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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 11 Sa 751/08
Rechtsgebiete: InsO, BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

InsO § 22 Abs. 1
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 291
BGB §§ 293 ff.
BGB § 397
BGB § 611
BGB § 615
BGB § 615 Satz 1
BGB § 615 Satz 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 1 2 lit. b
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 264 Satz 2
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.10.2008, Az.: 9 Ca 611/08, abgeändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.700,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2008 zu zahlen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, ob der Beklagte berechtigt ist, von der Vergütung des Klägers während einer vereinbarten Freistellung anderweitigen Verdienst abzuziehen. Der Kläger war bei der J.F. GmbH und der W. S. B. GmbH beschäftigt. Eine ihm gegenüber am 25.10.2007 ausgesprochene fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung griff der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage an. Der Beklagte wurde am 21.11.2007 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 05.12.2007 wurde der Insolvenzschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 22 Abs. 1 InsO auferlegt. Am 01.02.2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Unter dem 10.01.2008 schlossen die Parteien einen Abwicklungsvertrag. Dieser lautet auszugsweise wie folgt: "§ 1

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf der vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.03.2008 aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung endet.

Der Arbeitnehmer wird von der Erbringung seiner Arbeitsleistung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses freigestellt.

Die Parteien sind sich weiter einig darüber, dass evtl. bestehende Resturlaubsansprüche in Natura genommen wurden und abgegolten sind.

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich weiter, die für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.03.2008 bestehenden Urlaubsansprüche in Natura zu nehmen, so dass Resturlaubsansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr bestehen.

...

§ 6

Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, mit einer Ankündigungsfrist von 3 Werktagen das Arbeitsverhältnis mit der Insolvenzverwaltung vorzeitig zu beenden."

Von der Vergütung des Klägers für März 2008 brachte der Beklagte 2.700,00 € brutto in Abzug, die der Kläger in einem anderen Arbeitsverhältnis verdient hatte. Der Kläger hat vorgetragen:

Infolge der vereinbarten Freistellung habe kein Annahmeverzug des Beklagten und damit keine Anrechnungsmöglichkeit nach § 615 Satz 2 BGB bestanden. Die Regelungen des Abwicklungsvertrages seien abschließend. Es sei ihm nicht verboten gewesen, eine andere Arbeit aufzunehmen. Die vom Beklagten zu zahlende Vergütung sei die Gegenleistung für seine, des Klägers, Zustimmung zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.700,00 € brutto zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen:

Die Möglichkeit der Anrechnung anderweitigen Verdienstes sei zwar nicht ausdrücklich vereinbart worden, ergebe sich aber aus einer Auslegung des Abwicklungsvertrages. Der Kläger sei freigestellt worden, obwohl der Betrieb erst zum 30.04.2008 eingestellt worden sei. In § 6 des Abwicklungsvertrages sei dem Kläger, der sich bereits in Bewerbungsgesprächen befunden habe, die Möglichkeit eingeräumt worden, das Arbeitsverhältnis kurzfristig zu beenden, falls er vorzeitig einen neuen Arbeitsplatz finden würde. Aus wirtschaftlichen Gründen habe er, der Beklagte, selbstverständlich erwartet, dass der Kläger den Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses anzeigen und eine Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses herbeiführen werde. Dies habe der Kläger entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung unterlassen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.10.2008 verwiesen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass mit der Freistellung des Klägers von der Verpflichtung zur Erbringung seiner Arbeitsleistung die Voraussetzungen des Annahmeverzuges begründet worden seien. Da ein Vergütungsanspruch des Klägers in dem Abwicklungsvertrag nicht erwähnt sei, könne nicht angenommen werden, dass dem Kläger ein von Einnahmen aus anderweitiger Verwendung seiner Arbeitskraft unabhängiger Vergütungsanspruch habe zustehen sollen. Der Kläger sei auch nicht unwiderruflich unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche freigestellt worden. Ihm habe es nicht freigestanden, die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen, sondern er habe den sich im ersten Quartal ergebenden Urlaub in Natur vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses nehmen sollen. Die Befugnis des Beklagten zur Anrechnung anderweitiger Einkünfte ergebe sich schließlich auch aus der Regelung des § 6 des Abwicklungsvertrages, die dem Kläger die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses habe erleichtern sollen und der es andernfalls nicht bedurft hätte. Bezüglich des genauen Inhalts der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.10.2008 verwiesen. Gegen das ihm am 03.12.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16.12.2008, bei Gericht eingegangen am 19.12.2008, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 14.01.2009, bei Gericht eingegangen am 16.01.2009, begründet. Unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag trägt der Kläger vor:

§ 6 des Abwicklungsvertrages sei für die Entscheidung ohne Bedeutung. Hätten die Parteien gewollt, dass bei Aufnahme eines anderen Arbeitsverhältnisses die dadurch erzielten Einkünfte auf jeden Fall angerechnet werden, hätte dies ausdrücklich vereinbart werden müssen. Die einvernehmliche Freistellung habe nicht einseitig widerrufen werden können. Sie stelle einen Erlassvertrag dar. Der Urlaub für das Jahr 2008 habe ohne förmlichen Urlaubsantrag oder Einwilligung des Beklagten genommen werden sollen, ohne die Möglichkeit, Abgeltung zu verlangen. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.10.2008, Az. 9 Ca 611/08, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.700,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2008 zu zahlen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.10.2008, Az. 9 Ca 611/08, zurückzuweisen. Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, nimmt Bezug auf seinen Vortrag erster Instanz und trägt weiter vor:

Die ergänzende Vertragsauslegung insbesondere im Hinblick auf § 6 ergebe, dass er als Insolvenzverwalter in besonderem Maße den Erhalt und Schutz der Masse zu verantworten habe und daher den Kläger nicht habe besser stellen wollen als bei einem Annahmeverzug. Der Abwicklungsvertrag sei geschlossen worden, um die negativen Folgen für beide Parteien, die sich aus der Unterbrechung des anhängigen Kündigungsschutzprozesses ergeben hätten, abzuwenden. Er habe dem Kläger die Lohnzahlungen für August und September 2007 belassen, obwohl diese unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten hätten überprüft werden müssen. Die Vergütung für Oktober 2007 habe er ihm unter Verzicht auf die Anmeldung zur Insolvenztabelle gewährt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Parteien und die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 lit. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig. II. Das Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg. 1. Der Kläger hat Anspruch auf die restliche Vergütung für März 2008 in Höhe von 2.700,00 € brutto. Der Anspruch folgt aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeits- und dem Abwicklungsvertrag. Als Masseverbindlichkeit ist er nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO gegen den Beklagten zu verfolgen. 2. Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Arbeitsgerichts konnte der Anspruch des Klägers nicht gemäß § 615 Satz 2 BGB gekürzt werden. a) Nach § 615 Satz 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer den Wert desjenigen, was er während des Annahmeverzugs durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt, auf die vom Arbeitgeber nach § 615 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 611 BGB geschuldete Vergütung anrechnen lassen. Der Arbeitgeber gerät nach Maßgabe der §§ 293 ff. BGB in Verzug, wenn er die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung nicht annimmt. Annahmeverzug setzt mithin voraus, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber noch eine Arbeitsleistung schuldet. Fehlt es hieran, kann der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung nicht in Verzug geraten. Auch eine Anrechnung von Zwischenverdienst nach § 615 Satz 2 BGB scheidet dann aus (BAG, Urteil vom 19.03.2002, 9 AZR 16/01; BAG, Urteil vom 09.11.1999, 9 AZR 922/98). b) Vorliegend haben die Parteien in § 1 des Abwicklungsvertrages vertraglich vereinbart, dass der Kläger bis zum 31.03.2008 von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt wird. Eine solche einvernehmliche Freistellungsvereinbarung stellt regelmäßig einen Erlassvertrag im Sinne des § 397 BGB dar. Der Arbeitgeber verzichtet nämlich auf die vertraglich vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung, und der Arbeitnehmer verzichtet im Gegenzug auf seinen Beschäftigungsanspruch. Hierdurch erlischt die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers. Er schuldet keine Dienste mehr. Dem Arbeitgeber fehlt dadurch die Gläubigerstellung; er befindet sich daher nicht im Annahmeverzug (BAG, Urteil vom 19.03.2002, 9 AZR 16/01; BAG, Urteil vom 23.01.2001, 9 AZR 26/00; BAG, Urteil