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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.01.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 683/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BUrlG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b)
ZPO § 263
ZPO § 264
ZPO § 533 Abs. 1
BUrlG § 7 Abs. 3
BGB § 288
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 683/04

Verkündet am: 11.01.2005

Tenor:

1) Auf die Berufung des Klägers werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger auf die Bruttovergütung aus der Zeit von April 2001 bis März 2002 restliche 2.574,55 € netto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 19.10.2004 zu bezahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 7/8, die Beklagte zu 1/8; ansonsten bleibt es bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung.

3) Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zuletzt noch um restliche Gehalts- und Urlaubsabgeltungsansprüche.

Der Kläger war bei den Beklagten zu 2 ) und 3) aufgrund eines Dienstvertrages vom 06.11.1999 als "Finanzdirektor der Weissheimer-Gruppe" beschäftigt. Die Beklagten haben dieses Arbeitsverhältnis zum 31.10.2000 gekündigt und den Kläger von seiner Arbeitsleistung freigestellt. Eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen auf die Freistellungszeit haben die Beklagten in der Freistellungsserklärung nicht ausgesprochen. Durch Vergleich vor der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13.12.2002 haben die Parteien das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2002 beendet. Die Beklagten waren jedoch nur verpflichtet, an den Kläger bis zum 31.03.2002 die vertragliche Vergütung zu bezahlen. Insoweit haben die Parteien u.a. folgende Regelung im Vergleich getroffen:

"...

3. Die Beklagte wird bis zum 31.03.2002 die Vergütung des Klägers auf der Grundlage der bisher geltenden Vereinbarungen errechnen und zahlen. Bezüglich des Dienstwagens wird dieser entsprechend den steuerlichen Richtsätzen mit 1 Prozent des Anschaffungspreises berücksichtigt.

...

5. Wegen etwaiger Gehalts- oder sonstiger Vergütungsrückstände aus dem Arbeitsverhältnis bis zum 31.03.2002 verzichtet die Beklagte auf die Geltendmachung von Ausschlussfristen und Verjährung.

..."

Mit vorliegender Klage, die der Kläger am 02.06.2003 beim Arbeitsgericht Koblenz eingereicht hat, hat er im Laufe des Verfahrens zahlreiche Einzelansprüche geltend gemacht und hierbei jeweils auf Erfüllungshandlungen der Beklagten aus dem gerichtlichen Vergleich reagiert. U.a. hat der Kläger in seiner Klageschrift eine ordnungsgemäße Vergütungsabrechnung für die Zeit vom 01.04.2001 bis zum 31.03.2002 verlangt, die u.a. auch die Abgeltung von 28 Tagen Resturlaub beinhalten soll. Wie sich im Laufe des Verfahrens herausgestellt hat, betraf die Urlaubsabgeltung den Zeitraum von April 2001 bis März 2002.

Der Kläger hat im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens, nachdem die Beklagte Zahlung geleistet hatte, im Kammertermin vom 26.05.2004 hinsichtlich des bis dahin geltend gemachten Zahlungsanspruches die Klage zurückgenommen (Bl. 179 d.A.) und insoweit nur noch einen Zinsanspruch verfolgt. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch war nicht ausdrücklich Gegenstand eines Klageantrages. Auf die vom Kläger erstinstanzlich gestellten Anträge (vgl. Bl. 186 d.A.), die der Kläger zuletzt vor dem Berufungsgericht nicht mehr weiterverfolgt hat, wird hiermit Bezug genommen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 02.06.2004, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit verwiesen wird, der Klage teilweise stattgegeben, sie jedoch überwiegend abgewiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese in gleicher Weise begründet. In seiner Berufungsbegründungsschrift hat der Kläger u.a. einen Zahlungsanspruch in Höhe von 3.215,-- € verfolgt und darüber hinausgehend weitere Zahlungsanträge und Leistungsanträge verfolgt. Im Kammertermin vom 11.01.2005 haben die Parteien einen Teil dieser Anträge durch Teil-Vergleich erledigt. Zuletzt waren zwischen den Parteien nur noch ein restlicher Zahlungsanspruch und ein Urlaubsabgeltungsanspruch streitig.

