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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.01.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 267/06
Rechtsgebiete: ArbGG, SGB IX


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
SGB IX § 81 Abs. 1
SGB IX § 81 Abs. 2 Nr. 5
SGB IX § 82 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 3 Sa 267/06

Entscheidung vom 12.01.2007

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.01.2006 - Az.: 10 Ca 777/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Übertragung der Stelle des Sachgebietsleiters Landespflege/Immissionsschutz Arbeitsrate I/III bei dem C. sowie über die vom Kläger hilfsweise geltend gemachte Verpflichtung des beklagten Landes zu einer erneuten Auswahlentscheidung.

Hinsichtlich des unstreitigen Sachvortrags der Parteien und (insbesondere) des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.01.2006, Az.: 10 Ca 777/05 (Bl. 164 ff. d. A.). Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht Koblenz die Klage in Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass das beklagte Land bei der Auswahlentscheidung zu Gunsten des Konkurrenten des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten und insgesamt verfahrensfehlerfrei gehandelt habe. Zur Darstellung der erstinstanzlichen Entscheidungsbegründung wird im Übrigen Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Gegen dieses ihm am 02.03.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 30.03.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 25.04.2006 bis zum 22.05.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 18.05.2006 begründet.

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, bei der Auswahlentscheidung hätten nur die Tatsachen betreffend Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung berücksichtigt werden dürfen, die zeitnah zum Zeitpunkt der Ausschreibung bei den Bewerbern bereits vorgelegen hätten. Auch das Anforderungsprofil müsse die Stellenanforderungen zum Zeitpunkt der Ausschreibung definieren. Dass von dem beklagten Land erstellte Anforderungsprofil sei auch nicht sachgerecht, weil zum einen nicht Kenntnisse und Erfahrungen im Sachgebiet der zu besetzenden Stelle gefordert würden und zum anderen Anforderungen definiert würden, die nicht in dem zu leitenden Sachgebiet, sondern ausschließlich in der Abteilung II - Bauausführung - erledigt würden. Dies beträfe insbesondere die bauplanerische Umsetzung der aus dem Bundesimmissionsschutzgesetz resultierenden Verpflichtungen des Straßenbaulastträgers und die Vorbereitung, Ausschreibung und Überwachung der baulichen Maßnahmen. Schließlich lasse das Anforderungsprofil Anforderungen vermissen, die nach der Eigenart des zu leitenden Sachgebietes zentral für die Aufgabenerfüllung seien, nämlich die Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange und der Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge mit Dritten. Der Kläger vertritt die Ansicht, bei der Auswahlentscheidung dürften nur dienstliche Beurteilungen berücksichtigt werden, die zeitnah zum Zeitpunkt der Ausschreibung erstellt worden seien. Soweit das Arbeitsgericht ausgeführt habe, dass das beklagte Land davon habe ausgehen dürfen, dass die durch die dienstliche Beurteilung des Konkurrenten O. bewertete Tätigkeit Aussagekraft auch für die zu besetzende Stelle gehabt habe, werde verkannt, dass der Mitbewerber O. bis zum Zeitpunkt der Ausschreibung mit Tätigkeiten beschäftigt gewesen sei, die mit der ausgeschriebenen Funktion nichts zu tun gehabt hätten, was sich schon daraus ergebe, dass ihm eine Einarbeitungszeit von 6 Monaten habe gewährt werden müssen. Das beklagte Land habe seine Auswahlentscheidung in dem Auswahlvermerk vom 29.07.2005 auch nicht sachgerecht und plausibel begründet. Ausführungen zu seiner Qualifikation oder die der Mitbewerber für die konkrete Stelle fehlten. Auch würden die Kriterien Fachkompetenz, Berufserfahrung und soziale Kompetenz in keiner Weise konkret ausgefüllt. Der bevorzugte Mitbewerber O. habe zum Zeitpunkt der Ausschreibung keinerlei Erfahrungen in den in der Regelbeurteilung unter II. 1. aufgeführten Tätigkeitsbereichen.

