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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 18.01.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 711/04
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, SGB X, BRTV-Bau


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
BGB § 615 Satz 1
BGB § 615 Satz 2
BGB §§ 293 ff
KSchG § 11
KSchG § 11 Nr. 2
KSchG § 11 Nr. 3
SGB X § 115
BRTV-Bau § 16 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 711/04

Verkündet am: 18.01.2005

Tenor:

1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz, Auswärtige Kammern Neuwied, vom 26.05.2004 - 6 Ca 2432/03 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 48.039,55 € brutto abzüglich 12.718,85 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 01.10.2003 zu bezahlen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage insoweit in Höhe von 1.000,-- € als endgültig und im Übrigen als derzeit unbegründet abgewiesen wird.

2) Die erstinstanzlichen Kosten werden dem Kläger in Höhe von 1/37 und der Beklagten in Höhe von 36/37 auferlegt; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger in Höhe von 7/8 und die Beklagte in Höhe von 1/8.

3) Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Annahmeverzugsansprüche.

Der Kläger ist seit dem 02.01.2001 bei der Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.12.2000 (Bl. 7 - 9 d.A.), auf dessen Inhalt hiermit Bezug genommen wird, als Tankwagenfahrer beschäftigt. Nach der Verdienstabrechnung der Beklagten für die Zeit vom 01.10.2001 bis 31.10.2001 bezog der Kläger eine Jahresgesamtbruttovergütung von 71.565,70 DM (vgl. Bl. 78 d.A.).

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 13.11. zum 01.12.2001 gekündigt. Durch Urteil der erkennenden Kammer vom 24.06.2003 wurde festgestellt, dass diese Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat. Das Arbeitsverhältnis ist mittlerweile beendet worden.

Im vorliegenden Verfahren verlangt der Kläger seine Vergütungsansprüche für die Zeit vom 01.06.2002 bis zum 30.09.2003. Hierbei geht er unter Bezugnahme auf seine Verdienstbescheinigung von einer durchschnittlichen monatlichen Bruttovergütung von 3.600,-- € aus. Des Weiteren ist der Kläger der Auffassung, dass ihm die Beklagte aufgrund eines auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren Lohnmodells (Bl. 79 d.A.) der Beklagten ein Weihnachtsgeld in Höhe von jeweils 500,-- € für das Jahr 2002 und 2003 zusteht.

Nach Zugang des Urteils des Landesarbeitsgerichts in der Kündigungsschutzsache am 26.06.2003 hat der Kläger mit Schreiben vom 28.07.2003 seine Lohnansprüche unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges bei der Beklagten geltend gemacht (Bl. 27, 28 d.A.). Nachdem die Beklagte die Zahlung abgelehnt hat, hat der Kläger mit einem am 11.09.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vorstehende Zahlungsklage erhoben.

