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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.06.2005
Aktenzeichen: 11 Sa 805/04
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG, BGB, MTV, TVG


Vorschriften:

ZPO § 93
ZPO § 267
ZPO § 269 Abs. 1
ZPO § 269 Abs. 2
ZPO § 308
ZPO §§ 511 ff.
ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 188
BGB § 193
BGB § 286 Abs. 2 Ziff. 1
BGB § 288 Abs. 1
MTV § 1 b)
TVG § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 805/04

Entscheidung vom 21.06.2005

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 21.05.2004 (Az.: 6 Ca 395/04) wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat 69 %, die Klägerin hat 31 % der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Eine Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für den Zeitraum von Januar 2003 bis Juli 2003 Gehaltsansprüche entsprechend dem jeweils gültigen Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz zustehen oder ob die Arbeitsvertragsparteien ein "festes" Gehalt vereinbart haben.

Der Beklagte ist der Inhaber eines Lebensmittel-Einzelhandelsbetriebs. Die Klägerin, die über eine dreijährige Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau mit Abschluss verfügt, wurde am 18.06.1999 bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten als Verkäuferin eingestellt. Der Beklagte hat den Einzelhandelsbetrieb per 31.01.2000 übernommen (vgl. Bestätigung vom 17.01.2000, Bl. 11 d.A.).

Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 18.06.1999 enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 1 Einstellung/Tätigkeit

1. ...

2. Die Arbeitsbedingungen richten sich nach den tariflichen Bestimmungen für die Arbeitnehmer/innen im jeweils gültigen Tarifvertrag nebst Betriebsordnung. Kassieranweisung, Einstellungsbelehrung und bestehenden Betriebsvereinbarungen. ...

§ 2 Vergütung

1. Das Gehalt wird wie folgt festgesetzt:

Grundvergütung DM 1.800,00 Tarifgruppe G2/03

zuzüglich einer freiwilligen Tarifgebiet:

außertariflichen Zulage von DM Rheinland-Pfalz

Gesamtbrutto monatlich DM 1.800,00

Die monatliche Arbeitszeit beträgt 110 Stunden (67,91 Prozent v. Vollzeitkraft).

Alle übertariflichen Zulagen und sonstigen Zuwendungen werden freiwillig gewährt und stehen unter dem Vorbehalt eines jederzeitigen freien Widerrufs, unabhängig von den sonstigen Bedingungen dieses Arbeitsvertrages. Sie können bei Tariferhöhungen angerechnet werden und zwar auch rückwirkend, wenn das Tarifgehalt rückwirkend erhöht wird. Eine Abtretung oder Verpfändung des Gehaltes ist ausgeschlossen."

Die Klägerin arbeitet derzeit in Teilzeit mit einer Arbeitszeit von 120 Stunden pro Monat.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.07.2003 (Bl. 18 f. d.A.) hat sie gegenüber dem Beklagten im Einzelnen die Differenz zwischen dem jeweiligen Tarifgehalt und dem ihr tatsächlich gezahlten Gehalt für die Monate Juni 2001 bis Juni 2003 geltend gemacht. Nachdem sich der Beklagte auf tarifliche Verfallfristen berufen hat, hat die Klägerin mit ihrem am 10.12.2003 bei Gericht eingegangenem Mahnbescheid nur noch die Zahlung des Differenzgehalts für die Monate Januar 2003 bis Juli 2003 in Höhe von 1.446,04 EUR brutto verlangt.

Die Klägerin hat vorgetragen, im Arbeitsvertrag sei die Zahlung des jeweiligen Tarifgehalts vereinbart worden. Dieses habe - was zutrifft - für die Zeit von Januar bis Mai 2003 für eine Vollzeitbeschäftigte monatlich 1.704,00 EUR brutto, entsprechend ihrer Teilzeitbeschäftigung 1.262,22 EUR brutto betragen. Tatsächlich zahle der Beklagte ihr - unstreitig - 1.100,30 EUR brutto, so dass sich eine Differenz in Höhe von 161,92 EUR brutto monatlich ergebe. Ab Juni 2003 sei sie in das 6. Berufsjahr mit einem - zutreffenden - Tarifgehalt von 1.915 € einzustufen. Das anteilige Tarifgehalt für 120 Stunden pro Monat betrage seitdem 1.418,52 EUR. Da sie weiterhin nur 1.100,30 EUR brutto erhalte, ergebe sich eine Differenz in Höhe von 318,22 EUR monatlich, für zwei Monate also 636,44 EUR brutto. Insgesamt ergebe sich mithin ein Betrag in Höhe von 1.446,04 EUR.

