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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 108/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO
Vorschriften:
ArbGG § 64 Abs. 6 | |
ArbGG § 66 Abs. 1 | |
ArbGG § 69 Abs. 2 | |
ZPO § 520 |
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 28.11.2007 - 4 Ca 1179/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren um die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungsvereinbarung und um die Verpflichtung der Beklagten, an den Kläger. Schadenersatz wegen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zu zahlen. Die Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus dem umfangreichen und vollständigen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgericht Trier vom 28.11.2007 (4 Ca 1179/07), auf den gemäß § 69 Abs. 2 Bezug genommen wird. Der Streit geht im Wesentlichen um die Frage, ob der Kläger wirksam eine von ihm am 19.07.2007 unterzeichnete Aufhebungsvereinbarung über die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum 31.07.2007 angefochten hat und ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen vorzeitiger Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses Schadenersatz zu leisten. Der Kläger hat geltend gemacht, er sei mit einer unbegründeten Kündigungsabsicht konfrontiert worden, das sei eine widerrechtliche Drohung, weil ein verständiger Arbeitgeber am 19.07.2007 an eine Kündigung nicht hätte denken können, weil sämtliche Beanstandungsvorgänge abschließend abgemahnt worden seien. Der Kläger hat, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, beantragt,
1. festzustellen, dass der Aufhebungsvertrag der Parteien vom 19.07.2007 unwirksam ist und das Ausbildungsverhältnis über diesen Termin hinaus fortbesteht. Hilfsweise festzustellen,
2. dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz sämtlichen ihm entstehenden Schadens aus der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses zum 31.07.2007 verpflichtet ist. Die Beklagte hat insoweit beantragt,
die Klage abzuweisen. Sie hat eine widerrechtliche Drohung oder eine Täuschung bestritten. Das Arbeitsgericht hat die Klage des Klägers, soweit nicht ein Zeugnisanspruch anerkannt war, abgewiesen und wesentlichen ausgeführt, der formwirksame Aufhebungsvertrag habe das Berufsausbildungsverhältnis beendet. Er sei nicht anfechtbar, weil weder eine arglistige Täuschung vorliege noch eine widerrechtliche Drohung. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Beklagte eine Kündigung angedroht habe, jedenfalls sei eine Androhung nicht widerrechtlich. Ein verständiger Arbeitgeber durfte eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen. Die Kündigungsgründe seien insbesondere nicht verbraucht, weil die letztmalige Fehlzeit vom 19.07.2007 auch nicht durch den Ausspruch einer Abmahnung "verbraucht" sei, sondern als eigenständiger Wiederholungsfall aufgegriffen werden konnte. Ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht. Der Kläger habe eigene zur außerordentlichen Kündigung berechtigende Gründe nicht dargetan. Selbst wenn Ausbildungszeiten bisweilen über dem zulässigen Rahmen gelegen hätten, sei dies allenfalls dann ein Auflösungsgrund, wenn auf die Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen gedrungen worden wäre oder deren Stetigkeit oder Beharrlichkeit auf der Hand läge. Hierzu sei nichts vorgetragen oder ersichtlich. Dem Anspruch stehe auch weiter entgegen, dass für den Regelfall wirksame Aufhebungsvereinbarungen neben der Auflösung des Ausbildungsverhältnisses zugleich auch ein wechselseitiger Verzicht auf Schadensersatzansprüche zum Ausdruck bringen würden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 25.01.2008 zugestellt. Er hat hiergegen am 25.02.2008 Berufung eingelegt und seine Berufung am 25.04.2008 begründet, nachdem bis zu diesem Tag die Frist zur Berufungsbegründung verlängert worden war. Der Kläger wiederholt seine Auffassung, die Beklagte habe widerrechtlich mit einer außerordentlichen Kündigung des Ausbildungsverhältnisses gedroht, um den Kläger zum Abschluss der Aufhebungsvereinbarung zu bringen. Die Drohung sei schon dann widerrechtlich, wenn keine Gründe, die eine Drohung gerechtfertigt hätten, vorlägen. Ein wichtiger Grund zur Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses könne nicht festgestellt werden. Die Kündigung am 19.07.2008 wäre unwirksam gewesen, weil der Kläger eine Abmahnung erst an diesem Tag bekommen hatte und keine Zeit hatte, sein Verhalten zu ändern. Erziehungsmittel des Auszubildenden im zumutbaren Rahmen seien noch nicht zu Ende geführt worden. Außerdem habe die Beklagte den Kläger einfach direkt nach Wiederankunft in den Betrieb überrumpelt. Die Beklagte habe dem Kläger des weiteren vorgespiegelt, nächster Schritt sei ein Kündigungsausspruch gewesen. Dies stelle eine arglistige Täuschung dar. Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts vom 28.11.2007 - 5 Ca 1179/07 - wird abgeändert. Es wird nach den Schlussanträgen zu 1 und 2 erster Instanz erkannt. Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 26.06.2008. Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Klägers ist zum Teil zulässig, zum Teil nicht zulässig begründet.