- Durchfühung von immissionstechnischen Untersuchungen und Planungen von Lärmschutzmaßnahmen,

- Planung von aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen,

- Ausschreibung und Vergabe von immissionstechnischen Planungsleistungen an Ingenieurbüros, sowie Überwachung, Prüfung, Abnahme der Leistungen und

- Betreuung und Pflege von Projekten der LSV D. in S., Betreuung des Moduls M. I. gehabt.

Die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Mitbewerbers stehe zudem in Widerspruch zu der Integrationsvereinbarung zwischen dem C., der Gesamtpersonalvertretung und der Gesamtschwerbehindertenvertretung. Danach hätte er als schwer behinderter Bewerber bevorzugt berücksichtigt werden müssen. Außer Acht gelassen werde ferner, dass nach Maßgabe von Ziffer 6. 3 der Integrationsvereinbarung bei der Beurteilung der Leistung Schwerbehinderter eine etwaige Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch die Behinderung zu berücksichtigen seien. Ebenso sei die gebotene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gem. § 81 Abs. 1 SGB IX unterlassen worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 18.05.2006 (Bl. 211 ff. d. A.) sowie den weiteren Schriftsatz vom 29.12.2006 (Bl. 244 d. A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.01.2006, 10 Ca 777/05 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die am 03.07.2003 durch den Landesbetrieb ausgeschriebene Funktionsstelle des Sachgebietsleiters Landespflege/Immissionsschutz (Arbeitsrate I/3) an ihn zu übertragen;

hilfsweise,

das beklagte Land zu verurteilen, seine Auswahlentscheidung bezüglich der Besetzung der vorbezeichneten Stelle aufzuheben und die Bewerbung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungsbeantwortung vom 19.07.2006, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 226 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Das Anforderungsprofil solle die spätere Entscheidung nachvollziehbar machen und willkürliche Entscheidungen ausschließen. Hierfür reiche es, wenn das Anforderungsprofil vor der getroffenen Auswahlentscheidung festgelegt und dokumentiert werde. Eine Verpflichtung zur Erstellung des Anforderungsprofils unmittelbar nach Stellenausschreibung bestehe nicht. Ebenso sei es zulässig, zeitnah zur Auswahlentscheidung erstellte dienstliche Beurteilungen heranzuziehen. Soweit der Kläger darauf abstelle, dass sowohl bei der Formulierung des Anforderungsprofils als auch bei der Auswahlentscheidung auf die in dem betreffenden Sachgebiet durch entsprechende berufliche Tätigkeit gesammelten Erkenntnisse und Erfahrungen abzustellen sei, sei zum einen auf den vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz im Verfahren der Parteien 5 Sa 512/04 durch Beschluss vom 25.11.2004 festgestellten Vergleich zu verweisen, und deshalb davon auszugehen, dass für die zu besetzende Stelle Beamte und Angestellte, die über einen Abschluss als Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtungen Bauingenieurwesen oder Landespflege verfügen, in gleicher Weise geeignet seien. Im Übrigen unterliege die Gestaltung des Anforderungsprofils der Unternehmerdisposition. Es sei keineswegs zwingend, dass dann, wenn eine bestimmte Berufspraxis gefordert werde, diese auch auf dem Gebiet der zu besetzenden Stelle erworben sein müsste.

Dass Anforderungsprofil sei auch inhaltlich richtig. Wie der Kläger selbst im erstinstanzlichen Verhandlungstermin vom 19.01.2006 klargestellt habe, erfolge auch die bautechnische Berechnung und die Vorbereitung für die Erstellung von Leistungsverzeichnissen für die zu ergreifenden Immissionsschutzmaßnahmen im Sachgebiet Landespflege/Immissionsschutz.

Schließlich rechtfertige auch der Verweis auf die Integrationsvereinbarung keine andere Beurteilung. Diese könne nur greifen, wenn der Kläger in gleichem Umfang für die besetzende Stelle geeignet gewesen wäre.

