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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 26.02.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 765/07
Rechtsgebiete: StPO, ArbGG, BGB, KSchG, BetrVG, SGB IX, ZPO


Vorschriften:

StPO § 174
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 174
BGB § 174 S. 1
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2 S. 1
BGB § 626 Abs. 2 S. 2
KSchG § 15
KSchG § 15 Abs. 1 S. 1
KSchG § 15 Abs. 1 S. 2
BetrVG § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1
BetrVG § 18 Abs. 3 S. 2
BetrVG § 24 Nr. 1
BetrVG § 102 Abs. 1
BetrVG § 103 Abs. 1
SGB IX § 91 Abs. 5
ZPO § 103 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 02.11.2007 - 11 Ca 216/07 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 07.02.2007 weder außerordentlich-fristlos, noch ordentlich-fristgerecht aufgelöst worden ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.410,00 EUR festgesetzt.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die am 28.10.1957 geborene Klägerin ist seit dem 07.10.1992 bei der Beklagten beschäftigt (s. dazu den Arbeitsvertrag vom 09.10./22.10.1992 nebst Zusatzverträgen (Bl. 17 ff. d. Beiakte - 11 BV 4/06 = 5 TaBV 60/06 -, folgend: Beiakte)). In Ziffer 5. des Arbeitsvertrages ist die personelle Zuständigkeit des Bezirksleiters geregelt. Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 07.02.2007 (Bl. 5 d.A.) aufgelöst worden ist.

Die Klägerin war Mitglied des im April 2002 gewählten Betriebsrates, dessen Vorsitzender der J. N. war (s. dazu die "Bekanntmachung der Gewählten" des Wahlvorstandes vom 16.04.2002, Bl. 117 der Akte). Im Frühjahr 2006 fanden Betriebsratswahlen statt. Damals kam es zu einer "Veränderung in den Zuständigkeiten des Betriebsrates", die die Beklagte in dem Verfahren - 5 TaBV 60/06 - mit Schriftsatz vom 28.12.2006 (dort S. 2 = Bl. 167 d. Beiakte) wie folgt beschrieben hat:

"In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich im Anschluss an die Betriebsratswahl im Frühjahr 2006 bei der Antragstellerin eine Veränderung in den Zuständigkeiten des Betriebsrates ergeben hat. Die Betriebsratsstruktur ist der bereits im Vorfeld veränderten Unternehmensstruktur angepasst worden. Diese Anpassung erfolgte auf der Grundlage einer zwischen Geschäftsführung und dem Gesamtbetriebsrats geschlossenen Vereinbarung. In dieser Vereinbarung ist auch vorgesehen, dass die Anpassung der Zuständigkeiten des Betriebsrates erst mit der Betriebsratswahl erfolgen sollte. Für den Store in B. bedeutet dies, dass nunmehr nicht mehr der Betriebsrat Mitte 9, sondern der Betriebsrat Süd 1 zuständig ist. Der vorliegende Rechtsstreit ist vom Betriebsrat Mitte 9 ordnungsgemäß an den Betriebsrat Süd 1 übergeben worden....".

In den - für die Filiale 1... (B.) zuständigen - (neunköpfigen) Betriebsrat "Süd 1" wurden bei der Betriebsratswahl des Jahres 2006 die 9 Betriebsratsmitglieder gewählt, die die Beklagte in dem Verfahren - 5 TaBV 60/06 - mit Schriftsatz vom 29.01.2007 (dort S. 1 = Bl. 186 d. Beiakte) mitgeteilt hat (s. dazu auch die Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 08.01.2008, Bl. 210 d.A.). Unter Berücksichtigung der Wählerstimmen, die die Klägerin bei der Betriebsratswahl auf sich vereinigen konnte (= 23 Stimmen) war die Klägerin (4.) Ersatzmitglied des Betriebsrates "Süd 1".

Im Anhörungstermin (des Beschwerdeverfahrens - 5 TaBV 60/06 -) vom 30.01.2007 erklärte die Betriebsratsvorsitzende A. T., dass die Klägerin nicht zu Betriebsratstätigkeiten herangezogen worden sei.