Vor dem Arbeitsgericht hat er geltend gemacht, dass er für die Zeit vom 17.02. bis 28.05.2003 bei der Firma M. einen Zwischenverdienst in Höhe von 7.925,99 € brutto erzielt hat. Hierzu hat er die ihm von diesem Arbeitgeber erteilten Lohnabrechnungen für den Zeitraum zur Akte gereicht (Bl. 29 - 32 d.A.). Des Weiteren hat er geltend gemacht, er habe für die Zeit vom 01.06.2002 bis zum 02.02.2003 vom Arbeitsamt insgesamt Arbeitslosenunterstützung in Höhe von 8.630,21 € netto erhalten. Einen Leistungsnachweis hat er nicht zur Akte gereicht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an ihn 50.674,01 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 3.600,-- € ab dem 01. der Monate Juli 2002 bis Oktober 2003 sowie auf jeweils 500,-- € brutto ab dem 01.01.2002 und dem 01.01.2003 abzüglich 8.630,21 € netto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Höhe des geltend gemachten Monatlohnes bestritten und ist der Auffassung, dass dem Kläger nach § 4 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages der Parteien kein Anspruch auf Weihnachtsgeld zusteht. Des Weiteren hat die Beklagte eingewendet, der Kläger hätte einen höheren Verdienst erzielen können, wenn er gewollt hätte. Eine Überleitungsanzeige vom Arbeitsamt habe sie nicht erhalten. Sie bestreite daher die Höhe des in Abzug gebrachten Arbeitslosengeldes. Da der Kläger sich weigere, ihr unter Vorlage von entsprechenden Unterlagen Auskunft zu erteilen, mache sie ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht geltend. Im Übrigen hätte der Kläger sein am 28.05.2003 beendetes Arbeitsverhältnis bei der Firma M. fortführen können und hätte damit einen weiteren Zwischenverdienst erzielt. Dies habe er mutwillig unterlassen, da ihm dieser Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt habe. Im Übrigen habe sie sich auch nicht in Annahmeverzug bestanden, der Kläger habe von dem wichtigen Kunden Dr. L. Hausverbot wegen diverser Pflichtverstöße erteilt bekommen. Auch sei er - was unstreitig ist - durch Urteil vom Amtsgericht Duisburg wegen eines Urkundsdelikts rechtskräftig verurteilt. Schließlich stehe dem klägerischen Anspruch die zweistufige Ausschlussfrist nach der Ziffer 14 des Arbeitsvertrages der Parteien entgegen. Auch berufe sie sich auf eine allgemeine Verfristung und Verjährung.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 26.05.2004, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, nach der Ziffer 1 des Tenors dieses Urteils, die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es angegeben, dass der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht wegen fehlender Auskunftserteilung zustehe, so dass die Klage als zur Zeit unbegründet abzuweisen sei.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese in gleicher Weise begründet.

Nach seiner Auffassung hätte das Arbeitsgericht die Klage nicht in voller Höhe abweisen dürfen. Weder im Tatbestand noch in seinen Entscheidungsgründen habe es die vorgelegten Verdienstbescheinigungen der Firma M. berücksichtigt. Er habe des weiteren in der Zeit vom 03. bis 13.02. bei der Firma V. einen weiteren Zwischenverdienst in Höhe von 807,01 € brutto bezogen.

Vom 29.06. bis 24.07.2003 habe er kein anderweitiges Einkommen erhalten, da er wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes bei der Firma M. vom Arbeitsamt für diese Zeit eine Sperrfrist erhalten habe.

Vom 31.05. bis 28.06.2003 habe er Krankengeld in Höhe von 1.322,89 € erhalten.

An Arbeitslosenunterstützung habe er für die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.12.2002 6.902,76 € erhalten und für die Zeit vom 24.07.2003 bis 30.09.2003 2.314,26 €.

Er habe sein Arbeitsverhältnis mit der Firma M. nicht mutwillig gelöst, weil man ihm dort schikanös Arbeit zu gewiesen habe in Kenntnis dessen, dass er seinen Wohnsitz in Berlin habe und am Wochenende von Essen nach Berlin fahren müsse. Daher habe man sich auch vor dem Arbeitsgericht Essen einvernehmlich auf eine Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses verständigt (vgl. Bl. 99, 100 d.A.).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 50.674,01 € brutto abzüglich 13.641,69 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den sich ergebenden Nettobetrag seit dem 01.10.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

unter Berufung auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verhalte sich darüber hinausgehend treuwidrig, weil er nur scheibchenweise seiner gesetzlichen Auskunftsverpflichtung nachkomme.

Aus einer vorgelegten Unterlage ergebe sich, dass er auch in der Zeit vom 17.06. bis 22.06.2004 beschäftigt gewesen sei. Des Weiteren seien ungeklärt die Zeiten vom 15.02. und 16.02.2003 und vom 29.05. und 30.05.2003. Auch sei davon auszugehen, dass der Kläger vom 29.06. bis 24.07.2003 einen Zwischenverdienst erzielt habe. Des Weiteren ergebe sich aus einer vorgelegten Bescheinigung des Esso-Betriebskrankenkasse, dass der Kläger noch weiteres Krankengeld erhalten habe.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

In der Sache ist das Rechtsmittel auch zum ganz überwiegenden Teil begründet.

