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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.04.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 36/09
Rechtsgebiete: TVÜ-VKA, BAT, TVöD, TVG


Vorschriften:

TVÜ-VKA § 1 Abs. 1
TVÜ-VKA § 1 Abs. 1 Satz 1
BAT § 22
TVöD § 16 Abs. 2 Satz 2
TVG § 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.11.2008 - 4 Ca 806/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten um die zutreffende tarifliche Eingruppierung der Klägerin. Diese ist Erzieherin mit staatlicher Anerkennung. Sie war in der Zeit vom 01.01.1995 bis 31.12.2005 in der Kindertagesstätte G. als Erzieherin beschäftigt. Zuletzt bezog sie dort nach Vergütungsgruppe BAT V c ihr Gehalt in der Endstufe 6. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Gemeine G. endete zum 31.12.2005 aufgrund betriebsbedingter Kündigung der Ortsgemeinde. Ab 01.01.2006 wurde die Klägerin in der Kindertagesstätte des Beklagten als Erzieherin eingestellt. Vereinbart ist die Anwendung der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Spartenfassung. In Anwendung der Eingruppierungs- und Einreihungsvorgänge gemäß Anlage 3 zum TVÜ-VKA wurde die Klägerin in die Entgeltgruppe 6 Stufe 2 des TVöD eingruppiert. Mit der Auffassung, sie sei falsch eingruppiert, weil ihr Arbeitsverhältnis gemäß den Bestimmungen des TVÜ-VKA in den TVöD überzuleiten sei, dies bedeute, dass sie wie zuvor in ihrem Arbeitsverhältnis bei der Ortsgemeinde G. auch in ihrem derzeitigen Arbeitsverhältnis in die Entgeltgruppe 8 einzugruppieren sei, hat die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Trier Klage erhoben. Insbesondere hat sie die Auffassung vertreten, der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA betreffe auch die Fälle, in denen nicht nur ein und derselbe tarifgebundene Arbeitgeber Vertragspartner sei, sondern auch bei nahtlosem Übergang von einem zum anderen tarifgebundenen Arbeitgeber. Da unter der Geltung des TVöD eine Entgeltordnung nicht existiere, gelte die Entgeltordnung des BAT weiter fort. Die vorgenommene Eingruppierung in die Entgeltgruppe 6 stelle einen Verstoß gegen § 22 BAT dar. Schließlich werde der allgemeine Gleichheitsgrundsatz verletzt. Wenn die Klägerin bei ihrem vorigen Arbeitgeber hätte weiterarbeiten können, wäre sie weiterhin nach Entgeltgruppe 8 vergütet worden. Der nahtlose Wechsel von einem zu einem anderen tarifgebundenen Arbeitgeber stelle keinen Grund für ihre Schlechterstellung dar. Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sie in die Entgeltgruppe 8 Stufe 6 gem. TVöD einzugruppieren und entsprechend zu vergüten. Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA finde auf das streitgegenständliche Arbeitsverhältnis keine Anwendung, weil dieses erst nach dem 30.09.2005 begründet worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 19.11.2008 verwiesen. Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, die Auslegung von § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA ergebe, dass der Geltungsbereich nur für solche Arbeitnehmer eröffnet ist, die über den 30.09.2005 hinaus bei dem selben tarifgebundenen Arbeitgeber beschäftigt waren. Dies folge auch aus der Auslegung der Tarifsystematik. Bewährungs-, Fallgruppen und Tätigkeitsaufstiege gebe es ab dem 01.10.2005 nicht mehr. Nur für übergeleitete Beschäftigte würden nach Bestimmungen der Besitzstandsregelungen Bewährungszeiten anerkannt. Einschlägige Berufserfahrung werde nunmehr durch die Stufenzuordnung berücksichtigt. Dass Arbeitnehmer bei einer Neueinstellung bei dem selben Arbeitgeber oder beispielsweise auch nach einem Arbeitgeberwechsel innerhalb des öffentlichen Dienstes in die Entgeltgruppe 6 TVöD einzugruppieren seien, sei von den Tarifparteien dabei gesehen und bewusst in Kauf genommen worden. Hier verweist das Arbeitsgericht auf die Niederschriftserklärung unter Nr. 8 bezüglich § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD (VKA). Die tarifliche Regelung verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die Gewährung umfassender