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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 28.11.2006
Aktenzeichen: 11 Ta 214/06
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 94 Abs. 1
ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO §§ 233 ff
ZPO § 294
ArbGG § 59
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Ta 214/06

Entscheidung vom 28.11.2006

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 26.09.2006 - 11 Ca 1106/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit Klage vom 04.07.2006 beantragte die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit einer durch den Beklagten zu 2 ausgesprochenen Kündigung und beantragte gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Mit Schriftsatz vom 21.08.2006 erweiterte die Klägerin ihre Klage gegen eine weitere Kündigung des Beklagten zu 1 vom 09.08.2006 und stellte weiterhin einen Antrag gegenüber beiden Beklagten auf Erteilung eines qualifizierten, wohlwollenden Zwischenzeugnisses. Auch diesbezüglich erweiterte sie ihren Prozesskostenhilfeantrag.

Mit weiterer Klageerweiterung vom 30.08.2006 erweiterte die Klägerin ihre Klage gegen eine Kündigung beider Beklagten vom 30.08.2006 und erstreckte ihren Prozesskostenhilfeantrag auch auf diese Klageerweiterung.

Schließlich erweiterte die Klägerin ihre Klage mit Schriftsatz vom 05.09.2006 und machte gegen beide Beklagten als Gesamtschuldner einen Gehaltsanspruch für den Monat August 2006 geltend und beantragte, ihr auch diesbezüglich Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die Klägerin bat nach Erhalt der Kündigung mehrfach um ein Zeugnis, was sie inzwischen erhalten hat.

Die Parteien streiten darüber, ob das Kündigungsschutzgesetz im vorliegenden Fall Anwendung findet oder nicht.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 26.09.2006 die Anträge der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, dass bezüglich der Kündigungsschutzanträge und der Zahlungsanträge keine Erfolgsaussichten bestünden und bezüglich des Zeugnisses Mutwilligkeit vorliege, da die Klägerin nicht vorgetragen habe, zuvor von dem Beklagten die Erteilung eines Zeugnisses verlangt zu haben. Bezüglich der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 26.09.2006 verwiesen.

Zum Kammertermin am 28.09.2006 erschien seitens der Klägerin niemand, nachdem dies bereits zuvor seitens der Klägerprozessbevollmächtigten angekündigt worden ist.

Im Kammertermin am 28.09.2006 erging ein klageabweisendes Versäumnis-Urteil. Dieses Versäumnis-Urteil wurde der Klägerprozessbevollmächtigten am 02.10.2006 zugestellt.

Mit beim Arbeitsgericht eingegangenem Einspruchsschriftsatz vom 09.10.2006 legte die Klägerin gegen dieses Versäumnis-Urteil Einspruch ein. Diese Einspruchsschrift, die sich in der Gerichtsakte befindet, ist allerdings nicht unterschrieben.

Diesbezüglich beantragte die Klägerin nach entsprechendem Hinweis des Gerichts vom 17.10.2006 mit Schriftsatz vom 25.10.2006 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. In diesem Schriftsatz hat sie anwaltlich versichert, dass am 09.10.2006 um 15.37 Uhr 18 Seiten an das Gericht gefaxt worden seien. Dabei habe es sich um das Original, die beglaubigte und die einfache Abschrift der Einspruchsschrift vom 09.10.2006 gehandelt, wobei das Original und der Beglaubigungsvermerk auf der beglaubigten Abschrift unterzeichnet gewesen seien.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 25.10.2006 der sofortigen Beschwerde vom 09.10.2006 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Bezüglich der Gründe wird auf den Nichtabhilfebeschluss verwiesen.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt, im vorliegenden Beschwerdeverfahren ihre sofortige Beschwerde abschließend zu begründen. Mit Schriftsatz vom 17.11.2006 hat sie insofern Ausführungen zu den Erfolgsaussichten der Klage zum Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag gemacht. Bezüglich der Einzelheiten wird auf diesen Schriftsatz verwiesen.

II.

Die nach § 127 Abs. 2 ZPO statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und insgesamt zulässig.

Im Ergebnis ist sie allerdings unbegründet.

1.

Bei der Frage, ob eine Klage hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO hat, ist der für die Bewilligung maßgebliche Zeitpunkt der letzte Kenntnisstand des Gerichts, d.h. der Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Beschlussfassung (vgl. Zöller/Philippi ZPO 24. Aufl. § 119 Rz 44). Dies gilt auch für das Beschwerdegericht, da das Beschwerdegericht insofern Tatsacheninstanz ist und neue Tatsachen- und Beweismittel zu berücksichtigen hat, die noch in der Beschwerdeinstanz vorgetragen werden (Zöller, a.a.O., § 127 Rz. 34).

Verschlechtern sich die Erfolgsaussichten während des Prozesskostenhilfeverfahrens ist umstritten, welche Entscheidungsgrundlage zu welchem Zeitpunkt maßgeblich ist. Nach teilweise vertretener Ansicht ist für den Fall, dass das Gericht die Bewilligung durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert hat, auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen (vgl. Zöller, a.a.O., § 119 Rz. 45, 46; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 04.09.2006 - 4 Ta 150/06 -).

Soweit die beantragende Partei es allerdings selbst verhindern kann, dass ihr durch Zeitablauf Rechtsnachteile entstehen, ist die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht auf den Zeitpunkt der erstmaligen Entscheidungsreife zurückzuverlegen (vgl. Zöller, a.a.O., § 119 Rz. 47). Gleiches gilt, wenn sich Umstände im Laufe des Hauptsacheverfahrens ergeben haben, die von der Partei zu vertreten sind und aufgrund derer nunmehr keine Erfolgsaussicht mehr für die Klage bestehen. In diesem Fall ist ebenfalls nicht auf einen früheren Zeitpunkt bei der Frage der Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage im Sinne des § 114 ZPO abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts.

