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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.05.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 14/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 123
BGB § 138
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.09.2007 - Az: 1 Ca 2150/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die am 07.02.1954 geborene Klägerin ist seit dem 15.05.1990 bei der Beklagten beschäftigt gewesen.

Anlässlich einer - am 30.09.2006 (Samstag) durchgeführten - Kontrolle stellte der Revisionsmitarbeiter Sch. fest, dass die Klägerin ein von ihr selbst abgepacktes Fleischpaket aus dem Markt verbracht hatte (vgl. dazu Bl. 49 d.A.: "Frischfleisch"/1,00 EUR). Außerdem hatte die Klägerin Backwaren mitgenommen, ohne diese bezahlt zu haben. Am 02.10.2006 (Montag) unterzeichnete die Klägerin die aus Bl. 5 d.A. ersichtliche "Vereinbarung". In dieser Vereinbarung heißt es u.a., dass das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2006 beendet wird. Im Rahmen ihrer erstinstanzlichen Rechtsverteidigung berief sich die Beklagte u.a. auf die bei ihr bestehende Personaleinkauf-Richtlinie (s. dazu das Schriftstück "Personaleinkauf", Bl. 70 d.A.).

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 19.09.2007 - 1 Ca 2150/06 - (dort S. 3 ff. = Bl. 118 ff. d.A.). Das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts vom 19.09.2007 - 1 Ca 2150/06 - ist der Klägerin am 11.01.2008 zugestellt worden. Die Klägerin hat gegen das vorbezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts am 10.01.2008 Berufung eingelegt und diese am 28.02.2008 mit dem Schriftsatz vom 27.02.2008 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 27.02.2008 (Bl. 152 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin führt dort u.a. aus:

Die Beklagte habe nicht ohne weitere Nachforschungen davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin unbezahlte Waren habe mitnehmen wollen. Da dies nicht der Fall gewesen sei, habe die Beklagte (auch) nicht davon ausgehen dürfen, dass eine fristlose Kündigung hätte ausgesprochen werden können. Die Klägerin wirft dem Arbeitsgericht vor, nicht auf die in der Filiale übliche Praxis eingegangen zu sein, dass die nach Laden- und Kassenschluss erworbene Ware, vor allem die Bäckereiware, von den Angestellten erst am nächsten Arbeitstag bezahlt werde. Die Klägerin habe den Zeugen K. am besagten Tage darüber informiert, dass sie Brötchen und Brot mitnehme und diese am nächsten Arbeitstag bezahlen werde. K. habe sich damit einverstanden erklärt. Diese übliche Praxis könne auch durch die Zeuginnen W. und B. bestätigt werden. Am Abend des 30.09.2006 habe sie, die Klägerin, keine Bezahlung der Backwaren vornehmen können, da die Kasse bereits geschlossen gewesen sei. Die Beklagte hätte bei weiterer Nachforschung feststellen müssen - so bringt die Klägerin weiter vor -, dass hier für eine Drohung mit einer fristlosen Kündigung oder gar einer Strafanzeige kein Grund bestanden habe. Bei weiterer Aufklärung hätte sich ergeben, dass ein verständiger Arbeitgeber nach Aufklärung eine fristlose Kündigung nicht in Erwägung gezogen hätte. Es sei so, dass die Mitarbeiter darauf vertrauten, dass die seit langem so gehandhabte Praxis nicht plötzlich unangekündigt geändert werde und sie ihren langjährigen Arbeitsplatz verlören. Der Zeuge K. - so behauptet die Klägerin - habe dem Zeugen Sch. in einem Gespräch am Abend des 30.09.2006 mitgeteilt, dass es so üblich sei, dass das Brot am Montag gezahlt werden könne. Die Klägerin beanstandet die Nichtvernehmung benannter Zeugen. Die Klägerin meint, dass durch die Zeugen der Diebstahlsverdacht hätte widerlegt werden können.

