht vor Fälligkeit beginne.

Der Kläger habe seine Ansprüche auf Zahlung von Annahmverzugslohn gegen die Beklagte aber nicht innerhalb von 30 Kalendertagen nach schriftlicher Ablehnung der Beklagten gerichtlich geltend gemacht. Unter Bezugnahme auf die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - sowie des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19.07.2006 - 9 Sa 198/06 - führt das Arbeitsgericht weiter aus, dass der vom Arbeitgeber vor der Antragstellung im Kündigungsschutzprozess schriftsätzlich angekündigte Klageabweisungsantrag eine schriftliche Ablehnung der mit der Kündigungsschutzklage vom Arbeitnehmer geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche darstelle. Während noch der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 11.12.2001 - 9 AZR 510/00 - die Auffassung vertreten habe, dass eine schriftliche Ablehnungserklärung im Sinne einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist voraussetze, dass der Arbeitgeber die Annahmeverzugslohnansprüche gesondert schriftlich und missverständlich zurückweise, habe der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts sich der älteren Rechtssprechung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 20.03.1986 - 2 AZR 295/85 - angeschlossen.

Eine ausdrückliche schriftliche Ablehnungserklärung sei nicht erforderlich, wenn die Verfallklausel nur eine schriftliche Ablehnung, nicht aber eine ausdrückliche schriftliche Ablehnung verlange. Ebenso wie der Arbeitgeber einer Kündigungsschutzklage entnehmen müsse, dass der Arbeitnehmer Zahlungsansprüche, die sich aus dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis ergeben würden, geltend machen wolle, habe der Arbeitnehmer den Klageabweisungsantrag dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber diese Ansprüche zurückweise und ihre Erfüllung ablehne. Der Klageabweisungsantrag der Beklagten sei an den Kläger am 11.01.2005 weitergeleitet worden, so dass der Fristlauf der 30 - Tage - Frist der 2. Stufe jeweils mit Fälligkeit der Annahmeverzugslohnansprüche begonnen habe. Indem der Kläger Annahmeverzugslohnansprüche erneut mit Schreiben vom 12.09.2005 und 05.10.2006 geltend gemacht habe, habe er die Frist nicht nochmals in Gang setzen können. Da die Klageerhebung erstmals mit Klageschrift vom 12.10.2006 erfolgt sei, seien die geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche bis einschließlich Mai 2006 verfallen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verwiesen (vgl. Bl. 6 bis 9 = Bl. 90 bis 93 d. A.).

Das Urteil wurde dem Kläger am 08.05.2007 zugestellt. Der Kläger hat mit am 08.06.2007 beim Landearbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 06.07.2007 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht,

das Arbeitsgericht habe vorliegend in Abweichung von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - nicht die Besonderheit beachtet, dass er die 1. Stufe der in § 15 MTV Feinkeramikindustrie geregelten Ausschlussfrist nicht bzw. nicht nur durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage gewahrt habe. So sei die schriftliche Geltendmachung der Entgeltansprüche zum einen mit Schreiben vom 01,12,2004 (Bl. 66 d.A) und zum anderen mit weiterem Schreiben vom 12.09.2005 (Bl. 7 d.A.) erfolgt. Mit dem Schreiben vom 01.12.2004 habe er gegenüber dem Arbeitgeber nicht nur ein ausdrückliches Arbeitsangebot abgegeben und den Arbeitgeber in Annahmeverzug gesetzt, sondern gleichzeitig damit seine weiteren Entgeltansprüche für die Zeit ab März 2005 geltend gemacht. Gleiches gelte für das weitere außergerichtliche Schreiben vom 12.09.2005. Seien die Annahmverzugslohnansprüche nicht nur durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage geltend gemacht worden, könne der vom Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess schriftsätzlich angekündigte Klageabweisungsantrag nicht als schriftliche Ablehnung der vom Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage geltend gemachten Annahmverzugsansprüche ausgelegt werden. Der tarifvertraglich geforderten schriftlichen Ablehnung werde der beklagte Arbeitgeber im vorliegenden Fall durch den lediglich angekündigten Klageabweisungsantrag nicht gerecht. Vielmehr müsse der Arbeitgeber in einem solchen Fall nach den guten Sitten und nach Treu und Glauben eine gesonderte unmissverständliche schriftliche Ablehnungserklärung abgeben. In einem solchen Fall fehle dem bloßen Klageabweisungsantrag die mit einer gesonderten schriftlichen Ablehnung verbundene Warn- und Signalfunktion.

