Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 18.04.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 887/05
Rechtsgebiete: InsO, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

InsO § 96 Abs. 1 Nr. 4
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b)
ArbGG § 64 Abs. 6
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 383 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 448
ZPO § 524 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 533
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 887/05

Entscheidung vom 18.04.2006 Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 07.09.2005 - 10 Ca 629/05 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.979,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2004 zu bezahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 93,5 % und der Beklagten zu 6,25 % auferlegt. 3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten über Rückzahlungsansprüche. Der Kläger ist der Insolvenzverwalter über das Privatvermögen des Herrn T. B. (im Folgenden: Insolvenzschulder), der ein Reinigungsunternehmen unter der Firma T. H. Clean betrieben hat. Die Beklagte, die Stieftochter des Insolvenzschuldners, war bis zum 30.06.2003 in diesem Unternehmen angestellt. Absprachegemäß war sie im Besitz einer von drei für das Geschäftskonto erstellten EC-Karten, mit der sie im Laufe des Jahres 2001 Abhebungen für den Geschäftsbetrieb getätigt hat. Die Beklagte war in führender Position im Reinigungsbereich auf den verschiedenen Baustellen tätig. Die Verwaltung des Unternehmens wurde von ihrer Mutter, der Ehefrau des Insolvenzschuldners, geführt. Der klagende Insolvenzverwalter hat im vorliegenden Verfahren eine Zusammenstellung von Privatentnahmen im Jahr 2001 zur Akte gereicht (Bl. 30 - 33 des Verfahrens 10 Ha 26/04) hinsichtlich sämtlicher Abhebungen vom Geschäftskonto, die mit der EC-Karte der Beklagten getätigt wurden bzw. die von der Beklagten bar abgehoben wurden. Da der Kläger in den Geschäftspapieren keine Unterlagen über den Verwendungszweck der entnommenen Gelder finden konnte, ging er davon aus, dass die Beklagte mit einem Teil der abgehobenen Beträge keine geschäftlichen Aufgaben wahrgenommen hat. In der Zusammenstellung hat er diese ihm unbekannte Beträge entweder mit einem Kreuz (+) oder mit der Ziffer "1" gekennzeichnet. Der Kläger hat den Gesamtbetrag dieser ihm unklaren Abhebungen mit 48.743,50 Euro beziffert und fordert vorliegend diesen Betrag von der Beklagten zurück mit der Begründung, sie habe sich insoweit aufgrund der ihr eingeräumten Zugangsberechtigung zum Geschäftskonto zu Unrecht bereichert. Der Kläger hat vorgetragen:

Die Beklagte habe die für das Jahr 2001 geltend gemachten Beträge ohne Zustimmung und ohne Kenntnis des Insolvenzschuldners vom Konto abgehoben. Das zeige sich schon daran, dass sich der Insolvenzschuldner in diesem Jahr - was unstreitig ist - in der Zeit vom 30.05. bis 30.07.2001 in Marokko aufgehalten hat. Trotz Aufforderung habe die Beklagte nie Rechenschaft über die Entnahmen abgelegt. Insbesondere bestreite er, dass die Beklagte mit den entnommenen Beträgen Lohnansprüche von Arbeitnehmern erfüllt habe. Dafür gebe es keinerlei Lohnunterlagen, weder für namentlich bekannte Arbeitnehmer noch für Lohnzahlungen durch die Beklagte. Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 48.743,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.12.2004 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte trägt vor, sie habe in zahlreichen Fällen an Arbeitnehmer des Unternehmens den Lohn jeweils in bar ausbezahlt. Auch habe sie 10.000,-- DM auf ein Konto bei der Sparkasse Groß-Gerau einbezahlt, die sie zuvor bar abgehoben habe und die von dort auf ein Konto des Insolvenzschuldners in Marokko transferiert wurden. Schließlich bestehen noch Lohnrückstände für die Zeit von Mai bis Juli 2003 in einer Gesamthöhe von 8.936,61 €. Mit den beiden letztgenannten Beträgen erkläre sie die Aufrechnung. Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 07.09.2005, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, der Klage in voller Höhe stattgegeben. In den Entscheidungsgründen hat es angegeben, die Beklagte habe nicht in ausreichender Weise dargetan, dass sie mit den unstreitig abgehobenen Geldern Löhne der Arbeitnehmer des Reinigungsbetriebes bezahlt habe. Die zur Gerichtsakte gereichten Quittungen über erhaltene Löhne von verschiedenen Arbeitnehmern seien weder ein zulässiges Beweismittel, noch seien sie geeignet, den Zahlungsnachweis zur Überzeugung des Gerichts zu belegen. Ob die Beklagte Gelder zu Gunsten des Insolvenzschuldners nach Marokko transferiert habe, sei für den Streitfall unerheblich. Auch könne die Beklagte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund des Aufrechnungsverbotes von § 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO nicht in zulässiger Weise aufrechnen. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit auf die Seiten 7 - 11 dieses Urteils Bezug genommen. Hiergegen hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese in gleicher Weise begründet. Nach Auffassung der Beklagten habe sich das Arbeitsgericht nicht in der gebotenen Weise mit ihrem Sachvortrag auseinandergesetzt. So stimme schon das Rechenwerk des Klägers nicht. Auch habe sie Beweis angeboten durch Vernehmung sämtlicher Arbeitnehmer als Zeugen, dass sie an diese Arbeitnehmer im Laufe des Jahres 2001 jeweils die substantiiert und konkret dargelegten Löhne bezahlt habe. Dieses Beweismittel habe das Arbeitsgericht in seinem Urteil überhaupt nicht erwähnt. Dass sie dem Insolvenzschuldner am 21.10.2002 ein Privatdarlehen in Höhe von 10.500,-- € gewährt habe, ergebe sich aus einer Bestätigung der Nassauischen Sparkasse vom 29.01.2004 (Bl. 245 d.A.), wonach sie mit diesem Verwendungszweck auf das Geschäftskonto diesen Betrag einbezahlt habe. In den Monaten Januar bis Mai 2003 habe der Insolvenzschuldner jeweils monatlich 541,-- € an sie als Darlehensrückzahlungen geleistet, wie den Kontoauszügen zu entnehmen sei (Bl. 246 - 248 d.A.). Am 12.06. und 18.06.2001 habe sie jeweils 5.000,-- DM vom Geschäftskonto abgehoben, diesen Betrag an ihren Onkel F. B. weisungsgemäß übergeben, der ihn dann über eine Groß-Gerauer Bank auf das Konto des Insolvenzschuldners in Marokko überwiesen habe. Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bestreitet nach wie vor, dass die Beklagte an die genannten Arbeitnehmer die von ihr angeführten Löhne ausbezahlt habe. In den Geschäftsunterlagen gebe es keinerlei Belege hierfür. Er bestreite die Hingabe eines Privatdarlehens, das Bestehen von Lohnrückständen und dass die Beklagte an einen Mittelsmann des Insolvenzschuldners einen abgehobenen Betrag in Höhe von 10.000,-- DM zur Weiterleitung an den Insolvenzschuldner übergeben habe. Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von 12 Zeugen über die Behauptung der Beklagten, sie habe an diese Zeugen die jeweils im vorliegenden Verfahren benannten Beträge zur Begleichung von Lohnansprüchen in bar ausbezahlt. Des Weiteren hat das Berufungsgericht die Beklagte selbst als Partei vernommen. Hinsichtlich des Beweisthemas wird auf den Beweisbeschluss vom 21.03.2006 (Bl. 261 - 263 d.A.) und wegen des Beweisergebnisses auf die Sitzungsniederschrift vom 18.04.2006 (Bl. 311 - 318 d.A.) Bezug genommen. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 Abs. 2 lit. b) ArbGG statthafte Berufung der Beklagten wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und in gleicher Weise begründet und erweist sich auch sonst als zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel auch weitestgehend Erfolg. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die Beklagte - bis auf einen restlichen Betrag in Höhe von 2.979,96 € - nicht verpflichtet, die geltend gemachten Beträge an den klagenden Insolvenzverwalter zu bezahlen, weil aufgrund der vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme, die bereits das Arbeitsgericht hätte erheben müssen, feststeht, dass die Beklagte im Jahre 2001 insgesamt 63.560,-- DM als Löhne an Arbeitnehmer des Betriebes ausbezahlt hat. Außerdem steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Beklagte weitere 10.000,-- DM vom Geschäftskonto des Unternehmens abgehoben hat und diese über einen Mittelsmann an den Insolvenzschuldner in Marokko transferiert hat. Schließlich ist die Beklagte berechtigt, in zulässiger Weise mit einem restlichen Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 7.795,-- € die Aufrechnung zu erklären. Dass die Beklagte den verbleibenden Differenzbetrag in Höhe von 2.979,96 € ebenfalls für das Unternehmen des Insolvenzschuldners verwendet hat, konnte sie nicht darlegen bzw. hat das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Unstreitig war die Beklagte in dem als Familienbetrieb geführten Reinigungsunternehmen mit der Bezeichnung T. H. Clean berechtigt, von dem Geschäftskonto Gelder abzuheben, um diese für den Geschäftsbetrieb zu verwenden. Sie war absprachegemäß im Besitz einer eigenen EC-Karte und hat mit Wissen und Wollen des Firmeninhabers, des Insolvenzschuldners, damit Gelder für den Geschäftsbetrieb abgehoben und betriebliche Ausgaben getätigt. Der Kläger hat im Berufungsverfahren in seinem Schriftsatz vom 02.02.2006 in der Anlage BE 1 (Bl. 218 - 220 d.A.) eine Aufstellung zur Akte gereicht über die von der Beklagten getätigten Privatentnahmen vom Geschäftskonto. Unstreitig ist, dass für dieses Geschäftskonto drei separate EC-Karten erstellt waren mit jeweils einer eigenen PIN-Nummer. Unstreitig ist des Weiteren, dass sämtliche Abhebungen, die in dieser Anlage BE 1 enthalten sind, ausschließlich mit der EC-Karte der Beklagten getätigt wurden. Die in dieser Anlage aufgeführten Barabhebungen wurden von der Beklagten darüber hinaus auch nicht bestritten. Soweit sie generell bestritten hat, dass die Abhebungen mittels EC-Karte von ihr stammten, war dieses pauschale Bestreiten mangels Substantiiertheit unbeachtlich. Die Beklagte war allein im Besitz dieser EC-Karte. Wenn sie lediglich pauschal bestreitet, "sämtliche" Abhebungen mittels EC-Karte getätigt zu haben, so war dieses Bestreiten gemäß § 138 Abs. 2 ZPO nicht ausreichend. Sie allein und nicht etwa der klagende Insolvenzverwalter wäre im Stande gewesen anzugeben, welche einzelnen Abhebungen sie vorgenommen hat und welche nicht und wer noch berechtigt war und die Möglichkeit hatte, mit ihrer EC-Karte Abhebungen im Geschäftsinteresse zu tätigen. In der Sache ist das erkennende Gericht auch davon überzeugt, dass sämtliche Abhebungen, die in dieser Anlage aufgeführt sind, ausschließlich von der Beklagten getätigt wurden. Ohne die allein im Besitz