vom 09.11.1999, 9 AZR 922/98). Etwas anderes kann je nach den Umständen des konkreten Falles bei einer einseitigen Freistellung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber (BAG, Urteil vom 06.09.2006, 5 AZR 703/05) oder bei einem gerichtlichen Vergleich (BAG, Urteil vom 23.01.2008, 5 AZR 393/07 ohne nähere Begründung) gelten, die hier jedoch nicht vorliegen. Die Freistellung erfolgte zwar nicht ausdrücklich unter Fortzahlung der Vergütung. Der Kläger hat jedoch im Januar 2008 Insolvenzgeld und für die Monate Februar und März 2008 Vergütung vom Beklagten erhalten. Die Vergütungspflicht dem Grunde nach wurde also von den Parteien stillschweigend vorausgesetzt. Streitig ist zwischen ihnen lediglich die Berechtigung des Beklagten zur Anrechnung des anderweitigen Verdienstes des Klägers im März 2008. Da kein Annahmeverzug des Beklagten im Sinne des § 615 BGB vorlag, war § 615 Satz 2 BGB nicht anwendbar. Eine Anrechnung von Zwischenverdienst hätte nur erfolgen können, wenn sie vertraglich vorbehalten worden wäre (BAG, Urteil vom 19.03.2002, 9 AZR 16/01; BAG, Urteil vom 09.11.1999, 9 AZR 922/98). Dies ist vorliegend nicht geschehen. c) Dass der Beklagte sich nicht im Annahmeverzug befand, ergibt sich auch daraus, dass er mit der Freistellung zugleich die dem Kläger noch zustehenden anteiligen Urlaubsansprüche für das Jahr 2008 erfüllen wollte. Dem Arbeitsgericht ist zwar darin Recht zu geben, dass der Abwicklungsvertrag nicht die gebräuchliche Formulierung enthält, der Arbeitnehmer werde unter Anrechnung auf seine Urlaubsansprüche freigestellt. Die getroffenen Regelungen sind jedoch inhaltlich gleichwertig. Die Abrede, wonach der Kläger sich verpflichtete, die Urlaubstage des ersten Quartals 2008 während des Freistellungszeitraums in Natura zu nehmen, so dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Resturlaubsansprüche mehr bestehen, sollte nämlich gleichermaßen sicherstellen, dass der Kläger keine Urlaubsabgeltung mehr würde beanspruchen können. Da die Freistellung schon wegen ihrer vertraglichen Grundlage nicht widerruflich war, so dass sicher feststand, dass der Kläger keine Arbeitsleistung für den Beklagten mehr erbringen würde, wäre es lebensfern anzunehmen, dass der Beklagte einen förmlichen Urlaubsantrag des Klägers erwartete, den er zur Grundlage einer Urlaubsbewilligung zu machen beabsichtigte. An einer derartigen Verfahrensweise konnte der Beklagte kein Interesse haben. Daher ist auch unerheblich, dass der Beklagte Beginn und Ende des Urlaubs nicht konkret bestimmte. Bei fehlender Festlegung des Urlaubszeitraums während einer Freistellung kann der Arbeitnehmer regelmäßig davon ausgehen, dass der Arbeitgeber sich vorbehaltlos zur Fortzahlung des Entgelts im Freistellungszeitraum verpflichten will, weil er entweder es dem Arbeitnehmer überlässt, die zeitliche Lage des Urlaubs festzulegen (BAG, Urteil vom 19.03.2002, 9 AZR 16/01; BAG, Urteil vom 09.11.1999, 9 AZR 922/98), oder weil er ihm die gesamte Zeit als Urlaub gewährt (BAG, Urteil vom 14.03.2006, 9 AZR 11/05). In beiden Fällen ist für den Arbeitnehmer erkennbar, dass er während der restlichen Dauer seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr damit rechnen muss, zur Arbeitsleistung herangezogen zu werden. Während des Urlaubs anderweitig erzielter Verdienst ist auf das vom Arbeitgeber geschuldete Urlaubsentgelt nicht anzurechnen (BAG, Urteil vom 19.03.2002, 9 AZR 16/01; BAG, Urteil vom 09.11.1999, 9 AZR 922/98). d) Eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes kommt außerhalb der Regelungen des § 615 BGB auch nicht in analoger Anwendung von § 615 Satz 2 BGB oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB in Betracht. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte des Vergleichs noch die Begleitumstände und die erkennbaren Interessen der Parteien rechtfertigen die Annahme, die Parteien hätten eine entsprechende Anrechnungsbefugnis des Beklagten statuieren wollen. Der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer für die restliche Laufzeit des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Bezüge von weiterer Arbeitsleistung freistellt, hat die Möglichkeit, für die erforderliche Klarheit zu sorgen und sich dem vertraglichen Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber die Anrechnung von Zwischenverdienst ausdrücklich vorzubehalten. Dies hätte vorliegend schon deshalb nahegelegen, weil der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag bei Abschluss des Abwicklungsvertrages annahm, der Kläger werde alsbald eine andere Tätigkeit aufnehmen. Wenn dennoch bei den Verhandlungen kein Wert auf die Aufnahme einer Anrechnungsklausel gelegt wurde, so rechtfertigt dies nicht, die Freistellungsvereinbarung im Wege der Vertragsauslegung zu ergänzen. Denn der ohne Anrechnung geschlossene Vertrag ist nicht lückenhaft (BAG, Urteil vom 19.03.2002, 9 AZR 16/01; BAG, Urteil vom 09.11.1999, 9 AZR 922/98). Nichts anderes gilt vorliegend im Hinblick auf die in § 6 des Abwicklungsvertrages getroffene Regelung, wonach der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, mit einer Ankündigungsfrist von drei Werktagen das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden. Zwar hatte der Beklagte bei der Abfassung der Vertragsklausel wahrscheinlich die Vorstellung, der Kläger werde vor der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses das zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits bestehende Arbeitsverhältnis beenden, wodurch die Vergütungspflicht des Beklagten erloschen wäre. Es kann auch unterstellt werden, dass er den Kläger nicht besser als bei einem Annahmeverzug stellen wollte. Nach § 6 des Abwicklungsvertrages musste der Kläger jedoch nicht kündigen. Eine etwaige während der Verhandlungen bekundete Absicht, eine Verpflichtung des Klägers zu begründen, hat jedenfalls in den Vertrag keinen Eingang gefunden. Die "Möglichkeit" als "Pflicht" auszulegen, würde den denkbaren Wortsinn überspannen. Der Auffassung, dass bei einer vereinbarten Kündigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers während der Freistellung ohne Weiteres eine Anrechnung des neuen Verdienstes stattzufinden habe (Hessisches LAG, Urteil vom 02.12.1993, 13 Sa 283/93; Erfurter Kommentar/ Preis, 9. Aufl. 2009, § 615 BGB, Rn. 88), vermochte das Gericht daher nicht zu folgen. Der Kläger konnte während der Freistellung und während des Urlaubs über seine Dienste frei verfügen und war rechtlich auch nicht gehindert, ein zweites Arbeitsverhältnis begründen. Eine ergänzende Auslegung kommt vorliegend zudem auch deshalb nicht in Betracht, weil Beginn und Ende des Urlaubs nicht konkret bestimmt waren. Die Festlegung wäre aber, da eine Anrechnung auf das Urlaubsentgelt rechtlich ausgeschlossen ist, zur Wirksamkeit selbst eines ausdrücklichen Anrechnungsvorbehalts erforderlich (BAG, Urteil vom 19.03.2002, 9 AZR 16/01). e) Die von der Beklagten angestellten Überlegungen im Zusammenhang mit den Umständen des Zustandekommens des Abwicklungsvertrages rechtfertigen keine andere Beurteilung. Aus welchen Gründen die Vereinbarung einer Anrechnung des vom Kläger anderweitig erzielten Verdienstes auf die vom Beklagten geschuldete Vergütung unterblieben ist, ist unerheblich. Ob eine Anrechnung interessengerecht gewesen wäre, unterliegt nicht der Beurteilung des Gerichts, das erst recht nicht zu einer Abänderung des geschlossenen Vertrages befugt ist. Der Beklagte hatte aus freien Stücken die bezahlte Freistellung vereinbart. Ihm entstand daraus, dass der Kläger währenddessen anderweitigen Verdienst erzielte, auch kein Schaden, sondern er hatte lediglich keinen Vorteil davon. Umgekehrt hätte eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger diesem keinen Gewinn, etwa in Form einer Abfindungszahlung wegen der dem Beklagten ersparten Vergütung, gebracht. 3. Die erstmalige Geltendmachung des Zinsanspruchs in der Berufungsinstanz ist gemäß § 264 Satz 2 ZPO zulässig. Der Anspruch folgt aus § 291 BGB. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Gründe, die gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision gebieten würden, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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