Diese Rechtsansicht werde auch bestätigt durch das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - , da auch dort das Bundesarbeitsgericht darauf abstelle, ob der Klageabweisungsantrag in einem Kündigungsprozess zugleich die schriftliche Ablehnung zuvor vom Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage geltend gemachter Vergütungsansprüche darstelle. Das Bundesarbeitsgericht habe in seiner Entscheidung vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - nicht darüber zu entscheiden gehabt, ob eine gesonderte und ausdrückliche schriftliche Ablehnungserklärung des Arbeitgebers erforderlich sei, wenn der Arbeitnehmer seine Lohnansprüche nicht nur mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage geltend gemacht habe und hierdurch die erste Stufe der Ausschlussfrist wahre, sondern wenn er seine Lohnansprüche auch außerhalb des Kündigungsschutzverfahrens mit gesondertem Schreiben gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht habe. Auf diese außergerichtlich außerhalb des Kündigungsschutzprozess direkt an den Arbeitgeber gerichteten Schreiben, habe er gegenüber dem Arbeitnehmer nicht geantwortet, obwohl er hierzu nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen sei. Mithin seien die Lohnforderungen nicht nach § 15 MTV Feinkeramikindustrie verfallen. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte erst nach rechtskräftigem Abschluss des Berufungsverfahrens erstmals mit Schreiben vom 10.10.2006 eine Bezahlung der Lohnforderungen abgelehnt habe. Durch Klageerhebung am 12.10.2006 sei die gerichtliche Frist zur Geltendmachung i.S.d. § 15 MTV Feinkeramikindustrie gewahrt.

Im Übrigen stünde die von ihm vertretende Rechtsansicht in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 11.12.2001 - 9 AZR 510/00 -. Danach könne ein Klageabweisungsantrag ohne auf die Berechtigung bereits vom Arbeitnehmer geltend gemachter Ansprüche auf Verzugslohn einzugehen, nicht genügen, wenn die Tarifvertragsparteien für die Ablehnungserklärung des Arbeitgebers eine Schriftform vorschrieben. Insoweit fehle die mit dem Erfordernis einer schriftlichen Ablehnung verbundene Warn- und Signalfunktion. Die Tarifvertragsparteien hätten den Lauf der Klagefrist allein vom Verhalten des Arbeitgebers abhängig gemacht. Im Falle des Streits über den Fortbestand des Arbeitverhältnisses hätte also allein der Arbeitgeber und nicht der Arbeitnehmer es in der Hand, ob der Rechtsstreit über den Annahmeverzugslohn von dem Arbeitnehmer bereits zu einem Zeitpunkt einzuleiten sei, zu dem das Bestehen der Zahlungsansprüche wegen des noch laufenden Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung ungewiss sei. Der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer durch Ablehnung des Annahmeverzugslohns in Zugzwang versetzen wolle, müsse das bezogen auf eben diese Ansprüche gesondert schriftlich und unmissverständlich erklären. Nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - wäre er somit zur Wahrung der zweiten Stufe der Ausschlussfrist gezwungen gewesen, seine Lohnforderungen für den Zeitraum März 2005 bis August oder September 2006 mit insgesamt 19 bzw. 20 separaten Zahlungsklagen vor dem Arbeitgericht gerichtlich geltend zu machen. Eine solche zeit- und kostenaufwendige gerichtliche Verfolgung liege weder im Interesse des nicht rechtsschutzversicherten Klägers noch des Arbeitgebers und auch nicht im Interesse der Arbeitsgerichte. Die Rechtsansicht des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - sei daher nicht praxisgerecht.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung bzw. Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied -- vom 19.04.2007, AZ: 11 Ca 1942/06, nach den Anträgen des Klägers in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor,

der Kläger beanspruche für die Beurteilung seiner Ansprüche einen anderen Maßstab, als er ihr zugestehen wolle. Für ihn sollten allgemeine Schreiben bzw. eine Klageerhebung als Geltendmachung genügen, demgegenüber müsse sie spezifiziert ablehnen. Dem könne nicht gefolgt werden. Maßgeblich sei allein die Regelung des § 15 MTV Feinkeramikindustrie. Soweit sich der Kläger auf die Geltendmachung in einem Schreiben vom 01.12.2004 berufe, könne dies nicht greifen, da dieses Schreiben keine Zahlungsforderung beinhalte, zumal der Kläger seinerzeit auch bereits seit Monaten durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei.

