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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.11.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 670/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB §§ 293 ff.
BGB § 294
BGB § 295
BGB § 296
BGB § 297
BGB § 615
BGB § 615 S. 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 286
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 31.05.2007 - 4 Ca 1277/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits ist die Forderung der Klägerin auf Zahlung von Annahmeverzugsansprüchen, wobei die Beklagte die Auffassung vertritt, die Klägerin sei in dem streitigen Zeitraum infolge Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

Seit 03.03.2003 war die Klägerin als Altenpflegehelferin bei einem Monatslohn von zuletzt 1.147,27 € brutto beschäftigt.

Ausweislich der ärztlichen Atteste der Ärzte Dr. V. und Dr. U. war die Klägerin vom 05.05. bis 12.05. und vom 21.08. bis 31.08.2003 arbeitsunfähig erkrankt.

Im Jahre 2004 beliefen sich die attestierten Krankheitszeiten auf Zeiträume vom 12.01. bis 05.03.2004, (Atteste Dr. V./ T.) vom 04.08. bis 15.08.2004 (Atteste Dr. R.) sowie vom 23.09. bis 31.12.2004 (Atteste Dr. V./ T.). Die Klägerin war weiter unstreitig arbeitsunfähig erkrankt in der Zeit vom 01.01. bis 02.02.2005.

Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2005 personenbedingt gekündigt. Über die Kündigungsschutzklage fand am 02.02.2005 eine Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Trier statt. Mit Urteil vom 18.05.2005 stellte das Arbeitsgericht die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung fest (4 Ca 2169/04). Das Urteil ist rechtskräftig. Die Beklagte forderte daraufhin die Klägerin zum 05.06.2005 wieder zur Arbeit auf. Die Klägerin arbeitete sodann in der Zeit vom 05.06. bis 22.06.2005 und war ab dem 23.06.2005 wiederum arbeitsunfähig auf Dauer erkrankt (Attest Dr. V./ T.).

In einem Rechtsstreit über Abmahnungen, welche die Beklagte unter dem 11.07.2005 erteilte, schlossen die Parteien am 10.11.2005 vor der Kammer einen Beendigungsvergleich. Nach diesem schied die Klägerin zum 31.12.2005 aus dem Betrieb aus. Die Klägerin wurde von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt, sofern die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt war. Unter dem 15.11.2005 zeigte die Klägerin sodann ihre Wiedergenesung an und übermittelte der Beklagten die Entlassungsbescheinigung der psychosomatischen Fachklinik S-Stadt.

Entlohnt wurde die Klägerin für die Zeit vom 05.06. bis 31.12.2005.

Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Forderung der Klägerin auf Gehaltszahlung für die Zeit zwischen dem 03.02.2005 und dem 04.06.2005.

Die Klägerin hatte diesen Anspruch durch Vorlage eines ärztlichen Attestes der behandelnden Hausärzte Dr. V. und T. vom 01.07.2005 gegenüber der Beklagten außergerichtlich geltend gemacht. Die Beklagte forderte die Klägerin unter dem 14.07.2005 auf, darzulegen, dass mit der behaupteten Arbeitsfähigkeit auch die Fähigkeit zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verbunden war. Hierauf erhob die Klägerin mit am 15.08.2005 eingegangenem Schriftsatz Klage.

In der vorbezeichneten Bescheinigung vom 01.07.2005 heißt es:

"Die o. g. Patientin war aus hausärztlicher Sicht ab 03.02.2005 voll arbeitsfähig"

Die Klägerin hat vorgetragen, ausweislich der Atteste sei sie voll arbeitsfähig gewesen, die Attestierung habe auf einem Vorstellungstermin am 01.02. oder 03.02.2005 beruht und sei aufgrund der dauerhaften Behandlung durch die hausärztliche Praxis auch hinreichend aussagekräftig.

Da die Krankheiten seit Sommer 2004 auf zwei verschiedenen Ursachen beruhten, nämlich einem Arbeitsunfall vom August 2004, der chirurgisch behandelt wurde und einer Magenerkrankung seit dem 23.09.2004, die hausärztlich und fachärztlich begleitet wurde, könne man nicht von einer fortwährenden gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgehen.

