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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.12.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 406/07
Rechtsgebiete: ATZ-Vereinbarung, ArbGG, TV-ATZ, BEntgeltTV, VTV


Vorschriften:

ATZ-Vereinbarung § 3
ATZ-Vereinbarung § 10
ATZ-Vereinbarung § 10 S. 2
ArbGG § 69 Abs. 2
TV-ATZ § 6 Ziff. 4
TV-ATZ § 8
BEntgeltTV § 10
VTV § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 28.03.2007 - 4 Ca 112/06 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin € 1.252,61 brutto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen aus

€ 56,27 seit dem 01.07.2005,

€ 135,50 seit dem 01.12.2005,

€ 135,50 seit dem 01.01.2006,

€ 135,50 seit dem 01.02.2006,

€ 135,50 seit dem 01.03.2006 und

€ 654,34 seit dem 01.01.2006.

2. Im übrigen werden Berufung und Anschlussberufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 65 % und der Beklagten zu 35 % auferlegt.

4. Die Revision wird jeweils zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingruppiert in der Tarifgruppe E 13 K (i.S. des § 7 - Entgeltgruppenkatalog - des BEntgeltTV d. Chemischen Industrie). Zwischen ihr und der Beklagten besteht aufgrund der Vereinbarung vom 02.09.2002 (Bl. 6 ff. d.A.) seit dem 01.05.2003 (für die Zeit bis zum 30.04.2008) ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis (nach dem "Modell II"; vgl. dazu § 6 Ziff. 4. des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit; folgend: TV-ATZ). Seit dem 01.11.2005 befindet sich die Klägerin in der Freistellungsphase Nach näherer Maßgabe des § 10 S. 2 der ATZ-Vereinbarung vom 02.09.2002 gelten u.a. (auch) die Bestimmungen des TV-ATZ für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien.

Ab Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte der Klägerin Vergütung und Aufstockungsleistungen zunächst ausgehend von einem Monatsentgelt in Höhe von 2.053,00 EUR brutto (= 50 % des seinerzeitigen Tarifentgelts in Höhe von 4.106,00 EUR brutto; s. dazu im einzelnen die Entgeltabrechnungen ab Mai 2003 bis Mai 2004 in der Anlagenbeiakte zu - 3 Sa 406/07 - folgend: ABA). Für die Zeit von Juni 2004 bis Juni 2005 erfolgten die Vergütungszahlungen ausgehend von einem monatlichen Tarifgehalt in Höhe von 2.084,00 EUR (= 50 % des Tarifentgelts gemäß E 13 K; s. ABA). Wie sich aus dem Verhandlungsergebnis ("Chemietarifpaket 2005"; Bl. 164 ff. d.A.) ergibt, wurden die Tarifentgelte u.a. im Bezirk Rheinland-Pfalz auf Verbandsebene mit Wirkung ab dem 01.06.2005 um 2,7 % jeweils mit einer Laufzeit von 19 Monaten erhöht. Außerdem wurde nach näherer Maßgabe des Verhandlungsergebnisses vereinbart, dass die Arbeitnehmer für die Laufzeit des jeweiligen bezirklichen Entgelttarifvertrages eine Einmalzahlung erhalten sollten. Wegen aller Einzelheiten wird auf das Verhandlungsergebnis (Bl. 164 ff. d.A.) verwiesen.

Am 29.06.2205 vereinbarten die Tarifvertragsparteien unter Mitwirkung der Beklagten den am 01.07.2005 in Kraft getretenen "firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die A." (Bl. 36 ff. d.A.; folgend: firmenbezogener VTV). Auf die Einzelheiten des VTV wird verwiesen. Nach dem ab 01.07.2005 gültigen "Entgeltgitter der A." (Bl. 38 d.A.) beträgt das Tarifentgelt der E 13 K monatlich 3.835,00 EUR brutto.

Die Beklagte zahlte der Klägerin ab dem 01.07.2005 Vergütung und Aufstockungsleistungen ausgehend von einem "Tarifgehalt" in Höhe von monatlich 1.917,50 EUR (= 50 % von 3.835,00 EUR; vgl. dazu die in der ABA befindlichen Entgeltnachweise für die Zeit von Juli 2005 bis Februar 2006).