Mit der Kündigungsschutzklage seien ebenso wenig Vergütungsansprüche geltend gemacht worden. Wenn aber der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - gefolgt werde, wonach mit Erhebung einer Kündigungsschutzklage auch Vergütungsansprüche als schriftlich geltend gemacht anzusehen seien, stehe im Gegenzug aber dann auch ihr schriftlicher Klageabweisungsantrag gegenüber. Eine ausdrückliche schriftliche Ablehnungserklärung sei auch dann nicht erforderlich, wenn die Verfallklausel nur eine schriftliche Ablehnung verlange.

Soweit der Kläger meine, mit dem Schreiben vom 12.09.2005 eine die Ausschlussfristen aufhebende Handlung unternommen zu haben, könne dem nicht gefolgt werden. Wenn bereits mit Klageerhebung die Ansprüche als erhoben gegolten hätten und der Klageabweisungsantrag als Ablehnung, so könnte eine zusätzliche spätere Geltendmachung nicht einen neuen Forderungsprozess in Gang setzen. Über den Klageabweisungsantrag hinaus habe keine Obliegenheit bestanden, dem Kläger mit einem gesonderten Schreiben auf das Schreiben vom 12.09.2005 hin die Ablehnung schriftlich zu bekräftigen. Eine andere Betrachtungsweise würde auch dem Sinn der Regelung des § 15 MTV Feinkeramikindustrie nach einer schnellen Klärung zu wider laufen.

Im Übrigen sei es der übliche Gang der Dinge, dass fällige Ansprüche sukzessive gerichtlich geltend gemacht werden müssten, wobei es genüge, eine einmal eingereichte Klage entsprechend zu erweitern. Einem derartigen Aufwand sei dadurch zu entgehen, dass zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Vereinbarung getroffen werde, sich auf Ausschlussfristen nicht zu berufen. Eine solche Vereinbarung sei im vorliegenden Fall aber nicht getroffen und auch nicht vom Kläger erbeten worden. Somit könne nicht unterstellt werden, sie habe durch Nichtstellungnahme konkludent auf die Berufung auf Ausschlussfristen verzichtet. Die Auffassung des Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - sei interessengerecht, da sie beide Vertragsparteien mit gleichem Maße messe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Parteien und das Sitzungsprotokoll vom 23.08.2007 verwiesen. Die Verfahrensakte des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - 7 Ca 2861/04 (LAG Rheinland-Pfalz 11 Sa 439/06) wurde zu Informationszwecken beigezogen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß § 64 Abs. 1 Satz 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gemäß den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Berufungsgericht folgt den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen bietet lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

Soweit der Kläger auf die Rechtssprechung des 9. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 11.12.2001 - 9 AZR 510/00 - (vgl. EzA Nr 145 zu § 4 TVG Ausschlussfristen) verweist und die Rechtsauffassung des 5. Senats des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - (vgl. AP Nr. 188 zu § 4 TVG Ausschlussfristen) in Frage stellt, folgt die Kammer dieser Rechtsauffassung des Klägers nicht. Dies gilt insbesondere für die vertretene Ansicht, dass ein Schriftsatz, mit dem die Abweisung der Kündigungsschutzklage beantragt wird, ohne auf die Berechtigung bereits vom Arbeitnehmer geltend gemachter Ansprüche auf Verzugslohn einzugehen, nicht die Schriftform für die Ablehnungserklärung des Arbeitgebers, die gemäß Tarifvertrag erforderlich ist, wahrt, weil dann dem Klageabweisungsantrag die mit dem Erfordernis einer schriftlichen Ablehnung verbundene Warn- und Signalfunktion fehle.

