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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: 11 Sa 810/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, KSchG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 626
BGB § 626 Abs. 1
ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 46 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
KSchG § 4 Abs. 1 Satz 1
KSchG § 7
KSchG § 13 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 167
ZPO § 253 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 810/04

Entscheidung vom 14.04.2005

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.08.2004 (Az, 2 Ca 886/04) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 03.03.2004 nicht fristlos beendet wurde, sondern bis zum 31.05.2004 fortbestanden hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 3/4, die Beklagte zu 1/4 zu tragen.

4. Eine Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner am 25.03.2004 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen eine außerordentliche, hilfsweise fristgerecht ausgesprochene Kündigung der Beklagten vom 03.03.2004, die ihm am 05.03.2004 zugegangen ist.

Die Beklagte begründet die Kündigung im Wesentlichen damit, dass der Kläger am 02.03.2004 trotz Abmahnung wiederholt ohne Sicherheitsgurt gearbeitet und Holz, das unter Verletzung von Ausfuhrbestimmungen von dem Werksgelände ihrer Auftraggeberin verbracht worden sei, in sein Privatfahrzeug umgeladen habe.

Der am 18.05.1945 geborene Kläger ist bei der Beklagten aufgrund des Arbeitsvertrages vom 01.10.1998 als Obermonteur für Montagearbeiten, zuletzt zu einem Bruttomonatsgehalt zwischen 3.200,00 und 3.300,00 EUR, beschäftigt.

Der Arbeitsvertrag enthält in Ziffer 6 folgende Regelung:

"Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, alle ihm übertragenen Arbeiten gewissenhaft auszuführen und den Anweisungen seiner Vorgesetzten, auch hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen (insbesondere Tragen von Schutzhelm und Sicherheitsgürtel) strengstens Folge zu leisten. Er hat die auf den Baustellen offen ausliegenden Unfallverhütungsvorschriften zu lesen und danach zu handeln."

Die Beklagte führt Montagearbeiten, u.a. auf dem Werksgelände der C AG (im Folgenden: C.-AG) in Ludwigshafen, durch. Diese Arbeiten werden in einer Höhe von bis zu 30 m ausgeführt. Teilweise wird von Hebebühnen und Gerüsten aus gearbeitet.

Daneben fallen Arbeiten in einer Werkstatt, die sich am Boden befindet, an. Der Kläger wurde auf dem Gelände der C.-AG, u.a. auch in der Werkstatt, eingesetzt.

Die C.-AG bestimmt in Richtlinien zur Arbeitssicherheit, welche Schutzkleidung diejenigen Arbeitnehmer zu tragen haben, die auf ihrem Werksgelände zum Einsatz kommen. Danach müssen diese Arbeitnehmer u.a. einen Sicherheitsgurt tragen, um gegen einen Absturz gesichert zu sein. Der Gurt besteht aus zwei Schultergurten sowie einem Bauchgurt. An dem Gurt wird mittels eines Karabiners ein Sicherungsseil befestigt.

Die Beklagte wies sämtliche bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer an, stets - d.h. auch bei Arbeiten am Boden - einen Sicherheitsgurt zu tragen und diesen Gurt zu benutzen, sobald Arbeiten in der Höhe durchgeführt werden. Eine entsprechende schriftliche Verpflichtungserklärung hat der Kläger am 01.03.2004 unterzeichnet.

Dort heißt es u.a:

"Arbeiten, die mit Absturzgefahr verbunden sind, dürfen nur unter Benutzung des Sicherheitsgurts ausgeführt werden ... ;"

und durch Fettdruck hervorgehoben:

"Ich bin ferner verpflichtet, immer einen Sicherheitsgurt zu tragen, bei Höhenarbeiten gem. UVV, diesen auch anzuschlagen."

Hintergrund der Anweisung ist der permanente Wechsel zwischen Arbeiten am Boden und in der Höhe.

Mit Schreiben vom 24.02.2004 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung. Ihm wurde vorgeworfen, am 23.02.2004 bei Arbeiten in einer Höhe von 4 m ohne Sicherheitsgurt gearbeitet zu haben. Obwohl er von dem Bauleiter der Beklagten deswegen ermahnt und aufgefordert worden sei, vorschriftsmäßig zu arbeiten, sei er auch bei einer zweiten Kontrolle an diesem Tag erneut ohne Sicherheitsgurt angetroffen worden.

Am 02.03.2004 wurde Holz mit einem Fahrzeug der Beklagten von dem Werksgelände der C.-AG verbracht. Das Fahrzeug wurde auf einem Parkplatz außerhalb des Werksgeländes abgestellt. Dort lud der Kläger das Holz in sein Privatfahrzeug. Sofern Gegenstände von dem Werksgelände entfernt werden, muss hierfür ein sogenannter Ausfuhrschein vorliegen. Dieser wird von der C.-AG ausgestellt und gestattet das Entfernen der Gegenstände von dem Werksgelände. Für das Holz lag ein Ausfuhrschein nicht vor.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, Kündigungsgründe lägen nicht vor.