Ergänzend wird im Übrigen Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht sowohl im Haupt-, als auch im Hilfsantrag abgewiesen. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Übertragung der Funktionsstelle des Sachgebietsleiters Landespflege/Immissionsschutz zu. Ebensowenig besteht ein Anspruch auf erneute Beurteilung seiner Bewerbung.

Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen veranlasst folgende ergänzende Ausführungen:

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitnehmern besetzt werden. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann grundsätzlich nur verlangen, dass seine Bewerbung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung geprüft und nicht nach unzulässigen Kriterien differenziert wird. Verstößt der öffentliche Arbeitgeber bei seiner Entscheidung über die Bewerbung gegen diese Verpflichtung, kann der zu Unrecht übergangene Bewerber verlangen, dass seine Bewerbung neu beurteilt wird. Ein Einstellungsanspruch ergibt sich aus Art. 33 Abs. 2 GG nur dann, wenn sämtliche Einstellungsvoraussetzungen in der Person des Bewerbers erfüllt sind und dessen Einstellung die einzig rechtmäßige Entscheidung der Behörde ist, weil sich jede andere Entscheidung als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellt (st. Rspr. des BAG, vgl. nur BAG Urteil vom 27.7.2005 -7 AZR 508/04-, EzA Art. 33 GG Nr. 29 m.w.N.).

Bei der Anwendung des Art. 33 Abs. 2 GG steht dem öffentlichen Arbeitgeber dabei ein von der Verfassung gewährleisteter Beurteilungsspielraum zu, der nur beschränkt gerichtlicher Kontrolle unterliegt, Personalentscheidungen gehören zum Kernbereich der Exekutive. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen. Nur der öffentliche Arbeitgeber soll durch die für ihn handelnden Organe bei der Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein persönlichkeitsbezogenes Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Bewerber den fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Deshalb hat sich die gerichtliche Kontrolle darauf zu beschränken, ob der öffentliche Arbeitgeber den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BAG Urteil vom 7.9.2004 -9AZR 537/03-, EzA Art. 33 GG Nr. 27 m.w.N. auch zur Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG).

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Auswahlentscheidung zu Gunsten des Mitbewerbers O. nicht zu beanstanden. Das beklagte Land ist im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums verfahrensfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Mitbewerber O. nach den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der bestqualifizierteste Bewerber für die ausgeschriebene Stelle ist.

a) Das durchgeführte Auswahlverfahren ist auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das zur Sicherstellung einer leistungsbezogenen Auswahl erforderliche Anforderungsprofil lag vor.

Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat vor der Besetzung jeder Stelle zwingend ein Anforderungsprofil festzulegen Eine leistungsbezogene Auswahl setzt verfahrensmäßig voraus, dass zuvor für die zu besetzende Stelle ein konkretes Anforderungsprofil festgelegt wird. Dieses allein ermöglicht eine sachgerechte Prognose, wer von den Bewerbern die zukünftigen Aufgaben am besten erfüllen wird. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils werden zugleich die Leistungskriterien für die Auswahl der Bewerber näher konkretisiert. Der Leistungs- und Befähigungsvergleich kann nämlich nur im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle vorgenommen werden. Dabei muss das Anforderungsprofil zur Gewährleistung eines hinreichenden Rechtsschutzes des unterlegenen Bewerbers nach Art. 19 Abs. 4 GG so dokumentiert sein, dass die Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann (BAG 21.1.2003, a.a.O.).

Vorliegend bestand ein Anforderungsprofil zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung und war auch hinreichend dokumentiert. Es ergibt sich aus dem Auswahlvermerk vom 29.7.2005 (Bl. 135 ff. d. A.), in dem das Anforderungsprofil gegliedert nach fachlichen Anforderungen und sonstigen Befähigungsmerkmalen geschildert und die dort statuierten Anforderungen in ihrer sachlichen Beziehung zu den Anforderungen der zu besetzenden Stelle erläutert werden.