Der Kläger setzt sich durch diese Rechtsansicht in Widerspruch zu der gleichfalls geäußerten Rechtsansicht, dass die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers die wirksame Geltendmachung von Ansprüchen aus Annahmeverzug beinhaltet, wenn die Verfallklausel nur die Geltendmachung der Ansprüche fordert, wobei nicht zwischen formlosen und schriftlichem Verlangen unterschieden wird. Der Kläger schließt sich mit dieser Ansicht der allgemeinen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts an, die diese Rechtsprechung damit rechtfertigt, dass das Gesamtziel der Kündigungsschutzklage in der Regel nicht auf den Erhalt des Arbeitsplatzes beschränkt ist, sondern zugleich auch auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet ist, die durch den Verlust der Arbeitsstelle möglicherweise verloren gehen würden. Mit Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist der Arbeitgeber ausreichend vom Willen des Arbeitnehmers unterrichtet, die durch die Kündigung bedrohten Einzelansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aufrecht erhalten zu wollen.

Mithin wird allein durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage der Sinn und Zweck der Ausschlussfrist, nämlich den Arbeitgeber zu warnen, dass Lohnansprüche im Zusammenhang mit Annahmeverzug erhoben werden, gewahrt.

Wenn nunmehr für die schriftliche Geltendmachung von Annahmverzugslohnansprüchen die Erhebung der Feststellungsklage zur Wahrung der tariflichen Schriftform ausreichen soll, muss das Gleiche gelten für die nach Tarifvorschrift schriftliche Ablehnung derartiger Ansprüche. Das heißt, die jeweiligen Parteianträge im Kündigungsschutzprozess müssen im Hinblick auf die tarifvertraglichen Anforderungen an die Geltendmachung oder Ablehnung von mit der Kündigung im Zusammenhang stehenden weiteren (Zahlungs-) Ansprüchen, die gleichen Rechtswirkungen haben. Strengere Formanforderungen an die schriftliche Ablehnung von Arbeitnehmeransprüchen durch den Arbeitgeber als an die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen durch den Arbeitnehmer lassen sich nicht begründen. Daher ist für die Kammer auch nicht die Behauptung des Klägers gerechtfertigt, dass dem Klageabweisungsantrag die mit dem Erfordernis einer schriftlichen Ablehnung verbundene Warn- und Signalfunktion fehle. Wenn das Gesamtziel der Kündigungsschutzklage nicht auf den Erhalt des Arbeitsplatzes beschränkt sein soll, sondern zugleich auf die Sicherung der mit dem Arbeitsplatz im Zusammenhang stehenden Ansprüche, muss auch dem Klageabweisungsantrag des Arbeitgebers im Kündigungsschutzverfahren entnommen werden können, dass er mit der Abweisung nicht nur den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses negieren will, sondern auch damit im Zusammenhang stehende Ansprüche. Insoweit wird auf das jeweils mit den Anträgen verfolgte wirtschaftliche Ziel der Parteien im Kündigungsschutzprozess abzustellen sein.

Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 04.05.1977 - 5 AZR 187/76 - (AP Nr. 60 zu § 4 TVG Ausschlussfristen) ausführt; die Bestimmung in einem Tarifvertrag, dass die zunächst fristgerecht geltend gemachten Ansprüche verfallen, wenn sie nicht binnen einer weiteren Frist seit ihrer ausdrücklichen Ablehnung rechtshängig gemacht werden, habe zur Folge, dass diese weitere Ausschlussfrist für vom Ausgang eines anhängigen Kündigungsschutzprozess abhängige Ansprüche des Arbeitnehmers nicht schon damit beginne, dass der Arbeitgeber die Abweisung der Klage beantragt, vielmehr bedürfe es einer unmittelbar auf die Ansprüche selbst bezogenen ausdrücklichen Ablehnungserklärung des Arbeitgebers, ist dieser Fall vorliegend nicht einschlägig.