Durch die sozial nicht gerechtfertigte ordentliche Kündigung der Beklagten vom 13.11.2001 wurde - wie rechtskräftig festgestellt - das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht beendet. Durch die mit der Kündigung verbundene Freistellung des Klägers ist die Beklagte mit der Annahme der Dienste des Klägers in Verzug geraten. Dem Kläger steht daher für den streitbefangenen Zeitraum ein Anspruch auf Zahlung der infolge der unterbliebenen Arbeitsleistung entgangenen vereinbarten Vergütung nach §§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1, 293 ff BGB zu, soweit nicht anderweitiger Verdienst im Sinne von § 615 Satz 2 BGB, § 11 KSchG anzurechnen ist.

Der Kläger hat durch Vorlage der ihm von der Beklagten erteilten Verdienstbescheinigung für die Monate Januar bis Oktober 2001 den Nachweis erbracht, dass er in diesem Zeitraum den geltend gemachten Lohn von monatlich 3.600,-- € verdienst hätte, weil er in zehn Monaten auf einen Gesamtbruttolohn von 71.565,70 DM gekommen ist. Dies entspricht einem monatlichen durchschnittlichen Bruttoverdienst von 7.156,57 DM was mindestens 3.600,-- € pro Monat entspricht.

Da sich die Beklagte auch in dem Zeitraum von 01.06.2002 bis 30.09.2003 in Annahmeverzug befunden hat, fielen somit für diesen Zeitraum Vergütungsansprüche in Höhe von 57.600,-- € an. Von diesem Betrag sind gemäß § 615 Satz 2 BGB solche Vergütungsbestandteile in Abzug zu bringen, die der Kläger anderweitig erworben hat.

Der Kläger hat schon erstinstanzlich durch Vorlage von Lohnabrechnungen (Bl. 29 - 32 d.A.) den Nachweis erbracht, dass er in der Zeit vom 17.02. bis zum 28.05.2003 bei der Firma M. gearbeitet hat und dabei Lohnansprüche in Höhe von 7.925,99 € in diesem Gesamtzeitraum erworben hat. Weshalb das Arbeitsgericht den Rechtsstreit nicht zumindest in diesem Punkt für endgültig entscheidungsreif angesehen hat, sondern die Klage insgesamt - nicht nach dem Tenor sondern ausweislich der Entscheidungsgründe - als derzeit unbegründet zurückgewiesen hat ist nicht erkennbar oder auch nur ansatzweise vom Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil begründet worden.

Im Laufe des zweitinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger des Weiteren eine Arbeitsbescheinigung der Firma V. vorgelegt, wonach er in der Zeit vom 03.02. bis 13.02.2003 bei dieser Firma gearbeitet und ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 807,01 € erzielt hat.

Die beiden vorgenannten Bruttobeträge sind von dem Gesamtbruttoverdienst des Klägers als Bruttobetrag in Abzug zu bringen.

Zu berücksichtigen sind auch öffentlich rechtliche Leistungen, wie dies auch ausdrücklich in § 11 Nr. 3 KSchG normiert ist. Eine eigentliche Anrechnung findet aber nicht statt, da diese Ansprüche auf den Annahmeverzugslohn auf den Leistungsträger gemäß § 115 SGB X übergegangen sind.