der Beklagten sich befindliche EC-Karte konnte eine dritte Person keine Abhebungen mit dieser EC-Karte vornehmen. Soweit die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 18.04.2006 darauf hingewiesen hat, dass der Kläger im Berufungsverfahren einzelne Beträge als unklar dargestellt hat, die dieser erstinstanzlich noch nicht genannt hatte, so handelt es sich hierbei um insgesamt neun Einzelabhebungen vom 21.05. à 1.000,-- DM und à 5.000,-- DM, vom 22. und 28.05. jeweils à 1.000,-- DM, vom 11.06. à 5.000,-- DM, vom 18.06. à 5.000,-- DM, vom 13.07. à 1.000,-- DM, vom 28. und 31.08.2001 jeweils à 1.000,-- DM. Der Kläger ist jedoch nicht gehindert, im Berufungsverfahren seinen erstinstanzlichen Sachvortrag zu ergänzen und ohne Änderung des Lebenssachverhaltes den Antrag zu erweitern. Dies stellt keine Klageänderung i.S.v. § 533 ZPO dar (BAG v. 07.12.2005 - 5 AZR 535/04). Hierzu kann er prozessual den Weg der Anschlussberufung (§ 524 ZPO) beschreiten. Wenngleich der Kläger formal - was auch nicht notwendig ist - keine Anschlussberufung eingelegt hat, so hat er jedoch bereits in seiner Berufungserwiderung und damit rechtzeitig im Sinne von § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG weitere Beträge in Ergänzung seines erstinstanzlichen Zahlungsbegehrens geltend gemacht. Dies kann im Wege der Ausschlussberufung geschehen (vgl. BAG, NZA 2006, 321; Schwab, FA 2006, 130 ff.). Aufgrund des Ergebnisses der vom Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung von 12 Zeugen steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Beklagte im Laufe des Jahres 2001 zahllose Beträge in bar als Lohnzahlungen für die T. H. Clean an die vernommenen Zeugen geleistet hat. Sämtliche vernommenen Zeugen haben übereinstimmend bekundet, im Jahre 2001 gelegentlich - in den meisten Fällen als Aushilfen - für die Firma T. H. Clean diverse Reinigungsarbeiten verrichtet zu haben. Unter den Zeugen waren mehrere damalige Schüler, die an zahlreichen unterschiedlichen Tagen im Jahre 2001 vorher von der Beklagten bzw. deren Mutter, die die Verwaltung geleitet hat, telefonisch kontaktiert worden, um - je nach Geschäftsanfall - mit diversen Reinigungstätigkeiten oder Überwachungsaufgaben eingesetzt zu werden. Alle Zeugen bekundeten übereinstimmend und absolut glaubhaft, jeweils am Ende des Tages entsprechend den geleisteten Stunden von der Beklagten oder vom Insolvenzschuldner oder von der Ehefrau des Insolvenzschuldners unter Zugrundelegung eines Stundenlohnes von 10,-- DM den jeweiligen Lohn in bar auf die Hand ausgezahlt bekommen zu haben. Lediglich der Zeuge A. sen., der geschiedene Ehemann der Beklagten, gab an, er habe einen Stundenlohn von 12,-- DM erhalten. Die meisten der Zeugen konnten sich daran erinnern, dass sich die Beklagte die an sie ausgezahlten Beträge in einem Buch notiert hat. Die Beklagte hat aber im vorliegenden Prozessverfahren unter anderem auch ein von ihr geführtes Kalenderbuch für das Jahr 2001 zur Akte gereicht, in dem an einzelnen Tagen an unterschiedliche Mitarbeiter die gezahlten Beträge aufgeführt sind. Einzelne dieser Arbeitnehmer wurden mit einem nur geringen Teil ihrer tatsächlich gezahlten Vergütung dann auch "offiziell" als Arbeitnehmer des Unternehmens geführt und sie sind dann nur insoweit in den Lohnabrechnungen des Unternehmens erschienen. Dies erklärt auch, weshalb der klagende Insolvenzverwalter keine Unterlagen bezüglich der Lohnzahlungen durch die Beklagte in den vorhandenen Buchungsunterlagen finden konnte. Die gewährten erheblichen "Schwarzgeldzahlungen" sollten gerade nicht dokumentiert werden, um ihre Existenz zu verschleiern. Aufgrund des Sachvortrages des Klägers und des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass nur vier der Zeugen als Arbeitnehmer mit einem nur geringen Teil ihrer Gesamtvergütung als offizielle Arbeitnehmer der Firma T. H. Clean geführt wurden. Nach den vom Kläger vorgefundenen Unterlagen war etwa die Zeugin G. als sogenannte 630,-- DM-Kraft von der Firma T. H. Clean