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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 824/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, KSchG, BUrlG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 2 lit. c)
BGB §§ 293 ff.
BGB § 615
BGB § 622 Abs. 1
BGB § 623
KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 2
BUrlG § 7 Abs. 4
BUrlG § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 824/05

Entscheidung vom 17.01.2006

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.08.2005 - 3 Ca 1101/05 - teilweise abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 28.04.2005 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern als ordentliche Kündigung zum 31.05.2005 beendet hat.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat April 2005 restliche 100,01 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2005 zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für den Monat Mai 2005 2.275,05 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2005 zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als weitere Urlaubsabgeltung 23,73 Euro netto und 232,55 Euro brutto nebst Zinsen aus 256,28 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2005 zu bezahlen.

5. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

6. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 3/4, die Beklagte zu 1/4; die erstinstanzlichen Kosten trägt der Kläger zu 6/10, die Beklagte zu 4/10.

7. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, um Lohnzahlung und Urlaubsabgeltung.

Der Kläger ist bei der beklagten Leiharbeitgeberin seit dem 19.08.2004 als Schweißfachmann aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.08.2004 beschäftigt. Der Kläger war zunächst für die Dauer von rund drei Wochen bei der B. in Ludwigshafen eingesetzt. Mit Beendigung des Auftrages teilte die Beklagte dem Kläger in der Folgezeit keine weitere Arbeit zu, sie schickte ihn nach Hause mit der Erklärung, sie werde sich melden, wenn sie wieder Arbeit habe. Der Kläger bat die Beklagte im September 2004, sie solle ihn nicht "abmelden", da er keine Arbeitslosenunterstützung bekäme, weil er vorher selbständig gewesen sei.

Ab dem 10.11.2004 setzte die Beklagte den Kläger in einem anderen Unternehmen als Schweißer ein. Dort wurde er am 22.11.2004 von der Bauleitung freigestellt. In der Folgezeit arbeitete der Kläger nicht mehr für die Beklagte. Die Beklagte zahlte die Vergütung an den Kläger ab September 2004 teils unvollständig und teils verspätet. Anfang Dezember forderte der Kläger von der Beklagten seine rückständigen Lohnansprüche, die inzwischen auf über 10.000,-- Euro aufgelaufen waren. Mit Schreiben vom 23.12.2004 ließ der Kläger sodann über seine Rechtsanwälte die bis dahin angefallenen rückständigen Forderungen geltend machen. Daraufhin kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit einem Schreiben, das das Datum vom 14.12. trägt und dem Kläger am 27.12. zugegangen ist, zum 31.12.2004.

Am 03.01.2005 schlossen die Parteien folgende schriftliche Vereinbarung:

"... wird zu dem am 18.08.2004 geschlossenen Arbeitsvertrag folgende Zusatzvereinbarung getroffen:

1. Mit Datum zum 01.01.2005 wird zum IGZ - Tarifvertrag als alleingültiger Vertrag übergegangen.

2. Für die Monate in denen der Arbeitnehmer nicht eingesetzt werden kann, wird eine Vergütung in Höhe von 1.000,00 € netto gezahlt. Die Sozialabgaben sind voll vom Arbeitgeber zu entrichten. Diese Vereinbarung tritt nur ein, wenn im betreffenden Monat keine Arbeitsstunden zu vergüten sind.

3. Für die Monate Oktober und Dezember 2004 gilt die Regelung Nr. 2 ebenfalls. Der Arbeitnehmer sieht von weiteren Forderungen ab.

4. Der Arbeitgeber versichert Herrn A. ihn bis 31.07.2005 zu beschäftigen."

Mit Schreiben vom 01.04., dem Kläger zugegangen am 05.04.2005, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos. Im daraufhin vom Kläger angestrengten Kündigungsschutzprozess - 8 Ca 932/05 - schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen im Gütetermin vom 27.04.2005 folgende Vereinbarung:

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass ihr Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht.

2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dem Kläger auch für die Zeit zwischen Ausspruch der Kündigung und Wiederaufnahme der Tätigkeit der vereinbarte Lohn von 1.000,-- € netto zusteht und die Beklagte berechtigt ist, den Kläger auch als Schlosser einzusetzen.