Der Kläger hat durch Vorlage eines Zahlungsnachweises des Zentralamtes der Bundesanstalt für Arbeit vom 05.08.2002 (Bl. 150 d.A.) den Nachweis erbracht, dass er ab dem 05.02.2002 bis zum 31.07.2002 kalendertäglich 37,72 € an Arbeitslosengeld erhalten hat. Aus dem Zahlungsnachweis vom 25.11.2002 (Bl. 151 d.A.) ergibt sich, dass der Kläger auch für die Folgezeit vom 01.08. bis 31.10.2002 kalendertäglich 37,72 € an Arbeitslosenunterstützung erhalten hat. Gleiches gilt für die beiden Folgemonate aufgrund des Zahlungsnachweises vom 03.02.2003 (Bl. 152 d.A.). Vom 01.01.2003 bis 02.03.2003 hat der Kläger dann kalendertäglich 37,45 € erhalten (vgl. Bl. 152 d.A.). Durch weiteren Zahlungsnachweis vom 19.01.2004 (Bl. 154 d.A.) ergibt sich, dass der Kläger in der Zeit vom 24.07. bis 30.09.2003 kalendertäglich einen Leistungssatz von 33,54 € erhalten hat.

Des Weiteren hat der Kläger den Nachweis erbracht durch Vorlage einer Bescheinigung der Esso-BKK (Bl. 124 d.A.), dass der Kläger in der Zeit vom 31.05.2003 bis 28.06.2003 Krankengeld in Höhe von 1.322,98 € bezogen hat. Auch hinsichtlich dieser Leistung ist somit der Lohnanspruch des Klägers für diesen Zeitraum in Höhe der gewährten Leistungen auf diese Betriebskrankenkasse übergegangen.

Nach alledem sind von dem Gesamtbruttobetrag von 16 Monaten die beiden Zwischenverdienste in Höhe von 7.925,99 € (Firma M.) und von 807,01 € (Firma V.), also insgesamt 8.732,-- €, als Bruttobetrag in Abzug zu bringen.

Das erstinstanzliche Urteil erweist sich insoweit als richtig, als es dem Kläger auch im Berufungsverfahren nicht gelungen ist, im erforderlichen Maße Auskunft zu erteilen für die Zeiträume von Montag, den 17.06. bis Samstag, den 22.06.2002 und für den 29. und 30.05.2003. Insoweit war die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen, weil die Zahlungsklage des Klägers hinsichtlich dieser Vergütungsbestandteile wegen fehlender Auskunftserteilung als derzeit unbegründet abzuweisen ist. Nach der Bescheinigung der Esso-BKK vom 24.10.2003 (Bl. 159 d.A.) war der Kläger in der Zeit vom 17.06.2002 bis zum 22.06.2002 bei einer Firma S. Baustoffhandel und gewerblicher Güterkraftverkehr GmbH, Krefeld, beschäftigt. Den in dieser Zeit vom Kläger erzielten Zwischenverdienst hat er auch im Berufungsverfahren nicht nachgewiesen. Des Weiteren sind auch die beiden Tage vom 29.05. und 30.05.2003 ungeklärt. Die Betriebskrankenkasse spricht selbst von einem "restlichen" Krankengeld, das sie an den Kläger ab dem 31.05.2003 bezahlt hat. Damit kann auch davon ausgegangen werden, dass der Kläger an den beiden vorgenannten Tagen ebenfalls Krankengeld erhalten hat. Auch aus seiner neuerlichen Bescheinigung vom 30.11.2004 (Bl. 162 d.A.) ist das Schicksal dieser beiden Tagen nicht zu entnehmen. Auch dort hat diese Krankenkasse lediglich erneut bestätigt, welche Leistungen sie an den Kläger ab dem 31.05.2003 erbracht hat. Es ist aber nicht ersichtlich, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe sie für die beiden vorgenannten Tage Leistungen erbracht hat. Somit ist das Schicksal von insgesamt 7 Arbeitstagen bzw. 8 Werktagen noch offen, so dass die in dieser Zeit anfallende Vergütungsansprüche des Klägers als derzeit unbegründet abzuweisen waren. Ausgehend von einem Tagessatz in Höhe von 118,35 € für einen Arbeitstag sind somit für 7 Arbeitstage 828,45 € in Abzug zu bringen, so dass im vorliegenden Verfahren ein Gesamtbruttobetrag in Höhe von 48.039,55 € an Annahmeverzugsbruttobeträgen angefallen sind.

