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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 09.05.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 967/05
Rechtsgebiete: BAT, ArbGG


Vorschriften:

BAT § 70
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
ArbGG § 69 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 967/05

Entscheidung vom 09.05.2006 Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.09.2005 - 3 Ca 3230/04 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Der seit dem 01.02.1990 als Sozialpädagoge bei der beklagten Stadt im Angestelltenverhältnis beschäftigte Kläger begehrt vorliegend die Zahlung einer tariflichen Zulage, nachdem die Beklagte - was zwischen den Parteien unstreitig ist - ihm eine tarifliche Zulage jahrelang nicht gezahlt hat, weil weder der Kläger noch die Beklagte Kenntnis von dem tariflichen Anspruch des Klägers hatten. Die Beklagte hat erstmals mit Schreiben vom 20.08.2004 den Kläger davon in Kenntnis gesetzt, dass ihm seit dem Jahre 1999 ein entsprechender Anspruch zustand. Aus einem Versehen wurde dem Kläger diese Leistung nicht gewährt, weil sich der zuständige Mitarbeiter der Beklagten die mögliche Gewährung der Vergütungsgruppenzulagen terminlich nicht vorgemerkt hatte. Rückwirkend für die Dauer von sechs Monaten leistete die Beklagte die Zulage. Für davor liegende Zeiten verweigerte sie die Zahlung unter Hinweis auf die tarifliche Ausschlussfrist von § 70 BAT. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet, ihm ab dem Jahre 1999 die volle Zulage zu bezahlen. Auf die tarifliche Ausschlussfristenregelung von § 70 BAT könne sie sich nicht berufen, weil dies eine unzulässige Rechtsausübung darstelle. Er habe die schwierige tarifliche Regelung nicht überschaut und auf das Fachwissen der Beklagten vertraut, nachdem die Beklagte auch von sich aus in der Vergangenheit ihm die jeweilige tarifliche Vergütung ermittelt und ausbezahlt habe. Da die Gründe für die Nichtzahlung im Personalbereich der Beklagten lägen, was eine Pflichtwidrigkeit und Verletzung der Fürsorgepflicht darstelle, greife vorliegend die tarifliche Ausschlussfristenregelung nicht. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Anträge beider Parteien und der näheren Sachverhaltsdarstellung wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 16.09.2005 hiermit Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die rückständigen Vergütungszahlungen seien nach § 70 BAT verfallen. Mit Ablauf der tariflichen Verfallfrist seien die jeweils monatlich fällig werdenden Zulagen erloschen. Die Beklagte habe auch in der Vergangenheit keinen Tatbestand geschaffen, der sie verpflichtet hätte, ohne Rücksicht auf den Untergang der Ansprüche die Leistungen zu erbringen. Wie bei jedem anderen Tarif- unterworfenen sei es auch Aufgabe des Klägers gewesen, sich um seine eigenen Vergütungsbelange zu kümmern. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit auf die Seiten 7 bis 12 dieses Urteils Bezug genommen. Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese in gleicher Weise begründet. Nach seiner Auffassung habe das Arbeitsgericht zu Unrecht eine unzulässige Rechtsausübung der Beklagten bei ihrer Berufung auf die tarifliche Ausschlussfrist verneint. Schon in der Vergangenheit habe die Beklagte ihn von sich aus auf eine Höhergruppierung hingewiesen und habe diese betrieben. Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.242,00 € brutto nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, das die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt habe. Angesichts der Vielzahl der zu bearbeitenden Personalangelegenheiten sei es im Falle des Klägers aus Versehen zur unterbliebenen Zulagengewährung gekommen. Aus den ihm regelmäßíg übermittelten Verdienstabrechnungen habe der Kläger im Einzelnen seine Bezüge nachvollziehen können. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren, sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet und erweist sich auch sonst als zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen, da dem Kläger die im Berufungsverfahren allein noch geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht zustehen. Das Berufungsgericht folgt insoweit den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil und sieht zur Vermeidung eines doppelten Schreibwerkes gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der erneuten Darstellung dieser Entscheidungsgründe ab. Der Kläger hat im Berufungsverfahren auch keine neuen Tatsachen vorgetragen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten, sondern lediglich seine erstinstanzliche Rechtsauffassung wiederholt. Damit hat sich das Arbeitsgericht ausgiebig und rechtlich zutreffend auseinandergesetzt. Die Berufung der Beklagten auf die tarifliche Ausschlussfrist ist im Streitfalle auch nicht rechtsmissbräuchlich. Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Der Schuldner soll sich darauf verlassen können nach Ablauf der tariflichen Verfallfristen nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Umgekehrt soll der Gläubiger angehalten werden, innerhalb kurzer Fristen Begründetheit und Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen (BAG AP Nr. 67 zu § 4 TVG Ausschlussfristen). Der Zweck einer tariflichen Ausschlussfrist besteht darin, den Gläubiger dazu zu veranlassen, durch rechtszeitige Geltendmachung Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs zu schaffen. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten bei ihrer Berufung auf die tariflichen Ausschlussfristen liegt im Streitfalle offensichtlich nicht vor. So hat die Rechtsprechung etwa angenommen, es verstoße in der Regel gegen Treu und Glauben, wenn der Schuldner vorbringe, der Gläubiger habe bei der Geltendmachung einer Forderung die gültige Ausschlussfrist nicht gewahrt, falls der Schuldner diese Forderung zuvor anerkannt hat (BAG Urteil vom 10.10.2002 - 8 AZR 8/02). Gleiches ist etwa dann anzunehmen, wenn der Schuldner den Gläubiger durch irreführende Maßnahmen oder Erklärungen von der rechtzeitigen Geltendmachung abgehalten hat. Ein solcher oder ein ähnlicher Tatbestand scheidet vorliegend aus. Unstreitig hat sich die Beklagte lediglich aus Versehen die Personalakte des Klägers nach Ablauf von sechs Jahren nach dessen Höhergruppierung nicht auf Wiedervorlage gelegt. Sie hat den Kläger jedoch in keiner Weise davon abgehalten oder irregeleitet, dass dieser nicht selbst hätte erkennen können, dass ihm ein tariflicher Anspruch zusteht. Soweit der Kläger meint, die tariflichen Regelungen seien so schwierig, dass er außerstande gewesen sei, die Begründetheit seines Zulagenanspruchs selbst zu erkennen, so kommt es hierauf nicht an, weil dies allein in der Risikosphäre des Klägers liegt. Dieser Aspekt verhindert nicht den Untergang der Zahlungsansprüche nach Ablauf der tariflichen Ausschlussfrist. Auch wenn die Beklagte in der Vergangenheit von sich aus den Kläger auf eine tariflich vorgesehene Höhergruppierung hingewiesen hatte, so hat sie in diesem Zusammenhang nicht etwa erklärt, der Kläger könne insoweit in eigenen Dingen sorglos sein und ihr blind vertrauen. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger in der Vergangenheit stets die regelmäßigen Verdienstabrechnungen erteilt, so dass der Kläger genau erkennen konnte, welche Leistungen die Beklagte ihm gewährt hat und welche nicht. Nach alledem war die unbegründete Berufung des Klägers gegen das zutreffende Urteil des Arbeitsgerichts mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Revision konnte angesichts der gesetzlichen Kriterien von § 72 Abs. 2 ArbGG vorliegend nicht zugelassen werden.

Ende der Entscheidung

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