Nach näherer Maßgabe des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30.01.2007 - 5 TaBV 60/06 - (Bl. 198 ff. d. Beiakte) wurde der dort verfahrensgegenständliche Zustimmungsersetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen.

Am 09.02.2007 ging der Klägerin die Kündigung der Beklagten vom 07.02.2007 (Bl. 5 d.A.) zu. In der Kündigungsschutzklage vom 09.02.2007, die der Beklagten am 19.02.2007 zugestellt wurde, führt die Klägerin u.a. aus:

"Eine Vollmacht war dem Kündigungsschreiben nicht beigefügt. Aus diesem Grunde wird die Kündigung gemäß § 174 StPO als unwirksam zurückgewiesen" (s. Bl. 3 d. Akte).

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 02.11.2007 - 11 Ca 217/07 - (dort S. 2 bis 11 = Bl. 130 bis 139 d.A.).

In dem dort (S. 5 = Bl. 133 d.A. - unten -) erwähnten Schriftsatz der Beklagten vom 23.02.2006 (- 11 BV 4/06 -) heißt es u.a.:

"Die Manipulation der Kassenabrechnung und der Verdacht des Diebstahls manifestierte sich endgültig am 16.02.2006"

(= S. 4 d. Schriftsatzes vom 23.02.2006 = Bl. 15 - unten - d. Beiakte).

Im Urteil vom 02.11.2007 - 11 Ca 217/07 - hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und seine Entscheidung so begründet, wie sich dies aus S. 12 ff. des Urteils (Bl. 140 ff. d.A.) ergibt. Gegen das am 19.12.2007 zugestellte Urteil vom 02.11.2007 - 11 Ca 217/07 - hat die Klägerin am 11.12.2007 Berufung eingelegt und diese am 08.01.2008 mit dem Schriftsatz vom 08.01.2008 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 08.01.2008 (Bl. 178 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin stützt dort (S. 2 d. Berufungsbegründung) die Berufung zunächst darauf, dass die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB unverzüglich erfolgt sei. Dass die Klageschrift der Beklagten erst am 19.02.2007 zugestellt worden sei, könne - so meint die Klägerin - nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Dazu führt die Klägerin weiter aus.

Auf den Seiten 2 bis 6 der Berufungsbegründung rügt die Klägerin, dass die Beklagte die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt habe. Dem Urteil des BAG (vom 27.03.1991) - 2 AZR 418/90 - habe ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen. Die Klägerin macht unter Bezugnahme auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21.01.2000 - 11 Sa 1195/99 - geltend, dass die Beklagte die Kündigung binnen 14 Tagen ab dem Zeitpunkt habe aussprechen müssen, zu dem die Klägerin nicht mehr Mitglied des Betriebsrates gewesen sei. Nach Kenntnis der Tatsache, dass die Klägerin spätestens zum 31.05.2006 nicht mehr Mitglied des Betriebsrates gewesen sei und damit kein Zustimmungserfordernis bestehe, hätte die Kündigung innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden müssen. Die Klägerin behauptet, dass von ihrem Werdegang, auch im betriebsratsrechtlichen Sinne, die führenden Personen der Beklagten gewusst hätten, - insbesondere habe davon auch die Personalleitung gewusst.

Wenn das Arbeitsgericht argumentiere, dass die Beklagte nicht die Rechtskraft des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30.01.2007 (- 5 TaBV 60/06 -) habe abwarten müssen, weil ein Zustimmungsbedürfnis nicht mehr bestehe, so könne es nicht im umgekehrten Sinne davon ausgehen, dass trotzdem die Frist des § 626 Abs. 2 BGB durch das Verfahren gehemmt gewesen sei. Die Klägerin verweist auf die Kommentierung in APS GK zum Kündigungsrecht 3. Auflage BGB § 626 Rn 148 f. S. 1463). Da die Kündigung vom 07.02.2007 vor Zustellung des Beschlusses vom 30.01.2007 - 5 TaBV 60/06 - (am 19.03.2007) erfolgt sei, sei die Kündigung unter diesem Aspekt ebenfalls unwirksam.