Am 02.03.2004 sei der Zeuge E erst kurz vor 17.00 Uhr auf der Baustelle erschienen und habe ihn - den Kläger - auf dem Weg zur Toilette angetroffen. Deswegen habe er - der Kläger - keinen Sicherheitsgurt tragen müssen. Zudem habe er in einem Bereich gearbeitet, in dem kein Sicherheitsgurt notwendig sei.

Der Zeuge N habe ihm zudem mehrfach gesagt, dass er überhaupt keinen Sicherheitsgurt brauche, da er sowieso hauptsächlich in der Werkstatt arbeite.

Die Abmahnung vom 24.02.2004 sei zu Unrecht erfolgt. Er habe seinen eigenen Sicherheitsgurt verwendet, der von dem Zeugen N am 19.02.2004 mitgenommen worden sei. Erst am 20.02.2004 habe er von einer Drittfirma einen Sicherheitsgurt bekommen, der ihm am Montag, dem 23.02.2004, nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Er habe erst am Nachmittag des 23.02.2004 von der Beklagten einen Sicherheitsgurt erhalten.

Ein Mitarbeiter eines Unternehmens, das ebenfalls auf dem Gelände der F tätig gewesen sei, habe das Holz auf den Transporter der Beklagten geworfen. Die 20 - 30 cm langen Abfallstücke hätten entsorgt werden müssen. Die Mitnahme des Holzes sei ihm ausdrücklich erlaubt worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt:

Es wird festgestellt, dass das seit 01.10.1998 zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 03.03.2004 nicht aufgelöst wurde.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Zeuge E habe den Kläger am 02.03.2004 gegen 15.00 Uhr erneut ohne Gurt auf der Baustelle angetroffen und diesen aufgefordert, den Sicherheitsgurt anzulegen. Der Kläger habe dies abgelehnt und seine Arbeit fortgesetzt. Der Kläger habe sich nicht auf dem Weg zu der Toilette befunden, sondern sei mit Montagearbeiten befasst gewesen.

Die Abmahnung vom 24.02.2004 sei zu Recht ausgesprochen worden. Am 23.02.2004 habe der Kläger um 08.00 Uhr Montagearbeiten in einer Höhe von 4 m ausgeführt, ohne einen Sicherheitsgurt zu tragen. Der Zeuge E habe ihn daraufhin ermahnt, den Gurt anzulegen. Dies habe der Kläger aber nicht getan, sondern sei bei einer weiteren Kontrolle um 11.00 Uhr erneut ohne Gurt aufgefallen. Der Kläger habe keinen eigenen Sicherheitsgurt verwendet. Zudem sei er angewiesen worden, die Sicherheitsgurte der Beklagten zu nutzen, die auf der Baustelle in ausreichender Zahl vorhanden gewesen seien. Der Zeuge N habe dem Kläger am 19.02.2004 seinen Sicherheitsgurt auch nicht abgenommen.

Bei dem Holz, das am 02.03.2004 mitgenommen worden sei, habe es sich nicht um Abfallholz gehandelt. Der Kläger habe dieses Holz vor dem Transport zurechtgesägt. Der Eigentümer des Holzes sei mit der Mitnahme des Holzes nicht einverstanden gewesen.

Das Arbeitsgericht hat über die Geschehen am 23.02.2004 und am 02.03.2004 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E und N. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll der Kammerverhandlung vom 18.08.2004 sowie auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte überreichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.08.2004 die Klage mit der Begründung abgewiesen, es liege ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 BGB vor.

Nach Vernehmung der Zeugen E und N stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger trotz vorheriger Abmahnung vom 24.02.2004 erneut am 02.03.2004 in der Zeit zwischen 15.00 und 16.00 Uhr keinen Sicherheitsgurt getragen habe, obwohl er in dieser Zeit Montagearbeiten verrichtet habe, bei denen er einen Sicherheitsgurt hätte anlegen müssen.

Die Pflichtverletzung des Klägers stelle einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB dar. Es handele sich nicht um einen bloß geringfügigen Pflichtenverstoß.

Grund für die Sicherheitsmaßnahmen der Beklagten sei die mit den Montagetätigkeiten in einer Höhe von bis zu 30 Metern verbundene Absturzgefahr. Es liege auf der Hand, dass die Arbeitnehmer gegen das Absturzrisiko effektiv geschützt werden müssten. Die Beklagte sei daher unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht zur Vermeidung von Arbeitsunfällen gehalten gewesen, für die Sicherheit ihrer Arbeitnehmer zu sorgen. Dies habe sie getan und allen Arbeitnehmern Sicherheitsgurte, die zwingend anzulegen seien, zur Verfügung gestellt. Der Kläger habe sich am 02.03.2004 demgegenüber beharrlich geweigert, den Sicherheitsgurt anzulegen.

Vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung sei auch eine einschlägige Abmahnung erfolgt, weil der Kläger am 23.02.2004 bei Montagearbeiten in 4 Metern Höhe ohne Sicherheitsgurt angetroffen worden sei. Die Einlassung des Klägers, der Zeuge N habe ihm am 19.02.2004 den Gurt weggenommen, habe sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Selbst wenn aber am 19.02.2004 dem Kläger ein Gurt weggenommen worden wäre, wäre der Kläger verpflichtet gewesen, die Beklagte um Aushändigung eines Ersatzgurtes zu bitten. Dies habe er nicht getan.

Halte der Arbeitnehmer aber trotz Abmahnung Arbeitsschutz- und Sicherheitsvorschriften nicht ein, sei ein wichtiger Kündigungsgrund an sich gegeben. Dabei sei vorliegend von besonderer Bedeutung, dass die Sicherheitsanweisungen der Beklagten auf Vorgaben ihres Auftraggebers, der C.- AG, basierten. Die Beklagte müsse - schon um die Geschäftsbeziehungen zur Firma C nicht zu belasten - deren Richtlinien zur Arbeitssicherheit befolgen und ihren Arbeitnehmern entsprechende Vorgaben machen.

Der Kläger habe zudem am 02.03.2004 ohne Erlaubnis Holz, das mit einem Fahrzeug der Beklagten von dem Betriebsgelände der C.-AG verbracht worden sei, an sich genommen. Zwar habe der Kläger wohl keinen Diebstahl begangen, da die Eigentumsverhältnisse am Holz nicht geklärt seien. Auf die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens des Klägers komme es jedoch nicht an. Entscheidend sei vielmehr, dass der Kläger durch sein Verhalten in Kauf genommen habe, dass die Geschäftsbeziehungen der Beklagten zu ihrem Auftraggeber belastet würden. Wer Gegenstände von dem Werksgelände der C.-AG entferne, benötige hierfür eine Ausfuhrerlaubnis, die unstreitig nicht vorgelegen habe. Die C.-AG verlange diese Ausfuhrerlaubnis, um Missbräuche zu vermeiden. Hätte diese festgestellt, dass der Kläger ohne Vorliegen einer Ausfuhrerlaubnis das Holz von ihrem Werksgelände verbracht hätte, hätte dies zu einer Belastung der Kundenbeziehungen der Beklagten zu der C führen können. Die - bestrittene - Behauptung des Klägers, die Mitnahme des Holzes sei ihm ausdrücklich erlaubt worden, habe dieser nicht ausreichend substantiiert.

Das Fehlverhalten des Klägers sei trotz seines Lebensalters - der Kläger war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung 58 Jahre alt - und auch unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit so schwerwiegend, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht komme.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Kläger am 01.09.2004 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 29.09.2004 eingelegte und mittels eines am 02.11.2004 bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung des Klägers.

Der Kläger trägt vor, bis zu dem Vorfall am 23.02.2004 sei er weder auf die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften hingewiesen worden, noch sei er aufgefordert worden, einen Sicherheitsgurt zu tragen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm vielmehr mehrfach mitgeteilt, dass er keinen Sicherheitsgurt brauche, da er keine gefahrgeneigte Arbeit verrichte. Dennoch habe er - der Kläger - meist einen in seinem Eigentum stehenden Sicherheitsgurt angehabt. Diesen Gurt habe der Zeuge N am 19.02.2004 mitgenommen und nicht mehr an ihn herausgegeben. Am 23.02.2004 habe er sehr wohl um die Aushändigung eines Ersatzgurtes gebeten. Man habe ihm aber seitens der Beklagten mitgeteilt, dass momentan kein Sicherheitsgurt greifbar sei und er sich so behelfen solle. Darauf hin habe er sich bei einer Drittfirma einen Sicherheitsgurt ausgeliehen und mit diesem die Arbeiten verrichtet.

Der Vorfall am 02.03.2004 habe sich kurz vor Feierabend abgespielt. Er - der Kläger - sei von der Toilette gekommen und sodann mit dem Zeugen E zurück zur Arbeitsstelle gegangen. Er habe den dort beschäftigten Arbeitnehmern zugerufen, dass Feierabend sei und diese aufräumen sollten. Er selbst sei dann in das dortige C-Büro gegangen, um die Arbeitszeitprotokolle zu unterschreiben. Hierbei habe er keinen Sicherheitsgurt mehr angelegt. Dies habe der Zeuge E zum Anlass genommen, bei der Beklagten anzurufen und dies dort mitzuteilen. Darauf hin habe der Zeuge ihn von der Baustelle verwiesen. Die Annahme des Arbeitsgerichts, er habe die Sicherheitsinteressen seines Arbeitgebers gefährdet, sei daher unrichtig.