Die Krankheit ab 23.06.2005 sei ganz anderer, nämlich psychosomatischer Natur gewesen. Sie sei durch gezielte und systematische Belastungen am Arbeitsplatz geschädigt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.844,17 € brutto abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 2.756,40 € zuzüglich Zinsen von 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 541,75 € ab dem 01.03.2005, aus weiteren 496,57 € ab dem 01.04.2005, aus weiteren 496,57 € ab dem 01.05.2005, aus weiteren 496,57 € ab dem 01.06.2005, sowie aus weiteren 56,63 € ab dem 01.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vergütung für die geltend gemachte Zeit, weil sie nicht arbeitsfähig gewesen sei. Aus dem Attest der Hausärzte vom 01.07.2005 könne keinesfalls gefolgert werden, dass die Klägerin den Anforderungen ihrer pflegerischen Tätigkeit ab 03.02.2005 tatsächlich gewachsen gewesen sei. Gerade die erheblichen Leistungsmängel nach Wiederantritt der Arbeit im Juni 2005 indizierten das Gegenteil. Wenn die Klägerin die erteilten Rügen als gezielte Belästigungen empfinde, verkenne sie die Sachlage. Man habe ihr völlig zurecht wegen gravierender Mängel Abmahnungen aussprechen müssen, die Klägerin sei am 18.06. unpünktlich gekommen. Am 21.06. habe sie eine Patientin unsachgemäß gelagert, am 22.06. habe sie einen Patienten zum Ende der Spätschicht auf seinem Toilettenstuhl vergessen. Hinzu kämen weitere Pflegemängel.

Augenfällig sei für die Krankheitsentwicklung der Klägerin im Jahre 2005 vielmehr, dass sie immer dann gesundet sei, wenn absehbar keine Beschäftigung mehr anstand, so namentlich nach Durchführung des Gütetermins bei dem Arbeitsgericht am 02.02.2005 und nach dem erfolgten Vergleichsabschluss beim Landesarbeitsgericht am 10.11.2005. Es liege deshalb nahe, dass die psychische Beeinträchtigung, wegen derer die Klägerin nach dem 23.06.2005 auch stationär behandelt wurde, auch in den Vormonaten bestanden und einen vollschichtigen Einsatz ausgeschlossen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 31.05.2006 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch schriftliche Anhörung des behandelnden Arztes T. über die Behauptung der Klägerin, sie sei am 01., 02. oder 03.02.2005 ärztlich untersucht worden. In dieser schriftlichen Aussage bekundete der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. T., die Klägerin sei am 03.02.2005 in seiner ärztlichen Behandlung gewesen und habe über körperliches Wohlbefinden berichtet.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Es hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, der Beklagten sei kein hinreichend konkreter Vortrag zu einem Krankheitsbild der Klägerin gelungen. Der Anspruch aus Annahmeverzug ergebe sich aus den §§ 615, 293 ff. BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag der Klägerin. Durch den Fortbestand des am 17.12.2004 unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnisses und die nach Ablauf der Kündigungsfrist unterbliebene Arbeitsaufforderung der Beklagten seien die Voraussetzungen des Annahmeverzugs erfüllt. Ein tatsächliches oder ausdrückliches Arbeitsangebot sei gemäß §§ 294, 295 BGB überflüssig, weil der Arbeitgeber mit Ausspruch der Kündigung unmissverständlich kundtue, an der Arbeitsleistung des Beschäftigten kein Interesse mehr zu haben. Die Klägerin sei auch nicht während des Verzugszeitraums vom 03.02. bis 04.06.2005 leistungsunfähig gewesen. Darlegungs- und beweisbelastet sei die Beklagte zu diesem Umstand.