3. Der Kläger erklärt, dass er sich bewusst ist, für den Fall eines unentschuldigten Fehlens mit einer fristlosen Kündigung der Beklagten rechnen zu müssen.

Im Anschluss an die Güteverhandlung fuhr der Kläger wieder zu seinem Wohnort nach Söhlde zurück, wo er kurz nach 18.00 Uhr eintraf. Er fand dort ein Telefaxschreiben der Beklagten vor, das ihm gegen 18.00 Uhr an diesem Tag zugegangen war, mit folgenden Inhalt:

Wir bestätigen Ihnen folgende Punkte, die für eine weitere Zusammenarbeit für beide Parteien von Bedeutung sind:

"1. Sie werden ab sofort als Schlosser nach iGZ-Tarif in der R.-Werkstatt eingesetzt.

2. Arbeitsbeginn ist de 27.04.2005, umgehend nach der Arbeitsgerichtsverhandlung.

3. Die Gerichtsverhandlung gilt als verhaltensbedingte Abmahnung."

Der Kläger nahm am Folgetag seine Arbeit bei der Beklagten nicht auf, sondern setzte sich mit seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten am Morgen des 28.04. im Hinblick auf den Inhalt des ihm am Vorabend zugegangenen Telefaxschreibens der Beklagten telefonisch in Verbindung.

Die Beklagte hat sodann mit Schreiben vom 28.04.2005, das sie dem Kläger zunächst um 10.32 Uhr per Telefax übermittelt und ihm am Folgetag im Original zugeleitet hat, das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos gekündigt, weil er ab dem 27.04. seine Arbeit als Schlosser nicht angetreten hat.

Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger im vorliegenden Verfahren.

Er hält die Kündigung für unwirksam, weil es hierfür keinen wichtigen Grund gebe. Er sei am 27.04. ohne Gepäck zur Güteverhandlung nach Ludwigshafen angereist und habe zuerst die über 400 Kilometer lange Strecke wieder zurückfahren müssen. Von einer Arbeitsaufnahme bereits am 27.04. sei weder im Vergleich der Parteien, noch im Verhandlungsverlauf, noch hinterher die Rede gewesen. Die Beklagte hätte ihm eine angemessene Vorbereitungszeit zur Verfügung stellen müssen. Am Folgetag habe er zunächst mit seinem Rechtsanwalt Kontakt aufnehmen wollen, da ihm das am Abend des 27.04. zugegangene Telefax eine Abmahnung enthalten habe, durch die er verunsichert gewesen sei.

Die Beklagte sei daher verpflichtet, ihm ab Ausspruch der außerordentlichen Kündigung den arbeitsvertraglich vereinbarten vollen Lohn zu bezahlen, weil sie ihn als Schlosser hätte einsetzen können. Des Weiteren stehe ihm der rückständige vereinbarte Nettolohn zu. Auch müsse ihm die Beklagte für die sieben Monate aus 2005 noch eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.470,-- Euro brutto bezahlen.

Die Beklagte hält die außerordentliche Kündigung für wirksam. Sie habe den Kläger am 27.04.2005 zur sofortigen Arbeitsaufnahme aufgefordert und ihn am gleichen Tag später nochmals mit Telefax zum Arbeitsantritt erinnert.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 18.08.2005, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung und auf die von den Parteien erstinstanzlich gestellten Anträge hiermit Bezug genommen wird, der Klage nur zu einem geringen Teil stattgegeben. Es hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab Februar 2005 bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung den vereinbarten Lohn in Höhe von 1.000,-- Euro netto zu bezahlen sowie eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 232,55 Euro netto. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil nach seiner Auffassung die außerordentliche Kündigung berechtigt gewesen sei. Obwohl der Kläger noch am Abend des 27.04.2004 ein Telefax erhalten habe mit der Aufforderung zur Arbeitsaufnahme, sei er dem auch am Folgetag nicht nachgekommen. Entscheidend sei, dass der Kläger dann am Folgetag nicht zur Arbeit erschienen und die Beklagte noch nicht einmal im Hinblick auf die erforderliche Anfahrt über sein Nichterscheinen informiert habe. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit auf die Seiten 8 - 13 dieses Urteils Bezug genommen.

Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese in gleicher Weise begründet.

Nach seiner Auffassung fehle es an einem wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Er habe am 27.04. die Arbeit nicht aufnehmen können, weil er erstmals am Abend hierzu aufgefordert worden sei und die Beklagte genau gewusst habe, dass er aufgrund der großen Entfernung von seinem Wohnort an diesem Tage nicht mehr habe erscheinen können. Es stimme nicht, dass er im Gütetermin aufgefordert worden sei, die Arbeit fortzusetzen. Die Beklagte habe ihm keine Chance gelassen, in zumutbarer Weise die Arbeit aufzunehmen, zumal er zuerst habe nach Hause fahren müssen, um seine Arbeitskleidung abzuholen und sich dann später eine Unterkunft in Ludwigshafen habe suchen müssen.

Nach Ausspruch der fristlosen Kündigung sei die Beklagte auch verpflichtet, ihm den vereinbarten Bruttolohn zu bezahlen, da sie ihn als Schlosser hätte einsetzen können. Die Beklagte sei des weiteren verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge aus dem ihm vertraglich zustehenden Bruttobetrag zu bezahlen für diejenigen Monate, in denen die Beklagte ihm keine Arbeit zugewiesen habe. Hier sei er der Beklagten lediglich insoweit entgegen gekommen, dass er mit einem Nettolohn von 1.000,-- Euro einverstanden gewesen sei. Schließlich stehe ihm auch für sieben Monate eine Urlaubsabgeltung zu.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 28.04.2004, dem Kläger per Fax übermittelt am 28.04.2005, beendet wurde, sondern bis zum 31.07.2005 fortbestanden hat.

2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Februar 2005 für die Rentenversicherung einen Betrag von 221,82 €, für die Arbeitslosenversicherung 73,94 €, für die Krankenversicherung 167,21 €, für die Pflegeversicherung 19,33 € und für die Steuer 339,08 € sowie für den Solidaritätszuschlag 18,84 € zu zahlen;

3. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für März 2005 für die Rentenversicherung einen Betrag von 221,82 €, für die Arbeitslosenversicherung einen Betrag von 73,94 €, für die Krankenversicherung einen Betrag von 167,21 €, für die Pflegeversicherung einen Betrag von 19,33 €, für die Lohnsteuer einen Betrag von 339,08 € und für den Solidaritätszuschlag einen Betrag von 18,64 € zu zahlen;

4. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für April 2005 100,01 € netto mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.05.2005 sowie für die Rentenversicherung einen Betrag von 221,82 €, für die Arbeitslosenversicherung einen Betrag von 73,74 €, für die Krankenversicherung einen Betrag von 167,21 €, für die Pflegeversicherung einen Betrag von 19,33 €, für die Lohnsteuer einen Betrag von 339,08 € und für den Solidaritätszuschlag einen Betrag von 18,64 € zu zahlen;

5. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für Mai 2005 einen Bruttolohn in Höhe von 2.275,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2005 zu zahlen;

6. die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger für Juni 2005 einen Bruttolohn in Höhe von 2.275,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2005 zu zahlen;

7. die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger für Juli 2005 einen Bruttolohn in Höhe von 2.275,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2005 zu zahlen.

8. die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.470,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2005 zu zahlen, jedoch abzüglich einer bereits ausgeurteilten Nettourlaubsabgeltung in Höhe von 132,55 €.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, das die Sach- und Rechtslage zutreffend entschieden habe. Nach der mündlichen Verhandlung vom 27.04.2005 habe ihr Mitarbeiter K. dem Kläger angeboten, ihn als Schlosser einzusetzen, sofern er am Nachmittag des 27.04.2005 seine Arbeit aufnehme. Dem sei der Kläger nicht nachgekommen, sodass er am Abend habe per Telefax abgemahnt werden müssen. Der Kläger sei nicht arbeitswillig gewesen, sodass auch kein Annahmeverzug eingetreten sei.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegen-stand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach § 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG statthafte Berufung des Klägers wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und in gleicher Weise begründet; sie erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.04.2005 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht fristlos, sondern als ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von § 622 Abs. 1 BGB zum 31.05.2005 beendet. Die Beklagte ist daher verpflichtet, an den Kläger bis zum Beendigungszeitpunkt die vertragsgemäße Vergütung zu bezahlen. Dies hat zur Folge, dass die Beklagte nicht - wie vom Arbeitsgericht zugesprochen - an den Kläger nur für drei Monate sondern für insgesamt fünf Monate Urlaubsabgeltung für das Jahr 2005 zu bezahlen hat. Die weitergehende Berufung des Klägers ist unbegründet, da ihm nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Vergütungsansprüche mehr zustehen und die Beklagte auch nicht verpflichtet ist, die Sozialversicherungsbeiträge nebst Steuern in der vom Kläger geltend gemachten Höhe abzuführen.