Ist wegen fehlender ausreichender Auskunftserteilung für insgesamt 8 Werktage der Vergütungsanspruch des Klägers derzeit noch nicht fällig, dann sind auch für die ersten 6 Werktage vom 17.06. bis 22.06.2002 das hierfür gezahlte Arbeitslosengeld in einer Gesamthöhe von 226,32 € dem Kläger gegenüber nicht in Abzug zu bringen, weil für diese Tage derzeit auch kein Lohnanspruch besteht. Somit ist für das Jahr 2002 insgesamt Arbeitslosengeld in Höhe von 7.845,76 € (Differenzbetrag zwischen den nachgewiesenen 8.072,08 € und den nicht nachgewiesenen 226,32 € für 6 Tage), Arbeitslosengeld für das Jahr 2003 in Höhe von 3.550,11 € und Krankengeld in Höhe von 1.322,98 €, also insgesamt 12.718,85 € in Abzug zu bringen.

Die weitergehenden Einwände der Beklagten gegenüber diesen Ansprüchen sind unbegründet:

Dem Kläger kann vorliegend nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, er habe anderweitigen Verdienst böswillig unterlassen, weil er sein Arbeitsverhältnis bei der Firma M. am 28.05.2003 verloren hat. Unstreitig hat dieser Zwischenarbeitgeber das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis am 28.05. außerordentlich gekündigt. Vor dem Arbeitsgericht Essen haben sich die dortigen Prozessparteien am 09.10.2003 dahingehend einvernehmlich geeinigt, dass dieses Arbeitsverhältnis, das damals noch nicht den Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes unterworfen war, einvernehmlich zum 28.05.2003 beendet worden ist (vgl. Bl. 99, 100 d.A.). Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger durch Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses anderweitigen Verdienst nicht böswillig unterlassen. Nach § 615 Satz 2 BGB muss sich der Arbeitnehmer auf den Annahmeverzugslohn den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste böswillig unterlassen hat. Auch § 11 Nr. 2 KSchG sieht vor, dass sich der Arbeitnehmer das anrechnen lassen muss, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. § 615 Satz 2 BGB und § 11 KSchG unterscheiden sich somit zwar von ihrem Wortlaut, sie sind aber inhaltlich deckungsgleich (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. etwa NZA 2001, 26). Ein Arbeitnehmer handelt dann böswillig, wenn er in Kenntnis der objektiven Umstände, d.h. Arbeitsmöglichkeit, Zumutbarkeit der Arbeit und Nachteilsfolge für den Arbeitgeber, vorsätzlich untätig bleibt oder die Arbeitsaufnahme verhindert; nicht erforderlich ist Schädigungsabsicht des Arbeitnehmers. Es genügt das vorsätzliche außer Acht lassen einer dem Arbeitnehmer bekannten Gelegenheit zur Erwerbstätigkeit, in dem der Arbeitnehmer vorsätzlich grundlos Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 04.07.2002 - 4 Sa 311/02, LAGR 2003, 2; Erfurter Kommentar / Preis, 5. Auflage, 230 BGB § 615 Rz 99 bis 101 m.w.N.). Eine Böswilligkeit in diesem Sinne liegt allein noch nicht deshalb vor, weil ein Arbeitnehmer nach rund viereinhalb Monaten Dauer eines neuen Arbeitsverhältnisses bei einem Zwischenarbeitgeber dieses durch außerordentliche Kündigung verliert und sich diese Parteien im Nachhinein auf eine einvernehmliche Beendigung verständigen. Böswilligkeit könnte allenfalls angenommen werden, wenn das Motiv des Arbeitnehmers wäre, grundlos die Fortsetzung der Arbeit beim neuen Arbeitgeber zu verweigern, obwohl ihm die Fortführung ohne weiteres zumutbar wäre. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Der Kläger hat im Streitfalle angegeben, der Zwischenarbeitgeber habe ihm deshalb das Arbeitsverhältnis gekündigt, weil er, der Kläger, sich geweigert habe, im Zusammenhang mit einem Wochenfeiertag, der auf einen Donnerstag gefallen ist, nochmals freitags zu arbeiten, da der Betriebssitz in Essen war und er seinen Wohnsitz in Berlin hat. Er hätte deshalb Mittwochabends nach Hause fahren müssen, um freitags in der Frühe zur Arbeitsaufnahme wieder in Essen zu erscheinen. Da er sich angesichts seiner geringen Vergütung bei dem neuen Arbeitgeber keine Hotelübernachtung haben leisten können, habe er darum gebeten, ihn freitags nicht einzusetzen. Da der Zwischenarbeitgeber damit nicht einverstanden war, führte dies zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diesen Sachvortrag hat die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte für die böswillige Unterlassung eines anderweitigen Verdienstes nicht substantiiert bestritten. Es mag vorliegend dahingestellt bleiben und braucht im vorliegenden Fall auch keinesfalls geklärt zu werden, ob und inwieweit dieses Unterlassen des Klägers eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt hat. Jedenfalls stellt dieses Handeln des Klägers kein böswilliges Unterlassen im vorgenannten Sinne dar, weil der Kläger die Arbeit bei dem Zwischenarbeitgeber nicht etwa allein deshalb verweigert hat, weil ihm die Beklagte zur Zahlung des Annahmeverzugslohnes verpflichtet war.