Unerheblich ist, dass dieses Anforderungsprofil nicht bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung vorlag. Es ist nicht zwingend erforderlich, das Anforderungsprofil bereits mit der Stellenausschreibung zu verbinden. Dem Schutzzweck des Art. 33 Abs. 2 GG wird bereits genüge getan, wenn das Anforderungsprofil vor der getroffenen Auswahlentscheidung festgelegt und ausreichend dokumentiert wird. Dies kann etwa auch durch entsprechende schriftliche Niederlegung des Anforderungsprofils im Auswahlvermerk geschehen. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist dann in der Lage, eine Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG im Hinblick auf die Eignungsmerkmale für die zu besetzende Stelle zu treffen. Für die Bewerber ist auch dann noch diese Auswahl nachvollziehbar, so dass sie die Entscheidung auch einer gerichtlichen Prüfung unterziehen können. (BAG 21.1.2003, a.a.O,).

bb) Das Anforderungsprofil des beklagten Landes, so wie es sich aus dem Auswahlvermerk vom 29.7.2005 ergibt, begegnet auch inhaltlich keinen Bedenken. Es unterliegt grundsätzlich der freien Entscheidung auch des öffentlichen Arbeitgebers, welche fachlichen und persönlichen Anforderungen er hinsichtlich einer zu besetzenden Stelle aufstellt, sofern es sich bei den aufgestellten Anforderungen um eine sachgerechte Anwendung des Leistungsgrundsatzes handelt (BAG Urteil vom 15.3.2005 -9 AZR 142/04-, EZA Art. 33 GG Nr. 28).

Soweit der Kläger in seiner Berufung darauf verweist, das Anforderungsprofil sei deshalb fehlerhaft, weil das beklagte Land allein darauf abgestellt habe, dass sowohl ein Ingenieur der Fachrichtung "Landespflege" als auch ein solcher der Fachrichtung "Straßenwesen" an sich fachlich geeignet seien, die zu besetzende Funktion auszufüllen und nicht in das Anforderungsprofil das Erfordernis der Sammlung entsprechender Erfahrungen und Kenntnisse im betreffenden Sachgebiet aufgenommen habe, führt dieser Einwand nicht zur rechtlichen Unzulässigkeit des Anforderungsprofils. Die entsprechenden Ausführungen im Auswahlvermerk beziehen sich nur auf die für die Funktion erforderliche Vorausbildung. Diesbezüglich besteht aber nach dem Inhalt des zwischen den Parteien im Verfahren Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz -5 Sa 512/04- durch Beschluss vom 25.11.2004 festgestellten Vergleichs Einigkeit, dass als zu fordernde Ausbildung beide Ingenieursfachrichtungen in Betracht kommen. Ob darüber hinaus der Arbeitgeber weitergehende praktische Erfahrungen gerade in dem zu bearbeitenden Gebiet fordert, unterliegt grundsätzlich zunächst seiner Einschätzungsprärogative. Hierbei ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die zu besetzende Stelle ausweislich des Anforderungsprofils nicht ausschließlich oder nur in erster Linie die Wahrnehmung von Ingenieursaufgaben beinhaltet, sondern es sich auch um eine Leitungsfunktion mit Personalführungsaufgaben handelt, die ausweislich des Anforderungsprofils verstärkt auch sog. Querschnittsfähigkeiten im Bereich sozialer Kompetenz (Konfliktlösungspotential, Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Verhandlungsgeschick) erfordert.