1. a) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war die streitgegenständliche Kündigung der Beklagten vom 28.04.2005 angesichts der Kriterien von § 626 Abs.1 BGB nicht wirksam. Das Arbeitsgericht hat diese gesetzlichen Voraussetzungen auf Seite 9 erster Absatz seines Urteils, auf die hiermit Bezug genommen wird, zutreffend dargestellt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ergibt zumindest die vorzunehmende Interessenabwägung, dass die Beklagte nicht berechtigt war, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, sondern dass ihr die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar war. Ob überhaupt ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs.1 BGB vorlag, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Der Kläger hat keine Vertragspflichtverletzung begangen, indem er am Nachmittag des 27.04.2005 seine Arbeit in der Schlosserei der Beklagten nicht aufgenommen hat. An diesem Tag fand vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen ein Gütetermin aufgrund der vorausgegangenen außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 01.04.2005 statt. In dem von den Parteien in diesem Kündigungsschutzverfahren abgeschlossenen Vergleich ist mit keinem Wort davon die Rede, dass der Kläger die Arbeit noch am gleichen Tag wieder aufnehmen muss. Hiervon musste der Kläger aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles auch nicht ausgehen. Die Parteien hatten ab dem 19.08.2004 ein Arbeitsverhältnis begründet gehabt, das außergewöhnlich verlaufen ist. Der Kläger war zunächst rund drei Wochen vertragsgemäß eingesetzt und wurde dann von der Beklagten mangels Vorliegens von Aufträgen nach Hause geschickt. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte hierbei erklärte, sie werde sich wieder melden, falls sie wieder Arbeit habe. Die Beklagte hat in der Folgezeit nicht etwa das erst wenige Wochen bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien im Hinblick auf die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit gekündigt, sondern hat das Arbeitsverhältnis ungekündigt weitergeführt ohne freilich an den Kläger in der Folgezeit vollständig und pünktlich den Lohn zu bezahlen. Im November war der Kläger dann nochmals für 10 Tage eingesetzt. Auch danach hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht gekündigt, weil sie wohl dem Kläger vertraut hat, er werde ihr weitere Aufträge besorgen, was jedoch nicht der Fall war. Erst als der Kläger die bis dahin angelaufenen rückständigen Lohnansprüche anwaltlich geltend machen ließ, hat sie dann mit einem vordatierten Schreiben das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2004 ordentlich gekündigt. Schon am 03.01.2005 haben die Parteien dann jedoch eine Vereinbarung getroffen, wonach das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die Beklagte an den Kläger monatlich 1.000,-- Euro netto bezahlt, wobei die Sozialabgaben "voll" vom Arbeitgeber zu entrichten sind. In der Folgezeit hat die Beklagte den Kläger nicht wieder eingesetzt, sondern hat das Arbeitsverhältnis mit einem am 05.04.2005 zugegangenen Schreiben erneut fristlos gekündigt. Im Gütetermin des hiergegen vom Kläger angestrengten Kündigungsschutzverfahrens haben die Parteien dann nach dem eindeutigen Wortlaut dieses Vergleiches nur vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis in der bisher vereinbarten Form weiter fortgeführt wird. Von einer Arbeitsaufnahme noch am gleichen Tage war darin nicht die Rede. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren lediglich geltend gemacht - was der Kläger allerdings heftig bestritten hat -, ihr Mitarbeiter K. habe im Anschluss an die Güteverhandlung dem Kläger angeboten, ihn als Schlosser einzusetzen, sofern er am Nachmittag des 27.04.2005 seine Arbeit aufnehme. Eine definitive und vorbehaltlose Aufforderung zur Arbeitsaufnahme ist diesem Sachvortrag nicht zu entnehmen. Die Beklagte wusste auch, dass der Kläger etwa 400 Kilometer entfernt vom Betriebssitz wohnt und musste damit rechnen, dass er an diesem Tag allein und ausschließlich wegen des Gütetermin im Kündigungsverfahren nach Ludwigshafen angereist war. Die Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass der Kläger unter Mitnahme seiner Arbeitskleidung zum Termin erschienen ist. Dies hätte die Beklagte dem Kläger rechtzeitig vorsorglich mitteilen müssen. Erstmals am Abend des 27.04. hat sie dann dem Kläger an seine Heimatanschrift ein Telefax übermittelt, wonach er noch am gleichen Tag seine Arbeit hätte aufnehmen müssen. Dabei musste der Beklagten klar gewesen sein, dass dies allein schon aufgrund der weiten Entfernung nicht möglich war. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung könnte darin gesehen werden, dass der Kläger auch am Folgetag seine Arbeit bei der Beklagten nicht angetreten hat. Ohne mit der Beklagten Rücksprache zu nehmen - sei es am Abend des 27.04. oder am Morgen des Folgetages -, begab sich der Kläger auch am 28.09. nicht zu seiner Arbeitsstelle bei der Beklagten. Die Aufforderung im Telefax vom 27.04.2004 war insoweit eindeutig als der Kläger klar erkennen konnte, dass er sofort seine Arbeit bei der Beklagten aufnehmen musste. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts berechtigt dieser Umstand die Beklagte jedoch nicht, das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich zu kündigen. Dagegen spricht schon, dass in diesem Telefaxschreiben eine Abmahnung enthalten ist, weil die Beklagte darin zum Ausdruck gebracht hat, dass "die Gerichtsverhandlung als verhaltensbedingte Abmahnung gilt". Diese unklare und verwirrende Aussage berechtigt den Kläger zwar nicht, seine Arbeit überhaupt nicht anzutreten. Es ist aber verständlich, dass er deswegen umgehend anwaltlichen Rat einholen wollte. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die Beklagte jedoch auch in der Vergangenheit dem Kläger nicht den arbeitsvertraglich zugesagten Lohn bezahlt hat und darüber hinaus ihr Geschäftsführer noch im Verhandlungstermin vom 27.04. erklärt hatte, die Beklagte werde an den Kläger keinen Cent mehr zahlen, so hat die Beklagte ihrerseits in eklatanter Weise gegen die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien verstoßen. Wer selbst nicht bereit ist, die gegebenen Zusagen einzuhalten und die bestehenden Grenzen zu achten, kann nicht von seinem Vertragspartner erwarten, dass dieser unter völliger Hinanstellung seiner eigenen Interessen sofort erscheint, ohne sich mit seinem Rechtsanwalt über die veränderten Umstände vorher zu beraten. In diesem Falle überwiegen die Interessen des Klägers an einem für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist anzunehmenden Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegenüber den Interessen der Beklagten an einer sofortigen Beendigung. Auch gilt zu berücksichtigen, dass die Streitigkeiten der Parteien in erster Linie darauf zurückzuführen sind, dass es die Beklagte war, die die gegebene Zusage - möge sie noch so unüblich gewesen sein - auf Zahlung eines Nettobetrages beharrlich nicht eingehalten hat.