Die Erteilung eines von der Beklagten behaupteten Hausverbotes für den Kläger bei dem Kunden der Beklagten, die Fa. Dr. L., und die Verurteilung des Klägers vor dem Amtsgericht Duisburg wegen Urkundsdelikte im Zusammenhang mit dem Fahren des LkwŽs der Beklagten, haben bereits die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht gerechtfertigt. Somit führen diese Umstände erst recht nicht zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers durch die Beklagte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat ihr der Kläger Auskunft erteilt für die Zeit vom 29.06. bis zum 24.07.2003. Für diesen Zeitraum hat der Kläger vorgetragen, wegen einer ihm erteilten Sperrzeit durch das Arbeitsamt keine Arbeitslosenunterstützung erhalten zu haben aufgrund der vorausgegangenen außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Fa. M. vom 28.05.2003. Diese Einlassung des Klägers erscheint plausibel; ob sie wahrheitsgemäß war, war beim ausreichend erteilten Auskunftsanspruch nicht zu prüfen.

Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht auf die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist mit Erfolg berufen. Die Parteien haben in der Nr. 14 ihres Arbeitsvertrages (vgl. Bl. 9 d.A.) eine so genannte doppelte Ausschlussfristenregelung getroffen, wie sie im Prinzip in zahlreichen Tarifverträgen enthalten ist. Allerdings ist in dieser Nr. 14 Ziffer 2 Satz 2 dann geregelt, dass die gerichtliche Frist zur Geltendmachung nicht für Zahlungsansprüche des "Arbeitgebers" gilt, die während eines Kündigungsschutzprozesses fällig werden und von seinem Ausgang abhängen. Für diese Ansprüche beginnt die Verfallfrist von zwei Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens. Eine derartige Regelung ergibt eigentlich keinen Sinn. Sie ist auch - soweit ersichtlich - in keinem anderen Tarifwerk in dieser Form enthalten. So bestimmt etwa § 16 Abs. 2 Satz 2 BRTV-Bau, dass die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nicht für Ansprüche des Arbeitnehmers gelten, die vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängig sind. Da Ausschlussfristen dem Ziel dienen, alsbald Klarheit über Inhalt und Umfang von möglichen Verpflichtungen zu schaffen, neigt die Kammer in Übereinstimmung mit dem Kläger dazu, dass den Parteien insoweit ein Schreibfehler unterlaufen ist. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass die Beklagte diese Auffassung des Klägers als "polemisch" und "absurd" qualifiziert wissen will. Ein Arbeitgeber, der ein Arbeitsverhältnis gekündigt hat, bringt damit zum Ausdruck, dass er das Vertragsverhältnis mit Auslauf der Kündigungsfrist als beendet ansieht. In aller Regel werden daher in der betrieblichen Praxis die von der Beklagten erwähnten Vorschusszahlungen, Rückzahlungen von Jahressonderzahlungen oder Arbeitgeberdarlehen im Zusammenhang mit der angenommenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgewickelt. Der Arbeitgeber bringt gerade zum Ausdruck, dass er sich wegen der von ihm ausgesprochenen Kündigung zur Verrechnung bzw. Rückforderung für berechtigt hält. Weshalb solche Ansprüche dann vom Ausgang des Kündigungsschutzprozesses hinsichtlich ihres Fälligkeitszeitpunktes