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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.07.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 65/05
Rechtsgebiete: NachwG, BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

NachwG § 2
NachwG § 4
BGB § 315
BGB § 612 a
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 65/05

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Schluss-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.10.2004 - 4 Ca 4390/02 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten für Überstunden.

Die Beklagte erstellt Fertighäuser weitestgehend in der Weise, dass vorgefertigte Schalungselemente mit Beton ausgegossen werden. Die Schalungselemente hält sie in einem Zentrallager in C-Stadt vor. Von dort aus werden sie zu den einzelnen Baustellen bundesweit ausgeliefert.

Der Kläger ist seit dem Jahre 1994 bei der Beklagten beschäftigt. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag haben die Parteien nicht abgeschlossen. Der Kläger war zunächst eingesetzt als Lkw-Fahrer und ist rund 4 Jahre später, als die Beklagte das Auslieferungslager für Baumaterialien errichtet hat, in dieses Auslieferungslager übergewechselt. Der Kläger bezieht einen festen Stundenlohn von zuletzt 11,96 Euro brutto. Während der Tätigkeit des Klägers im Lager verrichtete er ständig Überstunden, die ihm die Beklagte auch vergütet hat. Die so verrichtete Arbeitszeit belief sich auf eine Stundenzahl von bis zu über 50 Stunden pro Woche. Bezahlt wurde dem Kläger auch die Mittagspause, weil auch während dieser Zeit das Lager geöffnet war und Materialien ausgeliefert wurden. Ab Juli 2001 ordnete der Geschäftsführer der Beklagten an, dass in der Mittagspause nicht mehr durchgearbeitet werde mit der Folge, dass die Beklagte an den Kläger diese Zeit auch nicht mehr vergütet hat.

Nachdem die Auslieferung von Baumaterialien aus dem Lager im größeren Stil angelaufen waren, beschäftigte die Beklagte im Lager neben dem Kläger noch ein oder zwei weitere Arbeitnehmer. Ob der Kläger diesen gegenüber die Funktion eines Lagerleiters hatte, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte bzw. eine andere Schwester-GmbH kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers am 31.10.2001 zum 31.12.2001. In dem vom Kläger angestrengten Kündigungsverfahren 4 Ca 3697/02 vereinbarten die Parteien am 16.07.2002, dass das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fortbesteht. Ab Februar 2002 hatte der Kläger eine Prozessbeschäftigung als Lkw-Fahrer aufgenommen. Nach dem gerichtlichen Vergleich wurde der Kläger wieder im Lager eingesetzt und verrichtete dort Lagertätigkeiten zusammen mit mindestens einem weiteren Lagerarbeiter. Nach der Wiederaufnahme der Tätigkeit im Lager beschäftigte die Beklagte den Kläger nur noch 40 Stunden pro Woche und vergütete ihm auch nur noch diese Wochenarbeitszeit. Ob der Kläger bis zum Jahresende 2001 im Lager als Lagerleiter beschäftigt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Durch Rechtskraft erlangendes Teil-Urteil vom 21.01.2004 hat das Arbeitsgericht im vorliegenden Verfahren die Beklagte verurteilt, den Kläger als Lagerleiter weiterzubeschäftigen, weil aufgrund des Ergebnisses einer Beweisaufnahme feststehe, dass der Kläger zuvor die Funktion eines Lagerleiters verrichtet hat.

Desweiteren hat der Kläger eine Reihe von Zahlungsansprüchen weitestgehend auf Entrichtung von Überstundenvergütung vorliegend geltend gemacht.

Hierzu hat er vorgetragen, er habe mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart, dass er pro Woche mindestens 50 Stunden arbeiten könne. Solange das Arbeitsverhältnis ungekündigt bestanden habe, habe ihn die Beklagte auch in diesem Umfang beschäftigt. Erstmals im Juli 2001 habe sich die Beklagte dann geweigert, die Mittagspause durchzubezahlen, so dass ihm für die Zeit von Juli bis Oktober 2001 für insgesamt 70 Arbeitstage noch ein restlicher Anspruch in Höhe von 837,20 Euro zustehe. Von Januar 2002 bis September 2004 stehe ihm die Differenzvergütung zwischen den abgerechneten 40 Stunden und den vertraglich vereinbarten 50 Wochenstunden zu. Bei der Berechnung sei von seinem durchschnittlichen Monatsverdienst im Jahre 2001 in Höhe von 2.831,10 Euro brutto auszugehen. Hilfsweise stütze er sein Zahlungsverlangen darauf, dass er an einzelnen Tagen während des Prozessbeschäftigungsverhältnisses während dem er als Lkw-Fahrer für die Beklagte tätig gewesen sei, Überstunden geleistet habe, wie sich aus den Tachoscheiben für diese Tage ergebe.