Ab März 2006 bis Januar 2007 erfolgten die Zahlungen ausgehend von einem monatlichen "Tarifgehalt" in Höhe von 2.084,00 EUR brutto (s. dazu die Entgeltnachweise in der ABA). Seit Februar 2007 werden die Zahlungen ausgehend von einem "Tarifgehalt" in Höhe von 2.159,00 EUR monatlich geleistet.

Unter Berufung darauf, dass auch sie einen Anspruch darauf habe, an der Tariferhöhung um 2,7 % ab dem 01.06.2005 teilzuhaben, beanspruchte die Klägerin erstinstanzlich zuletzt die im Schriftsatz vom 14.06.2006 (dort S. 2 = Bl. 56 d.A.) genannten Beträge:

 - Für Juni 2005: die Differenz zwischen 2.140,27 EUR
abzüglich gezahlter 2.084,00 EUR
= 56,27 EUR brutto.

 - Für die Zeit ab Juli 2005 bis Mai 2006 verlangte die Klägerin die Differenz zwischen beanspruchten 2.140,27 EUR
und gezahlten 1.917,50 EUR
= 222,77 EUR.

 - Schließlich beanspruchte die Klägerin für das Jahr 2005 die Differenz zwischen der von ihr geltend gemachten Weihnachtsgratifikation in Höhe von 1.979,80 EUR
und dem gezahlten Betrag in Höhe von 1.325,46 EUR
= 654,34 EUR

(- mit der Entgeltabrechnung für Dezember 2003 hatte die Beklagte der Klägerin eine "Jahresleistung" und eine "ATZ-Jahresleistung" in Höhe von jeweils 1.300,23 EUR brutto gezahlt; der Entgeltnachweis für Dezember 2004 belegt die Zahlung einer "Weihnachtsgratifikation" in Höhe von 1.979,80 EUR brutto; s. dazu jeweils die ABA).

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 28.03.2007 - 4 Ca 112/06 - (dort S. 3 ff. = Bl. 100 ff. d.A.).

Nach näherer Maßgabe des Urteilstenors (Bl. 99 d.A.) hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.506,74 EUR und 654,34 EUR brutto jeweils nebst Zinsen zu zahlen.

Gegen das am 31.05.2007 zugestellte Urteil vom 28.03.2007 - 4 Ca 112/06 - hat die Beklagte am 22.06.2007 Berufung eingelegt und diese am 24.07.2007 mit dem Schriftsatz vom 23.07.2007 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 23.07.2007 verwiesen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte u.a. auf § 8 TV-ATZ und auf § 3 der ATZ-Vereinbarung der Parteien. Dort heißt es jeweils, dass sich Entgeltänderungen auch während der Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt auswirken.

Nach Ansicht der Beklagten sind die BAG-Urteile vom 04.10.2005 und vom 15.02.2006 vorliegend nicht heranzuziehen. Die Beklagte macht geltend, dass sie sich für den Abschluss eines Haustarifvertrages entschieden und somit bewusst gegen die Tariföffnungsklausel des § 10 BEntgeltTV entschieden habe. Die Protokollnotiz Nr. 6 II. zu § 10 BEntgeltTV könne nicht angewendet werden. Diese Protokollnotiz enthalte keinen verallgemeinerungsfähigen Inhalt. Das "Spiegelprinzip" hält die Beklagte nicht für anwendbar. Ausgehend davon, dass sich Entgeltänderungen auch während der Freistellungsphase auf das Arbeitsentgelt auswirken, bringt die Beklagte vor, dass sowohl Tarifänderungen nach oben als auch nach unten berücksichtigt werden müssten. Den entsprechenden Regelungen im TV-ATZ und in der ATZ-Vereinbarung könne nicht entnommen werden, dass sie nur auf höhere Tarifänderungen anwendbar seien. Ein irgendwie gearteter Vertrauensschutz der Klägerin stehe dem nicht entgegen. Die Klägerin habe jederzeit mit einer Änderung ihres Tarifs sowohl in positiver als auch in negativer Richtung rechnen müssen. Die Beklagte verweist darauf, dass im Bereich der Langzeitkonten allgemein anerkannt sei, dass sich die Entnahme und Auszahlung des angesparten Zeitguthabens nicht nach dem Tarifsatz im Zeitpunkt der Ansparung richte, sondern nach dem Tarifsatz im Zeitpunkt der Auszahlung. Die Beklagte meint, dass für den Fall der Altersteilzeit dann nichts anderes gelten dürfe.