Hierzu trägt der Kläger vor:

Die ihm von der Beklagten erteilte Gehaltsabrechnung sei inhaltlich fehlerhaft. Er habe einen noch offenen Gesamtzahlungsanspruch in Höhe von 126.049,34 € gehabt. Abzüglich der im Laufe des Verfahrens getätigten Zahlungen sei noch ein restlicher Nettoanspruch von 2.574,55 € offen, den die Beklagte noch nicht beglichen habe. Hierzu hat der Kläger Berechnungen in seinen Anlagen K 21 bis K 23 (Bl. 249 bis 251 d.A.) zur Gerichtsakte gereicht, auf deren Inhalt hiermit Bezug genommen wird.

Des Weiteren ist der Kläger der Auffassung, es stehe ihm noch ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 21.028,32 € zu für die Zeit von April 2001 bis März 2002. Dieser Anspruch sei nicht untergegangen, weil er Gegenstand des gerichtlichen Vergleiches der Parteien vor dem Landesarbeitsgericht vom 13.12.2002 gewesen sei; auch habe er in der Klageschrift den Anspruch auf Urlaubsabgeltung erwähnt gehabt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an ihn auf eine Bruttovergütung aus der Zeit von April 2001 bis März 2002 restliche 2.574,55 Euro netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 19.10.2004 zu bezahlen,

2. an ihn eine Urlaubsabgeltung von 17.813,32 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen,

unter Zurückweisung der Berufung die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung sei die Abrechnung des Klägers nicht korrekt, sie hätten ihm korrekte Abrechnungen erteilt gehabt. Im Übrigen habe der Kläger die Klage in der 1. Instanz hinsichtlich der Zahlung nicht weiterverfolgt, so dass insoweit eine konkludente Erledigungserklärung eingetreten sei.

Bezüglich der Urlaubsabgeltung widerspreche sie der Klageerweiterung. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu, weil entsprechende Urlaubsansprüche untergegangen seien, da sie der Kläger nicht jeweils bis zum Jahresende geltend gemacht habe, nachdem er im Laufe des Jahres 2000 von der Arbeit freigestellt worden sei. Auch sei die Berechnung des Klägers inhaltlich fehlerhaft.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegen-stand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren, sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1.

Die nach § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG statthafte Berufung wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet und erweist sich auch sonst als zulässig.

Unschädlich ist im Streitfalle, dass der Kläger die zuletzt noch verfolgten Zahlungsanträge erstinstanzlich noch nicht geltend gemacht hatte. Der Kläger hat in seinem Berufungsschriftsatz u.a. einen Zahlungsanspruch aus einer Direktversicherung in Höhe von 3.215,-- € weiterverfolgt, den das Arbeitsgericht in seinem angefochtenen Urteil abgewiesen hatte. Insoweit war die Berufung vom Wert des Beschwerdegegenstandes her nach § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG zulässig. Über diesen Anspruch haben die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen Teil-Vergleich abgeschlossen. Unschädlich ist vorliegend, dass der Kläger hinsichtlich der zuletzt noch geltend gemachten Zahlungsansprüche durch das erstinstanzliche Urteil nicht beschwert ist. Er kann sein zulässiges Rechtsmittel zum Anlass nehmen, um im Berufungsverfahren die Klage unter den Voraussetzungen von §§ 263, 264, 533 Abs. 1 ZPO zu erweitern. Diese Bestimmungen finden im arbeitsgerichtlichen Verfahren uneingeschränkt Anwendung (vgl. hierzu Schwab-Weth/Schwab, ArbGG, § 64 Rz 147 m.w.N.). Da sich sowohl die Vergütung als auch eine Urlaubsabgeltung aus den erstinstanzlichen Abrechnungsanträgen des Klägers ergeben hat, ist er nunmehr nicht gehindert, die entsprechende Zahlung im Berufungsverfahren zu verlangen. Damit hat er dem Landesarbeitsgericht keinen neuen Lebenssachverhalt im Sinne von § 533 Abs. 1 ZPO unterbreitet. Auch erwies sich diese Klageänderung als sachdienlich im Sinne von § 263 ZPO, weil der bisherige Streitstoff eine verwertbare Entscheidungsgrundlage bleibt und die Zulassung die endgültige Beilegung des Streits der Parteien fördert und einen neuen Prozess vermeidet (vgl. BGH NJW 2000, 800).