Im Rahmen eines weiteren Berufungsangriffes beruft sich die Klägerin darauf, spätestens zum 01.10.2006 als Ersatzmitglied wieder in den Betriebsrat nachgerückt zu sein. Nach § 15 KSchG sei nunmehr wieder die Zustimmung des Betriebsrates erforderlich. Der vom BAG, 18.09.1997 - 5 ABR 15/97 - entschiedene Fall sei mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Die Klägerin behauptet, dass die Mitglieder H., St. und M. spätestens seit dem 01.10.2006 aus dem Betriebsrat ausgeschieden seien. Diese drei Mitarbeiter seien von der Beklagten seit dem 01.10.2006 mit besonderen Vollmachten ausgestattet worden, - unter anderem seien H., St. und M. berechtigt, Mitarbeiter einzustellen und zu entlassen. Damit seien sie leitende Angestellte mit der Konsequenz, dass die Mitgliedschaft im Betriebsrat zum 01.10.2006 erloschen sei. Seit dem 01.10.2006 sei sie, die Klägerin, Betriebsratsmitglied.

- Das von der Klägerin in diesem Zusammenhang weiter genannte (frühere) Ersatz-Betriebsratsmitglied A. ist unstreitig Mitte des Jahres 2006 als Mitarbeiter bei der Beklagten ausgeschieden -.

Auf den Seiten 7 f. der Berufungsbegründung führt die Klägerin weiter zur Eigenschaft von H., St. und M. als Verbund-Storemanager aus.

Die Klägerin erwähnt, dass sie zu der nächsten Betriebsratssitzung ihres Betriebsrates in Trier eingeladen worden sei. Eine präjudizierende Wirkung des LAG-Beschlusses (vom 30.01.2007 - 5 TaBV 60/06 -) verneint die Klägerin nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen auf den Seiten 8 f. der Berufungsbegründung. Die Klägerin macht geltend, dass die Kündigung somit wegen fehlender Zustimmung des Betriebsrates nichtig sei.

Soweit das Arbeitsgericht eine Unwirksamkeit der Kündigung (auch) im Hinblick auf § 102 Abs. 1 BetrVG verneint, widerspricht dem die Klägerin. Die Beklagte wisse davon, dass der Betriebsrat eine Zusammensetzung habe, die rechtswidrig sei. Die Beklagte wisse auch, dass alle Beschlüsse, die der Betriebsrat fasse, rechtswidrig und nichtig seien. Die Beklagte - so macht die Klägerin geltend - habe Mitglieder des Betriebsrates in den Stand eines leitenden Angestellten gehoben. Die Beklagte hätte daher darauf hinwirken müssen und auf jeden Fall mitteilen müssen, dass diese Betriebsratsmitglieder aus dem Betriebsrat ausscheiden und die Ersatzmitglieder in den Betriebsrat eintreten, - das heiße automatisch eingetreten seien.

Schließlich hält die Klägerin die Kündigung aber auch materiell für nicht gerechtfertigt. Sie, die Klägerin, habe nicht das Verhalten gezeigt, das ihr vorgeworfen werde. Sie habe die Kasse nicht manipuliert. Dazu führt die Klägerin auf den Seiten 9 bis 12 der Berufungsbegründung aus. Ergänzend äußert sich die Klägerin im Schriftsatz vom 22.02.2008 (Bl. 250 ff. d.A.), worauf ebenfalls verwiesen wird.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 02.11.2007 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, - 11 Ca 217/07 - festzustellen,

dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 07.02.2007 weder außerordentlich-fristlos, noch ordentlich-fristgerecht beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 11.02.2008 (Bl. 223 ff. d.A.), worauf verwiesen wird.