Die Beklagte beantragt,

1. das am 28.03.2007 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens -, 4 Ca 112/06, abzuändern und die Klage abzuweisen,

sowie

2. das Klagebegehren auch mit den neuformulierten Klageanträgen abzuweisen.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, Auswärtige Kammern Pirmasens, vom 28.03.2007 - Az: 4 Ca 112/06 - wird teilweise abgeändert.

2. Die Beklagte/Berufungsklägerin wird verurteilt, an die Klägerin/Berufungsbeklagte 2.923,96 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus

€ 56,27 seit 01.07.2005

€ 222,77 seit 01.08.2005

€ 222,77 seit 01.09.2005

€ 222,77 seit 01.10.2005

€ 222,77 seit 01.11.2005

€ 222,77 seit 01.12.2005

€ 222,77 seit 01.01.2006

€ 222,77 seit 01.02.2006

€ 222,77 seit 01.03.2006

€ 56,27 seit 01.04.2006

€ 56,27 seit 01.05.2006

€ 56,27 seit 01.06.2006

€ 56,27 seit 01.07.2006

€ 56,27 seit 01.08.2006

€ 56,27 seit 01.09.2006

€ 56,27 seit 01.10.2006

€ 56,27 seit 01.11.2006

€ 56,27 seit 01.12.2006

€ 56,27 seit 01.01.2007

€ 56,27 seit 01.02.2007

€ 58,32 seit 01.03.2007

€ 58,32 seit 01.04.2007

€ 58,32 seit 01.05.2007

€ 58,32 seit 01.06.2007

€ 58,32 seit 01.07.2007

€ 58,32 seit 01.08.2007

€ 58,32 seit 01.09.2007

€ 58,32 seit 01.10.2007

zu zahlen.

3. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 26.09.2007 und begründet dort zugleich ihre geänderte Antragsstellung. Wegen aller Einzelheiten wird auf die Seiten 3 ff. des Schriftsatzes vom 26.09.2007 (= Bl. 156 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beansprucht für Juni 2005 weiter den Betrag von 56,27 EUR.

Für die folgenden Monate von Juli 2005 bis Februar 2006 beansprucht sie die Zahlung des monatlichen Differenzbetrages von jeweils 222,77 EUR (= 2.140,27 EUR minus 1.917,50 EUR).

Für die Zeit ab März 2006 bis einschließlich Januar 2007 beansprucht sie einen monatlichen Differenzbetrag in Höhe von jeweils 56,27 EUR brutto (= 2.140,27 EUR minus 2.084,00 EUR).

Für den Zeitraum von Februar 2007 bis September 2007 macht sie einen Differenzbetrag in Höhe von jeweils 58,32 EUR brutto monatlich geltend (= 2.217,32 EUR minus 2.159,00 EUR).

Die Klägerin stützt sich auf die BAG-Urteile vom 04.10.2005 und vom 15.02.2006. Die Klägerin bringt vor, dass keine Veranlassung bestehe, von der Rechtsprechung des BAG im vorliegenden Fall abzuweichen. Danach dürfe ein Haustarifvertrag nicht in bestehende Altersteilzeitverhältnisse eingreifen. Wie in dem durch das BAG entschiedenen Fall stelle auch der bei der Beklagten abgeschlossene Haustarifvertrag ein abgestimmtes Konzept zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung dar. Insoweit sei vorliegend die gleiche Interessenlage gegeben wie in dem Fall, für den das BAG festgestellt habe:

"Zudem profitieren kurz vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer in Altersteilzeit nicht mehr wesentlich von der mit dem Haustarifvertrag angestrebten längerfristigen Absicherung der Beschäftigung".