Im Kammertermin vom 21.05.2004 hat die Klägerin die ursprüngliche Klage in Höhe von 1.446,04 EUR brutto wegen eines vermeintlichen Rechenfehlers auf 2.093,42 EUR brutto erhöht.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.093,72 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2003 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe mit seiner Rechtsvorgängerin arbeitsvertraglich ein festes Gehalt in Höhe von 1.800,00 DM vereinbart. Dies entspreche einem Gehalt in Höhe von 1.003,67 EUR für 120 Arbeitsstunden pro Monat. Die Klägerin erhalte mithin sogar mehr, als ihr zustehe.

Anspruch auf Zahlung des Tarifgehalts habe sie nicht. Weder der einschlägige Mantel-, noch der derzeit gültige Gehaltstarifvertrag seien allgemeinverbindlich.

Auch einzelvertraglich sei jedenfalls hinsichtlich der Vergütung die Anwendung des (jeweiligen) Tarifvertrages nicht vereinbart worden.

Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 18.06.1999 unterscheide in § 1 und § 2 zwischen den "Arbeitsbedingungen" und der "Vergütung" für die geleistete Arbeit. Anders als in § 1 sei in § 2 gerade nicht auf den jeweiligen Tarifvertrag verwiesen, sondern als Vergütung ein "fester" Betrag in Höhe von 1.800,00 DM vereinbart worden.

Selbst wenn man aber davon ausgehe, die Klägerin hätte einen Anspruch auf die Zahlung des Tarifgehaltes, sei dieses falsch berechnet, da sich die Klägerin ab Juni 2003 erst im 3. Berufsjahr befinde. Die Jahre der Ausbildung seien nicht mitzuzählen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21.05.2004, das dem Beklagten am 27.09.2004 zugestellt worden ist, der Klage insgesamt stattgegeben und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Tarifgehalts für den streitgegenständlichen Zeitraum ergebe sich aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag.

In § 1 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages hätten die Parteien bezüglich der Arbeitsbedingungen die Anwendbarkeit des jeweils gültigen Tarifvertrages und damit die Geltung der Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz in ihrer jeweils gültigen Fassung als Vertragsrecht vereinbart. Dazu gehöre auch der jeweils gültige Gehaltstarifvertrag. Es sei daher unerheblich, ob dieser für allgemeinverbindlich erklärt worden sei.

Auch in § 2 des Arbeitsvertrags hätten die Parteien die tarifliche Vergütung vereinbart. Dies zeige sich bereits daran, dass die seinerzeitige Grundvergütung in der Tarifgruppe G2/03 (letzteres steht für Berufsjahr) die vereinbarten 1.800,00 DM monatlich betragen habe. Durch den handschriftlichen Zusatz "Tarifgebiet Rheinland-Pfalz" sei nochmals dokumentiert, dass das Gehalt nach dem in Rheinland-Pfalz gültigen Tarifvertrag vereinbart werden sollte. Hierfür spreche zudem der letzten Absatz des § 2 des Arbeitsvertrages. Dort sei nämlich geregelt, dass übertarifliche Zulagen nur freiwillig gewährt würden und bei Tariferhöhungen angerechnet werden könnten. Im Umkehrschluss bedeute dies aber auch, dass zwar nicht die übertariflichen Gehaltsbestandteile, wohl aber das Tarifgehalt selbst garantiert werde.

Das monatliche Tarifgehalt berechne sich nach dem 6. Berufsjahr. In § 2 Ziff. 3 der jeweils gültigen Gehaltstarifverträge sei nämlich bestimmt, dass Angestellte mit einer der Tätigkeit entsprechenden dreijährigen Berufsausbildung nach bestandener Abschlussprüfung in das 3. Berufsjahr der Gehaltsgruppe II eingestuft und die davor liegenden Berufsjahre als zurückgelegt gelten würden.