Soweit der Kläger darauf verweist, das Anforderungsprofil enthalte in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht Anforderungen, die für die zu besetzende Stelle nicht erforderlich seien, weil die damit verbundenen Aufgaben ausschließlich durch die Abteilung II "Bauausführung" erledigt würden (bauplanerische Umsetzung von aus dem BImSchG resultierenden Verpflichtungen des Straßenbaulastträgers; Vorbereitung, Ausschreibung und Überwachung derartiger Maßnahmen), setzt er sich in Widerspruch zu den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien ausweislich des Protokolls der Kammerverhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 19.1.2006: Danach erfolgten im Sachgebiet I/3 als dem Sachgebiet, dessen Leitung die zu besetzende Stelle dient, auch vor dem Erfordernis der Neubesetzung der Stelle die Berechnung der Erforderlichkeit von Immissionsschutzmaßnahmen (bautechnische Berechnung) und auch die Erstellung der Leistungsverzeichnisse für die zu ergreifenden Immissionsschutzmaßnahmen und insgesamt die bauplanerische Umsetzung, Vorbereitung, Ausschreibung und Überwachung passiver Lärmschutzmaßnahmen.

Soweit der Kläger bemängelt, in dem Anforderungsprofil fehlten Punkte, die zentral für die Aufgabenstellung der Landespflege seien (Abstimmung mit Trägern öffentlicher Belange, Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge), ist dies nicht zutreffend. Das beklagte Land hat diesen Gesichtspunkt ausdrücklich im Auswahlvermerk, S. 3, unter "II. Sonstige Befähigungsmerkmale" ausgeführt und hieraus abgeleitet, dass die auszufüllende Funktion eine erhöhte Kompetenz zu Konfliktlösung, Kompromiss- und Teamfähigkeit sowie Kooperationsvermögen erfordert.

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es auch nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land im Rahmen der Auswahlentscheidung als Beurteilungsgrundlage die dienstlichen Beurteilungen aus November/Dezember 2004 (Herr O.) bzw. Februar 2005 (Kläger und Herr .) herangezogen hat und nicht auf die Beurteilungslage zum Zeitpunkt der Stellenausschreibung abgestellt hat.

Der nach Art. 33 Abs. 2 GG erforderliche Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern muss zeitnah zur Auswahlentscheidung erfolgen, da nur dann eine sachgerechte Entscheidung darüber getroffen werden kann, wer für die künftigen Aufgaben am besten geeignet ist (BAG 21.1.2003, a.a.O.). Eine Stellenbesetzung im Hinblick darauf, dass einer der Bewerber früher einmal einen nun nicht mehr bestehenden Leistungsvorsprung hatte, wäre mit dem Grundsatz der Bestenauslese nicht zu vereinbaren. Nach Auffassung des LAG Hamm (Urteil vom 3.7.2003 -11 Sa 985/03-, juris) ist selbst dann, wenn in einem sich länger erstreckenden Stellenbesetzungsverfahrens nur einer der Bewerber neu beurteilt wird, diese neue Beurteilung fortan maßgebliche Grundlage der Bestenauslese, da das Prinzip der Bestenauslese es erfordert, dass der im Entscheidungszeitpunkt geeigneteste Bewerber Berücksichtigung findet. Eventuellen Gefahren aus der Beurteilung nur eines Bewerbers kann damit begegnet werden, dass den Mitbewerbern nach einem längeren Verfahren wohl ebenfalls ein Anspruch auf eine zeitgleiche Beurteilung einzuräumen wäre (vgl. Kloppenburg, jurisPR-ArbR 21/2003, Anm. 6). Im vorliegenden Fall hat das beklagte Land aber nicht nur hinsichtlich des Klägers, sondern auch hinsichtlich seiner Mitbewerber O. und W. auf zeitnah zur Auswahlentscheidung erfolgte Beurteilungen in Anwendung eines einheitlichen Bewertungsmaßstabes abgestellt.