Die Klägerin - so argumentiert diese weiter - sei nicht mehr aufgefordert, wie die übrigen Beschäftigten, ihren eigenen Arbeitsplatz längerfristig durch finanzielle Einbußen zu sichern. Sie habe vielmehr darauf vertrauen können und müssen, dass ein Eingriff in ihren bestehenden Altersteilzeitvertrag nicht erfolge.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen, - insbesondere darauf, dass der "firmenbezogene VTV" im Eingangssatz - vor § 1 VTV - Bezug nimmt auf den dritten Absatz der Fußnote 1 zur Vorbemerkung des MTV für die Chemische Industrie vom 24.06.1992 i.d.F. vom 08.05.2003. Dieser Absatz lautet u.a. wie folgt:

"Zwischen den Tarifvertragsparteien besteht Einvernehmen darüber, dass zur Sicherung der Beschäftigung oder Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit im Einzelfall abweichende tarifliche Regelungen auch in firmenbezogenen Tarifverträgen zwischen dem BAVC und der IG BCE vereinbart werden können. Soweit die tarifliche Regelung auch die bezirklichen Tarifentgeltsätze verändert, sind die firmenbezogenen Verbandstarifverträge von den regional zuständigen Arbeitgeberverbänden mit abzuschließen".

Zu den Tarifvertragsparteien des firmenbezogenen VTV vom 29.06.2005 zählen u.a. auch der Landesverband Chemische Industrie Rheinland-Pfalz e.V. sowie der Landesausschuss der Arbeitgeberverbände Chemie NRW sowie der Arbeitgeberverband Nord-Ost Chemie.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

Die Klage erweist sich mit den im Berufungsverfahren in zulässiger Weise (§§ 263, 267 und 533 ZPO) teilweise geänderten Anträgen nur teilweise als begründet. Soweit es zwecks Vornahme der Antragsänderung überhaupt einer Anschlussberufung der Klägerin bedurft hat (vgl. § 264 Nr. 2 ZPO und dazu BAG vom 21.02.2006 - 3 AZR 77/05 -, dort unter Ziffer I der Entscheidungsgründe), ist die Berufungsbeantwortung der Klägerin als Anschlussberufung aufzufassen, die (dann) an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§ 524 ZPO).

II.

1. Für den Monat Juni 2005 schuldet die Beklagte der Klägerin die Zahlung von 56,27 EUR brutto.

Diese Verpflichtung der Beklagten ergibt sich daraus, dass (auch) auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Parteien die einschlägigen tariflichen Regelungen der Chemischen Industrie in Rheinland-Pfalz in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Darüber, dass diese tariflichen Regelungen grundsätzlich anwendbar sind, haben die Parteien zu recht nicht gestritten. In § 10 der ATZ-Vereinbarung (dort Abs. 2) wird u.a. im übrigen Bezug genommen auf die Bestimmungen des "weiterlaufenden Arbeitsvertrages". Die arbeitsvertragliche Regelung sieht aber unstreitig die einzelvertragliche Bezugnahme auf die genannten tariflichen Bestimmungen der Chemischen Industrie vor.

Aufgrund der auf allgemeiner Verbandsebene vereinbarten Erhöhung der Tarifentgeltsätze, die in dem bezirklichen Entgelttarifvertrag umgesetzt wurde, erhöhte sich deswegen das tarifliche Entgelt der Klägerin im Juni 2005 um 2,7 %. Wenn die Klägerin insoweit einen Erhöhungsbetrag in Höhe von 56,27 EUR beansprucht, so ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Auf das tarifliche Entgelt für Juni 2005 wirkt sich der firmenbezogene VTV vom 29.06.2005 deswegen nicht aus, weil dieser ohne Rückwirkung erst ab dem 01.07.2005 in Kraft getreten ist.