Am 02.03.2004 habe er Holz auf den Dienst-LKW der Beklagten geladen. Das Holz sei von einer Drittfirma mitgebracht worden. Ein Arbeitnehmer dieser Drittfirma habe ihm erlaubt, einen Teil des Holzes aufzuladen. Es habe sich um wenige Stücke Abfallholz gehandelt. Zudem habe die Beklagte ihm nie mitgeteilt, dass er hierfür extra eine Ausfuhrerlaubnis brauche. Die Beklagte selbst habe des öfteren Holz von der Baustelle als Unterlegholz verwendet und solche Gegenstände des öfteren mitgenommen. Er habe daher davon ausgehen können, dass dies erlaubt sei. Dass die Mitnahme des Holzes für die Beklagte negative Folgen hätte haben könne, sei spekulativ und nicht belegt. Genauso gut könne man vermuten, dass die C.-AG trotz Kenntnis nichts unternommen habe, da es sich lediglich um Abfall gehandelt habe. Die Beklagte habe zudem nicht belegt, dass die C.-AG überhaupt Kenntnis von dem Vorfall gehabt habe.

Der Kläger beantragt zuletzt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 18.08.2004, Az.: 2 Ca 886/04, wird abgeändert und es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 03.03.2004 aufgelöst wurde.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung des Klägers kostenfällig zurückzuweisen.

Sie trägt vor, sie nehme das Thema Arbeitssicherheit sehr ernst. So würden u.a. seit Jahren vor Antritt einer Baustelle Sicherheitsbelehrungen vorgenommen, die auch von den Mitarbeitern unterschrieben würden. Zudem würden alle Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften hingewiesen.

Ausweislich der Aussage des Zeugen N sei auch der Kläger wiederholt ermahnt worden, einen Sicherheitsgurt anzulegen. Diese Ermahnungen seien vor dem 23.02.2004 erfolgt. Nach der Stellenbeschreibung vom 26.08.2002 sei der Kläger als Obermonteur überdies u.a. für die Überwachung der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zuständig.

Die Behauptung des Klägers, er wisse nicht, dass er eine Ausfuhrerlaubnis benötige, sei falsch. Der Kläger, der seit Jahren arbeitstäglich das C Gelände aufsuche, wisse, dass es Einfahrts- und Ausfahrtskontrollen gebe. Zudem habe der Kläger das ihm zur Verfügung gestellte Montagefahrzeug oftmals auf das Gelände ein- und ausgeführt. Die Formalitäten seien ihm bekannt gewesen.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten und zu den Akten gelangten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Das Rechtsmittel der Berufung ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft.

Die Berufung des Klägers erfolgte auch form- und fristgerecht, da der 01.11.2004 ein Feiertag war (§§ 66 Abs. 1 S. 1 und 2, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 511 ff. ZPO i.V.m. §§ 187, 188, 193 BGB).

B. Die zulässige Berufung des Klägers ist indes nur insoweit begründet wie er sich dagegen wendet, dass das Arbeitsgericht die außerordentliche Kündigung für wirksam erachtet hat. Im Übrigen war die Berufung nach Überzeugung als unbegründet zurückzuweisen.

Im Einzelnen:

I. Die Kündigungsschutzklage wurde im Ergebnis innerhalb der dreiwöchigen Klageerhebungsfrist der §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG, § 167 ZPO erhoben.

Die Frist ist vorliegend eingehalten. Die Klage ist - per Fax vorab - am 25.03.2004 beim Arbeitsgericht eingegangen. Nach § 253 Abs. 1 ZPO erfolgt die Erhebung einer Klage indes erst durch die Zustellung der Klageschrift. Die gegen die mit Schreiben vom 03.03.2004 ausgesprochene, dem Kläger am 05.03.2004 zugegangene Kündigung gerichtete Klage ist der Beklagten aber erst am 01.04.2004 und damit nach Ablauf der Klageerhebungsfrist zugestellt worden.

Nach § 167 ZPO tritt indes dann, wenn - wie hier - durch die Klagezustellung eine Frist gewahrt werden soll, die Wirkung bereits mit Einreichung des Klageantrags ein, wenn - wie vorliegend - die Zustellung der Klage demnächst erfolgt. Dem klagenden Arbeitnehmer soll so die Verantwortung für derartige Verzögerungen der Zustellung abgenommen werden, auf die er keinen Einfluss hat und die ausschließlich im Geschäftsablauf des zustellenden Gerichts begründet sind (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 13.07.1972, DB 1972, 2108).