b) Der vorgenannte Sachverhalt rechtfertigt nur eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, ist eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG dann gerechtfertigt, wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die bei verständiger Würdigung bei Abwägung der Interessen der Vertragsparteien die Kündigung durch den Arbeitgeber als billigenswert erscheinen lassen (BAG AP-Nr. 5 zu § 1 KSchG und seitdem ständige Rechtsprechung), wobei ein objektiver Maßstab anzunehmen ist. Es kommen daher nur solche Umstände in Betracht, die einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung bestimmen können (BAG AP-Nr. 3 zu § 1 KSchG verhaltensbedingte Kündigung und seit dem ständige Rechtsprechung). Die Interessenabwägung führt vorliegend zur Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung. Das Arbeitsgericht hat zu Recht bei seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass der Kläger auch am 28.04. seine Arbeit bei der Beklagten nicht aufgenommen hat. Obwohl die Beklagte den Kläger - wenngleich verfrüht - am 27.04. zur Arbeitsaufnahme aufgefordert hatte, musste dem Kläger klar sein, dass er aber am Folgetag zur Arbeitsaufnahme im Betrieb hätte erscheinen müssen. Soweit der Kläger angibt, er sei durch die Abmahnung im Schreiben vom 27.04. irritiert gewesen, mag dies zwar zutreffen. Dies berechtigte ihn jedoch nicht, die Arbeit überhaupt nicht anzutreten. Er hätte auch zu einem späteren Zeitpunkt seinen Rechtsanwalt diesbezüglich konsultieren können. Dass die Beklagte dem Kläger aber bei tatsächlicher Ausführung seiner Arbeit keinen Lohn mehr bezahlen würde, hiervon konnte der Kläger nicht ausgehen. Zwar hatte der Geschäftsführer der Beklagten noch zu Beginn der Gütesitzung am Vortage erklärt gehabt, sie zahle an den Kläger keinen Cent mehr, letztlich haben sich die Parteien aber im Hinblick auf den Verlauf der Gütesitzung doch darauf verständigt, das Arbeitsverhältnis in der bisher praktizierten Weise fortzusetzen. Dort war aber klar, dass die Beklagte dem Kläger seinen Lohn bezahlt, wenn er tatsächlich arbeitet. Auch hat der Kläger nicht etwa bei der Beklagten angefragt, ob dieser ihm bei einer tatsächlichen Arbeitsaufnahme seinen Lohn zahlen werde, sondern er ist kommentarlos der Arbeit ferngeblieben, ohne irgendwie ein Leistungsverweigerungsrecht, sei es unmittelbar oder mittelbar, gegenüber der Beklagten auch nur geltend zu machen. Erschwerend kommt hinzu, dass schon - ob zurecht oder zu unrecht sei dahingestellt - die außerordentliche Kündigung vom 01.04.2005 von der Beklagten unter Hinweis auf eine Arbeitsverweigerung des Klägers ausgesprochen war. Im gerichtlichen Vergleich vom 27.04. haben die Parteien zudem ausdrücklich ein erneutes unentschuldigtes Fehlen des Klägers als schwerwiegende Vertragsverletzung festgehalten. Dies musste dem Kläger Warnung genug sein. Er konnte erkennen, dass die Beklagte keinesfalls mehr gewillt war, für den Kläger ohne jegliche Arbeitsleistung Lohn und erhöhte Lohnnebenkosten zu bringen.