Auch sei die Beklagte aufgrund der Bestimmungen des Nachweisgesetzes verpflichtet, ihm einen Arbeitsnachweis zu erteilen, nachdem sie sich bisher stets geweigert habe, einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit ihm abzuschließen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn zu zahlen:

Fehlbetrag Januar 2002 1.405,14 Euro

Fehlbetrag Februar 2002 650,62 Euro

Fehlbetrag März 2002 716,25 Euro

Fehlbetrag April 2002 778,25 Euro

Fehlbetrag Mai 2002 873,80 Euro

Fehlbetrag Juni 2002 644,64 Euro

Fehlbetrag Juli 2002 748,22 Euro

Fehlbetrag August 2002 596,06 Euro

Fehlbetrag September 2002 683,15 Euro

Fehlbetrag Oktober 2002 748,22 Euro

Fehlbetrag November 2002 683,15 Euro

Fehlbetrag Dezember 2002 1.352,91 Euro

Fehlbetrag Januar 2003 1.440,70 Euro

Fehlbetrag Februar 2003 916,94 Euro

Fehlbetrag März 2003 683,15 Euro

Fehlbetrag April 2003 715,68 Euro

Fehlbetrag Mai 2003 715,69 Euro

Fehlbetrag Juni 2003 683,15 Euro

Fehlbetrag Juli 2003 748,22 Euro

Fehlbetrag August 2003 683,15 Euro

Fehlbetrag September 2003 715,69 Euro

Fehlbetrag Oktober 2003 748,22 Euro

Fehlbetrag November 2003 650,62 Euro

Fehlbetrag Dezember 2003 748,21 Euro

nebst jeweils 5 % Zinsen ab dem 01. des darauf folgenden Monats.

2. die Beklagte wird verurteilt, an ihn für den Monat Januar 2004 715,69 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2004 zu zahlen.

3. die Beklagte wird verurteilt, an ihn für den Monat Februar 2004 664,44 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2004 zu zahlen, die Beklagte wird weiter verurteilt, an ihn für den Monat März 2004 724,30 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2004 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn für den Monat April 2004 691,77 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.05.2004 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an ihn für den Monat Mai 2004 683,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2004 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn zu zahlen, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01. des darauf folgenden Monates:

für den Monat Juni 2004 703,73 Euro brutto

für den Monat Juli 2004 715,69 Euro brutto

für den Monat August 2004 715,69 Euro brutto.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 837,20 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

7. Die Beklagte wird verurteilt, gemäß § 2 Nachweisgesetz die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und diese dem Kläger zukommen zu lassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat bestritten, dass der Kläger als Lagerleiter beschäftigt worden sei. Im Lager seien stets zwei oder drei Arbeitskräfte eingesetzt gewesen, die alle gleichberechtigt gewesen seien und die sich bei der Arbeitserledigung gleichberechtigt untereinander abgestimmt haben. Es stimme nicht, dass sie mit dem Kläger zu Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart habe, dass er auf Dauer mindestens 50 Wochenstunden pro Arbeitswoche arbeiten könne. Der Kläger habe stets Überstunden in unterschiedlicher Höhe gemacht, die ihm auch immer individuell abgerechnet wurden. Nachdem etwa ab den Jahren 2000/2001 ein starker Auftragseinbruch in der Baubranche eingetreten sei, sei die Notwendigkeit entfallen, Überstunden zu fahren. Daher sei dem Kläger zunächst betriebsbedingt gekündigt worden, wenngleich die Kündigung später rückgängig gemacht worden sei. Auch habe einer ihrer Lieferanten ein eigenes Auslieferungslager für Styropor aufgemacht, so dass sie, die Beklagte, diese Materialien direkt von dort für die Baustellen beziehen könne, so dass weniger Lagerarbeiten anfielen.