Soweit es um § 174 BGB geht, teilt die Beklagte die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass von einer unverzüglichen Rüge nicht ausgegangen werden könne. Auch sei die Personal-Managerin Ch. M. (ehemals V.) zur Kündigung berechtigt gewesen. Die Beklagte verweist auf den Aushang "Wichtige Mitteilung!" (Bl. 76 d.A.) sowie auf die Vollmacht vom 15.12.2006 (Bl. 77 d.A.). Von einer fehlenden Kenntnis der Klägerin bezüglich der Kündigungsbefugnis könne nicht ausgegangen werden. Die Beklagte verweist weiter auf BAG NJW 1993, 1286.

Auf den Seiten 4 bis 6 der Berufungsbeantwortung führt die Beklagte dazu aus, dass sie die Kündigung fristgerecht (im Sinne des § 626 Abs. 2 BGB) ausgesprochen habe. Unverzüglich nach Kenntniserlangung vom Wegfall der Mitgliedschaft der Klägerin im Betriebsrat, nämlich im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 30.01.2007, sei von der Beklagten die Kündigung ausgesprochen worden. Unter Bezugnahme auf BAG vom 27.03.1991 - 2 AZR 418/80 - und die Kommentierung KR/Etzel 8. Auflage, § 103 BetrVG Rz 113a) bringt die Beklagte vor, dass sie nicht den Ablauf des Zustimmungsersetzungsverfahrens habe abwarten müssen. Sie, die Beklagte, habe unverzüglich nachdem sie darauf habe vertrauen können, dass die Klägerin nicht mehr Betriebsratsmitglied sei, die Kündigung erklärt. Dann heißt es in der Berufungsbeantwortung wörtlich:

Dass die Beklagte, wie von der Klägerin vorgetragen, vor dem 30.01.2007 und damit vor der Durchführung des Kammertermins, wusste, dass die Klägerin nicht Betriebsratsmitglied gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Dies wird schon daraus deutlich, dass es für die Beklagte völlig unsinnig wäre, dennoch ein Zustimmungsersetzungsverfahren zu betreiben, obwohl ihrerseits eine vermeintliche Kenntnis bezüglich der Mitgliedschaft der Klägerin im Betriebsrat vorgelegen habe. Völlig unsinnig ist es daher, ein solches Verfahren zu betreiben, wenn die Klägerin auf einfacherem Weg aus dem entsprechenden Arbeitsverhältnis hätte entfernt werden können. Erst mit Schreiben vom 30.01.2007 ausgewiesen durch das Protokoll über die Kammerverhandlung des Landesarbeitsgerichts hatte die Beklagte Kenntnis davon, dass die Klägerin seit dem Frühjahr 2006 dem Betriebsrat nicht mehr angehörte. Zu Beginn des Verfahrens verfügte sie jedoch über eine solche Position. Im übrigen wurde von keiner der beiden Parteien die Betriebsratsmitgliedschaft der Klägerin in Frage gestellt, so dass davon auszugehen ist, dass beide Parteien davon ausgingen, die Klägerin sei zu dem entsprechenden Zeitpunkt noch Betriebsratsmitglied gewesen. Dass beide Parteien während des Verfahrens übereinstimmend davon ausgingen, die Klägerin sei noch Mitglied des Betriebsrates, wird insbesondere dadurch deutlich, dass die Beklagte nach Kenntniserlangung eine entsprechende Kündigung unverzüglich aussprach....".

Ab Seite 6 der Berufungsbeantwortung trägt die Beklagte dazu vor, dass am 01.10.2006 ein Nachrücken der Klägerin in den Betriebsrat nicht erfolgt sei. Zwar sei es richtig, dass M. ab dem 01.10.2006 einen Verbund geführt habe und damit die Funktion des Verbund-Storemanagers inne habe. Die von der Klägerin erwähnte Vollmacht, welche im Außenverhältnis zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern ermächtige, habe M. - im Unterschied zu H. und St. - nie erhalten. M. verfüge lediglich über die Leistungsstufe III, da er nur einen Store mit der STEP-Kategorie II (Store 1... in S.) und einen Store mit der STEP-Kategorie I (Store 1... in S.) leite. Die von der Klägerin erwähnte besondere Vollmacht würden nur solche Verbund-Storemanager bekommen, deren persönliche Leistungsstufe IV sei. Voraussetzung hierfür sei, dass die STEP-Punkte der Stores eines Verbundes zusammen addiert mindestens die Zahl 4 ergäben.