Aus dem dargelegten Tatsachenvortrag ergäben sich keine zwingenden Anhaltspunkte für eine Arbeitsunfähigkeit der Klägerin. Das vorgelegte und durch Anhörung des Zeugen zuordenbare Attest der Arbeitsfähigkeit sei in seinem Aussagegehalt nicht erschüttert. Die Beklagte stütze ihre Behauptung auf die Indizien. Tragendes Indiz sei die wiederholte Krankheit in den Jahren 2004 und 2005. Für das Jahr 2004 bliebe unstreitig, dass die Krankheitsperiode vom 04.08. bis 15.09.2004 auf einem Arbeitsunfall beruhe. Ferner blieb unstreitig, dass die Erkrankung im Sommer und Herbst 2005 mit einer psychischen Behandlung der Klägerin wohl teilweise auch in stationärer Behandlung zusammenhing. Streitig blieb hingegen die Ursache der Krankheitszeit vom 23.09.2004 bis 02.02.2005. Nach Angaben der Klägerin beruhte diese Krankheit auf einem Magenleiden. Andere Umstände, obwohl von der Beklagten bestritten seien beiderseits nicht aufgeführt worden. Aus welchen Gründen die Beklagte eine gleichförmige medizinische Labilität der Klägerin vermutete, die vom Herbst 2004 bis in den Sommer/ Herbst 2005 reichen sollte, habe sie nicht weiter ausgeführt. Es sei auch seitens der Beklagten unaufgeklärt, warum die Klägerin nicht am 03.02.2005 von dem seit 23.09.2004 währenden Magenleiden genesen sein konnte.

Die Beklagte habe zwar eine auffällige Koinzidenz von Genesungszeitpunkten und Verhandlungsterminen in vorangegangenen Rechtsstreitigkeiten aufgezeigt. Die Wiederanzeige der Arbeitsfähigkeit zum 15.11.2005 sei Teil der Entlassungsmitteilung aus der Rehabilitationseinrichtung vom 15.11.2005 gewesen auf deren Erstellungszeitpunkt die Klägerin keinen ersichtlichen Einfluss haben konnte. Des Weiteren sei eine Auffälligkeit der Zeitpunkte vom 02.02.2005 und der Genesung zum 03.02.2005 nicht ersichtlich. Inwieweit die Klägerin ab der Güteverhandlung nicht mehr mit einer Heranziehung zur Arbeitsleistung zu rechnen brauchte, sei deswegen nicht ersichtlich, weil der Gütetermin erfolglos geblieben sei. Die Beklagte könne sich auch schließlich nicht auf die nur kurzzeitig nach dem 05.06.2005 erfolgte Arbeitsaufnahme mit erneuter Arbeitsunfähigkeit ab 23.06.2005 berufen. Inwieweit die Klägerin hier unter besonderem Druck stand, sei zwar zwischen den Parteien streitig dass sie unter Beobachtung der Pflegeleitung stand wurde zumindest durch das ausführliche Besprechungsprotokoll vom 23.06.2005 und die anschließenden Abmahnungen nahegelegt. Aus diesen Umständen folgte weder ein Anhaltspunkt für eine dauerhafte Erkrankung noch für eine bestehende bestimmbare Labilität der Klägerin. Schon bei den dargelegten Krankheitszeiten lasse die Beklagte den allgemeine Erfahrungsgrundsatz außer Betracht, dass auch Langzeiterkrankte wieder genesen können. Hinzukomme, dass die Erkrankung erkennbar verschiedene Ursachen hatten und keine Dauererkrankung ausmachten. Die Klägerin habe ja immerhin die Arbeit am 05.06.2006 aufgenommen und bis zum 18.06.2006 beanstandungsfrei erbracht. Dass es danach zu erheblichen Beanstandungen gekommen sei, die gegebenenfalls auch Ursache einer eigenen Krankheit gewesen sein konnten, sei jedenfalls nicht undenkbar, sodass auch der Schluss der Beklagten die Klägerin sei schon immer krank gewesen, nicht zwingend sei.

