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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 677/08
Rechtsgebiete: BGB, MTV, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB §§ 823 ff.
MTV § 14 Ziff. 1
MTV § 14 Nr. 1
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.08.2008, Az.: 10 Ca 2777/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten über Entschädigung, Schmerzensgeld und Schadensersatz.

Die am 22.05.1965 geborene Klägerin, die verheiratet ist und ein minderjähriges Kind hat, war seit 1994 bei der Beklagten zu 1 beschäftigt. Seit Juni 1998 war die Klägerin als Assistentin (Schichtführerin) eingesetzt. Sie arbeitete zuletzt in der Filiale der Beklagten zu 1 in MK.. Im Juni 2005 wurde der Beklagte zu 2 als Bezirksleiter Vorgesetzter der Klägerin. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Verweisung der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden in den Betrieben der Systemgastronomie Anwendung. Dieser sieht in § 14 Nr. 1 vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen sind. Seit dem 16.06.2006 ist die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Sie leidet an einer schweren depressiven Episode und einer sozialen Phobie und befindet sich in psychologischer Behandlung. Sie bezieht eine bis zum 30.06.2010 befristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit. Die Klägerin hat vorgetragen:

Ihre Arbeitsunfähigkeit sei darauf zurückzuführen, dass sie über Monate durch den Beklagten zu 2 gemobbt worden sei. Auch sei sie von ihm wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts und ihres Alters im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes benachteiligt worden. Die Beklagte zu 1 habe hiergegen nichts unternommen. Neben Entschädigung und Schmerzensgeld schuldeten die Beklagten ihr Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen Arbeitsentgelt und Krankengeld für die Zeit vom 28.07.2006 bis zum 25.06.2007. Da der weitere Krankheitsverlauf nicht absehbar sei, sei der Feststellungsantrag geboten. Im Einzelnen wirft die Klägerin dem Beklagten zu 2 Folgendes vor:

- Im Juni und Juli 2005 habe der Beklagte zu 2 sie ignoriert und wie Luft behandelt, insbesondere auch nach einem Gespräch am 24.06.2005, in dem sie den Beklagten zu 2 auf ihren Eindruck angesprochen habe, dass er etwas gegen sie habe, was er verneint habe. Wenn der Beklagte zu 2 in die Filiale gekommen sei, habe er alle Mitarbeiter begrüßt, nur sie, die Klägerin, nicht. Der Beklagte zu 2 habe sie in dieser Zeit nicht angeschaut und ihr keine Anweisungen gegeben.

- In der ersten Augustwoche 2005 habe der Beklagte zu 2 zu ihr gesagt: "Frau A., Sie taugen nichts. Sie sind zu gut zu den Mitarbeitern. Kein Wunder, dass die alle in Ihrer Schicht arbeiten wollen. Sie sind unfähig als Assistentin. Die Mitarbeiter müssen spüren, wer die Peitsche hat." In der Folgezeit habe er sie immer wieder, auch in Anwesenheit von Kollegen und Kunden, abgekanzelt und zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht fähig sei, eine Schicht zu leiten. Bis Anfang 2006 sei es fast jeden Tag zu entsprechenden herabwürdigenden Äußerungen ihr gegenüber gekommen. So sei etwa der Beklagte zu 2, wenn er hereingekommen sei, gruß- und wortlos an ihr vorbeigegangen und habe zu dem Restaurantleiter S. gesagt: "Mal sehen, wie die die Schicht führt."

- Bei einem Schichtführermeeting am 06.01.2006 habe der Beklagte zu 2 die Namen von Mitarbeitern genannt, die als "alte Schnecken" und "alte Säcke" nicht mehr in das neue System von Ma. passten und die er deshalb loswerden wolle. Er habe gesagt, dass unter der Führung seiner Vorgängerin die Assistenten nichts getaugt und nichts geleistet hätten, und dabei, für jeden erkennbar, sie angeschaut, die sie als einzige von der alten Führungsgruppe übrig geblieben sei.