in den Lohnunterlagen geführt worden. Nach der Bekundung der Zeugin (Bl. 308, 309 d.A.) wurden ihr damals auf ihr Konto monatlich 630,-- DM von der T. H. Clean überwiesen. In Wirklichkeit hat sie jedoch erheblich mehr Stunden gearbeitet. Diese Mehrstunden wurden ihr immer täglich am Arbeitsende, meistens von der Beklagten, gelegentlich aber auch von deren Mutter, Frau B., in bar auf die Hand ausbezahlt. Wie alle anderen Zeugen konnte sich auch diese Zeugin nicht an einzelne Zahlungen oder gar an die Gesamtstunden erinnern, die sie in Wirklichkeit insgesamt im Jahre 2001 für die Firma T. H. Clean gearbeitet hat und die ihr auch vergütet worden sind. Auch diese Zeugin konnte sich daran erinnern, dass die Beklagte die Stunden jeweils in ein Buch aufgeschrieben hat und dass es sich nach ihrer Erinnerung um einen Kalender gehandelt haben müsste. Die Zeugin bekundete glaubhaft, sie habe fast jeden Werktag und oftmals viele Stunden pro Tag bei der T. H. Clean gearbeitet. Alle anderen Zeugenaussagen weisen vom Kern her den gleichen Aussageinhalt auf. Alle Zeugen - mit Ausnahme der Zeugin L., die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat -, haben übereinstimmend bekundet, an zahlreichen Tagen Arbeitsleistungen für die Firma T. H. Clean erbracht zu haben. Allen Zeugen wurden jeweils am Arbeitsende die geleisteten Stunden in bar, meistens von der Beklagten, vergütet. Nicht ein Zeuge war im Stande, die Gesamtzahl der geleisteten Stunden weder bezogen auf einzelne Tagen, einzelne Wochen, einzelne Monate oder das gesamte Jahr 2001 anzugeben. Die Aussagen sämtlicher Zeugen waren zur Überzeugung des Berufungsgerichts glaubwürdig. Die Aussagen waren in sich nicht widersprüchlich und sämtliche Zeugen, auch diejenigen, die mit der Beklagten in gerader Linie verwandt sind, waren - nicht zuletzt angesichts der gesamten Beweislage - bemüht, dem Gericht ein wahrheitsgemäßes Bild von den damaligen Vorgängen und Zuständen zu schildern. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung aller Zeugen stand für das Berufungsgericht fest, dass die Beklagte in zahlreichen Fällen zahllose Arbeitsstunden jeweils am Arbeitsende in bar an die als Schwarzarbeiter beschäftigten Mitarbeiter ausbezahlt hat. Nur wenige der Zeugen liefen offiziell mit einem geringen Teil ihrer tatsächlich erhaltenen Vergütung über die Bücher der T. H. Clean, die allerdings nicht von der Beklagten selbst, sondern von ihrer Mutter, der Ehefrau des Insolvenzschuldners und/oder auch vom Insolvenzschuldner selbst, geführt wurden. Die Richtigkeit der Zeugenaussagen wurde auch durch den Bericht des Diplomkaufmanns R. H. über die I. Existenz Gründungsberatung für die Beklagte bestätigt. Dieser Unternehmensberater hat unter dem 01.10.2001 (vgl. Bl. 76 - 102 d.A.) die Firma T. H. Clean näher beleuchtet, so wie diese sich für ihn dargestellt hat. In diesem Bericht ist etwa auf Seite 8 angegeben, dass in dem Familienunternehmen drei Angestellte sowie mehrere 630,-- DM-Kräfte beschäftigt werden. Die massenhafte Beschäftigung von Schwarzarbeitern ist allenfalls insoweit darin angeklungen, als "kurzfristige Kapazitätsengpässe" durch 630,-- DM-Kräfte und Familienangehörige überbrückt wurden. Nach den dem Unternehmensberater vorliegenden Geschäftsunterlagen hat die Firma T. H. Clean im ersten Halbjahr 2001 insgesamt einen Umsatz von 216.000,-- DM getätigt. Diese hierbei verrichteten Arbeiten im Dienstleistungssektor mussten auch von Mitarbeitern geleistet worden sein. Die vom Kläger im vorliegenden Verfahren als offiziell gemeldeten Arbeitnehmer konnten aufgrund der an sie in den Büchern genannten Löhne die dem Umsatz zugrunde liegenden Aufgaben nicht erfüllt haben. Also spricht schon von daher eine große Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Sachvortrages der Beklagten, dass in der Tat noch weitere Löhne - an wen und in welcher Form auch immer - geflossen sein müssen. Da sämtliche Zeugen darüber hinaus bekundeten, in großem Maße von der Firma T. H. Clean herangezogen