Weil es an greifbaren Umständen für eine bestehende Krankheit fehle, sei das Gericht nicht gehalten die Behauptung der Beklagten sachverständig überprüfen zu lassen, weil eine entsprechende Untersuchung Ausforschungsbeweis dargestellt hätte. Diese gelte um so mehr als die Klägerin die Richtigkeit ihres Vortrags durch ärztliches Attest unter Beweis gestellt habe. Den Beweiswert des Attests sei mit der Höhe des für ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen geltenden Maßstabs zu bewerten. Der Wert der Bescheinigung sei weder durch die Wendung "aus hausärztlicher Sicht" noch durch die Schilderung, die Patientin habe am 03.02.2005 körperliches Wohlbefinden bekundet in Frage gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der umfangreichen Urteilsbegründung wird auf den begründenden Teil der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Urteil wurde der Beklagten am 03.08.2006 zugestellt. Sie hat hiergegen am 24.08.2006 Berufung eingelegt und ihre Berufung, nachdem die Frist zur Begründung bis 02.11.2006 verlängert worden war, mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte bestreitet den Vortrag der Klägerin, ihre Krankheiten hätten auf unterschiedlichen Ursachen beruht. Dies habe sie schon erstinstanzlich getan, deswegen seien die Tatsachenfeststellungen des Arbeitsgerichts fehlerhaft. Ob die Klägerin ab 23.09.2004 tatsächlich wegen eines Magenleidens arbeitsunfähig erkrankt sei, habe das Arbeitsgericht nicht aufgeklärt, sondern in seinem Urteil als wahr unterstellt. Die Klägerin hätte auch die sie behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbinden müssen. Auch sei die Feststellung falsch, dass das Magenleiden am 02.02.2005 ausgeheilt gewesen sei und deshalb von erneuter Arbeitsfähigkeit der Klägerin auszugehen sei. Dahingehende Tatsachenfeststellungen habe das Arbeitsgericht nicht getroffen. Im ganzen Kalenderjahr 2005 habe die Klägerin nur 14 Tage gearbeitet nämlich vom 05.06. bis 23.06. Zudem behauptet die Klägerin dass sie in diesen 2 Wochen von der Beklagten derart gemobbt worden sei, dass dies zu psychischen Problemen bei ihr geführt hätten. Dieser Vortrag sei mehr als unglaubwürdig. Das Verhalten der Klägerin während der Arbeitsphase lasse den Schluss zu, dass die Klägerin bei Arbeitsantritt am 05.06.2005 bereits an psychischen Problemen gelitten habe und diese weit vorher entstanden seien, weshalb die Beklagte auch aus diesem Grund von einer Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum 03.02. bis 04.06.2005 ausgehe. Die psychischen Auffälligkeiten rührten nicht aus der Zeit vom 05.06. bis 22.06.2005. Die Ursachen lägen weiter zurück in der Vergangenheit. Darüberhinaus spreche auch die lange Arbeitsunfähigkeit vom 23.09.2004 bis zur angeblichen Wiedergenesung am 02.02.2005 dagegen, dass diese tatsächlich eingetreten sei. Weiter stelle sich die Frage, wieso ein Hausarzt über 5 Monate zurück im Juli 2005 feststellen kann, dass im Februar 2005 volle Arbeitsfähigkeit vorgelegen haben soll. Diese Zweifel würden noch erhärtet durch die Bescheinigung des Hausarztes, dass sie in der ärztlichen Behandlung sei und über körperliches Wohlbefinden berichtete. Die Äußerung von Wohlbefinden lasse nicht auf Arbeitsfähigkeit schließen. Völlig unglaubwürdig werde der Hausarzt, wenn er bescheinige, dass Frau D. zum damaligen Zeitpunkt arbeitsfähig gewesen sei. Am 01.07. habe er noch bescheinigt, dass die Klägerin aus hausärztlicher Sicht voll arbeitsfähig gewesen sei. Diese Einschränkung werde mit dem Schreiben vom 18.04.2006 zurückgenommen. Hintergrund sei ganz offensichtlich der, dass die Beklagte die Vorlage einer Bescheinigung gefordert habe, wonach die Klägerin ab dem 03.02.2005 die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung hätte erbringen können. Das Arbeitsgericht sei auch unter Verstoß gegen § 286 ZPO einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachgegangen.

Die Beklagte beantragt,

das am 31.05.2006 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Trier - 4 Ca 1277/05 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, entbindet die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht und nimmt nochmals Bezug auf den nicht erschütterten Beweiswert des ärztlichen Attestes Dr. T. welches er nachfolgend auf gerichtliche Vernehmung hin nochmals bestätigte. Entscheidend sei, dass die Klägerin am 03.02.2005 ärztlich untersucht wurde und dass ihr Hausarzt am 03.02.2005 ihre Arbeitsfähigkeit positiv feststellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zu den Sitzungsprotokollen vom 18.01.2007 und vom 29.11.2007.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über die Behauptung der Beklagten, die Klägerin sei vom 05.02. bis 04.06.2005 arbeitsunfähig gewesen. Auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Dr. A., Arzt für Arbeitsmedizin wird verwiesen. Die Kammer hat weiter auf Antrag der Beklagten den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens mündlich vernommen. Hierzu wird verwiesen auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 29.11.2007.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO). Die Berufung hat in der Sache jedoch k e i n e n Erfolg.

II.