Zwar wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien noch nicht am 28.04.2005 wirksam gekündigt, weil ein Telefaxschreiben nicht dem gesetzlichen Schriftformerfordernis von § 623 BGB entspricht (vgl. Erfurter Komm./Müller-Glöge, 5. Aufl., 230, § 623 BGB Rz 22). Unstreitig ist jedoch am Folgetag das Original des Kündigungsschreibens dem Kläger zugegangen, sodass das Arbeitsverhältnis der Parteien am 29.04 zum 31.05.2005 wirksam gekündigt worden ist.

2. a) Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger gemäß §§ 615, 293 ff. BGB für den Monat Mai die vertragsgemäße Vergütung zu bezahlen, weil sie ihm für diesen Zeitraum keinen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt hat. Hierbei ist nicht von einem Nettolohn von 1.000,-- Euro auszugehen, sondern von dem vertraglich vereinbarten Bruttolohn, weil die Beklagte selbst angegeben hat, dass sie dem Kläger für den Monat Mai Arbeit in ihrer Werkstatt als Schlosser zuweisen konnte. Hätte der Kläger gearbeitet, dann lägen auch nicht die Ausnahmevoraussetzungen für das Anfallen lediglich eines Nettolohnes vor.

b) Die Beklagte ist des Weiteren verpflichtet, an den Kläger den vom Arbeitsgericht nicht zugesprochenen restlichen Nettobetrag in Höhe von 100,01 Euro für den Monat April 2005 zu bezahlen, weil das Arbeitsverhältnis entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht am 28.04.2004 beendet worden ist. Vielmehr ging dem Kläger eine formell den Anforderungen von § 623 BGB entsprechende Kündigung erst im Laufe des Freitag, den 29.04. zu, sodass das Arbeitsverhältnis noch im Monat April zu den alten Bedingungen unter Zahlung der vereinbarten Nettovergütung fortbestanden hat.