Ebenfalls rechtlich nicht durchgreifend ist der Einwand des Klägers, der Auswahlvermerk lasse nicht erkennen, dass das beklagte Land sich konkret mit den Qualifikationen der Bewerber auseinandergesetzt habe und die Kriterien Fachkompetenz, Berufserfahrung und soziale Kompetenz seien nicht konkret ausgefüllt worden. Ausweislich des Auswahlvermerks vom 29.7.2005 hat das beklagte Land die Bewertungen aus den genannten dienstlichen Beurteilungen zugrunde gelegt, die ihrerseits die Leistungsbewertung und Befähigungsbeurteilung konkret aufgegliedert in eine Vielzahl von Unterpunkten und in Bewertung einer Vielzahl von Fähigkeiten und Kompetenzen vorgenommen haben. Das beklagte Land hat sich in dem Auswahlvermerk nicht darauf beschränkt, lediglich die dienstlichen Beurteilungen pauschal in Bezug zu nehmen und auf die Gesamtnote abzustellen, sondern hat auf Seiten 6 ff. des Auswahlvermerks die Einzelbewertungen (z.B. Entschlusskraft, Selbständigkeit, Verhandlungsgeschick, Organisationsfähigkeit etc.) inhaltlich in Beziehung zu den Anforderungen gemäß Anforderungsprofil gesetzt und funktionsbezogen analysiert und gewichtet.

Entgegen der Auffassung des Klägers scheitert eine Heranziehung der dienstlichen Beurteilungen als Auswahlgrundlage auch nicht daran, dass die dienstliche Beurteilung des Herrn O. sich auf eine für die zu besetzende Stelle nicht aussagekräftige Tätigkeit bezieht (vgl. dazu BAG Urteil vom 7.9.2004, a.a.O., B I 3 b der Gründe). Herr O. war zum Zeitpunkt seiner Beurteilung bereits in dem Sachgebiet, um dessen Leitung es bei der nunmehrigen Stellenbesetzung geht, tätig. Hinzu kommt, dass Herr O. auch davor seiner Ausbildung entsprechende Tätigkeiten bautechnischer bzw. bauplanerischer Art ausgeführt hat. Soweit die Beurteilungen zudem auf Befähigungsmerkmale abstellen, sind diese von dem fachlichen Schwerpunkt der Tätigkeit weitestgehend unabhängigg.

b) Die Auswahlentscheidung des beklagten Landes ist unter Berücksichtigung des bestehenden Beurteilungsspielraums auch im Ergebnis nicht zu beanstanden. Ausweislich der dienstlichen Beurteilungen weist Herr O. gegenüber dem Kläger in der Leistungsbewertung einen Notenvorsprung von einer Stufe aus und auch die Befähigungsbewertung des Herrn O. ist signifikant besser. Angesichts dessen rechtfertigt auch der Hinweis des Klägers auf die bestehende Integrationsvereinbarung bzw. § 82 Abs. 1 SGB IX keine andere rechtliche Beurteilung. Nach der vom Kläger auszugsweise in Kopie vorgelegten Integrationsvereinbarung (Bl. 158 d.A.) besteht ein Anspruch auf bevorzugte Berücksichtigung nur bei gleicher fachlicher Qualifizierung. Gem. § 81 Abs. 2 Nr. 5 SGB IX begründet eine Diskriminierung wegen einer Behinderung im Rahmen des beruflichen Aufstiegs ggfs. nur einen Anspruch auf eine Entschädigung, wenn auf den Aufstieg kein Anspruch besteht. Nur dann, wenn auf den Aufstieg ein Rechtsanspruch besteht, kann der Aufstieg selbst als Naturalrestitution verlangt werden (vgl. ErfK/Rolfs, 6. Aufl., § 81 SGB IX, Rz. 11). Ein rechtlicher Anspruch auf den beruflichen Aufstieg bestand vorliegend nicht. Ein Rechtsanspruch auf Übertragung einer Beförderungsstelle besteht -wie bereits ausgeführt- nur dann wenn die Übertragung der Tätigkeit gerade auf diesen Bewerber die einzig rechtmäßige Entscheidung der Behörde ist, weil sich jede andere Entscheidung als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellt (BAG 27.7.2005, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, da das beklagte Land verfahrens- und ermessensfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Herr O. der bestqualifizierte Bewerber ist.

III.

Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen. Ein Grund, der nach Maßgabe des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigt, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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