Die Klägerin hat Anspruch auf der Höhe nach rechnerisch unstreitige Entgeltfortzahlung aus Annahmeverzug für die Zeit vom 03.02.2005 bis einschließlich 04.06.2005. Der Anspruch folgt aus §§ 615 S. 1, 293 ff. BGB.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, kann der Verpflichtete für die infolge des Verzuges nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen.

Die Beklagte geriet (abgesehen von der streitigen Leistungsfähigkeit der Klägerin) nach Ablauf der Kündigungsfrist, zu welchem die Beklagte rechtsunwirksam zum 31.01.2005 gekündigt hatte, in Annahmeverzug. Sie hat der Klägerin mit Ablauf der Kündigungsfrist die Arbeitsmöglichkeit entzogen. Darüber streiten die Parteien nicht.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie nach § 297 BGB nicht in Verzug geraten ist, weil die Klägerin zur Zeit des Angebotes oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande war, die Leistung zu bewirken. Entfällt das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber (vgl. BAG Urteil vom 29.10.1998 - 2 AZR 666/97 = EzA BGB § 615 Nr. 91, Urteil vom 05.11.2003 - 5 AZR 562/02 = EzA § 615 BGB 2002 Nr. 2). Da der Arbeitgeber über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor und nach dem Verzugszeitraum. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann (§ 138 Abs. 2 ZPO). Er kann etwa darlegen, warum die zugrundeliegende Erkrankungen keine Aussagekraft für den Annahmeverzugszeitraum haben oder konkrete Umstände für eine Ausheilung von Krankheiten bzw. ein Abklingen der Beschwerden vortragen. Naheliegend ist es, die behandelnden Ärzte von Schweigepflicht zu entbinden. Der Arbeitgeber ist dann für die Leistungsunfähigkeit beweispflichtig. Dabei kann es sich auf das Zeugnis der den Arbeitnehmer behandelnden Ärzte und auf ein Sachverständigengutachten berufen. Trägt der Arbeitnehmer dagegen nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei auch während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

Im vorliegenden Verfahren hat die Beklagte Indizien geschildert, die den Schluss auf eine Arbeitsunfähigkeit auch während des streitigen Zeitraum zulassen könnten. Hierzu hat sie abgestellt auf die vorangegangenen und nachträglich aufgetretenen Krankheitszeiten, auf die Koinzidenzen zwischen Verhandlungsterminen bzw. Einigung über eine alsbaldiges Ende des Arbeitsverhältnisses verbunden jeweils mit einer von der Klägerin angezeigten Arbeitsfähigkeit.

Demgegenüber hat die Klägerin vorgetragen, warum aus den zugrunde liegenden Erkrankungen keine Aussagekraft gewonnen werden kann. Sie hat zum einen auf den Arbeitsunfall hingewiesen, zum anderen auf eine ausgeheilte Magenerkrankung und des Weiteren auf nachträglich aufgetretene psychosomatische Beschwerde. Weiter hat sie sich bezogen ein ärztliches Attest, wonach sie ab dem 03.02.2005 aus hausärztlicher Sicht wieder arbeitsfähig gewesen sei.

Damit hat die Klägerin ausreichend vorgetragen, sodass nicht die Tatsache, sie sei auch während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden angesehen werden kann.

Die Berufungskammer konnte der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht folgen, dass die Einholung des von der Beklagten bereits erstinstanzlich beantragten Sachverständigengutachtens ausforschlich gewesen sein soll. Dieser angebotene Beweis ist bereits nicht deswegen unzulässig, weil er auf keiner gesicherten Tatsachenkenntnis der Beklagten sondern nur auf Vermutungen beruht. Die Beklagte kann regelmäßig nicht beurteilen, ob die Klägerin nach Ablauf der Kündigungsfrist arbeitsfähig ist.

Sie hat aus den Krankheitszeiten der Klägerin vor und nach dem Verzugszeitraum auf das Leistungsunvermögen auch während dieses Zeitraums geschlossen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Eine Partei, die keine näheren Einblicke in dem Gegner bekannte Geschehensabläufe hat und deren Beweisführung deshalb erschwert ist, kann auch von ihr nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Unzulässig ist ein derartiges prozessuales Vorgehen erst dort, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhaltes willkürlich Behauptungen auf gerade wohl oder ins Blaue hinein aufstellt und sich deshalb rechtsmissbräuchlich verhält. Das kann in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden.