Besitzstandswahrung nur für solche Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bei dem selben Arbeitgeber über den 30.09.2005 ohne mehr als eine einmonatige Unterbrechung fortbestehe, stelle eine sog. Stichtagsregelung dar und sei einer solchen zumindest gleichzustellen. Stichtagsregelungen seien nicht zu beanstanden sondern vielmehr Ausdruck einer gebotenen pauschalisierten Betrachtungsweise. Mit dem TVöD hätten die Tarifvertragsparteien im Bereich des öffentlichen Dienstes ein neues Vergütungssystem geschaffen, welches die früheren Regelungen des BAT zum Stichtag 01.10.2005 abgelöst habe. Die Tarifpartner hätten einen Bestands- und Vertrauensschutz für diejenigen Mitarbeiter vorgesehen, deren mit demselben Arbeitgeber fortbestehendes Arbeitsverhältnis über den 30.09.2005 hinaus fortbestehe. Dem gegenüber sei das am 01.01.2006 mit dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis gerade nicht übergeleitet sondern neu begründet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen. Das Urteil wurde der Klägerin am 19.12.2008 zugestellt. Sie hat am 19.01.2009 Berufung eingelegt und ihre Berufung am 19.02.2009 begründet. Die Klägerin greift das Urteil des Arbeitsgerichts mit der Begründung an, dieses habe ein Urteil des Landesarbeitsgerichts in Bezug genommen, welches für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig sei. Im vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz entschiedenen Falle habe eine Arbeitnehmerin mit dem gleichen Arbeitgeber nach Ablauf einer befristeten Beschäftigung und nach einer länger als einmonatigen Unterbrechung mit diesem ein neues Arbeitsverhältnis vereinbart. Eine Vergütung der Klägerin nach BAT bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses bei der Ortsgemeinde G. habe gerade nicht stattgefunden, da ihr Arbeitsverhältnis dort in den TVöD übergeleitet worden sei. § 1 Abs. 1 TVÜ-KA enthielte einen äußerst eingeschränkten Anwendungsbereich, wenn er sich nur auf Fällen von Arbeitsverhältnissen bei ein und demselben Arbeitgeber beziehen würde. Die Regelung zur Unterbrechung bis zu max. einem Monat mache deutlich, dass es aus Sicht der Gewerkschaft nicht darauf ankomme, ob es sich um eine Unterbrechung bei demselben oder bei verschiedenen Arbeitgebern handele. Hierzu bietet die Klägerin Beweis an durch Zeugnis des Vorsitzenden der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Im Übrigen seien mittlerweile Mitarbeiterinnen der Kindertagesstätte des Beklagten in die Entgeltgruppe 8 TVöD höher gruppiert worden. Die Klägerin, welche erklärt, sie habe mit Schreiben vom 15.02.2008 die Ansprüche erstmals schriftlich geltend gemacht, beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.11.2008 - AZ 4 Ca 806/08 - wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab 01.08.2007 in die Entgeltgruppe 8 Stufe 6 gemäß TVöD einzugruppieren und entsprechend zu vergüten. 3. Die Kosen des Verfahrens trägt der Beklagte. Der Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 23.04.2009. Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO). Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. II. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen würden. Die Berufungskammer nimmt daher vollumfänglich Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils mit der einzigen Ausnahme, dass die Tarifgebundenheit der Klägerin gemäß § 3 Abs. 1 TVG nicht festgestellt werden kann. Im Übrigen sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts allesamt zutreffend, vollständig und richtig. Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei die Klägerin kurz auf Folgendes hinzuweisen: Die Klägerin reklamiert zu Unrecht für sich die Anwendung des § 1 Abs. 1 TVÜ-VKA. Eine einfache Anwendung dieser Vorschrift ergibt, dass ihre Rechtsauffassung nicht zutreffend ist. Nach dieser Bestimmung gilt der Überleitungstarifvertrag mit der Folge der Besitzstandswahrung für Angestellte, Arbeiterinnen und Arbeiter, deren Arbeitsverhältnis zu einem tarifgebundenen Arbeitgeber, der Mitglied eines Mitgliedsverbandes der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist, über den 30.09.2005 hinaus fortbesteht, und die am 01.10.2005 unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den Öffentlichen Dienst (TVöD) fallen, für die Dauer des ununterbrochenen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Wörtlich steht damit im Tarifvertrag, dass die Überleitungsbestimmungen für die Dauer des ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses gelten. Mit dem Beklagten bestand am 30.09.2005 kein Arbeitsverhältnis und am 01.10.2005 ebenso wenig. Ein Arbeitsverhältnis der Klägerin zu diesem Arbeitgeber konnte daher nicht ununterbrochen fortbestehen mit der Folge, dass die Klägerin die Vorteile der Überleitung nur im Arbeitsverhältnis ihres ursprünglichen Arbeitgebers, der Ortsgemeinde G., für sich in Anspruch nehmen kann. Die Regelung ist klar und eindeutig und keiner Auslegung insbesondere dahingehend zugänglich, dass es nicht auf die Rechtspersönlichkeit des Arbeitgebers ankommt, insbesondere, ob ein Arbeitgeberwechsel eingetreten ist oder nicht. Es erschließt sich der Kammer nicht, aus welchen Gründen die Klägerin die Auffassung vertritt, der Anwendungsbereich dieser Bestimmung laufe leer, wenn er nur Arbeitsverhältnisse bei ein und demselben Arbeitgeber betreffe. Gerade die Anwendung der Überleitungsvorschrift in der tatsächlichen Praxis zeigt, dass es viele Arbeitnehmer mit allen Mitteln zu verhindern möchten, aus dem Arbeitsverhältnis mit einem öffentlichen Arbeitgeber auszuscheiden, weil sie dann auch bei nahtlosem Übergang zu einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes die bestandsgeschützte Rechtsposition verlieren würden. Dass die Tarifpartner sehr wohl das Problem gesehen und akzeptiert haben, zeigt die vom Arbeitsgericht zitierte Niederschriftserklärung Nr. 8 bezüglich § 16 Abs. 2 Satz 2 TVÖD, wonach stichtagsbezogene Verwerfungen zwischen übergeleiteten Beschäftigungen (die Klägerin im Arbeitsverhältnis mit der Ortsgemeinde G.) und Neueinstellungen entstehen können. § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA stellt die allgemeine Regel auf, dass der TVÜ-VKA nur Anwendung findet, wenn das Arbeitsverhältnis über den 01. Oktober hinaus ununterbrochen fortbesteht (vgl. wörtlich BAG, Urteil vom 27.11.2008 - 6 AZR 632/08 - (bei juris Rdnr. 16)). Die von den Tarifpartnern eingebrachte Regelung der Unterbrechung ist auch sinnvoll, da nur ein Arbeitsverhältnis mit ein und demselben Arbeitgeber unterbrochen werden kann. Die Tarifpartner stellen eindeutig auf das Arbeitsverhältnis ab und nicht auf die Arbeitstätigkeit der Klägerin als Vertragspartner der einen Seite allein. Dass die Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, hat das Bundesarbeitsgericht im vorbezeichneten Urteil ausführlich dargelegt, auf die entsprechenden Ausführungen wird Bezug genommen (vgl. aaO bei juris Rdnr. 22). Im Übrigen ist hier auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zu verweisen, die nicht wiederholt zu werden brauchen. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren noch weiter vorgebrachte Einwand, mittlerweile würden andere Erzieherinnen des Beklagten in die Entgeltgruppe 8 eingruppiert, verfängt ebenfalls nicht, der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um Angestellte handelte, die im Überleitungszeitpunkt (30.09.2005, 01.10.2005) bereits bei dem Beklagten beschäftigt waren und daher den Bestandschutz der Überleitungsbestimmungen für sich in Anspruch nehmen konnten. III. Nach allem war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Kammer hat auf Anregung der Parteien die Zulassung der Revision eingehend beraten. Die gesetzlichen Kriterien sind aber nicht festzustellen. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt nicht von einer Tarifauslegung, sondern von einer einfachen Rechtsanwendung ab, im Übrigen sind die streitigen Rechtsfragen bereits durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 27.11.2008 - 6 AZR 632/08 - hinreichend geklärt.

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