Da die Klägerin - unstreitig - eine dreijährige Ausbildung absolviert habe, sei sie bereits bei ihrem Eintritt bei der Firma N. am 18.06.1999 in das 3. Berufsjahr der Gehaltsgruppe II einzugruppieren gewesen. Dies sei in § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 18.06.1999 im Übrigen auch so geschehen. Ab 18.06.2000 befinde sich die Klägerin also im 4., ab 18.06.2001 im 5. und ab 18.06.2002 im 6. Berufsjahr.

Dem Gericht sei allerdings insoweit ein bedauerlicher Fehler unterlaufen, als es die Klägerin im Termin vom 21.05.2004 wegen eines vermeintlichen Rechenfehlers zu einer Erhöhung der Klage auf 2.093,92 € brutto veranlasst habe. Die Berechnung in der Klageschrift enthalte indes keinen Rechenfehler, sondern einen Schreibfehler. Die Klägerin habe für die Monate Januar bis Mai 2003 nämlich 9 Monate angegeben, tatsächlich aber - zutreffend - nur 5 Monate berechnet. Die Klageerhöhung ergebe sich indes daraus, dass die Klägerin - fälschlicherweise - eine Differenz i.H.v. 161,92 für 9 Monate zugrunde gelegt habe.

Hiergegen richtet sich die am 28.09.2004 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangene Berufung des Beklagten, die - per Fax vorab - mittels eines am Montag, dem 29.11.2004, eingegangenen Schriftsatz begründet wurde.

Der Beklagte trägt unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen vor, das Urteil des Arbeitsgerichts sei jedenfalls insoweit aufzuheben als der Klägerin ein über 1.446,04 EUR brutto hinausgehender Betrag zugesprochen worden sei.

Auch im Übrigen bestehe der Anspruch nicht, da die Parteien - was unstreitig ist - nicht tarifgebunden seien und der einschlägige Gehaltstarifvertrag nicht allgemeinverbindlich sei.

Auch im Arbeitsvertrag hätten die Vertragsparteien jedenfalls bezüglich der Vergütung keine sog. dynamische Verweisung auf den jeweils gültigen Gehaltstarifvertrag vereinbart. § 1 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages enthalte lediglich bezüglich der Arbeitsbedingungen eine Verweisung auf den jeweils gültigen Tarifvertrag. Bereits dies sei keine klare und eindeutige Bezugnahme.

Hinzu komme, dass es vorliegend gerade nicht um Arbeitsbedingungen, sondern um die Vergütung gehe. Die Vergütungsfrage hätten die Arbeitsvertragsparteien indes expressis verbis gesondert in § 2 des Arbeitsvertrages geregelt.

Die dortige Formulierung, wonach das Gehalt "wie folgt festgesetzt" werde, zeige, dass die Parteien insoweit gerade keine - dynamische - Verweisung auf einen bestimmten Vergütungstarifvertrag vereinbart hätten, sondern - statisch - aus dem damals maßgeblichen Tarifvertrag die Grundvergütung entnommen hätten. § 2 beschreibe an keiner Stelle, dass ein bestimmter Entgelttarifvertrag zukünftig maßgeblich sein solle.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammer Bad Kreuznach, vom 21. Mai 2004, zugestellt am 27. September 2004, 6 Ca 395/04, die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 21. Mai 2004, Az. 6 Ca 395/04, wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.446,04 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Sie trägt vor, die Klageerhöhung im Kammertermin sei lediglich im Vertrauen darauf erfolgt, dass der richterliche Hinweis auf einen vermeintlichen Rechenfehler richtig gewesen sei. Das Arbeitsgericht weise in seinem Urteil aber zutreffend darauf hin, dass die ursprüngliche Berechnung in der Klageschrift zutreffend gewesen sei.

Daher werde die Klageforderung auf den ursprünglichen erstinstanzlichen Klageantrag beschränkt. Allerdings seien die insoweit veranlassten Kosten des Berufungsverfahrens dem Beklagten gemäß § 93 ZPO analog aufzuerlegen, da sie insoweit keine Veranlassung zur Berufungseinlegung gegeben habe.

Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 25.09.2004 habe sie nämlich bereits mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28.09.2004 mitgeteilt, dass sie lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 1.446,04 EUR nebst Zinsen beanspruche.

In der Sache selbst sei das Arbeitsgericht nach Auslegung des Arbeitsvertrages zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass sich ihr Anspruch aus den arbeitsvertraglichen Regelungen ergebe. Die in § 1 Ziffer 2 enthaltene Abrede, wonach sich die Arbeitsbedingungen nach den tariflichen Bestimmungen für Arbeitnehmer/innen im jeweils gültigen Tarifvertrag richten, sei eindeutig. Etwaige Unklarheiten gingen ohnehin zu Lasten des Verwenders, mithin zu Lasten des Beklagten als Rechtsnachfolger des Vertragsschließenden.

Entscheidungsgründe:

A. Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 511 ff. ZPO, form- und fristgerecht eingelegt sowie im Hinblick auf §§ 188, 193 BGB rechtzeitig begründet worden.

B. Das Rechtsmittel ist indes - soweit die Klage nicht zurückgenommen wurde - unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Arbeitsgericht nach Auslegung des Arbeitsvertrages davon ausgegangen, dass die Klägerin Anspruch auf eine Vergütung nach dem jeweils gültigen Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz hat.

I. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin gegen den Beklagten dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung des (jeweiligen) Tarifgehalts für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2003 bis zum 31.07.2003 hat. Die Klage ist daher in Höhe eines Betrages von 1.446,04 EUR begründet.

Dies folgt aus der vom Arbeitsgericht zutreffend vorgenommenen Auslegung des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.06.1999.

1. Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 01.08.2001 - 4 AZR 7/01 -, NZA 2002, 288).

Maßgebend ist dabei in erster Linie der gewählte Wortlaut und der diesem zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille, wobei alle Umstände einzubeziehen sind, die dafür von Bedeutung sind, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat (Entstehungsgeschichte, Zweck, Interessenlage, vgl. BAG Urteil vom 10.12.1992, AP ParteienG-DDR § 20 b Nr.1).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die - damaligen - Arbeitsvertragsparteien auch bezüglich der Vergütung auf den jeweils gültigen (Gehalts-)Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz verwiesen haben.

Im Einzelnen:

a) Zunächst haben die Vertragsschließenden in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages vereinbart, dass sich "die Arbeitsbedingungen" u.a. nach den tariflichen Bestimmungen für die Arbeitnehmer/innen "im jeweils gültigen Tarifvertrag" richten sollen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten erfolgte damit eine sog. dynamische Verweisung jedenfalls auf den - jeweils gültigen - (Mantel-)Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen im Einzelhandel in Rheinland- Pfalz.

aa) Dem steht nicht entgegen, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages nicht ausdrücklich benannt ist.

Eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen Tarifvertrag ist grundsätzlich möglich. Sie muss aber insoweit bestimmt sein, dass erkennbar ist, ob überhaupt, auf welchen Tarifvertrag und ggf. auch auf welche Bestimmungen des Tarifvertrages verwiesen werden soll (BAG Urteil vom 08.03.1995, EzA § 1 TVG Nr. 40). Dies ist ggf. im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln.

Zwar ist es den Arbeitsvertragsparteien im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich nicht verwehrt, arbeitsvertraglich auch einen branchenfremden Tarifvertrag zu vereinbaren. Da dies indes den Ausnahmefall darstellt, muss eine solche Bezugnahme eindeutig vereinbart sein. Dies ist hier nicht gegeben.

Der vorliegende Arbeitsvertrag enthält bereits keine Anhaltspunkte dafür, dass überhaupt ein branchenfremder Tarifvertrag in Bezug genommen werden sollte. Schon gar nicht ist ersichtlich, welcher Tarifvertrag dies vorliegend sein könnte. Hierzu trägt auch der Beklagte nichts vor.

Damit gilt die Vermutung, dass im Zweifel eine Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge, d.h. diejenigen, die gelten würden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), wenn beide Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden wären, erfolgt (vgl. BAG Urteil vom 13.11.2002 - 4 AZR 393/01 -, NZA 2003, 1039; LAG Frankfurt Urteil vom 21.01.1992, NZA 1992, 840; LAG Berlin Urteil vom 05.12.1994, AP TVG § 4 Nachwikung Nr. 20; DLW/Pfeiffer, H/Rz. 193, 194).

bb) Dies ist hier das Tarifwerk für die Arbeitnehmer/innen im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz.