3. Hat das Arbeitsverhältnis der Parteien jedoch bis einschließlich Mai 2005 bestanden, dann ist die Beklagte verpflichtet, an den Kläger für die Dauer von fünf Monaten eine Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG zu leisten. Bei der Höhe der Urlaubsabgeltung war bei Berücksichtigung des Referenzzeitraumes der drei Monate von § 11 BUrlG zu berücksichtigen, dass dem Kläger für die Dauer von zwei Monaten lediglich ein Nettoanspruch von monatlich 1.000,-- Euro zustand und für die Dauer eines Monats ein Bruttoanspruch in Höhe von 2.275,05 Euro. Für die Dauer von fünf Monaten standen dem Kläger insgesamt 8,33 Urlaubstage zu. Ausgehend vom Nettolohn von 1.000,-- Euro und bei Berücksichtigung von 21,67 Arbeitstagen ergibt dies einen vollen Nettobetrag von 384,42 Euro; zwei Drittel (zwei von drei Monaten) davon entsprechen 256,28 Euro. Da das Arbeitsgericht bereits einen Betrag in Höhe von 232,55 Euro zugesprochen hat, der in Abzug zu bringen ist, verblieb noch ein restlicher Nettolohnanspruch in Höhe von 23,73 Euro netto. Der mit einem Monat Mai in Ansatz zu bringende Bruttolohnanspruch von 2.275,05 Euro führt zu einem Gesamtanspruch von 874,53 Euro; ein Drittel davon ist der ausgeurteilte Urlaubsabgeltungsanspruch aus dem Bruttobetrag in Höhe von 291,51 Euro.

4. Die weitergehende Berufung des Klägers ist unbegründet. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 31.05.2005 beendet ist, steht dem Kläger für die Monate Juni und Juli auch kein Lohnanspruch mehr zu.

5. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Klage auch abgewiesen, soweit der Kläger die geltend gemachten Sozialversicherungsbeiträge nebst Steuern vorliegend fordert. Der Kläger beruft sich als Anspruchsgrundlage hierauf auf die Vereinbarung der Parteien vom 03.01.2005. Die vom Kläger reklamierte Auslegung dieser Vereinbarung ist aus dem in erster Linie maßgeblichen Vertragswortlaut (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 44 TVAL II; AP Nr. 36 zu § 133 BGB) nicht zu entnehmen. Nach der fraglichen Vereinbarung hat der Arbeitgeber die Sozialabgaben "voll" zu entrichten. Diese vertragliche Regelung kann - worauf das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil zutreffend hingewiesen hat - von ihrem Wortlaut her nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber sowohl die Arbeitnehmer- als auch die Arbeitgeberbeiträge aus dem Bruttolohn zu entrichten hat, der sich aus einem Nettolohn von 1.000,-- Euro ergibt. Soweit der Kläger unter Hinwegsetzung über diesen Wortlaut des Vertrages geltend macht, die Parteien hätten insoweit am 03.01.2005 vereinbart gehabt, die Beklagte müsse die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern aus dem vollen vereinbarten Bruttolohn abführen, wurde dies von der Beklagten bestritten ohne dass der Kläger weder in der ersten noch in der zweiten Instanz Beweis für seine gegenteilige mündliche Vereinbarung angetreten hat.

Klargestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, die aus dem Bruttobetrag, der sich aus dem Nettobetrag von 1.000,-- Euro ergibt, abzuführenden Sozialversicherungsbeiträge und Steuern an die zuständigen Stellen zu leisten. Dies war vorliegend nicht Streitgegenstand.

Nach alledem waren unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97Abs. 1 ZPO zu quoteln; gleiches gilt für die erstinstanzliche Kostenentscheidung, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte ihrerseits gegen das Urteil des Arbeitsgerichts im Umfange ihres dortigen Unterliegens kein Rechtsmittel eingelegt hat.

Die Revision konnte angesichts der Kriterien von § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen werden.

Ende der Entscheidung

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