II. Die streitgegenständliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis zwar nicht fristlos, aber nach Ablauf der einschlägigen Kündigungsfrist (§ 622 Abs. 2 Ziff. 2 BGB) am 31.05.2004 beendet.

Das Arbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass gemäß § 626 Abs. 1 BGB das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Zur Konkretisierung des Kündigungsgrundes ist dabei zweistufig zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Sodann ist zu untersuchen, ob bei Berücksichtigung dieser Umstände und der Interessenabwägung die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist (statt vieler Bundesarbeitsgericht Urteil vom 17.05.1984, NZA 1985, 92).

Vorliegend stützt die Beklagte die streitgegenständliche Kündigung auf zwei Sachverhalte: Zum einen darauf, dass der Kläger Holz, das unter Verletzung von Ausfuhrbestimmungen vom Betriebsgelände der Firma C verbracht wurde, in seinen privaten PKW verladen und mitgenommen hat (hierzu unter 1.). Zum anderen darauf, dass der Kläger trotz entsprechender Anweisung, mehrfacher Aufforderung und einschlägiger Abmahnung es wiederholt unterlassen habe, den vorgeschriebenen Sicherheitsgurt zu tragen (hierzu unter 2.).

Im einzelnen:

1. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB liegt nach Überzeugung der Berufungskammer nicht bereits darin, dass der Kläger am 02.03.2004 Holz, das mit einem Fahrzeug der Beklagten vom Betriebsgelände der Firma C verbracht wurde, in seinen privaten PKW verladen und mitgenommen hat.

a) Zu Recht ist es in Literatur und Rechtsprechung einhellige Meinung, dass von einem Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber begangene Straftaten, insbesondere Diebstähle oder sonstige Vermögensdelikte zu seinem Nachteil grundsätzlich geeignet sein können, eine außerordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung zu rechtfertigen (vgl. statt vieler KR-Fischermeier, 6. Aufl., § 626 BGB Rz. 445 m.w.N.). Ähnliches gilt für Straftaten, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, die sich etwa gegen einen Kunden des Arbeitgebers richten.

Vorliegend geht das Arbeitsgericht aber zu Recht davon aus, dass das mitgenommene Holz weder im Eigentum der Beklagten, noch im Eigentum ihrer Auftraggeberin, der C. AG, stand. Vielmehr sind die Eigentumsverhältnisse an dem Holz ungeklärt. Es ist - wovon auch das Arbeitsgericht ausgeht - insbesondere denkbar, dass es sich um Abfallholz gehandelt hat und der vormalige Eigentümer sein Eigentum bereits aufgegeben hatte. Zutreffend hat das Arbeitsgericht daher auch angenommen, dass eine strafbare Handlung des Klägers nicht bewiesen ist. Diese erstinstanzlichen Feststellungen hat die Beklagte in der Berufungsinstanz auch nicht angegriffen.

b) Damit verbleibt der Vorwurf, der Kläger habe die Ausfuhrbestimmungen des Auftraggebers der Beklagten, der C.-AG, nicht beachtet.

aa) Das Arbeitsgericht hat es in diesem Zusammenhang als entscheidend angesehen, dass es der Kläger durch sein Verhalten in Kauf genommen habe, die Beziehung der Beklagten zu ihrer Auftraggeberin zu belastet. Wer Gegenstände von deren Werksgelände entferne, benötige hierfür eine Ausfuhrerlaubnis, die nicht vorgelegen habe. Die C AG verlange diese Ausfuhrerlaubnis, um einem Missbrauch vorzubeugen. Hätte die C AG festgestellt, dass der Kläger ohne eine Ausfuhrerlaubnis das Holz von dem Werksgelände verbracht hätte, hätte dies zu einer Belastung der Kundenbeziehungen der Beklagten zu der C führen können.

Der Kläger hat in seiner Berufung demgegenüber - von der Beklagten bestritten - im Wesentlichen behauptet, die Beklagte habe ihm zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt, dass er eine gesonderte Ausfuhrerlaubnis brauche. Die Beklagte selbst habe des öfteren Holz von der Baustelle als Unterlegholz verwendet und solche Gegenstände des öfteren mitgenommen, so dass er davon habe ausgehen können, dass dies erlaubt sei. Die Annahme des Arbeitsgerichts, dass die Mitnahme des Holzes für die Beklagte negative Folgen hätte haben könne, sei spekulativ und nicht belegt.

bb) Soweit der Vorwurf der Verletzung der Ausfuhrbestimmungen der C.-AG in Rede steht, kann nach Überzeugung der Kammer dahinstehen, ob auch für die Ausfuhr des streitgegenständlichen (Abfall-)Holzes eine Genehmigung notwendig war und ob der Kläger dies gewusst hat oder hätte wissen müssen. Selbst wenn man dies zugunsten der Beklagten annimmt und mit dem Arbeitsgericht davon ausgeht, das Verhalten des Klägers hätte zu einer Belastung der Beziehung der Beklagten zu ihrem Auftraggeber führen können, liegt ein "an sich" zur außerordentliche Kündigung berechtigender Grund nicht vor. Dies deswegen, weil es insoweit an einer einschlägigen Abmahnung fehlt.