Diese Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil der Tarifvertrag in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts an die ausdrückliche Ablehnung der Ansprüche durch den Arbeitgeber anknüpft, womit eine Signalwirkung ausgelöst werden soll. Mit dieser Signalwirkung wäre es nicht vereinbar, wenn man in dem im Kündigungsschutzprozess gestellten Klageabweisungsantrag eine in Lauf setzende Ablehnung der vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses abhängigen Ansprüche sehen würde. Vorliegend verlangt der MTV Feinkeramikindustrie jedoch keine ausdrückliche Ablehnung, sondern nur die schriftliche Ablehnung, so dass die Begründung auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar ist (vgl. auch BAG vom 20.03.1986 - 2 AZR 295/85 -; EzA Nr. 48 zu § 615 BGB). Die durch das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 04.05.1977 im Tarifvertrag festgestellte verstärkte Warnfunktion ist nicht in der streitgegenständlichen Verfallklausel vorgesehen.

Auch der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien den Lauf der Klagefrist allein vom Verhalten des Arbeitsgebers abhängig gemacht haben, dem selbst keine Frist vorgegeben ist, in der er auf die Geltendmachung des Arbeitnehmers zu reagieren hat, ändert an den Anforderungen zur Wahrung der Schriftform im tarifvertraglichen Sinne nichts. Die seitens des Klägers angenommene Konsequenz, dass der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer gleichwohl durch Ablehnung des Annahmeverzugslohns in Zugzwang versetzen will, dies bezogen auf eben diese Ansprüche gesondert schriftlich und unmissverständlich erklären müsse, ist dadurch nicht gerechtfertigt. Wäre dies durch die Tarifvertragsparteien gewollt gewesen, hätte dies durch die Beschreibung der Anforderungen an die "schriftliche" Ablehnung im Vergleich zur "schriftlichen" Geltendmachung herausgehoben werden müssen, etwa dahingehend, dass eine "ausdrückliche" schriftliche Ablehnung gefordert wird. Dies ist jedoch in der streitgegenständlichen Tarifvorschrift unterblieben.

Im übrigen ist bei der im Tarifvertrag geregelten Schriftform im Hinblick auf Ausschlussfristen zu beachten, dass die Geltendmachung eines Anspruches ebenso wie die Erklärung, mit der geltend gemachte Ansprüche abgelehnt werden, keine Willenserklärung, sondern eine geschäftsähnliche Handlung ist, worauf die Vorschriften über Willenserklärungen nur entsprechend ihrer Eigenart analoge Anwendung finden sollen (vgl. BAG vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - AP Nr. 188 zu § 4 TVG Ausschlussfristen).

Soweit der Kläger darauf verweist, dass nach der vom Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - vertretenden Rechtsansicht er zur Wahrung der 2. Stufe der Ausschlussfrist gezwungen gewesen sei, seine Lohnforderungen für den Zeitraum März 2005 bis August bzw. September 2006 mit insgesamt 19 bzw. 20 separaten Zahlungsklagen vor dem Arbeitsgericht gerichtlich geltend zu machen, was nicht im Interesse der Arbeitsvertragsparteien und der Arbeitsgerichte sein dürfte, verweist die Beklagte zu Recht darauf, dass fällige Ansprüche in der Regel sukzessive geltend gemacht werden müssen, wobei eine Zahlungsklage genügt, die entsprechend erweitert wird. Zu Recht verweist die Beklagte auch darauf, dass die Arbeitsvertragsparteien eine Vereinbarung treffen können, wonach auf die Geltendmachung der Ausschlussfristen verzichtet wird.

Die Kammer sieht auch nicht eine Abweichung von der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - darin begründet, weil sich der vorliegende Rechtsstreit von dem durch das Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall in rechtserheblicher Weise unterscheiden soll. Soweit der Kläger ausführt - anders als im Fall des Bundesarbeitsgerichts - habe er seine Entgeltansprüche und seinen Annahmeverzugslohn außerhalb des Kündigungsrechtsstreits gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht und zwar mit Schreiben vom 01.12.2004 und mit weiterem Schreiben vom 12.09.2005, ist diesem tatsächlichen Umstand - soweit man in beiden Schreiben überhaupt eine Geltendmachung von Zahlungsansprüchen erblicken würde - unbeachtlich.

Zunächst ist festzustellen, dass das Schreiben vom 01.12.2004 keine Geltendmachung von Ansprüchen enthält. Durch die Geltendmachung muss unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass man Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf ihrer Erfüllung besteht (BAG 17.05.2001- 8 AZR 366/00 - ; NZA 2002, 910). Der Anspruch muss so beschrieben werden, dass der Schuldner erkennen kann, welche Forderung erhoben wird. Er muss spezifizieren nicht substantiieren (BAG 11.12.2003 - 6 AZR 539/02 - , AP Nr. 1 zu § 63 BMT-G II).