worden zu sein, war das Gericht in hohem Maße schon davon überzeugt, dass die von der Beklagten genannten Löhne, die sie an die einzelnen Zeugen in den einzelnen Monaten des Jahres 2001 ausbezahlt hat, durchaus im realistischen Bereich lagen. Bei dieser Sachlage ist prozessual zudem von Beweiserleichterungen zugunsten der Beklagten auszugehen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Insolvenzschuldner von den von der Beklagten geleisteten Schwarzgeldzahlungen Kenntnis hatte. Auch liegt es nahe, dass dieser Praxis eine gemeinsame Absprache des Insolvenzschuldners, dessen Ehefrau und seiner im Familienbetrieb mitarbeitenden Stieftochter, der Beklagten, zugrunde lag. Nach den Bekundungen einzelner Zeugen erhielten sie die Schwarzgelder nicht nur von der Beklagten, sondern auch vom Insolvenzschuldner selbst und in größerem Umfang auch von der die Verwaltung führenden Ehefrau. Absprachegemäß wurden, was insoweit nachvollziehbar und konsequent ist, die Schwarzgelder in den betrieblichen Unterlagen nicht dokumentiert. Trotzdem hat sich die Beklagte die Einzelstunden und die gezahlten Schwarzgelder in ihrem privat geführten Kalender festgehalten, was mehrere Zeugen ausdrücklich bekundet haben. Wenn es aber der Intension des Insolvenzschuldners entsprochen hat, die "nebenher" geflossenen Gelder gerade nicht zu dokumentieren, kann muss dies zu einer Beweiserleichterung der Beklagten im Streitfalle führen. Andernfalls würden die gemeinsamen im strafrechtlichen Bereich sich bewegenden Machenschaften allein die nur im Angestelltenverhältnis tätige Beklagte einseitig treffen. Der nur als Partei kraft Amtes klagende Insolvenzverwalter muss sich insoweit das frühere Handeln des Insolvenzschuldners prozessual zurechen lassen. In dieser Situation blieb dem erkennenden Gericht nur die Möglichkeit, die Beklagte selbst nach § 448 ZPO als Partei über die Höhe der gezahlten Löhne zu vernehmen. Bei ihrer Parteivernehmung hat die Beklagte bekundet, die jeweils schon erstinstanzlich genannten Lohnsummen aus dem von ihr geführten Kalender für das Jahr 2001 entnommen zu haben. Durch exemplarischen Einblick in dieses Kalendarium wurde die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten auch bestätigt, da die vorhandenen Aufzeichnungen detailliert Auskunft gaben, wann welche Zeugen wie viele Stunden gearbeitet haben und welche Beträge an sie ausbezahlt wurden. Als Partei hat die Beklagte die Richtigkeit ihrer Aufzeichnungen bestätigt. Die Parteien haben im Verhandlungstermin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für den nicht erschienenen Zeugen F. unstreitig gestellt, dass auch dieser Lohnansprüche von der Beklagten vergütet bekommen hat, ohne dass die konkreten Zahlungen dem Zeugen jetzt noch bekannt sind. Genau dies haben auch alle vernommenen und aussagebereiten Zeugen bestätigt. Die Zeugin R. L. ist die Cousine der Beklagten und hat von ihrem gesetzlichen Aussageverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Gebrauch gemacht. Damit steht auch nicht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass diese Zeugin im Jahre 2001 in gleicher Weise wie die anderen Mitarbeiter auch Arbeitsleistungen für die Firma T. H. Clean erbracht hat, die ihr von der Beklagten vergütet worden sind. Zwar haben einige Zeugen auch bekundet, von dem Insolvenzschuldner selbst bzw. von dessen Ehefrau Lohnbeträge erhalten zu haben. In dem von der Beklagten geführten Kalendarium sind jedoch weitestgehend nur solche Beträge aufgeführt worden, die die Beklagte selbst an die Mitarbeiter ausbezahlt hat. In Wirklichkeit dürften daher noch höhere Beträge - allerdings nicht von der Beklagten - außerhalb der Versteuerung und ohne Abführung von Sozialabgaben an die Zeugen gezahlt worden seien. Damit steht aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des gesamten Akteninhalts (vgl. § 286 ZPO) zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass die Beklagte folgende Beträge als Lohnzahlung an folgende Zeugen ausbezahlt hat: An