Zwar hat der Kläger zuletzt vor dem Arbeitsgericht im Kammertermin vom 26.05.2004 (Bl. 179 d.A.) seine erstinstanzliche Zahlungsklage zurückgenommen. Die Klagerücknahme steht einer erneuten Klageerhebung nicht entgegen (vgl. § 269 Abs. 6 ZPO). Daher kann dahingestellt bleiben, ob der zuletzt noch verfolgte Nettoanspruch bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Zahlungsanspruchs des Klägers war.

2.

In der Sache ist das Rechtsmittel nur hinsichtlich des Vergütungsanspruches begründet.

a) Ausgehend von dem von den Parteien vor dem Landesarbeitsgericht am 13.12.2002 abgeschlossenen Vergleich hat der Kläger im Berufungsverfahren insbesondere in seiner Anlage K 22 (Bl. 250 d.A.) eine Vergütungsabrechnung zur Gerichtsakte gereicht, in der er ins Einzelne gehend die ihm zustehenden Vergütungsansprüche spezifiziert aufgeführt hat. Er hat genau errechnet, welche steuerbaren Zahlungsansprüche ihm zustehen und welche Einzelbeträge die Beklagte an ihn nach Abschluss des Vergleiches bezahlt hat. Danach verbleibt nach der darin angegebenen Zwischensumme 4 ein noch offener Nettoanspruch in Höhe von 2.574,55 €. Auf diese Abrechnung ist die Beklagte in der Folgezeit nicht näher eingegangen. Sie hat lediglich pauschal die Richtigkeit bestritten, ohne ins Einzelne gehend darzulegen, welche Einzelpositionen entweder dem Grunde oder der Höhe nach in dieser Abrechnung fehlerhaft sein sollen. Wenn der Kläger aber ein qualifiziertes und inhaltlich substantiiertes Rechenwerk vorlegt, dann wäre es die Verpflichtung der Beklagten, hierzu ins Einzelne gehend Stellung zu nehmen und nicht nur pauschal die Richtigkeit der Aufstellung zu bestreiten. Auch der Hinweis auf irgendwelche erteilte Abrechnungen reichen in diesem Zusammenhang nicht aus, weil insoweit nicht erkennbar ist, welche Abrechnungen die Beklagte überhaupt meint, zumal sie im Laufe des Prozessverfahrens immer nur sukzessive und scheibchenweise ihren Verpflichtungen aus dem zwischen den Parteien am 13.12.2002 abgeschlossenen Vergleich nachgekommen ist. Allein das Beweisangebot durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, wonach ihre Berechnungen korrekt seien, reicht hierfür nicht aus. Beweis ist im Zivilprozess nur dann zu erheben, wenn beide Parteien jeweils ausreichenden Sachvortrag geliefert haben und das Gericht selbst nicht im Stande ist, die inhaltliche Richtigkeit von einzelnen Abrechnungsposten beurteilen zu können. Eine solche Fallkonstellation scheidet insbesondere im arbeitsgerichtlichen Verfahren in den ganz überwiegenden Fällen ohnehin aus.