(1) Nach der älteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bedurfte es auch bei Vertragsverletzungen, die zu einer Störung im Vertrauensbereich führen, grundsätzlich keiner vorherigen Abmahnung (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 4. April 1974, EzA § 15 KSchG a.F. Nr. 1.). Begründet wurde dies damit, dass Vertragsverletzungen im Vertrauensbereich die zwischen den Parteien erforderliche Vertrauensgrundlage durch die Verletzungen der Treuepflicht durch den Arbeitnehmers beeinträchtigen.

Inzwischen vertritt das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 4. Juni 1997, EzA § 626 BGB Nr. 168) die Auffassung, dass auch bei Störungen im Vertrauensbereich vor Ausspruch der Kündigung dann eine Abmahnung erforderlich ist, wenn es um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann. Überdies ist bei einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Abmahnung dann entbehrlich, wenn es um schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10. Februar 1999 - 2 ABR 31/98 - AP Nr. 42 zu § 15 KSchG 1969).

(2) Selbst wenn man unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten und der Argumentation des Arbeitsgerichts von einer das Vertrauensverhältnis berührenden Pflichtverletzung des Klägers ausgehen würde, wäre im vorliegenden Fall nach den dargestellten Grundsätzen, denen die Kammer folgt, eine einschlägige Abmahnung erforderlich gewesen.

Es handelt sich um ein steuerbares Verhalten, bei dem auch eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden konnte.

Die Pflichtverletzung war im Hinblick auf die dargestellten Umstände des Einzelfalles auch nicht so schwerwiegend, dass deren Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen war (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10. Februar 1999 - 2 ABR 31/98 - AP Nr. 42 zu § 15 KSchG 1969).

Damit stellt dieser Sachverhalt keinen "an sich" geeigneten Kündigungsgrund dar.

2. Etwas anderes gilt auch nach Überzeugung der Berufungskammer soweit dem Kläger vorgeworfen wird,er habe es am 02.03.2004 trotz entsprechender Anweisung, mehrfacher Aufforderung und einschlägiger Abmahnung wiederholt unterlassen, den vorgeschriebenen Sicherheitsgurt zu tragen.

a) Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen E und N stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger am 02.03.2004 in der Zeit zwischen 15.00 und 16.00 Uhr keinen Sicherheitsgurt getragen habe. Der Zeuge E habe überzeugend bekundet, dass er den Kläger am 02.03.2004 sowohl um 15.00 Uhr als auch gegen 16.00 Uhr ohne den vorgeschriebenen Sicherheitsgurt angetroffen habe. Der Kläger habe sich auch nicht auf dem Weg zur Toilette befunden. Er sei vielmehr mit Montagetätigkeiten befasst gewesen und hätte deswegen den Sicherheitsgurt tragen müssen. An der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestünden keinerlei Zweifel. Der Zeuge sei auch nach mehrmaligem Nachfragen bei seiner Aussage geblieben und habe nicht den Eindruck vermittelt, den Kläger belasten zu wollen.

Diese Beweiserhebung und Beweiswürdigung hat der Kläger in der Berufungsinstanz nicht angegriffen. Er hat - entgegen dem Ergebnis der Beweisaufnahme - lediglich eine abweichende Sachverhaltsdarstellung wiederholt, insbesondere behauptet, der Vorfall habe sich kurz vor Feierabend abgespielt und er - der Kläger - sei von der Toilette gekommen. Dieses Vorbringen rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