2. Für die Zeit ab dem 01.07.2005 ist jedoch das ab diesem Zeitpunkt gültige "Entgeltgitter" des "firmenbezogenen VTV" zu beachten. Die in diesem Entgeltgitter enthaltenen tariflichen Entgeltsätze verdrängen bzw. ersetzen in zulässiger Weise die Entgeltsätze, die sich aus dem bezirklichen Entgelttarifvertrag ergeben, der aufgrund des Verhandlungsergebnisses im Rahmen des "Chemietarifpakets 2005" abgeschlossen wurde. Für die Zeit ab dem 01.07.2005 kann die Klägerin die auf Verbandsebene erzielte allgemeine Tariferhöhung deswegen nicht mehr beanspruchen, weil dem der "firmenbezogene VTV" entgegensteht. (Auch) dieser Tarifvertrag vom 29.06.2005 ist - nach näherer Maßgabe der folgenden Ausführungen - auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Dies ergibt sich aus der unstreitigen arbeitsvertraglichen Vereinbarung, wonach auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die einschlägigen Tarifverträge der Chemischen Industrie in ihrer jeweils gültigen Fassung anwendbar sind. Im Verhältnis der genannten Tarifverträge ist der "firmenbezogene VTV" im Verhältnis zum Bezirksentgelt-TV gemäß Verhandlungsergebnis "Chemietarifpaket 2005" der speziellere Tarifvertrag. Der Eigenart und den besonderen Bedürfnissen der einzelnen Betriebe und ihrer Arbeitnehmer wird anerkanntermaßen am besten dadurch Rechnung getragen, dass der diesem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten stehende Tarifvertrag angewandt wird. Mit Rücksicht auf den Zweck und Geltungsbereich ist dies hier eindeutig der "firmenbezogene VTV" vom 29.06.2005 (vgl. zum Zweck dieses Tarifvertrages die Präambel vor § 1 und zum Geltungsbereich § 1 dort insbesondere § 1. 2; vgl. zum Zweck eines derartigen Tarifvertrages auch die Fußnote 1 zu Abs. 3 zur Vorbemerkung vor § 1 des MTV Chemische Industrie). Die Parteien haben zu recht (auch) nicht darüber gestritten, dass vorliegend die Anwendungsvoraussetzungen des § 1 - Geltungsbereich - des VTV erfüllt sind. Die Klägerin ist lediglich aus (anderen) Rechtsgründen der Ansicht, dass der VTV vorliegend unanwendbar sei.

Der "firmenbezogene VTV" verdrängt den allgemeinen Entgelt-TV aus der Tarifrunde 2005 (jedenfalls) dahingehend, dass die Klägerin, solange sie sich noch nicht in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befindet, die tariflichen Erhöhungsbeträge (aufgrund der Tariferhöhung um 2,7 %) nicht mehr geltend machen kann. Ein tariflicher Vergütungsanspruch i.H.v. mtl. 2.140,27 EUR stand der Klägerin nach Inkrafttreten des VTV, d.h. ab dem 01.07.2005, nicht zu. Hinsichtlich der Differenzbeträge, die die Klägerin für die Monate von Juli 2005 bis einschließlich Oktober 2005 beansprucht, ist die Klage folglich abzuweisen.

3. Teilweise begründet ist die Klage für den Zeitraum von November 2005 bis einschließlich Februar 2006. Insoweit sind der Klägerin für 4 Monate jeweils 135,50 EUR brutto zuzusprechen, - zusammen insoweit 542,00 EUR brutto.

Die Klägerin befindet sich seit dem 01.11.2005 in der Freistellungs- bzw. Passivphase. Für die Zeit ab dem 01.11.2005 ist es weder den Arbeitsvertragsparteien, noch den Tarifvertragsparteien erlaubt, ein Wertguthaben, das sich der Arbeitnehmer eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses während der Aktivphase erarbeitet hat, zu kürzen. Dies ergibt sich aus Sinn und Zweck eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses der in § 6 Ziffer 4 TV-ATZ bezeichneten Art. Der Tatbestand einer derartigen unzulässigen Kürzung ist hier für die Monate von November 2005 bis Februar 2006 gegeben, denn die Beklagte hat der Klägerin Zahlungen ausgehend lediglich von einem "Tarifgehalt" in Höhe von 1.917,50 EUR brutto geleistet. Aufgrund ihrer Arbeit in den ersten 4 Monaten der Aktivphase des Teilzeitarbeitsverhältnisses, also von Mai 2003 bis August 2003, hat sich die Klägerin aber ein monatliches Entgelt-Wertguthaben in Höhe von 2.053,00 EUR brutto erarbeitet. Der firmenbezogene VTV konnte aus Rechtsgründen das Tarifentgelt der Klägerin nicht wirksam unter den Betrag von 2.053,00 EUR kürzen. Somit steht der Klägerin der Differenzbetrag zwischen 2.053,00 EUR und 1.917,50 EUR = 135,50 EUR jeweils für die Monate von November 2005 bis Februar 2006 zu.