Unstreitig handelt es sich vorliegend um einen Betrieb des Einzelhandels, dessen Arbeitnehmerin (Verkäuferin) die Klägerin ist.

Nach § 1 b) des Manteltarifvertrages gilt dieser für alle Betriebe des Einzel- und Versandhandels einschließlich der Niederlassungen derjenigen Firmen, die ihren Hauptsitz außerhalb von Rheinland-Pfalz haben. Zudem ist in § 2 des Arbeitsvertrages bei der Angabe "Tarifgebiet" handschriftlich der Vermerk: "Rheinland-Pfalz" eingetragen.

Nach alledem wurde in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages unzweifelhaft auf den Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz als einschlägigen Tarifvertrag verwiesen. Darüber hinaus hat sich der Beklagte außergerichtlich selbst auf die tariflichen Ausschlussfristen berufen, so dass sein nunmehriges Vorbringen auch vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen vermag.

In § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages erfolgte im Übrigen ausdrücklich auch eine dynamische Verweisung auf den jeweils gültigen Tarifvertrag.

Hinzu kommt, dass der einschlägige Manteltarifvertrag nach der von dem Beklagten selbst vorgelegten und inhaltlich zutreffenden Tarifauskunft im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages ohnehin (noch) allgemeinverbindlich war.

b) Der Beklagte meint nun, da der Arbeitsvertrag zwischen Arbeitsbedingungen (§ 1 Ziff. 2) einerseits und Vergütung (§ 2) andererseits unterscheide, beziehe sich die dynamische Verweisung in § 1 Ziff. 2 nicht auch auf die getroffene Vergütungsabrede; vielmehr sei in § 2 des Arbeitsvertrages eine "feste" Vergütung i.H.v. 1.800 DM vereinbart worden.

Dies vermochte die Kammer aus folgenden Gründen nicht zu überzeugen:

aa) Zwar enthält der Arbeitsvertrag in § 2 - worauf der Beklagte zu Recht hinweist - die Formulierung, dass das Gehalt "wie folgt festgesetzt werde". Entgegen seiner Auffassung liegt darin indes aber keine tarifunabhängige Vergütungsregelung.

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu beachten, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses sowohl der einschlägige Manteltarifvertrag, als auch der Gehaltstarifvertrag allgemeinverbindlich war. Die maßgebliche Eingruppierung und damit auch Vergütung ergab sich daher bereits aus den Tarifverträgen.

Einer "Festsetzung" der Entlohnung im Arbeitsvertrag bedurfte es mithin nicht. Im Hinblick auf § 4 Abs. 3 TVG hätte auch gar keine - von den Tarifverträgen zuungunsten abweichende - "feste" Vergütung vereinbaren werden können.

Bereits dies spricht gegen die Auffassung des Beklagten.

Lediglich ergänzend weist die Kammer daher darauf hin, dass schon aus dem vorgenannten Gesichtspunkt der zeitweisen Allgemeinverbindlichkeit des Gehaltstarifvertrages die Klage teilweise begründet ist.

bb) Aber auch unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Anspruch der Klägerin bereits wegen der dargestellten (ursprünglichen) Allgemeinverbindlichkeit der einschlägigen Tarifverträge besteht, hat das Arbeitsgericht nach Überzeugung der Kammer zu Recht angenommen, dass entgegen der Meinung des Beklagten keine "feste" Vergütungsabrede in Höhe von 1.800 DM getroffen wurde, sondern auch insoweit eine dynamische Verweisung auf den jeweils gültigen Gehaltstarifvertrag vorliegt.

(1) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages - im Singular - auf den jeweils gültigen Tarifvertrag verwiesen wird und die "Vergütung" in § 2 des Arbeitsvertrages gesondert geregelt ist.

Dabei ist zunächst zu beachten, dass der Begriff "Arbeitsbedingungen" in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrages weit gefasst ist und damit grundsätzlich auch die Vergütung als wesentliche Arbeitsbedingung beinhaltet.