- Am 03.02.2006 habe der Beklagte zu 2 sie angewiesen, sich um die Lobby und den Kassenbereich zu kümmern. Der zweite Schichtführer, der Zeuge Mh., habe sich um den Ablauf im Küchenbereich kümmern sollen. Kurz nach Arbeitsbeginn habe der Beklagte zu 2 sie vor Mitarbeitern und Kunden laut mit den Worten beschimpft: "Frau A., warum ist dieser Mitarbeiter (gemeint gewesen sei der Zeuge A.) an der Kontrolle in der Küche? Jetzt reicht es mir, Sie können die Schicht nicht führen. Sie sind an allem Schuld. Sie sind ein Nichts." Vor lauter Panik habe sie kein Wort herausbekommen. Anschließend habe der Beklagte zu 2 ihr ständig abwertende Blicke zugeworfen.

- Am 13.02.2006 habe sie in einem Führungsmeeting den Vorfall vom 03.02.2006 dem Beklagten zu 2 gegenüber angesprochen und beanstandet, dass das öffentliche Beschimpfen ihre Autorität untergrabe. Der Beklagte zu 2 und der Zeuge S. hätten ihre Äußerungen ignoriert.

- In der Folgezeit habe der Beklagte zu 2 bei jeder Gelegenheit, auch im Beisein von Mitarbeitern und Kunden, in lautem und aggressivem Ton auf ihr herumgehackt. Häufig habe er einen gemeinsamen Rundgang durch das Restaurant verlangt, währenddessen er genervt und abwertend geäußert habe: "Schnell, schnell, meine Zeit ist kostbar ..., Frau A. dies ..., Frau A. das ..., Frau A. wieso ..., Frau A. können Sie nichts richtig machen, ... lassen Sie das, ... machen Sie dies ..." usw.

- Zwischen dem 01.01. und dem 15.06.2006 habe der Beklagte zu 2 immer wieder vor allen Mitarbeitern gesagt: "Wir brauchen hier keine Schlüsselträgerin." und sie dabei abwertend angesehen.

- Am 08.04.2006 hätten der Beklagte zu 2 und der Zeuge S. sie gemeinschaftlich schikaniert. Zunächst habe der Zeuge S. sie angewiesen, wegen des starken Andrangs die Mitarbeiter in der Küche zu unterstützen und 12/0 anstatt 8/0 zu produzieren. Der Beklagte zu 2 sei sodann in die Küche gekommen und habe sie angebrüllt, warum sie 12/0 und nicht 8/0 produziere. Der Zeuge S. habe nichts dazu gesagt. Als sie angefangen habe, 8/0 zu produzieren, habe der Zeuge S. sie aufgefordert, wieder 12/0 zu produzieren. Der Beklagte zu 2 sei dann zurückgekommen und habe wutverzerrt geschrieen: "Frau A., ich habe Ihnen doch gesagt: 8/0!"

- Am 23.05.2006 habe der Beklagte zu 2 sie in den Personalraum bestellt und ihr eröffnet, dass er daran denke, sie in die Filiale A. zu versetzen. Als sie "Gott sei Dank!" gesagt habe, habe er in gefühlskaltem und strengem Ton geantwortet: "Das hätten Sie nicht sagen dürfen. Wenn ich Sie nach der Filiale B 9 versetze, würde die Kundenschlange von der B 9 bis MK. lang sein." Er und der Zeuge S. hätten sodann lauthals gelacht.

- Anfang Juni 2006 habe der Beklagte zu 2 sie unwirsch aufgefordert, eine Bestellung zu machen. Da sie dem Weinen nahe gewesen sei, habe sie diese leise geäußert, woraufhin der Beklagte zu 2 den Zeugen Z. gefragt habe: "Hören Sie die Bestellung?" Dann habe er selbst geantwortet, dass man nichts höre und dass sie ein Nichts sei.

- Am 06.06. und 07.06.2006 habe eine zweitägige Prüfung für die Assistenten stattgefunden. Der Beklagte zu 2 habe immer wieder versucht, sie durch abwertende Blicke und Kopfschütteln nach dem Motto "Du schaffst die Prüfung eh nicht" zu verunsichern. Über ihr schlechtes Prüfungsergebnis in der 2. Prüfung habe der Beklagte zu 2 sich gefreut und mit dem Daumen nach unten gezeigt. Der Beklagte habe allen, die bestanden hatten, gratuliert, nur ihr nicht. Als sie durch die Tür des Prüfungsraums habe gehen wollen, habe der Beklagte zu 2 sie angeschrieen: "Weg, weg da, machen Sie Platz, ich will vorbei!" und habe sich vor ihr durch die Tür gedrängt.