Im Zeitpunkt der vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung erfolgten Betriebsratsanhörung habe keiner daran gezweifelt, dass alle Betriebsratsmitglieder zur Ausübung der Betriebsratstätigkeit berechtigt seien. Die Beklagte habe dem entsprechend eine korrekte Anhörung des Betriebsrates vorgenommen. Erst zu einem späteren Zeitpunkt sei unternehmensintern die Diskussion über den Aspekt aufgekommen, ob Verbund-Storemanager mit der Leistungsstufe IV, welche die beschriebene Vollmacht erhalten hätten, möglicherweise als leitende Angestellte anzusehen seien. Die Beklagte verweist darauf, dass der Zustimmungsbeschluss vom 06.02.2007 einstimmig von allen neun anwesenden Betriebsratsmitgliedern gefasst worden sei. Ein etwaiger Fehler in der Besetzung des Betriebsrates hätte sich deswegen nicht auf das Ergebnis ausgewirkt, da immer noch sechs unstreitig berechtigte Mitglieder beschlussfähig und einstimmig eine Zustimmung erteilt hätten.

Die Beklagte macht geltend, dass die LAG-Entscheidung vom 30.01.2007 - 5 TaBV 60/06 - das vorliegende Kündigungsschutzverfahren dahingehend präjudiziere, dass es einer Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung nicht bedurft habe. Ab der Seite 9 der Berufungsbeantwortung trägt die Beklagte dazu vor, dass objektive Tatsachen gegeben seien, die den Verdacht der Vertragsverletzung durch die Klägerin begründeten. Das Urteil sei auch in materieller Hinsicht fehlerfrei.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt, - auch auf den des Verfahrens - 11 BV 4/06 = 5 TaBV 60/06 - (= Beiakte) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist begründet.

1. Soweit es um den Inhalt des Klagebegehrens geht, teilt die Berufungskammer die vom Arbeitsgericht auf Seite 12 (dort unter Ziffer I.) des Urteils (= Bl. 140 d.A.) vorgenommene Antragsauslegung. Diese Auslegung trifft auch auf das Berufungsbegehren zu, - was die Klägerin durch die Antragsstellung im Berufungsverhandlungstermin (Bl. 284 d.A.) bestätigt hat.

2. Die Klage ist begründet, weil das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 07.02.2007 weder außerordentlich-fristlos, noch mit Ablauf der für die ordentliche Kündigung geltenden Kündigungsfrist beendet worden ist.

a) Die außerordentliche Kündigung scheitert an § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB. Nach dieser Bestimmung kann die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Diese Frist hat die Beklagte nicht gewahrt, denn die Kündigung ist der Klägerin unstreitig erst am 09.02.2007 zugegangen.

aa) Die Kündigungserklärungsfrist begann unter Berücksichtigung des § 626 Abs. 2 S. 2 BGB (spätestens) am 22.02.2006. Aus der "Kündigungsanfrage" vom 22.02.2006 (Bl. 10 f. d. Beiakte) ergibt sich, dass die Personalleitung, - hier: J. H. - zu diesem Zeitpunkt (22.02.2006) die für die Kündigung maßgebenden Tatsachen kannte (vgl. zu J. H. den Aushang "Wichtige Mitteilung!", Bl. 76 d.A.). Dahingestellt bleiben kann, ob die Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen auf Beklagtenseite bereits vor dem 22.02.2006 gegeben war (- etwa in der Person des Bezirksleiters H. N., - vgl. insoweit Bl. 76 d.A. sowie den Vortrag der Beklagten auf S. 4 der Antragsschrift in - 11 BV 4/06 -). Durch die Einleitung des Verfahrens - 11 BV 4/06 - hatte die Beklagte demgemäß die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB zunächst gewahrt. Diese Sach- und Rechtslage veränderte sich jedoch jedenfalls dadurch, dass die Klägerin bei den Betriebsratswahlen des Jahres 2006 unstreitig nicht als Betriebsratsmitglied in den Betriebsrat gewählt wurde. Die Klägerin war lediglich Ersatzmitglied. Damit endete der auf § 103 Abs. 1 BetrVG und § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG beruhende Sonderkündigungsschutz der Klägerin. Vorliegend kann das genaue datumsmäßige Ende der Amtszeit des Betriebsrates, in den die Klägerin zuvor im Frühjahr 2002 gewählt worden war (s. dazu die Bekanntmachung vom 16.04.2002, Bl. 117 d.A.), dahin gestellt bleiben. Die Amtszeit - und damit der Sonderkündigungsschutz der Klägerin gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG und § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG - endete spätestens mit Ablauf des 31.05.2006 (§ 21 BetrVG).