2.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich vorliegend, dass zumindest derzeit keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg im Sinne des § 114 ZPO (mehr) bestehen.

Die ordnungsgemäß zum Kammertermin am 28.09.2006 geladene Klägerin entschied sich dafür, weder selbst zu erscheinen noch einen Vertreter zu entsenden. Gegen das daraufhin ergangene klageabweisende Versäumnis-Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin zwar über ihre Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 09.10.2006 Einspruch eingelegt, dieser war allerdings nicht unterschrieben (Bl. 101 d.A.).

Erst nachdem das Arbeitsgericht die Klägerprozessbevollmächtigte hierauf am 17.10.2006 hingewiesen hatte, ging ein erneuter Einspruchsschriftsatz am 20.10.2006 beim Arbeitsgericht ein, der eine Unterschrift der Klägerprozessbevollmächtigten aufweist. Zu diesem Zeitpunkt allerdings war die sich aus § 59 ArbGG sich ergebende Einspruchsfrist von einer Woche bereits abgelaufen. Das Urteil des Arbeitsgerichts vom 28.09.2006 ist der Klägerprozessbevollmächtigten ausweislich Empfangsbestätigung am 02.10.2006 zugestellt worden.

Der seitens der Klägerin gestellte Wiedereinsetzungsantrag vom 25.10.2006 hat ebenfalls keine hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO. Er ist zwar fristgerecht im Rahmen der §§ 233 ff ZPO beim Arbeitsgericht eingegangen. Allerdings hatte die Klägerin die im Wiedereinsetzungsantragsschriftsatz behaupteten Tatsachen nicht ausreichend im Sinne des § 94 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht.

Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, am 09.10.2006 seien 18 Seiten an das Gericht gefaxt worden, das Original des Einspruchsschriftsatzes, die beglaubigte und die einfache Abschrift, wobei die Einspruchsschrift im Original und der Beglaubigungsvermerk auf der beglaubigten Abschrift unterzeichnet gewesen seien. Diese Tatsachen hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin anwaltlich versichert.

Eine Glaubhaftmachung im Sinne des § 294 ZPO kann durch alle zulässigen Beweismittel erfolgen, daneben auch durch eine Versicherung an Eides statt und gegebenenfalls auch durch eine "anwaltliche Versicherung" (vgl. Zöller, a.a.O., § 294 Rz. 5). Letzteres Mittel der Glaubhaftmachung ist allerdings nur dann als ausreichend anzusehen, wenn der Rechtsanwalt in dieser seiner Eigenschaft die behaupteten Tatsachen selbst wahrgenommen hat. Insofern fehlt es bereits an einem substantiierten Sachvortrag im Wiedereinsetzungsschriftsatz.

Es ist nicht ersichtlich, ob die Klägerprozessbevollmächtigte selbst den Einspruchsschriftsatz vom 09.10.2006 in der genannten Form an das Gericht gesendet haben will oder ob dies eine Büroangestellte getan hatte. Insofern lässt sich nicht ersehen, ob die Frau Rechtsanwältin tatsächlich in eigener Wahrnehmung mitbekommen hat, dass die Einspruchsschreiben wie dargelegt, versendet wurden.

Darüber hinaus sind die behaupteten Tatsachen auch widerlegt. Laut Sendeprotokoll des Faxgerätes beim Arbeitsgericht Mainz ist es zwar zutreffend, dass am 09.10. zwischen 15.20 Uhr und 15.30 Uhr insgesamt 18 Seiten seitens der Klägerprozessbevollmächtigten beim Arbeitsgericht eingingen. Hierbei handelte es sich um den in der Akte sich befindlichen Original-Einspruchsschriftsatz, eine mit einem Beglaubigungsstempel versehene Kopie, die den Rechtsanwälten des Beklagten zu 1 zugestellt worden ist sowie um eine einfache Kopie, die den Rechtsanwälten des Beklagten zu 2 zugestellt worden ist. Sowohl Herr Rechtsanwalt X als auch das Rechtsanwältsbüro D. haben auf Nachfrage des Beschwerdegerichts telefonisch nach Einsichtnahme in ihren Handakten bestätigt, dass die seitens des Arbeitsgerichts zugesandten Kopien des Einspruchsschriftsatzes vom 09.10.2006 keine Unterschrift der Klägerprozessbevollmächtigten aufweisen.

Diese beiden Schriftsätze zusammen mit dem sich in der Akte befindlichen Schriftsatz umfassen insgesamt 15 Seiten. Es ist daher ausgeschlossen, dass am 09.10. zwischen 15.20 Uhr und 16.00 Uhr noch ein weiterer unterschriebener Einspruchsschriftsatz beim Arbeitsgericht einging.

Laut dem Faxprotokoll sind an diesem Tag auch keine anderen weiteren Schriftsätze der Klägervertreterin beim Arbeitsgericht eingegangen.

Zusammengefasst bestehen daher nach derzeitigem Sach- und Kenntnisstand des Beschwerdegerichts keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Klägerin, dass ihr eingelegter Einspruch gegen das Versäumnis-Urteil vom 28.09.2006 erfolgreich sein wird.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand keine Veranlassung, da hierfür die Voraussetzung nach §§ 78, 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorlagen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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