abhängig gemacht werden sollen, ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Daher kommen solche Klauseln, wie sie wörtlich in der Nr. 14 des Arbeitsvertrages der Parteien vereinbart sind, in der tariflichen Praxis nicht vor. Demgegenüber macht die Regelung nur dann einen Sinn, wenn sie Ansprüche des Arbeitnehmers betrifft, weil ansonsten das Kündigungsschutzverfahren zusätzlich noch mit einer Fülle von Zahlungsklagen befrachtet werden müsste. Selbst wenn man jedoch nicht von einer Fehlbezeichnung der Parteien ausginge, sondern wenn die Beklagte mit Bewusstheit eine solche Regelung getroffen hätte, dann wäre eine solche Vereinbarung im Streitfalle grob unbillig und für den Kläger nicht hinnehmbar, weil sie völlig einseitig in unüblicherweise die Interessen der Beklagten bevorteilt und den Kläger benachteiligt. Bei der Abfassung des Vertragstextes besteht die Pflicht des Arbeitgebers, die Interessen des Vertragspartners angemessen zu berücksichtigen. Diese Vertragsgestaltung unterlag auch schon vor Zeiten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes einer richterlichen Inhaltskontrolle. Dabei war schon vorher eine richterliche Korrektur vorzunehmen, wenn eine Vertragsgestaltung die Interessen der Gegenpartei unverhältnismäßig außer Acht gelassen hat (BAG AP Nr. 15 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie unter II 5 der Entscheidungsgründe).

Unbegründet ist die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Weihnachtsgeldes. Zwar sieht das Lohnmodell für Gase-Fahrer in der Ziffer 4 die Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 1.000,-- DM brutto im ersten vollen Jahr der Betriebszugehörigkeit vor. Jedoch hatten die Parteien zusätzlich in der Nr. 4 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages ausdrücklich einen so genannten Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart hinsichtlich der Zahlung von Gratifikationen und sonstigen Leistungen. Damit steht dem Kläger auch kein vorbehaltloser Zahlungsanspruch auf diese Leistungen zu.

Nach alledem war auf die Berufung des Klägers das erstinstanzliche Urteil zum ganz überwiegenden Teil abzuändern und der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung für das erstinstanzliche Verfahren beruht auf §§ 91, 92 ZPO. Obwohl der Kläger im Berufungsverfahren obsiegt hat, waren ihm nach § 97 Abs. 2 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zum ganz überwiegenden Anteil aufzuerlegen, weil er erst durch neuen Sachvortrag im Berufungsverfahren zum ganz überwiegenden Teil hier obsiegt hat. Dies gilt nicht für die Berücksichtigung des vom Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren durch Lohnabrechnung nachgewiesenen Zwischenverdienstes bei der Firma M., weil in diesem Zusammenhang das Arbeitsgericht der Zahlungsklage hätte stattgeben müssen und es die Klage nicht etwa hätte völlig abweisen dürfen. Das falsche Urteil war somit für die Klageabweisung des Arbeitsgerichts kausal und nicht etwa ein Unterlassen des Klägers.

Die Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien von § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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