bb) In einem derartigen Fall (Ende des Sonderkündigungsschutzes) muss die - jetzt ohne Zustimmung des Betriebsrates mögliche - fristlose Kündigung in entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 5 SGB IX unverzüglich ausgesprochen werden. Dies ist anerkanntes Recht (vgl. ErfK/Kania 8. Aufl. BetrVG § 103 Rz 5 S. 1268). Soweit es um die Unverzüglichkeit des Handelns geht, werden nach h.M. weit strengere Anforderungen im Rahmen des § 91 Abs. 5 SGB IX gestellt als bei vergleichbaren Bestimmungen, - etwa bei § 174 S. 1 BGB. Der Arbeitgeber muss im Rahmen des § 91 Abs. 5 SGB IX, - diese Vorschrift ist auf einen Sachverhalt der vorliegenden Art analog anwendbar -, wesentlich schneller handeln als dies einer Partei im Rahmen des § 174 S. 1 BGB abverlangt wird (vgl. ErfK/Rolfs SGB IX § 91 Rz 7 S. 2508). Der Beklagten stand unter den hier gegebenen Umständen jedenfalls keine längere Frist als eine einwöchige Frist zur Verfügung. Diese Frist hat die Beklagte versäumt. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB und die sich aus der analogen Anwendung des § 91 Abs. 5 SGB IX ergebende Frist waren nicht etwa deswegen weiter gehemmt, weil nach der Neuwahl des Betriebsrates im Frühjahr 2006 zu erwarten gewesen wäre, dass die Klägerin (wieder) in den Betriebsrat "aufsteigen" würde. Aufgrund der Stimmenanzahl, die die Klägerin auf sich vereinigt hatte, war sie lediglich 4. Ersatzmitglied. Zu einer Situation, die die Problematik "Erwerb des erneuten Sonderkündigungsschutzes" mit sich brachte, ist es frühestens im Herbst 2006 gekommen, als die Betriebsratsmitglieder H., St. und M. Verbund-Storemanager wurden. H. und St. haben damals unstreitig als Store-Manager der Kategorie IV eine Vollmacht erhalten, die sie im Außenverhältnis zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern ermächtigte. Ob sie dadurch zu leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BetrVG geworden und deswegen aus dem Betriebsrat ausgeschieden sind, ist fraglich. Diese Frage ergibt sich daraus, dass die Berechtigung zur selbständigen Einstellung und Entlassung nicht nur im Außenverhältnis, sondern auch im Innenverhältnis zum Arbeitgeber gegeben sein muss, um einen Arbeitnehmer zum leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BetrVG zu qualifizieren (ErfK/Eisemann BetrVG § 5 Rz 32 S. 949). Die Frage kann hier offen bleiben. Jedenfalls würde sich auch nach dem unstreitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers A. und einem möglichen Ausscheiden der Arbeitnehmer H. und St. noch kein Nachrücken der Klägerin in den Betriebsrat ergeben, da die Klägerin eben nur 4. Ersatzmitglied gewesen ist.