Das Arbeitsgericht hat durch Schluss-Urteil vom 20.10.2004, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, nach Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei die Beklagte verurteilt, dem Kläger einen Arbeitsnachweis zu erteilen und hat im Übrigen die Zahlungsklage des Klägers abgewiesen. Die Klageabweisung hat es damit begründet, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststehe, dass die Beklagte dem Kläger die Ableistung von mindestens 50 Wochenarbeitsstunden zugesagt habe. Unstreitig habe der Kläger nach der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit im Lager im Juli 2002 auch nicht mehr als 40-Wochenarbeitsstunden gearbeitet. Einen Anspruch auf Zuweisung von Überstunden habe der Kläger nicht.

Soweit der Kläger einen Teil der geltend gemachten Überstunden in den Monaten April bis Juni 2002 hilfsweise auf die Aufzeichnungen der vorgelegten Tachoscheiben stütze, sei unabhängig davon, dass die dortigen Aufzeichnungen den Sachvortrag des Klägers nicht stützten, nicht erkennbar, wer konkret im Einzelfall welche Anweisungen zur Ableistung von Überstunden gegeben haben soll. Der zeitliche Umfang der Tätigkeit lasse sich ohne nähere Kenntnis allenfalls spekulativ bestimmen. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit auf die Seiten 8 - 11 dieses Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und in gleicher Weise sein Rechtsmittel wie folgt begründet:

Das Arbeitsgericht habe nicht ausreichend beachtet, dass es in seinem Teil-Urteil bereits mit Rechtskraft entschieden habe, dass er als Lagerleiter weiterzubeschäftigen sei. Es sei üblich gewesen, dass der Lagerleiter jeweils während der Öffnung des Lagers anwesend gewesen sei und damit laufend mindestens 50 Wochenstunden angefallen seien. Nach seiner Wiedereinstellung habe jedoch nicht mehr er die erhöhten Stundenzahl erbracht, sondern der ebenfalls im Lager eingesetzte Mitarbeiter F.. Dieser habe ihm erklärt, er erhalte von der Beklagten offiziell 40 Stunden abgerechnet und die anfallenden Überstunden "unter der Hand" ausbezahlt. Die Arbeitsbedingungen hätten sich auf 50 Stunden konkretisiert. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass er als Lagerleiter auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten anwesend sein müsse. Zumindest sei eine betriebliche Übung auf Anfallen von Überstunden entstanden; auch sei die Beklagte aus § 823 BGB i.V.m. § 612 a BGB ihm zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihm keine Überstunden mehr zugewiesen habe, nachdem er sich gegen die Kündigung zur Wehr gesetzt habe. Auch habe das Arbeitsgericht bei der Beweislage nicht berücksichtigt, dass die Beklagte entgegen § 2 Nachweisgesetz ihm nie einen Arbeitsnachweis erteilt habe. Dies führe zu einer Beweislastumkehr, zumindest zu einer Beweiserleichterung. Danach sei die Beklagte beweisfällig geblieben, dass weniger Arbeit im Lager angefallen sei.

Sodann führt der Kläger wörtlich aus: "Unter dem Aspekt der Beweiserleichterung ist auch zu berücksichtigen, dass diesseits durch Vorlage der Tachoscheiben nachgewiesen worden ist, dass der Kläger in den Monaten April bis Juni 2002 Überstunden geleistet hat. Soweit der Kläger für die Monate Juli 2001 bis einschließlich Oktober 2001 die Mittagspause durchgearbeitet hat, ist dies ebenfalls durch Vorlage der Lohnabrechnungen bewiesen. Auch hier gilt zugunsten des Klägers die dargelegte Beweiserleichterung."