D.: 5.200,-- DM,

D.: 2.530,-- DM,

F.: 1.520,-- DM,

A.: 12.070,-- DM,

A. sen. 2.670,-- DM,

G.: 17.800,-- DM,

H.: 6.380,-- DM,

A.: 4.690,-- DM,

A. jun. 3.190,-- DM,

T. C.: 2.110,-- DM,

J. L. C.: 2.710,-- DM und

P 2.690,-- DM.

Dies ergibt eine Gesamtsumme von 63.560,-- DM. Das Berufungsgericht ist des weiteren davon überzeugt, dass die Beklagte an ihren Onkel F. B. im Auftrage ihrer Mutter in der zweiten Junihälfte 2001 insgesamt einen Betrag in Höhe von 10.000,-- DM zur Weiterleitung dieses Geldbetrages auf ein Geschäftskonto des Insolvenzschuldners in Marokko übergeben hat. Zuvor hatte die Beklagte am 11.06.2001 und am 18.06.2001 jeweils 5.000,--DM vom Geschäftskonto der T. H. Clean abgehoben gehabt. Auch diese beiden von der Beklagten abgehobenen Teilbeträge finden sich in der Gesamtaufstellung des klagenden Insolvenzverwalters (vgl. Bl. 218, 219 d.A.). Zum Nachweis zu Gunsten des Insolvenzschuldners hat die Beklagte die Kopie einer entsprechenden Quittung (Bl. 230 d.A.) zur Akte gereicht und im Verhandlungstermin vom 14.02.2006 das Original zur Einsichtnahme des Gerichts vorgelegt. Damit hat die Beklagte auch insoweit einen Verwendungszweck im Interesse des Insolvenzschuldners für diesen abgehobenen Betrag nachgewiesen. Die Beklagte hat des Weiteren im Laufe des Berufungsverfahrens den Nachweis erbracht, an den Insolvenzschuldner am 21.10.2002 ein Privatdarlehen in Höhe von 10.500,-- € gewährt zu haben. Aufgrund der Bescheinigung der Nassauischen Sparkasse vom 29.01.2004 (Bgl. 245 d.A.) steht fest, dass die Beklagte an diesem Tag diesen Betrag mit dem Vermerk "Privatdarlehen A." auf das Geschäftskonto der T. H. Clean einbezahlt hat. Die Richtigkeit dieses Sachvortrages wird auch bestätigt durch den Umstand, dass die T. H. Clean an die Beklagte ab Dezember 2002 jeweils monatlich 541,-- € zur Tilgung des Darlehens zurückbezahlt hat (vgl. Bl. 246 - 248 d.A.). Somit verbleibt noch ein offener Darlehensrückzahlungsanspruch in Höhe von 7.795,-- €-

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war die Beklagte vorliegend auch berechtigt, mit diesem Anspruch gegenüber der Klageforderung des Insolvenzschuldners aufzurechnen. Forderungen, die sich vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufrechenbar gegenüber standen, sind trotz Insolvenzeröffnung nach wie vor im Insolvenzverfahren gemäß §§ 94, 114 Abs. 2 InsO aufrechnungsfähig (vgl. Uhlenbruck, Insolvenzordnung, § 96 Rz 31). Soweit die Beklagte mit einem Lohnrückstand aus den Monaten Mai bis Juli 2003 in einer Gesamthöhe von 8.936,61 € die Aufrechnung erklärt hat, hat der Kläger das Bestehen eines entsprechenden Lohnrückstandes bestritten. Diesen hat die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht näher konkretisiert oder gar substantiiert dargelegt und zudem bewiesen. Damit hat die Beklagte insoweit keinen aufrechenbaren Gegenanspruch nachgewiesen. Nach alledem hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit die zweckgerichtete Verwendung von Lohn in einer Gesamthöhe von 63.560,-- DM, die Hingabe eines Geldbetrages an den Insolvenzschuldner in Höhe von 10.000,-- DM und einen restlichen Darlehensbetrag in Höhe von 7.795,-- € nachgewiesen. Unter Zugrundelegung der vom Kläger in seiner Anlage BE 1 (Bl. 218-220 d.A.) benannten unklaren Gesamtabhebungen der Beklagten in Höhe von 79.534,-- DM (gekennzeichnet mit einem roten Kreuz) und von 15.100,-- DM (gekennzeichnet mit einem blauen Punkt) ist von einem Gesamtbetrag von 48.385,59 € auszugehen, die der Kläger von der Beklagten im Berufungsverfahren geltend macht. Hiervon sind die vorbenannten Beträge abzuziehen. Damit verblieb noch ein Restbetrag von 2.979,96 €, dessen Verwendung für geschäftliche Zwecke die Beklagte in nachvollziehbarer Form nicht dargelegt hat. In dieser Höhe ist sie nach den vom Arbeitsgericht auf Seite 7 des angefochtenen Urteils genannten Grundsätzen und Normen dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet. Nach alledem war unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils mit der Kostenfolge aus §§ 97 Abs. 1, 91, 92 ZPO das erstinstanzliche Urteil zum ganz überwiegenden Teil aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen. Hinsichtlich des verbleibenden Restbetrages war die unbegründete Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die Revision konnte angesichts der gesetzlichen Kriterien von § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen werden.

Ende der Entscheidung

Zurück