Die Klägerin verweist darauf, dass sie am 30.09.2006 alleine für die Theken zuständig gewesen sei. Sie habe an vier Service-Theken die sogenannte offene Ware ausräumen und die Lebensmittel in das Kühlhaus verbringen müssen. Da es sich um frische Waren handele, dulde diese Tätigkeit keinen Aufschub. Die Arbeiten würden eine längere Zeit in Anspruch nehmen. Erst nach Wegräumen der Frischware könne die Klägerin nachschauen, ob noch Backwaren übrig geblieben seien. Als sie die Arbeit beendet gehabt habe, sei die Kasse bereits geschlossen gewesen, so dass der Klägerin keine Möglichkeit zur Zahlung mehr verblieben sei. Die Klägerin wirft dem Arbeitsgericht weiter vor, bezüglich des von der Klägerin eingepackten und bezahlten Fleisches von einem unzutreffenden Sachverhalt auszugehen. Es sei immer so gehandhabt worden, dass sich die Mitarbeiter Fleisch, welches das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht oder überschritten habe, selbst hätten herausnehmen dürfen. Es habe an dem besagten Samstag (30.09.2006) keine Möglichkeit gegeben, dass eine andere Person das Fleisch für die Klägerin abgewogen habe. Die Mitarbeiterin Br., die bis 15:00 Uhr gearbeitet habe, habe das Fleisch aus der SB-Theke geholt und vorne auf die Service-Theke gelegt und der Klägerin mitgeteilt, sie solle es "verschaffen", - d.h. in die Service-Theke hineinlegen. Von diesem Fleisch habe sich die Klägerin 300 g genommen. Es habe kein Grund dafür bestanden, Br. zu informieren, da die Mitarbeiterinnen befugt gewesen seien, sich das Fleisch selbst zu nehmen. Das Fleisch sei auch ordnungsgemäß bezahlt und von der Zeugin H. gegengezeichnet worden. Die Klägerin führt dazu aus, dass die vorgelegten Kopien nicht zum Beweis dafür dienen könnten, die Vorgehensweisen beim Kauf von Fleisch mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum in der Filiale zu beweisen.

Die Klägerin bringt vor, dass ihre (ursprüngliche) Aussage, Br. habe das Fleisch abgewogen, nur deshalb zustande gekommen sei, weil die Klägerin in dem Gespräch am 02.10.2006 unter extremem Druck gestanden habe.

Die Klägerin macht geltend, dass die Ankündigung, den Aufhebungsvertrag "jetzt oder nie" zu unterzeichnen, sehr wohl ein zukünftiges Übel darstelle. Die Ankündigung mit einer Strafanzeige, einem schlechten Zeugnis und der fristlosen Kündigung im Falle der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrages stellten - so führt die Klägerin weiter aus - eine Drohung mit einem empfindlichen Übel dar, - zumal der Klägerin keine Bedenkzeit eingeräumt worden sei. Die Drohung sei für die Abgabe der Willenserklärung kausal gewesen, - die Mitarbeiter der Beklagten hätten auch vorsätzlich gehandelt. Sie hätten den Willen gehabt, auf die Klägerin nötigend einzuwirken. Die Kläger bringt vor, dass hier nicht nur auf das Gespräch selbst abzustellen sei, sondern auf die gesamten Begleitumstände. Nach Ansicht der Klägerin liegt nicht nur der Anfechtungsgrund des § 123 BGB vor, - die Klägerin hält die Vereinbarung vom 22.10.2006 auch für sittenwidrig nach § 138 BGB.

Der Aufhebungsvertrag verstoße gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Allein die Tatsache, dass die Klägerin sozusagen "blind", - d.h. ohne zu wissen, worum es überhaupt ging, nach Rossbach gefahren werde und sowohl vor und nach der Fahrt lange Zeit habe warten müssen, stelle einen nicht hinnehmbaren Zustand dar. Die Klägerin sei in dem Gespräch derart unter Druck gesetzt worden, dass sie nicht mehr dazu in der Lage gewesen sei, eine andere Entscheidung als die der Vertragsunterzeichnung zu treffen. Da die Anfechtung des Aufhebungsvertrages wirksam sei, habe das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.10.2006 geendet. Daher stünde der Klägerin auch der geltend gemachte Anspruch auf Lohn und Weihnachtsgeld zu.