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils vom 20.10.2003, Aktenzeichen: 4 Ca 4390/02, wird die Beklagte verurteilt, an ihn zu zahlen:

Fehlbetrag Januar 2002 1.405,14 Euro

Fehlbetrag Februar 2002 650,62 Euro

Fehlbetrag März 2002 716,25 Euro

Fehlbetrag April 2002 778,25 Euro

Fehlbetrag Mai 2002 873,80 Euro

Fehlbetrag Juni 2002 644,64 Euro

Fehlbetrag Juli 2002 748,22 Euro

Fehlbetrag August 2002 596,06 Euro

Fehlbetrag September 2002 683,15 Euro

Fehlbetrag Oktober 2002 748,22 Euro

Fehlbetrag November 2002 683,15 Euro

Fehlbetrag Dezember 2002 1.352,91 Euro

Fehlbetrag Januar 2003 1.440,70 Euro

Fehlbetrag Februar 2003 916,94 Euro

Fehlbetrag März 2003 683,15 Euro

Fehlbetrag April 2003 715,68 Euro

Fehlbetrag Mai 2003 715,69 Euro

Fehlbetrag Juni 2003 683,15 Euro

Fehlbetrag Juli 2003 748,22 Euro

Fehlbetrag August 2003 683,15 Euro

Fehlbetrag September 2003 715,69 Euro

Fehlbetrag Oktober 2003 748,22 Euro

Fehlbetrag November 2003 650,62 Euro

Fehlbetrag Dezember 2003 748,21 Euro

nebst jeweils 5 % Zinsen ab dem 01. des darauf folgenden Monats.

2. die Beklagte wird verurteilt, an ihn für den Monat Januar 2004 715,69 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2004 zu zahlen.

3. die Beklagte wird verurteilt, an ihn für den Monat Februar 2004 664,44 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2004 zu zahlen, die Beklagte wird weiter verurteilt, an ihn für den Monat März 2004 724,30 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2004 zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn für den Monat April 2004 691,77 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.05.2004 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an ihn für den Monat Mai 2004 683,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.04.2004 zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn zu zahlen, nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01. des darauf folgenden Monates:

für den Monat Juni 2004 703,73 Euro brutto

für den Monat Juli 2004 715,69 Euro brutto

für den Monat August 2004 715,69 Euro brutto.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 837,20 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, das die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt habe. Auch als Lagerleiter habe der Kläger keinen Anspruch auf Überstunden. Allein dadurch, dass der Kläger früher Überstunden geleistet habe, führe nicht zur Entstehung eines vertraglichen Anspruches, dass der Kläger solche unabhängig von der reduzierten Arbeitsmenge stets leisten könne und müsse.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nach § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt. Sie wurde auch form- und fristgerecht begründet, soweit sich der Kläger auf Zahlung von Überstunden beruft, die ihm auf vertraglicher Basis zustehen sollen. Soweit er hilfsweise seinen Anspruch auf tatsächlich geleistete Überstunden beim Fahren des LkwŽs an einzelnen Tagen in den Monaten April bis Juni 2002 stützt, ist sein Rechtsmittel unzulässig, weil es insoweit nicht ausreichend begründet ist.

1. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO auch im Arbeitsgerichtsverfahren anwendbar. Nach dieser Bestimmung hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung oder deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es diese bekämpfen will (BAG NZA 2003, 576; NZA 2004, 1239). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Vordergericht mit formelhaften Wendungen zu rügen, sondern es ist eine argumentative Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen geboten. Eine substantielle Urteilskritik ("Urteilsschelte") liegt daher erst vor, wenn sich der Berufungskläger mit den einzelnen Gründen des Urteils auseinandersetzt und diese als fehlerhaft darzustellen versucht (vgl. Schwab/Weth, ArbGG, § 64 Rz 155 ff). Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Überstundenvergütung für einzelne Tage im Zeitraum von April bis Juni 2002 aus mehreren Gründen abgewiesen. Es hat geltend gemacht, die Klage sei insoweit unsubstantiiert. Es hat angegeben, der Kläger habe nie vorgetragen, welche Arbeiten er in welchen Zeiträumen konkret geleistet habe, dass dies betriebsnotwendig, angeordnet oder zumindest geduldet gewesen sei. Dies alles ergebe sich aus den Tachoscheiben nicht, zumal dort weitestgehend nicht nur Fahrzeiten des Kläger ersichtlich seien. Ohne genauen Sachvortrag müssten all diese Punkte nur spekulativ angenommen werden. Mit diesen Gründen des Urteils hat sich der Kläger innerhalb der Berufungsbegründung, also fristgerecht, nicht in der gebotenen Weise auseinandergesetzt. Es ist in keiner Weise erkennbar, inwieweit Aspekte der Beweiserleichterung den fehlenden Sachvortrag des Klägers zum tatsächlichen Ableisten von Überstunden ersetzen können.

2. Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie unbegründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil auch insoweit die Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Dies hat das Arbeitsgericht auf den Seiten 8 - 11 des angefochtenen Urteils sowohl mit zutreffendem Ergebnis als auch mit zutreffender Begründung festgestellt. Das Berufungsgericht folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil, stellt dies hiermit ausdrücklich fest und sieht zur Vermeidung eines doppelten Schreibwerkes von der erneuten Darstellung dieser Entscheidungsgründe gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab.

Im Berufungsverfahren haben sich keine weiteren Anhaltspunkte ergeben, die zur Fehlerhaftigkeit dieser Gründe geführt hätten. Unstreitig hat der Kläger im fraglichen Zeitraum für den er eine (Überstunden-) Vergütung verlangt, die über 40 Stunden pro Woche zu leistende Arbeitszeit nicht erbracht; auch hat die Beklagte die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten vergütet, weil diese nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.

Ein Rechtsanspruch des Klägers auf Zuweisung von mindestens 10 Überstunden pro Woche steht dem Kläger nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich in der Vergangenheit mindestens 50 Stunden pro Woche gearbeitet hat, was die Beklagte bestritten hat. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ist dadurch keine Konkretisierung der wechselseitigen Vertragspflichten auf ein bestimmtes Mindestmaß an Überstunden eingetreten. Eine Konkretisierung des Arbeitsverhältnisses im Sinne bindender inhaltlicher Festlegungen der beiderseitigen Rechte und Pflichten kommt auch bei langjähriger gleichmäßiger Handhabung nur dann in Betracht, wenn sich auf Seiten des Arbeitnehmers ein schutzwürdiges Vertrauen gebildet hat, dass ihm sein Aufgabenbereich auf Dauer zugewiesen bleibt oder andere Arbeitsbedingungen nicht gegen seinen Willen verändert werden können. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben annehmen konnte, der Arbeitgeber werde künftig von seinem Direktionsrecht nur noch eingeschränkt Gebrauch machen, so dass sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten stillschweigend mit bindender Wirkung auf eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden konkretisiert haben. Eine derartige stillschweigende Vertragskonkretisierung kommt bei der Leistung von Überstunden in der Regel nicht in Betracht (vgl. LAG Köln, NZA RR 1999, 517; vgl. auch BAG NZA 1998, 647; BAG v. 07.12.2000, EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 22 m. Anm. Thau SAE 2002, 56; LAG Rheinland-Pfalz, NZA 1997, 1113; Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch Arbeitsrecht, 4. Aufl., A Anm. 663 ff). Eine Konkretisierung auf das ständige Anfallen von Überstunden ist vorliegend nicht eingetreten. In der Regel will sich kein Arbeitgeber mangels ausdrücklicher Erklärung auf Dauer vertraglich binden, einem Arbeitnehmer eine bestimmte Mindestanzahl von Überstunden zuweisen zu wollen. Dass dies in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum von rund 4 Jahre geschehen ist, lag an der Auftragslage und an der Geschäftsausweitung der Beklagten mit ihrem Fertighauskonzept. Daraus konnte der Kläger nicht entnehmen, dass er auf alle Zeit einen entsprechenden vertraglichen Anspruch erworben hat, den die Beklagte ihm stillschweigend zusagen wollte und sie sich somit vertraglich binden wollte, ihm dieses Arbeitszeitvolumen künftig unverändert beizubehalten.

Nichts anderes ergibt sich vorliegend daraus, dass die Beklagte dem Kläger in der Vergangenheit nicht seine Arbeitsbedingungen im Sinne von § 2 Nachweisgesetz nachgewiesen hat. Zunächst einmal wurde der Kläger zu einem Zeitpunkt eingestellt, als das Nachweisgesetz noch nicht gegolten hat. In diesem Falle bestimmt § 4 Nachweisgesetz, dass der Arbeitnehmer nachträglich einen entsprechenden Ergänzungsanspruch geltend machen kann. Dies hat der Kläger im vorliegenden Verfahren getan und das Arbeitsgericht hat der Klage insoweit auch mit Rechtskraft stattgegeben. Selbst wenn die Beklagte etwa sofort nach der erstmaligen Geltendmachung der schriftlichen Arbeitsbedingungen dem Verlagen des Klägers im vorliegenden Verfahren unverzüglich nachgekommen wäre, würde sich dadurch für eine Konkretisierung der Arbeitsbedingungen im Sinne des Klägers nichts ergeben. Es fehlt an jeglicher Kausalität zwischen der vom Kläger angenommenen Pflichtverletzung und der daraus hergeleiteten Rechtsfolge einer Konkretisierung.

