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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 10/07
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 37
BetrVG § 37 Abs. 3 Satz 1
BetrVG § 37 Abs. 3 Satz 2
BetrVG § 37 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1
BetrVG § 37 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2
BetrVG § 40
BetrVG § 40 Abs. 1
BetrVG § 78 Satz 2
BGB § 134
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 10/07

Entscheidung vom 08.03.2007

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 07.11.2006 - 2 Ca 341/06 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Erschwerniszulage in Höhe von je 84,36 € brutto für die Monate Mai 2005 bis Februar 2006. Er ist bei dem Beklagten als Musiklehrer beschäftigt, war von 1996 bis Mai 2002 Vorsitzender des Betriebsrates, seit Mai 2002 Betriebsratsmitglied und seit 27.04.2005 wiederum Betriebsratsvorsitzender. Der Beklagte zahlte jeweils an den Betriebsratsvorsitzenden eine monatliche Erschwerniszulage von 84,36 € brutto und an jedes Betriebsratsmitglied eine solche in Höhe von 40,00 € brutto. Seit Mai 2005 zahlte der Beklagte an den Kläger den Betrag von 84,36 € brutto pro Monat nicht mehr. Der Kläger hat geltend gemacht, aufgrund betrieblicher Übung i.V.m. § 37 BetrVG habe er Anspruch auf die geltend gemachte Erschwerniszulage.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 843,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2006 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die frühere Handhabung habe einer Absprache mit dem damaligen Betriebsrat entsprochen. Eine entsprechende Vereinbarung mit dem ab Mai 2005 amtierenden Betriebsrat sei nicht getroffen worden.

Das Arbeitsgericht hat im Urteil vom 07.11.2006 die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, eine Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren sei nicht ersichtlich. Gesetzliche Ansprüche bestünden nicht. § 37 BetrVG greife nicht ein. Auch § 40 Abs. 1 BetrVG begründe keinen Anspruch des Klägers, über den zudem im Beschlussverfahren zu entscheiden wäre. Eine Pauschalierung regelmäßiger amtsbedingt entstandener Auslagen und Aufwendungen sei zwar grundsätzlich möglich; derartige Pauschalbeträge dürften jedoch keine zusätzliche Vergütung darstellen.

Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, nach denen auch nur ansatzweise überprüft werden könnte, ob dem Kläger im Rahmen der Ausübung seines Amtes tatsächlich regelmäßig wiederkehrende Kosten in Höhe von durchschnittlich 84,36 € pro Monat entstanden seien. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Pauschalzahlung um eine unzulässige Entgeltgewährung an die Betriebsratsmitglieder für ihre Amtsführung handelte. Damit könne der Kläger aber einen Anspruch auf betriebliche Übung oder vertragliche Zusage nicht stützen, weil entsprechende Vereinbarungen gemäß § 78 Satz 2 BetrVG i.V.m. § 134 BGB nichtig wären.

Das Urteil wurde dem Kläger am 06.12.2006 zugestellt. Er hat am 05.01.2007 Berufung eingelegt und diese Berufung mit am 19.01.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt seine Auffassung, aufgrund der Dauer der monatlichen Zahlungen über mehrere Jahre hinweg sei von einer betrieblichen Übung auszugehen. Für eine auf eine Amtszeit bezogene Absprache zwischen den Betriebsparteien sei der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Wenn der Beklagte auf das Verbot der versteckten Vergütung der Betriebsratszugehörigkeit hinweise, möge er offen legen, wie es im Detail dazu kommen konnte, dass er eine seiner Meinung nach auf diese Weise unzulässige Zahlung an ihn über viele Jahre hinweg vorgenommen habe. Betriebsratstätigkeit nehme Zeit in Anspruch, vor allen diejenige des Betriebsratsvorsitzenden. Aus der Natur der Sache ergebe sich im vorliegenden Fall, dass diese Betriebsratsarbeit zusätzlich zur arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit anfiele und damit letztlich zu mehr Arbeitsstunden je Woche, als dies ohne Betriebsratstätigkeit der Fall gewesen wäre. Seitens des Beklagten sei dem Kläger auch vor der Entziehung der Erschwerniszulage zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden, anstelle der Erschwerniszulage werde für die Zukunft eine konkrete Zahlung der Arbeitszeit vorgenommen. Die Erschwerniszulage in Höhe von 84,36 € monatlich stelle einen Betrag dar, der weniger als fünf Stunden monatlich entspreche bei dem zu errechnenden Stundenlohn von 17,07 €. Da Pauschalierung der Betriebsratskosten zur Praktikabilität grundsätzlich zulässig seien und die Höhe der Zulage im Übrigen nicht unangemessen sei, stehe dem Kläger die geltend gemachte Forderung zu. Insbesondere sei eine Freistellung deshalb aus betrieblichen Gründen kaum möglich gewesen, weil der Kläger als Musiklehrer arbeite und damit verpflichtend Musikstunden abzuhalten habe. Der Zahlungsanspruch verstoße nicht gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 07.11.2006 abzuändern;

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 843,60 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2006 zu zahlen;

3. die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 08.03.2007.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

Das Rechtsmittel der Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend die Klage des Klägers als unbegründet abgewiesen.

Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten.

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf Folgendes hinzuweisen: Ein vertraglicher oder gesetzlicher Anspruch des Klägers auf Zahlung der geltend gemachten Vergütung ist nicht begründet.

Der Beklagte hat an den Kläger in früheren Zeiten ausweislich der vertraglichen Vereinbarungen und der vorhandenen Gehaltsabrechnungen eine zusätzliche Zulage als Vergütung für Arbeitsleistung in Höhe der geltend gemachten Summe bezahlt. Der Kläger kann zur Fortführung dieser Zahlung sich nicht auf das Institut der betrieblichen Übung berufen. Eine betriebliche Übung ist der Rechtsnatur nach nichts anderes als eine vertragliche Vereinbarung, lediglich an den Erklärungswert eines tatsächlichen Verhaltens eines Vertragspartners werden nicht die gleichen Anforderungen gestellt wie an eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung. Zusagen aus betrieblicher Übung sind ebenso wie einzelvertragliche Abreden an den gesetzlichen Verboten zu bemessen. Hier verbietet insbesondere das Begünstigungsverbot für Betriebsratsmitglieder des § 78 Satz 2 BetrVG, welches ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB darstellt, eine Vereinbarung, wonach Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Betriebsratstätigkeit eine höhere Vergütung beziehen als sonstige Angestellte.

Dass der Kläger den Anspruch nicht aus Kostenerstattungsgesichtspunkten im Sinne des § 40 BetrVG herleiten kann, hat das Arbeitsgericht zutreffend dargestellt, der Kläger hat insbesondere nicht dargelegt, dass ihm regelmäßig Kosten in der entsprechenden Höhe entstanden sind.

Auch wäre dann nicht ersichtlich, weswegen hierzu eine zusätzliche als Arbeitsentgelt zu leistende Vergütung geschuldet wird und kein Auslagenersatz, der nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig wäre.

Soweit der Kläger schließlich im Berufungsverfahren seinen Klageanspruch darauf stützt, dass er notwendige Betriebsratsarbeit aus betrieblichen Gründen außerhalb der Arbeit geleistet hat und ihm hierzu Freizeit bzw. Abgeltungsansprüche zustehen, kann auch dieser Einwand nicht erfolgreich sein.

Ein etwaiger Anspruch auf Freizeitausgleich nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wandelt sich weder durch Ablauf der Monatsfrist des § 37 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BetrVG noch dadurch in ein Vergütungsanspruch nach § 37 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG um, dass der Arbeitgeber den Freizeitausgleich nicht von sich aus gewährt. Der Anspruch auf Vergütung für außerhalb der Arbeitszeit aufgewendete Zeit nach § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG entsteht vielmehr nur, wenn die vom Arbeitnehmer verlangte Arbeitsbefreiung vom Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen verweigert wird (vgl. BAG Urteil vom 25.08.1999, 7 AZR 713/97). Hierzu enthält der Sachvortrag des Klägers nichts.

Die Klage des Klägers ist auch deswegen hinsichtlich dieses Gesichtspunktes nicht begründet, weil der Kläger nicht dargelegt hat, dass die Betriebsratsarbeit aus betrieblichen Gründen außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit angefallen ist. Es fehlt jeder konkrete Sachvortrag, welche Betriebsratsarbeit angefallen ist. Es fehlt jeder konkrete Sachvortrag, wann diese Arbeit angefallen ist, es fehlt jeder Sachvortrag, was die persönliche Arbeitszeit des Klägers war, hierzu reicht der Hinweis auf Unterrichtsstunden nicht aus, weil der Kläger nicht allein für die Unterrichtsstunden bezahlt wird sondern auch eine Vor- und Nachbereitungszeit in seiner vertraglich geschuldeten Arbeitszeit enthalten ist.

Fehlt nach allem dem klägerischen Begehren die Rechtsgrundlage, war die gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts gerichtete Berufung des Klägers erfolglos.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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