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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 01.08.2006
Aktenzeichen: 2 Ta 128/06
Rechtsgebiete: RVG, GKG, ArbGG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 1
RVG § 23 Abs. 3 S. 1
RVG § 23 Abs. 3 S. 2
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 4 S. 3
GKG § 2 Abs. 2
ArbGG § 2a
ArbGG §§ 80 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Ta 128/06

Entscheidung vom 01.08.2006

Tenor:

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 01.06.2006, 10 BVGA 2/06, wird zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführer, die Unterbevollmächtigten des Antragstellers, begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes.

Der von den Beschwerdeführern vertretene Antragsteller hat im Wege der einstweiligen Verfügung Zutritt zu den Filialen der Beteiligten zu 2, seiner Arbeitgeberin, im Bezirk A zum Zwecke der Wahlwerbung für die Betriebsratswahlen begehrt.

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Beschuss vom 09.03.2006 - 10 BVGa 2/06 hierauf gerichteten Anträge des Antragstellers zurückgewiesen.

Auf Antrag der Unterbevollmächtigten des Antragstellers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 01.06.2006 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers auf 2.000,00 Euro festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss, der ihnen am 06.06.2006 zugestellt wurde, haben die Unterbevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 14.06.2006, eingegangen beim Arbeitsgericht am 16.06.2006 mit dem Ziel, den Gegenstandswert auf 4.000,00 Euro festzusetzen Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung ihrer Beschwerde haben die Beschwerdeführer auf die Entscheidungen des ArbG Frankfurt, Urteil vom 05.06.2003 - 1/10 Ca 12731/02 -, die des OLG Brandenburg, Urteil vom 23.09.2005 - 4 U 25/05 -, die des OLG Dresden, Urteil vom 16.07.2004 - 11 U 1234/04 - NJW-RR 2005, 456 sowie die des BGH, Urteil vom 25.09.2002 - RiZ (R) 2/01 - NJW 2003, 282 verwiesen. In diesen sei es um vergleichbare Fälle gegangen und der Streitwert sei dort jeweils höher als 4.000,00 Euro festgesetzt worden. Angemessen sei vorliegend mindestens der Regelstreitwert von 4.000,00 Euro.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt: Die Festsetzung des Gegenstandswertes auf 2.000,00 Euro sei angemessen. Der Antragsteller habe ein Zutrittsrecht zum Zwecke der Wahlwerbung für einen beschränkten Zeitraum begehrt. Im Hinblick darauf sei ein Abschlag vom Regelstreitwert um die Hälfte gerechtfertigt.

II.

Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG die Beschwerde statthaft. Diese wurde form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 Euro und erweist sich auch sonst als zulässig.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet. Der vom Arbeitsgericht festgesetzte Gegenstandswert von 200,00 Euro ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. § 23 Abs. 1 RVG findet keine Anwendung, weil im Beschlussverfahren nach § 2 Abs. 2 GKG i.V.m. §§ 2a, 80 ff. ArbGG keine Gerichtskosten erhoben werden. Auch die in § 23 Abs. 3 S.1 RVG genannten Gebührentatbestände der Kostenordnung finden im Beschlussverfahren keine, auch keine entsprechende Anwendung (vgl. Steffen, AR-Blattei SD, Arbeitsgerichtsbarkeit XIII A, 160.13.1, Rn. 14).

Nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung ist bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen der Gegenstandswert mit 4.000,00 Euro, je nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,00 Euro anzunehmen. Von einem nichtvermögensrechtlichen Streitgegenstand ist dann auszugehen, wenn der im Verfahren erhobene Anspruch auf keiner vermögensrechtlichen Beziehung beruht bzw. nicht auf Geld oder Geldeswert gerichtet ist (vgl. Steffen, AR-Blattei SD, Arbeitsgerichtsbarkeit XIII A, 160.13.1, Rn. 199). Dabei kommt nach ständiger Rechtsprechung des Beschwerdegerichts eine Wertfestsetzung nach billigem Ermessen erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. In den Fällen, in denen ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es auch im Beschlussverfahren in erster Linie auf die Feststellung dieses Wertes an (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm, Beschluss vom 01.02.2006 - 10 TaBV 193/05 - zitiert nach juris; vgl. auch Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.08.2005 - 6 Ta 199/05 - zitiert nach juris). Vorliegend hat der Antragsteller im Wege der einstweiligen Verfügung Zutritt zu den Filialen seiner Arbeitgeberin innerhalb des Bereiches der Zweigniederlassung A zum Zwecke der Wahlwerbung für die Betriebsratswahlen begehrt. Dieser Antrag beruht erkennbar nicht auf einer vermögensrechtlichen Beziehung und ist auch nicht auf Geld oder Geldeswert gerichtet. Ein objektiver Wert, der zur Bestimmung des Gegenstandswertes herangezogen werden könnte, lässt sich damit nicht bestimmen. Mangelt es im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung an genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung, dann ist der Gegenstandswert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG festzusetzen. Dabei ist der Wert von 4.000,00 Euro kein Regelwert, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern ein Hilfswert, auf den nur zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung ausgeschöpft sind (Beschl. v. 18.05.2006 - 2 Ta 79/06; LAG Rheinland-Pfalz, NZA-RR 2004, 373; LAG Hamm, NZA-RR 2002, 472; Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Streitwertgegenstandswert II 3). Solche Anhaltspunkte ergeben sich aus der wirtschaftlichen Interessenlage der Beteiligten, inwieweit durch das Beschlussverfahren finanzielle Ansprüche einzelner Arbeitnehmer berührt werden, aus der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache. Unter Umständen ist auch der objektive Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Einzelfall nicht ganz außer Acht zu lassen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich der angefochtene Beschluss als zutreffend. Es ging vorliegend um ein inhaltlich und zeitlich stark eingegrenztes Zutrittsrechts des Antragstellers zu den Filialen der Antragsgegnerin innerhalb der Zweigniederlassung A. In einem Hauptsacheverfahren wäre hier der Rückgriff auf den Hilfswert von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG angemessen. Da es sich vorliegend jedoch nur um ein Eilverfahren gehandelt hat, war hier beim Gegenstandswert nach unten abzuweichen (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.08.2005 - 6 Ta 199/05). In der Literatur wird dabei eine Abweichung um 1/3 bis 1/2 angenommen (vgl. Steffen, AR-Blattei SD, Arbeitsgerichtsbarkeit XIII A, 160.13.1, Rn. 133 m.w.N.). Diesen Rahmen hält auch das erkennende Gericht für angemessen, so dass das Arbeitsgericht zutreffend den Gegenstandswert auf 2.000,00 Euro vorliegend festgesetzt hat.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller sein Begehren mit einem Haupt- und einem Hilfsantrag geltend gemacht hat. Denn beide Anträge betrafen mit dem Begehren, Zutritt zu den Filialen seiner Arbeitgeberin zum Zwecke der Wahlwerbung für die Betriebsratswahlen zu erlangen, denselben Gegenstand. Auch die von den Beschwerdeführern zitierten Entscheidungen erfordern keine andere Beurteilung.

Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit der Gerichtsgebühren des Beschlussverfahrens erfasst auch das anschließende Gegenstandswertbeschwerdeverfahren von § 33 Abs. 3 RVG (LAG Mecklenburg-Vorpommern, NZA 2001, 1160; a.A. LAG Köln BB 2001, 831).

Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nach § 33 Abs. 4 S. 3 RVG nicht gegeben.

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