- Am 09.06.2006 habe sie laut Dienstplan frei gehabt und sei mit ihrem vierjährigen Sohn allein zu Hause gewesen. Ihr Kollege, der Zeuge M., habe sie angerufen und sie gefragt, ob sie nicht wisse, dass sie am Abend Schicht habe. Der Zeuge S., den sie angerufen habe, habe laut geschimpft: "Das ist mir egal, bringen Sie Ihr Kind irgendwo unter. Sie müssen arbeiten kommen." Sie habe dann ihre Nachbarin, die sie nur flüchtig gekannt habe, gebeten, auf ihren Sohn aufzupassen, und habe sich weinend zur Arbeit begeben. Sie habe festgestellt, dass im Dienstplan einige Tage ohne Rücksprache mit ihr umgestellt worden waren.

- Am 15.06.2006 habe der Zeuge S. sie angerufen und ihr gesagt, es hätten sich schon drei Gäste beschwert, die Sache werde schlecht für sie ausgehen. Sie solle dafür sorgen, dass das Fett gewechselt werde und das Restaurant am nächsten Morgen komplett sauber sei, wegen eines wichtigen Besuches von Ma. Im Hintergrund habe sie deutlich ein lautes Männerlachen gehört, wohl vom Zeugen Mo., ebenfalls Assistent, der sie später daran erinnert habe, dass sie die Putzarbeiten machen müsse, um Personalkosten einzusparen. Nach Schichtende um 1.00 Uhr sei sie bis 4.00 Uhr geblieben.

Bevor sie Kontakt zu dem Beklagten zu 2 gehabt habe, sei sie psychisch stabil, gesund, selbstsicher, führungsstark und ausgeglichen gewesen. Von 1995 bis April 2006 sei sie, was unstreitig ist, an keinem Tag krankgeschrieben worden. Der Beklagte zu 2 habe sie bis zur Panik verunsichert. Sie habe immer mehr Selbstvertrauen verloren und bei jeder Gelegenheit Angst gehabt zu versagen. Sie habe nachts nicht mehr richtig schlafen können und Magenschmerzen, Depressionen, Weinkrämpfe, Alpträume und paranoide Zustände bekommen. Obwohl sie von der Vorgängerin des Beklagten zu 2 stets die besten Noten bekommen habe, habe sie angefangen, an ihrer Führungskompetenz zu zweifeln. Die Mitarbeiter hätten angefangen, sich über sie lustig zu machen, indem sie etwa wahrheitswidrig behauptet hätten, der Beklagte zu 2 komme gerade, oder indem sie dessen Tonfall nachgeahmt hätten. Gegenüber Kollegen hätten die Beklagten das Gerücht in die Welt gesetzt, sie sei aufgrund ihrer familiären Situation überfordert, ihr Ehemann betrüge sie. Sie habe sich herabgewürdigt und degradiert gefühlt. Am 16.06.2006 habe der Arzt die Diagnose "Nervenzusammenbruch" gestellt. Die erhobenen Befunde seien mobbingtypisch, was ein wichtiges Indiz für die Richtigkeit ihres Vortrages sei. Die tatsächliche Vermutung, dass die Handlungen des Beklagten zu 2 zu ihren Gesundheitsverletzungen geführt hätten, müssten die Beklagten widerlegen. Sie sei nicht das einzige Opfer des Beklagten zu 2 gewesen. Ständig habe der Beklagte zu 2 sich bei Mitarbeitern über deren Kollegen erkundigt, etwa nach Schulden oder Beziehungsproblemen gefragt. Jedem, der sich beschwert habe, sei gekündigt worden. Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr wegen systematischer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihr wegen mobbingbedingter Verletzung der Gesundheit ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.500,00 € nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie Schadensersatz für die Zeit vom 16.06.2006 bis 25.06.2007 in Höhe von 6.165,92 € nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 4. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner ihr auch hinsichtlich ihr zukünftig wegen der beim Vollzug ihres Arbeitsverhältnisses erfolgten systematischen Verletzungen ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und ihrer Gesundheit (Mobbing) entstehenden sonstigen materiellen und immateriellen Schäden zum Schadensersatz verpflichtet sind. Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie haben vorgetragen:

Die von der Klägerin erhobenen Vorwürfe träfen nicht zu. Die Klägerin habe sich, was unstreitig ist, bei der Geschäftsleitung nie über Mobbing beschwert. Die Klage sei wohl erfolgt, weil die Hoffnung der Klägerin, im Kündigungsschutzprozess eine Abfindung zu erhalten, sich nicht erfüllt habe, und weil die Beklagte zu 1 es abgelehnt habe, mit dem Ehemann der Klägerin, einem Versicherungsvertreter, in Geschäftsbeziehung zu treten. Möglicherweise sei auch die Klägerin mit Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung überlastet gewesen. Die Klägerin sei auch vor dem Jahr 2005 allenfalls eine durchschnittliche Mitarbeiterin gewesen. Dem Beklagten zu 2 als Bezirksleiter seien sechs Restaurants zur Betreuung zugewiesen. Er habe daher im Alltagsgeschäft nur in geringem Umfang mit der Klägerin zu tun gehabt, zumal diese überwiegend in der Spätschicht gearbeitet habe. Mögliche Ansprüche der Klägerin seien verfallen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.08.2008 verwiesen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Mobbing sei kein Rechtsbegriff und keine Anspruchsgrundlage. Das von der Klägerin als Mobbing bezeichnete Verhalten der Beklagten müsse rechtlich daraufhin gewürdigt werden, ob arbeitsrechtliche Pflichten oder ein Recht bzw. Rechtsgut im Sinne der §§ 823 ff. BGB verletzt worden seien. Mobbing sei das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte. Nicht eine einzelne, abgrenzbare Handlung, sondern der Zusammenhang vieler Einzelakte, die jeweils für sich betrachtet rechtlich neutral sein könnten, könne zu einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers führen. Ob dies der Fall sei, sei aufgrund einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei müssten im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstreckten, als so genanntes folgenloses Verhalten unberücksichtigt bleiben, etwa Weisungen im Rahmen des Direktionsrechts, die keine eindeutig schikanöse Tendenz hätten, oder den Rahmen des Direktionsrechts überschreitende Weisungen, denen sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers zugrunde liegen. Entscheidend sei eine objektive Betrachtungsweise, nicht das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers. An der für die Verletzungshandlung erforderlichen Systematik könne es fehlen, wenn zwischen den einzelnen Teilakten lange zeitliche Zwischenräume lägen. Die Beweislast für die Pflichtverletzung trage der Gläubiger. Wenn allerdings in zeitlichem Zusammenhang mit feststehenden Persönlichkeitsverletzungen der betroffene Arbeitnehmer erkranke, spreche ein starkes Indiz für die Kausalität; weiterer Beweiserleichterungen bedürfe es nicht. Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit am Arbeitsplatz erfülle die Voraussetzungen einer Persönlichkeitsrechts-, Ehr- oder Gesundheitsverletzung. Daher müsse die Klägerin zum systematisch schikanierenden und diskriminierenden Verhalten des Beklagten zu 2 substantiiert Tatsachen vortragen. Die Behauptung, sie sei früher gesund gewesen, lasse nicht den Schluss zu, dass ihre Erkrankung auf das Verhalten des Beklagten zu 2 zurückzuführen sei, denn andere Ursachen könnten nicht ausgeschlossen werden. Die allgemein wiederholten Hinweise der Klägerin auf "des Öfteren", "immer wieder" oder "über Monate" geübtes einschüchterndes oder beleidigendes Verhalten des Beklagten zu 2 könnten die verfolgten Ansprüche nicht rechtfertigen. Da die Klägerin selbst ein generell von Einschüchterungen, gelegentlichen Entgleisungen und Benachteiligungen geprägtes beklemmendes Betriebsklima schildere, sei ihre persönliche und besondere Ausgrenzung und Demütigung durch den Beklagten zu 2 nicht erkennbar.