Aus den gleichen Überlegungen scheidet vorliegend auch eine Beweislastumkehr bzw. Beweiserleichterung aus, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers von Anfang an noch nicht von den Bestimmungen des Nachweisgesetzes erfasst war. Entscheidend ist allein, ob die Beklagte mit dem Kläger - sei es als Lagerleiter oder als "normaler Lagerarbeiter" - vertraglich die Ableistung von mindestens 50 Wochenstunden vereinbart haben soll. Eine solche Vereinbarung liegt - wie das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil zutreffend entschieden hat - nicht vor. Im Übrigen bestehen auch Bedenken an der Richtigkeit der diesbezüglichen Behauptung des Klägers. Der Kläger wurde erstmals im Jahre 1998 ins Lager eingeteilt und war vorher als Lkw-Fahrer tätig. Die Beklagte konnte aber im Jahre 1994 bei der Einstellung des Klägers noch nicht voraussehen, dass dieser einmal innerhalb des Betriebes von einem Arbeitsbereich in den anderen wechselt, so dass schon insoweit die Behauptung des Klägers unplausibel ist, die Beklagte solle ihm von Anfang an die Ableistung von Überstunden zugesagt haben. Abgesehen davon hat der Kläger eine solche Behauptung auch recht spät im vorliegenden Prozessverfahren aufgestellt, nachdem sich abzeichnete, dass es an einer Anspruchsgrundlage für sein Überstundenbegehren fehlen dürfte.

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung scheidet vorliegend erkennbar aus. Der Kläger hat nicht etwa behauptet, dass die Beklagte mit mehreren oder allen ihrer Arbeitnehmer eine 50-Stundenwoche vereinbart haben soll. Nach seiner eigenen Einlassung soll dies nur mit ihm als Lagerleiter geschehen sein.

Schließlich brauchte das Berufungsgericht mangels Erheblichkeit auch nicht dem Beweisangebot des Klägers nachzugehen, die Beklagte habe ab seiner Wiedereinstellung die Überstunden an seiner Stelle dem Arbeitnehmer F. zugewiesen, mit diesem eine offizielle Abrechnung von 40 Wochenarbeitsstunden vereinbart und ihm "unter der Hand", also als Schwarzgeld, die restliche Vergütung zukommen lassen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, hat der Kläger keinen Anspruch, dass die Beklagte in gleicher krimineller Weise auch mit ihm so verfährt, weil es keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt. Auch ist die Beklagte nicht gehalten, anderen Arbeitnehmern keine Überstunden zuzuweisen, ohne dass der Kläger ebenfalls einen entsprechenden Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung herleiten könnte. Es sind keine Anhaltspunkt ersichtlich, dass die Beklagte hierbei etwa gegen ihr nach § 315 BGB bestehendes Direktionsrecht verstoßen hätte.

Auch ein Schadensersatzanspruch auf Abgeltung der Überstunden wegen einer möglichen Diskriminierung des Klägers aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 612 a BGB scheidet aus. Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Nach dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme hat die Beklagte dem Kläger keine Überstunden mehr zugewiesen, weil die Notwendigkeit ihrer Ableistung entfallen war, zumindest die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen hatte, das Lager regelmäßig nur noch während der Arbeitszeiten der darin eingesetzten Lagerarbeiter offen zu halten, aber nicht, weil sich der Kläger mit Erfolg gegen die auf betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung vom 31.10.2001 zur Wehr gesetzt hatte.

Nach alledem ist die unbegründete Berufung des Klägers gegen das zutreffende erstinstanzliche Urteil mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision konnte angesichts der gesetzlichen Kriterien von § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen werden.

Ende der Entscheidung

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