Hinzu kommt, dass der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum an die Klägerin ein monatliches Gehalt von 1.100,30 € brutto gezahlt hat. Da sich dieser Betrag - worauf der Beklagte selbst hinweist - rechnerisch nicht, auch nicht unter Berücksichtigung der Stundenerhöhung von 110 auf nunmehr 120 pro Woche, ergibt und der Beklagte den Grund für die Gehaltserhöhung auch nicht erläutert hat, spricht auch dieser Umstand dafür, dass gerade keine "feste" Vergütung vereinbart wurde.

Zudem enthält der Arbeitsvertrag ausdrücklich die handschriftliche Ergänzung, die Grundvergütung von 1.800 DM entspreche der Tarifgruppe G 2/03 sowie bei der Frage nach dem Tarifgebiet den handschriftlichen Eintrag "Rheinland-Pfalz".

Darin liegt die einzelvertraglich erfolgte Verweisung auf den einschlägigen Gehaltstarifvertrag. Auch dies zeigt, dass gerade keine tarifunabhängige Vergütung vereinbart wurde.

(2) Entgegen der Meinung des Beklagten handelt es sich insoweit auch nicht um eine sog. statische Verweisung auf den einschlägigen (Gehalts-)Tarifvertrag nur in seiner konkreten Fassung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Eine solche Verweisung bedarf einer ausdrücklichen Klarstellung (BAG Urteil vom 29.01.1991, AP BetrAVG § 18 Nr. 23). Im Zweifel gelten die Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung.

Vorliegend fehlt es bereits an einem Hinweis auf eine konkrete Fassung des in Bezug genommen Tarifvertrages.

Zudem weist das Arbeitsgericht zu Recht darauf hin, dass im Gegenteil der letzte Absatz des § 2 für eine dynamische Verweisung spricht. Dort ist nämlich vereinbart, dass übertarifliche Zulagen nur freiwillig gewährt werden und dass sie bei Tariferhöhungen angerechnet werden können. Dies zeigt deutlich die nicht nur statische, sondern auch in die Zukunft gerichtete Ausrichtung der Verweisung im Arbeitsvertrag.

Eine andere Auslegung der arbeitsvertraglichen Regelung ist auch nicht wegen der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge im Zeitpunkt des Vertragsschlusses veranlasst. Aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die in Rede stehenden Regelungen nur im Hinblick hierauf bzw. nur für die Dauer der Allgemeinverbindlichkeit bzw. einer eventuellen Nachwirkung getroffen wurden. Insbesondere beruft sich der Beklagte selbst hierauf nicht.

(3) Nach alledem hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des jeweils gültigen monatlichen Tarifgehalts unter Berücksichtigung ihrer Teilzeitbeschäftigung.

Die Klägerin, die unstreitig eine dreijährige Ausbildung absolviert hat, war daher bei ihrem Eintritt am 18.06.1999 in das 3. Berufsjahr der Gehaltsgruppe II einzugruppieren, was im Arbeitsvertrag auch so erfolgt ist.

Dies ergibt sich aus § 2 Ziff. 3 der jeweils gültigen Gehaltstarifverträge, in denen bestimmt ist, dass Angestellte mit einer der Tätigkeit entsprechenden dreijährigen Berufsausbildung nach bestandener Abschlussprüfung in das 3. Berufsjahr der Gehaltsgruppe II eingestuft werden. Die davor liegenden Berufsjahre gelten als zurückgelegt.

Ab 18.06.2000 befand sich die Klägerin also im 4. Berufsjahr, ab 18.06.2001 im 5. und ab 18.06.2002 im 6. Berufsjahr.

Da für den hier streitgegenständlichen Zeitraum die Vergütung für eine Vollzeitkraft in der Gehaltsgruppe II, 5. Berufsjahr, wie von der Klägerin angegeben, 1.704 EUR und in der Gehaltsgruppe II, 6. Berufsjahr 1.915 EUR betrug, erweist sich die Klage in Höhe eines Bruttobetrages von 1.446,04 EUR unter Berücksichtigung des § 308 ZPO auch der Höhe nach als begründet.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB.