Soweit sich der Kläger mit seiner Berufung gegen die Abweisung im arbeitsgerichtlichen Urteil hinsichtlich seines Schadensersatzanspruches wendet, liegt eine zulässige Berufungsbegründung nicht vor. Es handelt sich um einen gegenüber dem Feststellungsantrag unterschiedlichen Streitgegenstand.
Bei der Zulässigkeit einer Berufung ist zu beachten, dass sich ein Rechtsmittel mit sämtlichen Streitgegenständen auseinanderzusetzen hat, also eine Begründung erforderlich gewesen wäre, weswegen die vom Arbeitsgericht gefundene Begründung zur Abweisung des Hilfsantrages fehlerhaft sein sollte. Die Ausführungen sind nicht schon deswegen entbehrlich, weil sich der Kläger zulässigerweise mit der Begründung des Arbeitsgerichts zur fehlenden Anfechtungsmöglichkeit der Aufhebungsvereinbarung auseinandergesetzt hat. Das Arbeitsgericht hat die Abweisung des Schadensersatzanspruchs auf verschiedene materiell-rechtliche Erwägungen gestützt, nämlich zum einen, dass dem Kläger ein wichtiger Grund das Ausbildungsverhältnis selbst zu beenden, nicht zur Seite stand und zum anderen durch eine wirksame Aufhebungsvereinbarung in der Regel ein stillschweigender Verzicht auf Schadensersatzansprüche verknüpft ist. Diese beiden selbständig tragenden Erwägungen hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung nicht vollständig angegriffen. Damit erweist sich die Berufung zum Teil als nicht zulässig begründet.
II. Soweit der Kläger seine Berufung gemäß den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO zulässig begründet hat, ist sein Rechtsmittel ohne Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend ausgeführt, dass die vom Kläger unterzeichnete Aufhebungsvereinbarung nicht nachträglich infolge wirksamer Anfechtung zum Erlöschen gebracht wurde.
Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechterheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG vollumfänglich Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies ausdrücklich fest.
Die Berufungsbegründung geht von der unzutreffenden Prämisse aus, dass eine Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung, so sie die Beklagte tatsächlich ausgesprochen hat, nur dann als widerrechtlich angesehen werden kann, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ernsthaft nicht in Erwägung ziehen durfte. Wenn in der Berufungsbegründung ausgeführt wird, eine Drohung sei bereits dann widerrechtlich, wenn eine außerordentliche Kündigung unwirksam gewesen wäre, wird hier der Prüfungsmaßstab verschoben. Er ist bei der Überprüfung der Wirksamkeit einer Drohungsanfechtung ein anderer. Dass ein verständiger Arbeitgeber angesichts der Vielzahl der Verfehlungen des Klägers im Berufsausbildungsverhältnis eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen durfte, hat das Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeitet. Die Kammer nimmt wie dargestellt vollumfänglich hierauf Bezug. Der Anfechtungsprozess ersetzt nicht einen Kündigungsschutzprozess, also ist insbesondere nicht festzuhalten, ob eine außerordentliche Kündigung, wäre sie ausgesprochen worden, auch rechtsbeständig geblieben wäre.
Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich, insbesondere kann angesichts des Umstandes, dass der Kläger im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung volljährig und damit voll geschäftsfähig war nicht davon ausgegangen werden, dass eine etwaige Überrumpelung, die im übrigen auch gesetzlich nicht speziell geregelt ist, die Aufhebungsvereinbarung zu Fall bringen könnte.
III. Die Berufung des Klägers musste demgemäß mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO erfolglos bleiben.
Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 ArbGG nicht.
Ende der Entscheidung
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