Mit dem Verfahren und dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme hat sich der Kläger im Übrigen in seinem Berufungsvorbringen nicht weiter auseinandersetzt. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG besteht indes eine Bindung des Berufungsgerichts an die vom erstinstanzlichen Gericht getroffene Tatsachenfeststellung nur dann nicht, wenn konkrete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen geboten sind. Solche werden vorliegend aber weder vom Kläger behauptet, noch sind sie sonst ersichtlich. Das Arbeitsgericht hat vielmehr eine ausführliche Beweisaufnahme durchgeführt und deren Ergebnis sorgfältig und überzeugend gewürdigt. Damit steht auch für das Berufungsgericht u.a. bindend fest, dass der Zeuge E glaubhaft und glaubwürdig bekundet hat, er habe den Kläger am 02.03.2004 zweimal ohne Sicherheitsgurt angetroffen. Der Vernehmung der vom Kläger erstmals in der Berufsinstanz benannten Zeugen bedurfte es dagegen nicht. Der Vortrag des Klägers in diesem Zusammenhang ist bereits widersprüchlich. So hat er im außergerichtlichen Anwaltsschreiben vom 05.03.2004 noch behauptet, der Vorfall habe sich nach seiner Mittagspause abgespielt, als er sich auf dem Weg zur Toilette befunden habe, während er nunmehr vorträgt, es sei kurz vor dem Feierabend gewesen und er sei von der Toilette gekommen. Hinzu kommt, dass selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgeht, der Zeuge E habe ihn auch kurz vor Feierabend auf dem Weg von der Toilette ohne Sicherheitsgurt noch einmal angetroffen, dadurch die erstinstanzliche Aussage des Zeugen nicht widerlegt ist.

b) Das Verhalten des Klägers am 02.03.2004 stellt - wovon das Arbeitsgericht zu Recht ausgeht - auch einen schwerwiegenden Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten dar.

Die vorsätzliche Missachtung von Sicherheitsvorschriften, die dem Schutz von Leben und Gesundheit von Arbeitskollegen sowie von erheblichen Sachwerten dienen, ist grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (LAG Hamm Urteil vom 17. November 1989 - 12 Sa 787/89 - LAGE § 626 BGB Nr. 48; vgl. auch LAG Köln Urteil vom 17. März 1993 - 7 Sa 13/93 - LAGE § 626 BGB Nr. 71). Hält der Arbeitnehmer trotz Abmahnung Arbeitsschutz- und Sicherheitsvorschriften nicht ein, ist ein wichtiger Grund an sich gegeben. Werden die Sicherheitsinteressen des Arbeitgebers aufgrund belegbarer Mängel im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers gefährdet, kann dies abhängig vom Gefahrenpotential auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (Erfurter Kommentar - Müller-Glöge, § 626 Rz. 88 m.w.N.).

aa) Bereits in Ziffer 6 des Arbeitsvertrages vom 01.10.1998 hat sich der Kläger verpflichtet, den Anweisungen seiner Vorgesetzten auch hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmung, insbesondere hinsichtlich des Tragens von Schutzhelm und Sicherheitsgürtel strengstens Folge zu leisten. Darüber hinaus hat der Kläger noch am 01.03.2004 eine Sicherheitsbelehrung unterzeichnet, die den Hinweis enthält, dass Arbeiten die mit Absturzgefahr verbunden sind, nur unter Benutzung des Sicherheitsgurtes ausgeführt werden dürfen. Zudem heißt es dort - mit Fettdruck hervorgehoben - "Ich bin ferner verpflichtet, immer einen Sicherheitsgurt zu tragen, bei Höhenarbeiten gem. UVV, diesen auch anzuschlagen." Überdies hat der Zeuge N bekundet, der Kläger habe sich bereits vor dem 02.03.2004 schon häufiger geweigert, einen Sicherheitsgurt anzulegen.

bb) Zu Recht betont das Arbeitsgericht, dass die Beklagte gewichtige Gründe für die strikte Anordnung der Sicherheitsmaßnahmen hat. Sie liegen in der Absturzgefahr, die mit den geschuldeten Montagetätigkeiten verbunden ist. Da die Arbeitnehmer der Beklagten Tätigkeiten in einer Höhe von bis zum 30 m verrichten, ist es unabdingbar, dass die Beklagte Maßnahmen ergreift und Weisungen erteilt, um die Arbeitnehmer gegen das Absturzrisiko möglichst effektiv zu schützen. Dies gebietet bereits die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, der für die Sicherheit seiner Arbeitnehmer zu sorgen und Arbeitsunfälle möglichst zu vermeiden hat.

Die mehrfache Nichtbefolgung der Sicherheitsanweisungen stellt mithin nicht nur einen geringfügigen, sondern einen schwerwiegenden Pflichtenverstoß dar.

Dieser ist vorliegend auch deswegen besonders gravierend, weil der Kläger als Obermonteur eine Vorbildfunktion innehatte und er in dieser Position seinerseits u.a. darüber zu wachen hatte, dass die übrigen Mitarbeiter die Sicherheitsvorschriften einhalten.

