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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 18.05.2006
Aktenzeichen: 2 Ta 79/06
Rechtsgebiete: RVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3 Satz 2
RVG § 33 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 3
RVG § 33 Abs. 3 Satz 1
GKG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Ta 79/06

Entscheidung vom 18.05.2006

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12.04.2006 - 3 BV 39/05 - wird zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I.

Die Arbeitsgeberin wendet sich vorliegend gegen die Höhe des vom Arbeitsgericht mit Beschluss vom 12.04.2006 festgesetzten Gegenstandswertes. Im Hauptsacheverfahren streiten die Arbeitgeberin, deren Betriebsrat, der Wahlvorstand und insgesamt acht weitere Unternehmen über die Frage, ob die Arbeitgeberin mit den übrigen Unternehmen der Zeitungsgruppe einen einheitlichen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes bildet. Mit der Begründung, es liege eine Verkennung des Betriebsbegriffes vor, wurde zudem in einem weiteren Hauptsacheverfahren die Betriebsratswahl bei der Arbeitgeberin angefochten.

Das Arbeitsgericht hat mit einem 44-seitigen Beschluss festgestellt, dass die beteiligten Unternehmen keinen gemeinsamen Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne bilden.

Auf Antrag eines der beteiligten Unternehmen hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 12.04.2006 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten auf 13.000,00 € festgesetzt. Hierbei hat es die Grundsätze angewendet, die das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 30.03.1992 (NZA 1992, 667) für die Festsetzung des Gegenstandswertes bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl zugrunde gelegt hat.

Gegen diesen Festsetzungsbeschluss hat die Arbeitgeberin innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist "sofortige Beschwerde" eingelegt mit der Begründung, die Grundsätze für den Gegenstandswert in einem Wahlanfechtungsverfahren seien auf die Feststellungen des Betriebsbegriffes nicht anwendbar.

Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und hat es dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Bei dem Rechtsmittel der Arbeitgeberin hat es sich um eine Beschwerde im Sinne von § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG gehandelt, die insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden ist. Auch übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes die erforderliche 200,00 €-Grenze. Die Bestimmungen des GKG finden vorliegend keine Anwendung, da das Beschlussverfahren gemäß § 2 Abs. 2 GKG gerichtsgebührenfrei ist. Da die Arbeitgeberin als potentielle Zahlungspflichtige für die Honoraransprüche der eingeschalteten Verfahrensbevollmächtigten in Betracht kommt, ist sie durch die angefochtene Entscheidung auch beschwert, obwohl weder sie selbst noch ihr eigener Verfahrensbevollmächtigter vorliegend den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes nach § 33 Abs. 1 RVG gestellt hatten.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet.

Da die einschlägigen Bestimmungen des GKG für Gerichtsgebühren nicht anwendbar sind, ist der Gegenstandswert in einem Beschlussverfahren gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu ermitteln. Mangelt es an genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung, ist der Gegenstandswert auf 4.000,00 €, je nach Lage des Falles jedoch nicht unter 300,00 € (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 RVG) und nicht über 500.000,-- € festzusetzen. Dabei ist der Wert von 4.000,-- € kein Regelwert, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern ein Hilfswert, auf den nur zurückzugreifen ist, wenn alle Möglichkeiten für eine individuelle Bewertung ausgeschöpft sind (LAG Rheinland-Pfalz, NZA-RR 2004, 373; LAG Hamm, NZA-RR 2002, 472; Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Streitwertgegenstandswert II 3). Solche Anhaltspunkte ergeben sich aus der wirtschaftlichen Interessenlage der Beteiligten, inwieweit durch das Beschlussverfahren finanzielle Ansprüche einzelner Arbeitnehmer berührt werden, aus der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache. Unter Umständen ist auch der objektive Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Einzelfall nicht ganz außer Acht zu lassen.

Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend die Höhe des festgesetzten Gegenstandswertes jedenfalls nicht mit der Begründung zu beanstanden, das Arbeitsgericht habe den Gegenstandswert zu hoch festgesetzt.

Es mag vorliegend dahingestellt bleiben, ob sich das Arbeitsgericht für seine Ermessensausübung zu Recht auf die Grundsätze berufen hat, die für die Festsetzung des Gegenstandswertes bei der Anfechtung von Betriebsratswahlen anzuwenden sind. Unverkennbar ist, dass der richtige Betriebsbegriff auch für die Anfechtung der bei allen Unternehmen, die einer einheitlichen Zeitungsgruppe angehören, durchgeführten Betriebsratswahl von zentraler Bedeutung ist. Wenn aber bei einer Anfechtung der Betriebsratswahl der Gegenstandswert unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vorliegend auf 13.000,00 € festzusetzen wäre, dann ist es auch gerechtfertigt, dass jedenfalls ein Beschlussverfahren, in dem der Betriebsbegriff im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne umfassend zu klären ist, keine geringere Bedeutung hat. Wenn überhaupt, dann dürfte eher das Gegenteil der Fall sein, weil der Betriebsbegriff nicht nur für die Rechtsmäßigkeit der Betriebsratswahlen, sondern auf der Betriebsratsebene für die Rechtsbeziehungen aller Unternehmen viel weitergehende Bedeutung erlangt. Bei dieser Sachlage ist der festgesetzte Gegenstandswert von 13.000,00 € im Rahmen der nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG anzustellenden Ermessenentscheidung nicht überhöht. Eine Festsetzung auf den Hilfswert von 4.000,00 €, wie dies die Beschwerdeführerin vorliegend begehrt, wird der wirtschaftlichen und ideellen Interessenlage aller Beteiligten, der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit des vorliegenden Verfahrens in keiner Weise gerecht.

Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit der Gerichtsgebühren des Beschlussverfahrens erfasst auch das anschließende Streitwertbeschwerdeverfahren von § 33 Abs. 3 RVG (LAG Mecklenburg-Vorpommern, NZA 2001, 1160; a.A. LAG Köln, BB 2001, 831).

Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

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