Soweit die Klägerin Einzelfälle schildere, stehe der Vorfall vom August 2005 nicht mehr in hinreichendem zeitlichen Zusammenhang mit den weiteren Einzelfällen, die erst im Januar 2006 eingesetzt und sich nur über fünf weitere Monate erstreckt hätten. Der Vortrag zum Führungsmeeting am 13.02.06 lasse keine Demütigung der Klägerin erkennen, weil die Reaktion des Beklagten zu 2 rechtlich neutral geblieben sei und sich nicht einreihe in das dem Beklagten zu 2 vorgeworfene herablassende und Verachtung zum Ausdruck bringende Fehlverhalten. Die Vorfälle am 23.05., 06.06. und 07.06.2006, die Richtigkeit der Schilderung der Klägerin unterstellt, habe die Klägerin hinnehmen müssen. Geschmacklose Scherze, fehlende Höflichkeit und Häme seien zwar nicht gutzuheißen, seien aber nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Betrieb nicht unüblich und deshalb folgenlos.

Damit verblieben lediglich die vier Vorfälle vom 06.01., vom 03.02., vom 08.04. und von Anfang Juni 2006. Hieraus lasse sich indes noch kein systematisches, planmäßiges Vorgehen zum ausdrücklich bezweckten dauerhaften Nachteil der Klägerin herleiten. Soweit der Beklagte zu 2 einzelne zeitlich und gegenständlich abgrenzbare unerlaubte Handlungen begangen habe, was offen bleiben könne, seien Ansprüche der Klägerin nach dem Tarifvertrag verfallen. Eine Ausschlussklausel, die nach ihrem Wortlaut für "Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis" gelte, erfasse auch Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung und wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Etwaige Ansprüche der Klägerin seien mit der jeweiligen Handlung fällig geworden und von der Klägerin nicht innerhalb der Frist des § 14 Ziffer 1 des Manteltarifvertrages für die Systemgastronomie schriftlich geltend gemacht worden. Auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz könne sich die Klägerin nicht berufen, da die behaupteten Verletzungshandlungen alle aus der Zeit vor dessen Inkrafttreten stammten. Gegen das ihr am 20.10.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 11.11.2008, bei Gericht eingegangen am 12.11.2008, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 15.01.2009, bei Gericht eingegangen am 19.01.2009, begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.01.2009 verlängert worden war. Die Klägerin wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt weiter vor: Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts bestehe ein hinreichender zeitlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Vorfällen. Das schikanöse Verhalten des Beklagten zu 2 habe bereits im Juni 2005 eingesetzt, und zwischen August 2005 und Juni 2006 habe der Beklagte zu 2 sie immer wieder im Beisein von Mitarbeitern und Kunden angegriffen und zum Ausdruck gebracht, dass er sie für unfähig halte, eine Schicht zu leiten. Der Vorfall am 13.02.2006 sei demütigend gewesen, weil der Beklagte zu 2 sich nicht entschuldigt, sondern sie wie Luft behandelt habe. Die Verhaltensweisen des Beklagten zu 2 am 23.05.2006, 06. und 07.06.2006 könnten zwar jeweils für sich allein betrachtet als neutral eingestuft werden, nicht jedoch in der Gesamtschau. Die ärztlichen Bescheinigungen und Gutachten habe das Arbeitsgericht nicht zur Kenntnis genommen. Außerdem hätte es sie als Partei und die von ihr benannten Mitarbeiter als Zeugen vernehmen müssen. Die Klägerin beantragt,

nach den Anträgen erster Instanz zu entscheiden und das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 28.08.2008 aufzuheben. Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil, nehmen Bezug auf ihren Vortrag erster Instanz und tragen weiter vor:

Es habe allenfalls einzelne Tage gegeben, an denen die von der Klägerin benannten Zeugen, von denen die meisten zwischenzeitlich hätten entlassen werden müssen, bei den ohnehin seltenen Zusammentreffen zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 dabei gewesen seien. An dem Führungsmeeting am 13.02.2006 habe der Beklagte zu 2 nicht teilgenommen. Am 08.04.2006 seien weder die Klägerin noch der Beklagte zu 2 im Dienst gewesen. Am 09.06.2006 sei die Klägerin von Anfang an zum Dienst eingeteilt gewesen. Die Kollegen der Klägerin hätten keine Konflikte mit dem Beklagten zu 2; die Mitarbeiterzufriedenheit in der Filiale MK. sei überdurchschnittlich hoch. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Parteien und die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 lit. b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig. II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. 1. Im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend hat das Arbeitsgericht Koblenz die Klage abgewiesen. Die Berufungskammer folgt in vollem Umfang der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest. Insoweit wird von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. 2. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin sind lediglich die nachfolgenden Ergänzungen veranlasst: a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nur die datierten Vorfälle Grundlage der rechtlichen Bewertung sein können. Soweit es an der erforderlichen zeitlichen Konkretisierung fehlt ("immer wieder", "bei jeder Gelegenheit", "häufig"), ist der Vortrag der Klägerin nämlich weder einer substantiierten Erwiderung durch die Beklagten noch einer Beweiserhebung zugänglich, da eine solche zu einem im Zivilprozess unzulässigen Ausforschungsbeweis führen würde. Damit verbleiben im Jahre 2005 nur zwei konkrete Begebenheiten, nämlich am 24.06.2005 und in der ersten Augustwoche 2005. Diesen aber fehlt ein hinreichend enger zeitlicher Bezug zu den Ereignissen ab Januar 2006, dessen es bedürfte, um systematische, fortgesetzte, aufeinander aufbauende, ineinander übergreifende Verhaltensweisen des Beklagten zu 2 feststellen zu können. Die Klägerin hat, abgesehen von den im Einzelnen geschilderten Vorfällen, auch in der Berufungsinstanz nicht anzugeben vermocht, wann genau der Beklagte zu 2 sie unter welchen genauen Umständen in welcher Form, d.h. durch welche Worte, Gesten, Blicke oder Ähnliches, angegriffen oder herabgewürdigt haben soll. Vier Vorfälle (06.01., 03.02., 08.04. und Anfang Juni 2006) hat das Arbeitsgericht als mögliches Fehlverhalten des Beklagten zu 2 gewertet. Selbst unter Hinzunahme der Vorfälle vom 13.02., 23.05., 06.06., 07.06.06., 09.06. und 15.06.2006 erhebt die Klägerin gegen den Beklagten zu 2 bezogen auf die Zeit von Januar bis Juni 2006 lediglich zehn konkrete Vorwürfe. Unterstellt man den Vortrag der Klägerin als wahr, dass sie fast täglich mit dem Beklagten zu 2 zusammengetroffen ist, so kam es an weniger als 10 % aller Tage zu beanstandenswertem Verhalten des Beklagten zu 2 Dies kann nicht als Mobbing im Sinne der vom Arbeitsgericht zutreffend formulierten Definition subsumiert werden. Es konnte daher offen bleiben, ob die von der Klägerin behaupteten Begebenheiten sich tatsächlich zugetragen haben und ob sie gegebenenfalls Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellten oder im täglichen Miteinander am Arbeitsplatz zwangsläufig vorkommende, sozial übliche und daher hinzunehmende Konflikte. Soweit die Klägerin auf die von ihr vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und Gutachten verweist, verkennt sie, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, die Beweislast für die Pflichtverletzung nach allgemeinen Grundsätzen der Gläubiger und damit der Arbeitnehmer trägt. Eine Beweiserleichterung oder Beweislastumkehr kommt im deutschen Rechtssystem grundsätzlich nur in Betracht, wenn der Anspruchsgegner auf Grund Sachwissens über komplexe Vorgänge dem Geschädigten weit überlegen ist. Dies ist bei sog. Mobbing-Fällen nicht der Fall. Das "Mobbing-Opfer" hat keine geringere Sachkenntnis, sondern befindet sich oft allein deshalb in Beweisnot, weil es keine Zeugen für die behaupteten Mobbing-Handlungen hat (BAG, Urteil vom 16.05.2007, 8 AZR 709/06). Ebenso trägt der Gläubiger für den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzungen und Schäden die Beweislast, wobei ein starkes Indiz für die Kausalität spricht, wenn in zeitlichem Zusammenhang mit feststehenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei dem betroffenen Arbeitnehmer Erkrankungen auftreten (BAG, a.a.O.). Die Klägerin übersieht, dass die Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorliegend nicht feststehen. Die ärztlichen Befunde machen die Feststellung von Verletzungshandlungen nicht entbehrlich und indizieren diese nicht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die derzeitige Erkrankung der Klägerin auf anderen Ursachen beruht. b) Soweit der Klägerin aus einzelnen unerlaubten Handlungen Ansprüche zustehen könnten, sind diese jedenfalls nach § 14 Nr. 1 des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer/innen und Auszubildenden in den Betrieben der Systemgastronomie verfallen, weil sie nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht wurden. Die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts hat die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nicht angegriffen. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe, die gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision gebieten würden, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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