Ergänzend äußert sich die Klägerin im Schriftsatz vom 15.04.2008 (Bl. 176 ff. d.A.), worauf ebenfalls verwiesen wird. Dort äußert sich die Klägerin u.a. dahingehend, dass es seltsam anmute, dass gerade an diesem Abend (- erkennbar gemeint: 30.09.2006) K., der sonst oftmals Brötchen verlangt habe, keine Brötchen habe haben wollen. Sie, die Klägerin, habe die Brötchen-Tüte offen getragen. Es stelle sich die Frage, warum K. sie nicht auf die Brötchen angesprochen habe, - wenn er angeblich nichts davon gewusst habe, dass die Klägerin die Backwaren später bezahle. Dies sei deshalb der Fall, da K. gewusst habe, dass die Klägerin die Brötchen an diesem Abend habe mitnehmen wollen und es vereinbart gewesen sei, dass am darauffolgenden Montag die Brötchen bezahlt würden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 19.09.2007 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz - 1 Ca 2150/06 -

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht zum 31.10.2006 sein Ende gefunden hat

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

a) ein Bruttolohn in Höhe von 7.308,06 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz zu zahlen - Zinsstaffel wie auf Seite 1 des Schriftsatzes vom 27.02.2008 - und

b) nebst einem Nettobetrag in Höhe von 48,90 EUR nebst Zinsen seit Klagezustellung und

3. die Beklagte zu verurteilen, der Kläger 730,86 EUR Weihnachtsgratifikation nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 28.03.2008 (Bl. 172 ff. d.A.), worauf verwiesen wird. Anfechtungsgründe - so führt die Beklagte dort insbesondere aus - würden nicht vorliegen, da der Klägerin in dem Gespräch am 02.10.2006 weder mit dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung gedroht worden sei, noch sie zu irgendwelchen Handlungen oder Aussagen genötigt worden sei. Auch die Erstattung einer Strafanzeige sei nicht Gegenstand der Anhörungen der Klägerin gewesen. Die Beklagte verweist weiter darauf, dass nach den bei ihr bestehenden Richtlinien für den Personaleinkauf eingekaufte Ware sofort zu bezahlen sei. Es habe bei der Beklagten zu keiner Zeit die von der Klägerin behauptete Praxis gegeben, dass erworbene Waren von den Mitarbeitern erst am nächsten Tag zu bezahlen seien. Auch lasse die Klägerin wahrheitswidrig vortragen, Mitarbeiter dürften sich Fleisch, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht oder überschritten habe, selbst herausnehmen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich als unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu recht abgewiesen.

II. 1. Mit dem Feststellungsantrag ist die Klage unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis aufgrund der Vereinbarung vom 02.10.2006 mit dem 31.10.2006 sein Ende gefunden hat. Diese Vereinbarung ist rechtswirksam. Sie ist weder gemäß § 138 BGB nichtig, - noch ist sie wirksam von der Klägerin gemäß § 123 BGB angefochten worden.

a) Die Berufungskammer folgt nach näherer Maßgabe der folgenden Ausführungen den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit bezugnehmend gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt keine von der Beurteilung des Arbeitsgerichts abweichende rechtliche Bewertung des verfahrensgegenständlichen Lebenssachverhaltes. Da das entscheidungserhebliche Vorbringen der Klägerin weder schlüssig noch erheblich ist, war auch im Berufungsverfahren - wie bereits erstinstanzlich - die Durchführung einer Beweisaufnahme nicht geboten.

b) Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt Veranlassung darauf hinzuweisen, dass - allgemeinen Rechtsgrundsätzen entsprechend - der Mitarbeiter beim Personaleinkauf grundsätzlich (von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen) dem Kunden gleich steht. Dies bedeutet, dass der Mitarbeiter Waren grundsätzlich nur dann aus der Verkaufsstätte verbringen darf, wenn er sie zuvor ordnungsgemäß gekauft und zu Eigentum erworben hat. Etwaige Vergünstigungen dürfen nur bei strikter Beachtung der dafür bestehenden Regelungen in Anspruch genommen werden. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unbedingt notwendige Vertrauensgrundlage - unabhängig vom jeweiligen Warenwert - irreparabel zerstört wird. Dass der Mitarbeiter beim Personaleinkauf dem Kunden gleichsteht, wird in den "Regeln für den Personaleinkauf (Bl. 70 d.A.) ausdrücklich erwähnt (- s. dort Abs. 7 nach: "folgende Regeln für den Personaleinkauf sind zu beachten: ..."). Auf die bei ihr bestehenden Richtlinien für den Personaleinkauf hat die Beklagte bereits erstinstanzlich (S. 3 d. Schriftsatzes vom 18.12.2006 = Bl. 21 d.A.) hingewiesen. Sie hat diesen Hinweis im Berufungsverfahren auf Seite 2 - unten - der Berufungsbeantwortung (= Bl. 173 d.A.) wiederholt. Die Tatsachen, aus denen sich die Existenz und die Geltung dieser Richtlinien für das Arbeitsverhältnis der Parteien ergeben, hat die Klägerin als solche - d.h. in tatsächlicher Hinsicht - nicht bestritten. Demgemäß (§ 138 Abs. 3 ZPO) ist festzustellen, dass die Personaleinkaufrichtlinien im Markt aushängen und die Mitarbeiter darüber hinaus bei Inventur-Gesprächen und Einzelgesprächen immer wieder auf diese Regeln hingewiesen werden. Die Klägerin ist insoweit lediglich aus Rechtsgründen der Auffassung, dass es keine Rolle spiele, wenn die Beklagte auf bestehende Richtlinien verweise. Diese Rechtsauffassung der Klägerin erweist sich als unzutreffend. Das tatsächliche Vorbringen der (insoweit) letztlich darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin reicht nicht aus, um feststellen zu können, dass sich eine rechtserhebliche Regelung bzw. betriebliche Übung dahingehend ergeben habe, dass die Personaleinkaufsrichtlinien (doch) nicht oder nur modifiziert gelten sollten.

c) Nach diesen Richtlinien bzw. Regeln ist das Selbstauswiegen von Waren an Bedienungstheken nicht gestattet. Diese Regel hat die Klägerin, soweit es um das von ihr unstreitig mitgenommene Fleisch geht, nicht beachtet. Zwar hat sie an der Kasse für das Fleisch einen Euro bezahlt (- es handelte sich um immerhin mindestens 300 gr. Fleisch). Die Klägerin hat sich das Fleisch allerdings selbst abgewogen, so dass nicht zuverlässig feststellbar ist, welches Gewicht das Fleisch tatsächlich hatte. Ihre ursprüngliche Einlassung, die Mitarbeiterin Br. habe ihr das Fleisch abgewogen, ist unzutreffend gewesen. Soweit sich die Klägerin nunmehr dahingehend einlässt, es habe am 30.09.2006 keine Möglichkeit bestanden, dass eine andere Person das Fleisch für sie abwog, ändert dies an dem objektiven Verstoß gegen die Personaleinkaufsrichtlinien nichts. Unabhängig davon war am 30.09.2006 doch zumindest noch der Marktleiter-Assistent K. im Betrieb anwesend, den die Klägerin hätte bitten können, das Fleisch für sie abzuwiegen. Selbst wenn diese Möglichkeit nicht bestanden haben sollte, würde sich an dem Verstoß gegen die Personaleinkaufsrichtlinien nichts ändern. Die Klägerin hätte dann eben auf den Kauf bzw. auf die Mitnahme des Fleisches verzichten müssen.

d) In ähnlicher Weise ist der Argumentation der Klägerin hinsichtlich der Mitnahme von Backwaren (ein Brot und diverse Baquette- bzw. Krusti-Brötchen) zu begegnen.