Im Schreiben vom 01.12.2004 hat der Kläger der Kündigung vom 29.11.2004 zum 28.02.2005 widersprochen. Annahmeverzugslohnansprüche hat der Kläger jedenfalls dadurch nicht geltend gemacht, da er sich keiner Zahlungsansprüche rühmt, deren Erfüllung er begehrt.

Ob das Schreiben vom 12.09.2005 den Anforderungen einer Geltendmachung genügt, kann dahingestellt bleiben. Der Kläger hat mit Klageschrift vom 13.12.2004, eingegangen beim Arbeitsgericht am 14.12.2004 Kündigungsschutzklage erhoben. Nach Zustellung der Kündigungsschutzklage an die Beklagte am 30.12.2004, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.01.2005, an den Kläger am 11.01.2005 weitergeleitet, den Klageabweisungsantrag angekündigt.

Unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts und zwar sowohl des 5. Senats vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - als auch des 9. Senats vom 11.12.2001 - 9 AZR 510/00 - beinhaltet die Kündigungsschutzklage die wirksame Geltendmachung von Ansprüchen aus Annahmeverzug, also vorliegend die Wahrung der Ausschlussfrist des § 15 1. Absatz MTV Feinkeramikindustrie. Dabei weist das Arbeitsgericht zutreffend darauf hin, dass die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs vor dessen Fälligkeit die erste Stufe der Ausschlussfrist wahrt und die Frist für die gerichtliche Geltendmachung nicht vor der Fälligkeit zu laufen beginnt (vgl. BAG vom 26.09.2001, AP Nr. 160 zu § 4 TVG Ausschlussfrist; BAG 13.02.2003, AP Nr. 224 zu § 613 BGB). Zugleich, der Rechtssprechung des 5. Senats im Urteil vom 26.04.2006 - 5 AZR 403/05 - folgend, ist durch den schriftsätzlich angekündigten Klageabweisungsantrag dem schriftlichen Ablehnungserfordernis im Sinne des § 15 3. Absatz MTV Feinkeramikindustrie genüge getan.

Das seitens des Klägers angesprochene Schreiben September 2005 ist damit zeitlich nach Einleitung des Kündigungsschutzklageverfahrens und der darin schriftsätzlich angekündigten Anträge der Parteien erfolgt. Mithin würde der Kläger mit diesem Schreiben seine Annahmeverzugslohnansprüche wiederholt geltend machen und nicht erstmalig. Entgegen dem Vorbringen des Klägers steht somit in tatsächlicher Hinsicht nicht in Frage, ob der vom Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess schriftsätzlich angekündigte Klageabweisungsantrag insbesondere im Hinblick auf die Warn- und Signalfunktion genügt, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Kündigungsrechtsstreits seine Entgeltansprüche schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend macht. Im Zeitpunkt des angekündigten Klageabweisungsantrags gab es noch gar keine schriftliche Geltendmachung von Entgeltansprüchen des Klägers außerhalb des Rechtsstreits. Ist aber - wie ausgeführt - das in § 15 MTV Feinkeramikindustrie beschriebene Prozedere zur Wahrung der Ausschlussfrist einmal in Gang gesetzt worden - wie hier durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage und die in diesem Zusammenhang eingereichten Schriftsätze der Parteien - konnten, worauf das Arbeitsgericht zutreffend hinweist, die Fristen des § 15 MTV Feinkeramikindustrie nicht nochmals durch eine erneute schriftliche Geltendmachung des Klägers in Gang gesetzt werden. Die Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Klarheit der Vertragsparteien. Würde der Kläger durch eine erneute schriftliche Geltendmachung etwaiger Zahlungsansprüche den Lauf der Fristen erneut in Gang setzen können, stünde dies dem oben genannten Zweck entgegen.

Nach alledem können die mit der Berufung geltend gemachten Einwände des Klägers eine Abweichung von der Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht rechtfertigen.

III.

Die Berufung war daher kostenpflichtig zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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