Nach alledem war die Berufung des Beklagten insoweit zurückzuweisen.

II. Soweit die Klägerin mit ihrer Klageerweiterung erstinstanzlich einen über 1.446,04 € hinausgehenden Betrag verlangt hat, hat sie die Klage in der Berufungsinstanz insoweit zurückgenommen. Dies ergibt eine Auslegung ihres Berufungsantrages.

Sie beantragt zuletzt, den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 21. Mai 2004 zu verurteilen, an die Klägerin 1.446,04 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2003 zu zahlen und im Übrigen die Berufung zurückzuweisen. Der Antrag bedarf der Auslegung.

Da die Klägerin durch das erstinstanzliche Urteil nicht beschwert ist, ist hierin trotz des Wortlauts "Das Urteil aufzuheben" keine unstatthafte (Anschluss-)Berufung der Klägerin zu sehen. Hierfür ergeben sich auch im Übrigen keine Anhaltspunkte.

Die Klägerin hat vielmehr ausweislich ihres Antrages und ihren Erläuterungen im Schriftsatz vom 03.01.2005 ausdrücklich ihre Klageforderung auf den ursprünglich gestellten Antrag i.H.v. 1.446,04 EUR "beschränkt".

In einer Klagebeschränkung liegt regelmäßig eine teilweise Klagerücknahme, so dass grundsätzlich die Zustimmung des Beklagten nach § 269 Abs. 1, Abs. 2 ZPO nötig ist, die auch in einem konkludenten Verhalten liegen kann, z.B. in einer rügelosen Einlassung auf den ermäßigten Antrag (Zöller/Greger, 24. Aufl., § 264 Rz 4 a m.w.N.). Hiervon ist vorliegend bereits im Hinblick auf § 267 ZPO (analog) auszugehen. Hinzu kommt, dass zwischen allen Prozessbeteiligten Einvernehmen besteht, dass hinsichtlich des 1.446,04 EUR übersteigenden Betrages - was das Arbeitsgericht in anerkennenswerter Weise einräumt - ein bedauerlicher Fehler vorliegt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 269 Abs. 3 Satz 2, 92 Abs. 1 ZPO.

Nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist der Kläger im Falle der Klagerücknahme verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Bei einer - hier vorliegenden - teilweisen Klagerücknahme sind die Kosten im Endurteil quotenmäßig zu verteilen; eines Antrages bedarf es insoweit nicht (Zöller/Greger, aaO., § 269 Rz 19 a, m.w.N.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin meint, im Hinblick auf ihr außergerichtliches Schreiben vom 28.09.2004 (Bl. 96 f. d.A.) seien dem Beklagten die Kosten gemäß § 93 ZPO analog aufzuerlegen, da sie insoweit keine Veranlassung zur Berufungseinlegung gegeben habe.

Dies folgt bereits daraus, dass neben der gesetzlichen Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO für die - reziproke - Anwendung des § 93 kein Raum ist (Zöller/Greger, aaO., Rz 18 m.w.N.).

Lediglich ergänzend weist die Kammer daher darauf hin, dass selbst dann, wenn eine - reziproke - Anwendung des § 93 ZPO grundsätzlich in Betracht käme, eine Kostentragungspflicht des Beklagten nicht bestünde.

Die Klägerin hat in ihrem außergerichtlichen Schreiben vom 28.09.2004 die Geltendmachung lediglich des Teilbetrages i.H.v. 1.446,04 EUR nämlich nicht bedingungslos erklärt, sondern dies unter die Bedingung gestellt, dass der Beklagte seinerseits keine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einlegt. Damit liegt keine vorbehaltlose und damit sofortige Erklärung im Sinne von § 93 ZPO vor (Zöller/Herget, aaO., § 93, Rz 4), so dass die auch Voraussetzungen für eine - reziproke - Anwendung dieser Vorschrift nicht gegeben sind.

Trotz teilweiser Klagerücknahme bedurfte es keiner - teilweisen - Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils Dies ergibt sich aus § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO wonach dann, wenn die Klage - teilweise - zurückgenommen wird, der Rechtsstreit (insoweit) als nicht anhängig geworden anzusehen ist; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtkräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf.

Ende der Entscheidung

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