Angesichts der Art der Erkrankung, die bei der Klägerin zu Behandlungen stationärer Art auch im psychosomatischen Bereich geführt, ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte ohne greifbare Anhaltspunkte willkürliche Behauptungen aufs gerade Wohl aufgestellt hat.

Demgemäß sah sich die Kammer veranlasst, über die Behauptung der Beklagten ein Sachverständigengutachten einzuholen.

III.

Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin sei in der Zeit vom 05.02. bis 04.06.2005 arbeitsunfähig gewesen, lässt sich nach Überzeugung des Gerichts nicht durch das eingeholte Sachverständigengutachten vermitteln. Auch die mündliche Erläuterung durch den Gutachter in der Kammerverhandlung hat der Kammer nicht die Überzeugung vermitteln können, dass von einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit auszugehen ist.

In seinem schriftlichen Gutachten hat der Gutachter zwar ausgeführt, dass die Klägerin bereits seit längerer Zeit, auch in den streitgegenständlichen Zeitraum an einer psychischen Erkrankung gelitten hat und festgestellt, dass die Annahme die psychische Erkrankung habe schon länger bestanden, als gesichert angesehen werden kann. Der Gutachter bezieht sich hierbei auf die in der Zeit vom 23.09. bis 02.02.2005 angegebene Diagnose von somatoformer Störung, nicht näher bezeichnet und auf die im Reha-Entlassungsbericht des XY A-Stadt vom 27.09. bis 15.11.2005 wiedergegebene Bekundung der Klägerin, dass die von ihr beschriebenen Symptome wie mittelgradige depressive Episode, ausgeprägte Migräne mit Aura, fortdauernde Müdigkeit, Schwindelgefühle, Versagensängste, Ängsten im Dunkeln das Haus zu verlassen, Niedergeschlagenheit, Traurigkeit und Appetitlosigkeit seit 1 bis 1,5 Jahren verstärkt aufgetreten seien und sich im Prinzip bezogen auf ihre gesamte Lebenssituation.

Gleichzusetzen ist der Begriff der Krankheit aber nicht mit dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit. Diese liegt nur vor, wenn aufgrund von Krankheit des Arbeitnehmers die vertraglich geschuldete auszuübende Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann.

Diese Feststellung kann, wie vom Gutachter in der mündlichen Anhörung eindrucksvoll bestätigt, nicht getroffen werden. Er hat überzeugend dargelegt, dass eine Diagnose, bei der der Hausarzt auch nur bei grober Kenntnis des Berufsbildes der Klägerin hätte erkennen können, dass diese arbeitsunfähig ist nicht vorgelegen hat. So sind weder schwerwiegende Persönlichkeitsstörungen z. B. schwere epileptische Anfälle, Neurosen oder Schizophrenien vorher oder auch später nicht diagnostiziert worden. Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin bereits vorher in stationärer Behandlung war, dies allerdings 10 Jahre zurückliegt und die dazwischen relativ stabile Arbeitsleistung ist nicht festzustellen, dass die Befähigung zur Arbeit bereits früher gefehlt hat bzw. im streitgegenständlichen Zeitraum ebenfalls gefehlt hat. Mängel bei der Arbeitsleistung waren bis zum Zeitpunkt, als die Klägerin nach gewonnenem Kündigungsschutzprozess wiederum kurzfristig gearbeitet hat, seitens der Beklagten nicht dargestellt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Kommt weiter hinzu, dass die neurologische Fachärztin die Klägerin lediglich wegen Migräne behandelt hat, kann nicht festgestellt werden, dass eine schwerwiegende Persönlichkeitsstörung die Klägerin gehindert hätte, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Nimmt man schließlich den Beweiswert eines ärztlichen Attestes hinzu, welches die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit hat, lässt sich nach allem nicht die Feststellung treffen, dass die Behauptung der Beklagten, die Klägerin sei in der fraglichen Zeit infolge Krankheit arbeitsunfähig gewesen, als nicht erwiesen angesehen werden muss.

Da die Beklagte den vollen Beweis für die für sie streitende Tatsache erbringen muss, eine entsprechende Feststellung nicht getroffen werden kann, mussten die gegen das Urteil gerichteten Einwendungen der Beklagten letztlich erfolglos sein und es bei dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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