Insoweit ist unstreitig, dass die Klägerin die Backwaren ohne überhaupt einen Verkaufspreis zu zahlen, aus der Verkaufsstätte verbracht hat. Dadurch hat die Klägerin gegen die Regel verstoßen, dass jede Ware sofort bezahlt werden muss (s. Bl. 70 d.A.: Abs. 5 der Personleinkaufsrichtlinien). In Abs. 5 S. 2 der Personaleinkaufsrichtlinien wird weiter unmissverständlich darauf hingewiesen, dass es nicht gestattet ist, Bezahlungen zu stunden oder Kredite einzuräumen. Jeder Mitarbeiter muss für die Ware, die er aus dem Markt mitnimmt, einen abgezeichneten Kassenbon zur Hand haben (= Abs. 8 S. 1 der Personaleinkaufsrichtlinien; Bl. 70 d.A.). Da es hiernach ohnehin nicht gestattet ist, Bezahlungen zu stunden, kommt es nicht darauf an, inwieweit der Marktleiter-Assistent K. die Mitnahme von Backwaren durch die Klägerin bemerkt hat bzw. von dieser auf die Mitnahme und Zahlungsabsicht für den nächsten Arbeitstag hingewiesen worden ist. Das in den Personaleinkaufsrichtlinien geregelte Stundungsverbot ist aus naheliegenden Gründen sachlich gerechtfertigt. Dies gilt insbesondere für einen Fall der vorliegenden Art. Eine irgendwie geartete schriftliche Dokumentation darüber, welche und wie viele Backwaren die Klägerin am 30.09.2006 unbezahlt aus dem Markt mitgenommen hat, existierte jedenfalls vor der - nach Geschäftsschluss vorgenommenen - Kontrolle des Revisionsmitarbeiters Sch. unstreitig nicht.

e) Im 12. Absatz der Personaleinkaufsrichtlinien wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beim Verlassen des Marktes Stichprobenkontrollen der Einkaufstaschen und sonstigen Behältnisse durchgeführt werden. Am Ende der Richtlinien werden die Mitarbeiter gebeten, die Richtlinien genau einzuhalten, damit "kein falscher Verdacht" entstehen könne und "eventuell arbeitsrechtliche Konsequenzen gezogen werden müssen". Da sich die Klägerin trotz dieser deutlichen Hinweise über die Regeln der Personaleinkaufsrichtlinien hinweggesetzt hat, durfte die Beklagte unter den gegebenen Umständen, - die weitere Nachforschungen nicht notwendig machten -, sowohl den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Deswegen kann dahingestellt bleiben, ob - was die Beklagte jeweils bestreitet (S. 1 f. der Berufungsbeantwortung vom 28.03.2008 = Bl. 172 f. d.A.) - der Klägerin überhaupt mit dem Ausspruch einer fristlosen Kündigung gedroht worden ist und die Erstattung einer Strafanzeige Gegenstand der Anhörungen der Klägerin gewesen ist.

f) Auch das übrige Vorbringen der Klägerin rechtfertigt die Feststellung einer wirksamen Anfechtung gemäß § 123 BGB nicht. Entsprechendes gilt, soweit es um die Frage der Sittenwidrigkeit der Vereinbarung gemäß § 138 BGB geht. Ein Sachverhalt, der die Feststellung der Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB rechtfertigen würde, ist von der Klägerin nicht hinreichend dargetan worden.

2. Die Klage ist - soweit überhaupt in das Berufungsverfahren gelangt - auch im übrigen unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche hängen vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 31.10.2006 hinaus ab. Da das Arbeitsverhältnis aber nach den voranstehenden Ausführungen wirksam zum 31.10.2006 beendet worden ist, erweisen sich auch die Zahlungsansprüche als unbegründet.

III. Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung muss gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin tragen.

Ende der Entscheidung

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