4. Für den Zeitraum von März 2006 bis Januar 2007 ergibt sich kein Differenzbetrag, zu dessen Zahlung die Beklagte verurteilt werden darf. Dies folgt daraus, dass die Beklagte der Klägerin für den genannten Zeitraum monatlich jeweils 2.084,00 EUR gezahlt hat und sich die Klägerin während der Aktivphase kein höheres Entgelt-Wertguthaben erarbeitet hat. An der allgemeinen Tariferhöhung um 2,7 % nimmt die Klägerin nicht teil, weil dieser Erhöhung der "firmenbezogene VTV" entgegensteht.

5. Für den Zeitraum von Februar 2007 bis September 2007 gelten diese Ausführungen entsprechend. Zwar sind auf allgemeiner Verbandsebene die tariflichen Entgelte für die Zeit ab dem 01.02.2007 um 3,6 % angehoben worden. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass ihr Entgelt in einem höheren Umfang angehoben wird, als dies die Beklagte, die der Klägerin dann monatlich 2.159,00 EUR brutto gezahlt hat, getan hat. Dem weitergehenden Erhöhungsbegehren der Klägerin steht der firmenbezogene VTV, der nach seinem § 4 erstmals zum 31.12.2010 gekündigt werden kann, entgegen.

6. Allerdings schuldet die Beklagte der Klägerin weiter noch den Differenzbetrag in Höhe von 654,34 EUR brutto hinsichtlich der "Weihnachtsgratifikation" für das Jahr 2005.

a) Ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, die Klägerin habe zugleich mit der im Schriftsatz vom 26.09.2007 geänderten Antragsstellung die Klage insoweit zurückgenommen, ergeben sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht. Derartiges hat auch die Beklagte nicht geltend gemacht. Durch den Antrag zu 3 im Schriftsatz vom 26.09.2007 (dort S. 2 =Bl. 155 d.A.) hat die Klägerin genügend deutlich gemacht, dass es (auch) insoweit bei der erstinstanzlichen Verurteilung der Beklagten verbleiben, - die Klage insoweit also gerade nicht zurückgenommen werden sollte.

b) Hinsichtlich der "Weihnachtsgratifikation" ist der Tatbestand eines bereits erarbeiteten Wertguthabens gegeben. Dieses Wertguthaben hinsichtlich der "Weihnachtsgratifikation" beträgt 1.979,80 EUR brutto, wie sich aus dem Entgeltnachweis für Dezember 2004 ergibt. Für das Jahr 2003 zahlte die Beklagte der Klägerin sogar eine Gesamtjahresleistung in Höhe von 2.600,46 EUR brutto (= 2 x 1.300,23 EUR). Im übrigen ist die Beklagte der Berechnung des hinsichtlich der Weihnachtsgratifikation geltend gemachten Differenzbetrages nicht entgegengetreten. Auf den firmenbezogenen VTV beruft sich die Beklagte insoweit erkennbar nicht, denn sie hat der Klägerin mit dem Betrag von 1.325,46 EUR brutto selbst deutlich mehr als lediglich "35 % eines tariflichen Monatsentgelts" (vgl. dazu Ziffer 3.3. auf S. 6 des VTV) gezahlt.

7. Demgemäß musste die Beklagte verurteilt werden, der Klägerin über den Betrag von 598,27 EUR brutto (= 56,27 EUR für Juni 2005 zuzüglich 542,00 EUR für November 2005 bis Februar 2006) hinaus weitere 654,34 EUR brutto, zusammen also 1.252,61 EUR brutto zu zahlen. Die zugesprochenen Zinsen sind wegen des Verzuges der Beklagten nach Grund und Höhe gerechtfertigt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung. Darauf beruht die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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