b) Ein Urlaubsabgeltungsanspruch für Urlaubsansprüche des Klägers aus der Zeit von April 2001 bis März 2002 stehen dem Kläger nicht mehr zu. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass nach § 7 Abs. 3 BUrlG der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss; andernfalls verfällt er grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres. Nur dann, wenn der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend macht und der Arbeitgeber die Erfüllung ablehnt, tritt anstelle des ursprünglichen Urlaubs als Schadensersatzanspruch ein Urlaubsanspruch in entsprechender Höhe (vgl. BAG v. 05.09.1985 - 6 AZR 86/82 und seitdem ständige Rechtsprechung). Da der Urlaubsabgeltungsanspruch ein Surrogat des Urlaubsanspruchs ist, steht dem Arbeitnehmer für einen untergegangenen Urlaubsanspruch folglich auch kein entsprechender Abgeltungsanspruch zu.

Der Kläger hat weder seinen Jahresurlaubsanspruch für das Jahr 2001 noch für das Jahr 2002 bis zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres bei den Beklagten geltend gemacht, so dass auch - mangels Vorliegens eines gesetzlichen Übertragungstatbestandes - seine nunmehr verfolgten Ansprüche auf Urlaubsabgeltung jeweils mit Ablauf des Kalenderjahres 2001 bzw. des Kalenderjahres 2002 untergegangen sind.

Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob das erstmalige Erwähnen eines Urlaubsabgeltungsanspruches in dem Antrag des Klägers auf Gehaltsabrechnung in der Klageschrift in dem dortigen Antrag zu 5) überhaupt eine ausreichende Geltendmachung dargestellt hat. Diese Klage wurde am 02.06.2003 beim Arbeitsgericht eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt waren jedenfalls die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Urlaubsabgeltungsansprüche bereits lange ersatzlos erloschen.

Auch aus dem gerichtlichen Vergleich der Parteien vor dem Landesarbeitsgericht vom 13.12.2002 ergibt sich nicht der Wille und damit eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten, einen nicht mehr bestehenden Urlaubsanspruch - aus welchen Gründen auch immer - noch abgelten zu wollen. Die Beklagte hat sich in der Ziffer 3) verpflichtet, dem Kläger bis zum 31.03.2002 die Vergütung auf der Grundlage der bisher geltenden Vereinbarungen zu errechnen und zu bezahlen. Die Parteien haben aber keine Vereinbarung getroffen, wonach dem Kläger auch noch ein verfallener Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht. In der Ziffer 5) dieser Abrechnung hat die Beklagte lediglich auf die Geltendmachung von "Ausschlussfristen und Verjährung" verzichtet. Die zuletzt noch verfolgten Urlaubsabgeltungsansprüche sind aber nicht durch Ausschlussfristen oder wegen Verjährung untergegangen, sondern sie sind kraft gesetzlicher Regelung erloschen. Die Beklagte hat nach dem Wortlaut des Vergleiches keinen Rechtsgrund für eine Zahlungspflicht geschaffen, die über die gesetzlich geregelten Fälle hinausgeht und mit der etwa ein nicht mehr bestehender Vergütungsanspruch rückwirkend wieder aufleben soll (vgl. hierzu auch BAG v. 29.09.2004, BAGR 2005, 5).

Nach alledem waren die erstmals in zulässiger Weise im Berufungsverfahren zuletzt noch verfolgten Zahlungsansprüche des Klägers nur zum Teil begründet, so dass die weitergehende Klage abzuweisen war.

Der Zinsanspruch beruht auf § 288 BGB.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren entsprechend dem Grad des jeweiligen Unterliegens gemäß § 92 ZPO zu quoteln.

Die Revision konnte angesichts der gesetzlichen Kriterien von § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen werden. Ein Rechtsmittel ist somit nicht gegeben.

Auf die Möglichkeit der selbständigen Anfechtbarkeit der Entscheidung der Kammer über die Nichtzulassung der Revision nach § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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