Hinzu kommt - was das Arbeitsgericht zu Recht als erheblich hervorhebt -, dass die Sicherheitsanweisungen der Beklagten auf den Vorgaben ihrer Auftraggeberin, der C.-AG, beruhen. Die Einhaltung der vorgegebenen Sicherheitsmaßnahmen berührt damit auch die Geschäftsinteressen der Beklagten. Auch um die Geschäftsbeziehung zu ihrer Auftraggeberin nicht zu belasten oder gar zu gefährden, war die Beklagte daher gehalten, die Richtlinien ihrer Auftraggeberin zu befolgen, ihren Arbeitnehmern entsprechende Vorgaben zu machen und deren Einhaltung zu überwachen,

c) Der Kläger wurde vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung auch einschlägig abgemahnt, da er bereits am 23.02.2004 trotz Montagearbeiten in ca. 4 m Höhe sowohl um ca. 8.00 Uhr als auch um 11.00 Uhr ohne Sicherheitsgurt angetroffen wurde.

Seine in der Berufungsinstanz wiederholte Einlassung, der Zeuge N habe ihm am 19.02.2004 den Sicherheitsgurt weggenommen, vermag den Kläger nicht zu entlasten. Sie hat sich nach den bindenden Feststellungen des Arbeitsgerichts (§ 529 ZPO) in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Das Arbeitsgericht hat vielmehr ausgeführt, die Zeugen N und E hätten überzeugend bekundet, dass dem Kläger zu keinem Zeitpunkt ein Gurt weggenommen worden sei. Zudem seien an der Baustelle Sicherheitsgurte in ausreichender Zahl vorhanden gewesen, die der Kläger sich jederzeit habe ausleihen können.

Soweit der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz behauptet hat, er habe am 23.02.2004 sehr wohl erfolglos um die Aushändigung eines Ersatzgurtes gebeten, ergibt sich daraus nichts anderes. Zum einen ist das Vorbringen unsubstantiiert, da der Kläger nicht darlegt, wann er, wo, bei wem einen Sicherheitsgurt verlangt haben will. Zum anderen hat er selbst weiter vorgetragen, er habe sich darauf hin bei einer Drittfirma einen Sicherheitsgurt ausgeliehen und mit diesem die Arbeiten verrichtet. Damit hat er selbst eingeräumt, dass ihm ein Sicherheitsgurt zur Verfügung stand. Zudem ist sein Vorbringen auch in diesem Zusammenhang widersprüchlich. Der Kläger hat erstinstanzlich nämlich noch vorgetragen, er habe am 20.02.2004 von einem anderen Unternehmen einen Sicherheitsgurt bekommen, der ihm am Montag, dem 23.02.2004, nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Erst am Nachmittag des 23.02.2004 habe er von der Beklagten einen Sicherheitsgurt erhalten.

Nach alledem geht das Arbeitsgericht zu Recht davon aus, dass das gesamte Verhalten des Klägers in diesem Zusammenhang an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB abzugeben.

3. Nach Überzeugung der Berufungskammer führt indes die stets vorzunehmende Interessenabwägung im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles im Ergebnis dazu, dass die streitgegenständliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern erst mit Ablauf der einschlägigen Kündigungsfrist, d.h. mit Ablauf des 31.05.2004 beendet hat.

a) Zugunsten der Beklagten war insbesondere zu beachten, dass der Kläger - wie oben im Einzelnen dargestellt - trotz einschlägiger Abmahnung und Unterzeichnung einer Verpflichtungserklärung am 01.03.2004 bereits einen Tag später die Sicherheitsvorschriften der Beklagten missachtet hat. Dies wiegt um so schwerer, weil der Beklagten die Sicherheitsvorkehrungen von deren Auftraggeberin vorgegeben wurden und dem Kläger als Obermonteur eine Vorbildfunktion zukam. Zudem hat sich der Kläger - wie dargestellt - möglicherweise auch im Zusammenhang mit der Ausfuhr des Holzes nicht korrekt verhalten.

b) Demgegenüber war zu Gunsten des Klägers zunächst zu beachten, dass der Beklagten im Ergebnis kein Schaden entstanden ist. Weder hat sich das Unfallrisiko verwirklicht, noch hat die Beklagte dargetan, dass wegen der Ausfuhr des Holzes tatsächlich eine konkrete Gefährdung der Geschäftsbeziehungen zur C.-AG eingetreten sei. Zugunsten des Klägers waren zudem seine Betriebszugehörigkeit und sein Lebensalter - der Kläger war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung 58 Jahre alt - ebenso zu berücksichtigen wie die sich daraus ergebenden ungünstigen Aussichten auf dem Arbeitsmarkt.

Wenn auch die vom Kläger gezeigte Uneinsichtigkeit es der Beklagten unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis auf Dauer fortzusetzen, war es der Beklagten, die unstreitig auch eine Werkstatt auf dem Werksgelände unterhält, nach Überzeugung der Kammer nach Abwägung aller dargestellten Umstände des Einzelfalles aber dennoch zuzumuten, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der relativ kurzen Kündigungsfrist fortzusetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO und richtet sich nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen.

Mangels Vorliegen der Voraussetzungen war die Zulassung einer Revision nicht veranlasst (§ 72 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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