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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.12.2008
Aktenzeichen: 2 Sa 429/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 288
BGB § 291
BGB § 611
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 25.06.2008 - 4 Ca 34/08 - abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.400,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz ab 01.01.2008 und 1.206,45 € brutto nebst 5% Punkten über dem Basiszinssatz ab 01.02.2008 zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Der Kläger war ab 01.08.1993 bei der Beklagten beschäftigt. Mit der Beklagten konzernmäßig verbunden ist die Firma B. GmbH & Co KG in W., welche am 28.12.2007 beim Amtsgericht W. Insolvenzantrag stellte. Zum Insolvensverwalter wurde Rechtsanwalt A.B.C. bestellt.

Seit dem 01.01.1998 wurde der Kläger im Betrieb der Firma B. GmbH & Co KG in W. eingesetzt. Der Kläger erhielt seit diesem Einsatz von der Firma B. GmbH seine Arbeitsvergütung. Im Sommer 2007 klagte der Kläger gegen die Beklagte Zahlung ausstehenden Urlaubsgeldes ein, die Beklagte verpflichtete sich mit gerichtlichem Vergleich vom 14.11.2007 zur Zahlung an den Kläger. Die Zahlung erfolgte dann wiederum über eine Lohnabrechnung der Firma B. GmbH. Nachdem der Kläger die Vergütung für Monat Dezember 2007 und für die Zeit vom 01.01.2008 bis 11.01.2008 nicht erhalten hatte (das Arbeitsverhältnis endete durch außerordentliche Kündigung des Klägers), hat er gegen die Beklagte die Vergütung eingeklagt. Er hat vorgetragen, da das Arbeitsverhältnis nie beendet worden sei, schulde ihm die Beklagte die Arbeitsvergütung. Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 1. an ihn einen Bruttobetrag von 3.400,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 01.01.2008 zu zahlen 2. an ihn einen Bruttobetrag von 1.206,45 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2008 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne nur von der Firma B. GmbH Vergütung verlangen. Diese Vergütung sei auch über Insolvenzgeld abgesichert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 25.06.2008 verwiesen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, zwar sei das Arbeitsverhältnis nicht beendet gewesen, die Parteien hätten das Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.1998 zumindest konkludent einvernehmlich zum Ruhen gebracht. Dies bedeute, dass die Hauptleistungspflichten suspendiert waren, der Kläger habe für die Beklagte keine Arbeitsleistung erbringen müssen und umgekehrt habe die Beklagte keine Vergütung mehr zu zahlen gehabt. Die Annahme, dass der Kläger lediglich seine Arbeitspflicht in einem anderen Unternehmen zu erfüllen hatte, sei nicht gerechtfertigt, weil er von der Firma B. die Vergütung erhalten habe und auch die Sozialabgaben von dort abgeführt wurden. Die Beklagte selbst hätte damit nichts mehr zu tun gehabt. Damit sei auch sozialversicherungsrechtlich das Beschäftigungsverhältnis auf die Firma B. übergegangen. Der Umstand, dass die Firma B. die Vergütungen zahlte und abrechnete, spreche auch dagegen, dass ein Fall der nicht gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung erfolgt sei. Infolge der Suspendierung der Hauptleistungspflichten könne der Kläger keine Vergütung von der Beklagten verlangen, sondern nur von der Firma B.. Er habe auch seine Arbeitskraft bei der Beklagten nicht angeboten. Auch dies wäre zunächst erforderlich gewesen, um die Vereinbarung über das Ruhen des Arbeitsverhältnisses zunächst wieder aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen. Das Urteil wurde dem Kläger am 04.07.2008 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 04.08.2008 Berufung eingelegt. Der Kläger hat seine Berufung, nachdem die Frist zur Begründung bis 06.10.2008 verlängert worden war, mit am 30.09.2008 eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger trägt vor, das Urteil des Arbeitsgerichts sei widersprüchlich wenn einerseits von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gesprochen werde, andererseits das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis "auch" übergegangen sei. Mit keinem Wort habe das Arbeitsgericht erklärt, woraus sich ergeben solle, dass die Parteien das Arbeitsverhältnis konkludent einvernehmlich zum Ruhen gebracht hätten. Tatsächliche Anknüpfungspunkte hierfür seien auch nicht ansatzweise erkennbar. Wenn die Parteien das Arbeitsverhältnis zum Ruhen gebracht hätten, hätte auch keine Veranlassung für die Beklagte bestanden, sich zur Zahlung des offenstehenden Urlaubsgeldes zu verpflichten. Der Kläger habe niemals gegenüber der Beklagten auf irgendwelche arbeitsvertraglichen Ansprüche verzichtet und dies in irgendeiner Art und Weise kundgetan. Die Beklagte sei grundsätzlich berechtigt gewesen, den Kläger im Betrieb der Firma B. einzusetzen, zumal dieselbe bis zur Insolvenz vom Geschäftsführer der Beklagten geleitet wurde. Dem Kläger sei es auch unbenommen gewesen, diesen Einsatzort für die Ableistung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung gegenüber der Beklagten zu akzeptieren. Ein Arbeitsverhältnis könne auch so gestaltet werden, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dessen vertragliche Zahlungsansprüche über einen Dritten auszahlen lasse. Dies sei allenfalls eine interne Regelung zwischen der Beklagten und der Firma B.. Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 25.06.2008 - 4 Ca 34/08 - die Beklagte zu verurteilen, 1. an den Kläger einen Bruttobetrag von 3.400,00 EUR nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz ab 01.01.2008 zu zahlen 2. an den Kläger einen Bruttobetrag von 1.206,45 EUR nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz ab 01.02.2008 zu zahlen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum ausschließlich für die Firma B. gearbeitet und damit seine Hauptleistungsverpflichtung bei der Beklagten nicht erbracht. Daher könne er seine Vergütung auch von der Beklagten nicht verlangen. Er habe dem andauernden Einsatz bei der Firma B. zu keinem Zeitpunkt widersprochen, die Arbeit für diesen Arbeitgeber auch nicht verweigert oder seine Arbeitskraft weiterhin bei der Beklagten angeboten, geschweige denn gefordert, wieder für die Beklagte tätig sein zu wollen. Urlaub habe er bei der Firma B. beantragt und gewährt bekommen, sowie sämtliche Zusatzleistungen von der Firma B. mit der Folge, dass die Feststellung, das Arbeitsverhältnis sei konkludent zum Ruhen gebracht worden, nicht zu beanstanden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 04.12.2008. Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO). Das Rechtsmittel der Berufung hat in der Sache auch Erfolg. II. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten restliche Arbeitsvergütung in der eingeklagten Höhe gemäß § 611 BGB zu. Die Kammer folgt nicht der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten, dass die Beklagte wegen einer vereinbarten Suspendierung der Hauptleistungspflicht nicht verpflichtet sei, die Arbeitsvergütung zu zahlen. Der Berufung des Klägers ist beizupflichten, wenn dort ausgeführt wird, dass keinerlei Tatsachen ersichtlich sind, wonach sich eine einvernehmliche Ruhensvereinbarung ergeben soll. Der Kläger hat zwar einen geänderten Aufgabenbereich in W. übernommen und ist auch in den dortigen Betriebsablauf eingebunden gewesen. Eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung dahingehend, dass mit der Aufnahme der Tätigkeit bei der B. auch ein Wechsel der Arbeitgeberstellung oder ein Ruhen der Hauptleistungspflicht verbunden sei, ist nicht festzustellen. Dass der Kläger in W. gearbeitet hat, lässt sich unschwer damit begründen, dass er damit seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Beklagten, die nach wie vor sein Arbeitgeber war, nachgekommen ist. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten ist nicht festzustellen. Gerade der diverse Schriftverkehr, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine Begründung bei der Firma B. zum Gegenstand hatte und letztlich wegen der Weigerung des Klägers nicht zu einer Vertragsänderung führte, beweist, dass nach wie vor die Beklagte als Vertragspartner im Rahmen des Arbeitsverhältnisses fungierte. Somit hat der Kläger seine vertraglichen Verpflichtungen dadurch erfüllt, dass er auf die Weisung des Geschäftsführers der Beklagten seiner Arbeitspflicht in W. nachgekommen ist. Bei der bestehenden Personenidentität der Geschäftsführer können nämlich Weisungen, so weit sie nicht ausdrücklich erkennbar erteilt werden, dass sie ausschließlich im Namen einer bestimmten juristischen Person gegeben werden, schlicht und einfach als Weisungen aus dem mit der Beklagten weiter bestehenden Arbeitsvertrag ausgelegt werden. Somit ist es vertraglich durchaus denkbar, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit in W. arbeitsvertragliche Verpflichtungen aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit der Beklagten erfüllt hat. Anhaltspunkte dafür, dass damit ein Ruhen der Hauptleistungspflichten im Vertragsverhältnis mit der Firma J., gleichzeitig einhergehend mit einer Übernahme der Hauptleistungspflichten im Vertragsverhältnis mit der Firma B. vorliegen, sind nicht ersichtlich. Der Umstand, dass die Firma B. die Lohnabrechnungen erstellte, sagt nichts darüber, dass dies mit dem Einverständnis des Klägers erfolgte, wonach er die Beklagte aus der Verpflichtung zur Lohnzahlung entlassen wollte. Für diese Auslegung spricht auch der Umstand, dass der Kläger im Vorprozess Urlaubsvergütung von der Beklagten verlangt hat und die Beklagte die Urlaubsvergütungszahlung im gerichtlichen Vergleich, ohne dass ein irgend gearteter Vorbehalt ersichtlich war, anerkannt hat. Dass die Abrechnung wiederum über die Firma B. erfolgte, ist zwanglos dadurch zu erklären, dass im Lohnabrechnungssystem der Beklagten und der mit ihr im Konzern verbundenen Unternehmen der Kläger als Zahlungsempfänger der Firma B. geführt wurde. Kann somit ein Ruhen der Hauptleistungspflichten nicht festgestellt werden, ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Beklagten dadurch erfüllt hat, dass er auf Weisung deren Geschäftsführer im Betrieb der Firma B. deren Geschäftsführer der Beklagte ebenfalls war, gearbeitet hat, steht gleichzeitig fest, dass der Kläger für die geleistete Tätigkeit die vereinbarte Vergütung von der Beklagten beanspruchen kann. III. Die Aktivlegitimation des Klägers ist nicht dadurch entfallen, dass die Bundesagentur für Arbeit Insolvenzgeld geleistet hätte. Nach dem vom Kläger unbestritten gebliebenen Vortrag ist eine Leistung nicht erfolgt. Die rechtliche Problematik, ob eine Leistung dem Anspruch gegenüber der Beklagten berühren würde, ist damit nicht entscheidungserheblich. Nach allem war auf die Berufung des Klägers das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern und die Klageforderung wie geschehen zuzusprechen. Die Nebenentscheidungen folgen §§ 288, 291 BGB. Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Eine Zulassung der Revision war angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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