cc) Unabhängig davon ergab sich diese Problematik, wenn überhaupt, dann erst im Herbst 2006. Die Beklagte hätte aber zwecks Vermeidung von Rechtsnachteilen wesentlich früher auf das Ausscheiden der Klägerin aus dem Betriebsrat reagieren können und müssen. Die Klägerin hat auf S. 3 - unten - und S. 4 - oben - der Berufungsbegründung behauptet, dass der zur Kündigung berechtigte H. N. bzw. die Personalleitung der Beklagten ("die führenden Personen der Beklagten") davon gewusst habe, dass sie, die Klägerin, im Frühjahr 2006 nicht in den Betriebsrat gewählt worden sei. Aus dem Zusammenhang der Berufungsbegründung ergibt sich, dass die Klägerin behaupten will, dass N., der nach dem Aushang ("Wichtige Mitteilung!", Bl. 76 d.A.) Bezirksleiter gewesen ist, diese Kenntnis zeitnah nach Durchführung der Betriebsratswahlen im Frühjahr 2006 erlangt hat. Die sich auf die Kenntnis der Personalleitung der Beklagten bzw. des Bezirksleiters N. beziehende Behauptung der Klägerin ist im Hinblick darauf als ausreichend konkret anzusehen, dass gemäß § 18 Abs. 3 S. 2 BetrVG der Wahlvorstand dem Arbeitgeber eine Abschrift der Wahlniederschrift zu übersenden hat (ähnlich § 18 WO BetrVG). Im Berufungsverhandlungstermin ist auf die eben erwähnten gesetzlichen Vorschriften hingewiesen worden. Für die Betriebsratswahl des Jahres 2002 hat die Beklagte (auch) die entsprechende Bekanntmachung vom 16.04.2002 zu Bl. 117 d.A. gereicht. Es ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte im Frühjahr 2006 vom Wahlvorstand nicht über die Zusammensetzung des Betriebsrates "Süd 1", der für die Filiale in B. zuständig ist, unterrichtet worden wäre. Die personelle Zusammensetzung des jeweiligen Betriebsrates ist Gegenstand der eigenen Wahrnehmung des Arbeitgebers bzw. der Personen, die für den Arbeitgeber handeln. In einem derartigen Fall (vgl. § 138 Abs. 4 ZPO) kommt der Erklärungs- und Einlassungspflicht gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO besondere Bedeutung zu. Die Beklagte durfte deswegen die von der Klägerin behauptete Kenntnis der Beklagten bzw. des Bezirksleiters N. und der Personalleitung der Beklagten nicht lediglich pauschal bestreiten. Vielmehr hätte sich die Beklagte substantiiert erklären müssen. Diese substantiierte Einlassung vermag die Berufungskammer weder dem erstinstanzlichen Vorbringen, noch dem Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren zu entnehmen. Die Beklagte lässt sich auf Seite 5 - unten - der Berufungsbeantwortung so ein, dass dem sich auf die Kenntnis der Beklagten beziehenden Vortrag der Klägerin nicht gefolgt werden könne. Es sei ja völlig unsinnig gewesen, ein Zustimmungsersetzungsverfahren zu betreiben, wenn man die Klägerin auf einfacherem Weg aus dem Arbeitsverhältnis hätte entfernen können. Auch verweist die Beklagte darauf, dass beide Parteien während des Verfahrens übereinstimmend von einer Mitgliedschaft der Klägerin im Betrieb ausgegangen seien. In dieser Einlassung und in ihrem weiteren Vortrag vermeidet es die Beklagte konkret darauf einzugehen, welche Kenntnis per 31.05.2006 die in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin kündigungsberechtigten Personen hatten. Alleine aus dem Umstand, dass die Beklagte das Beschlussverfahren - 5 TaBV 60/06 = 11 BV 4/06 - über den 31.05.2006 hinaus bis zum 30.01.2007 fortgeführt hat, ergibt sich nicht ohne weiteres, dass die Beklagte (und) damalige Beteiligte zu 1) das Erlöschen der Mitgliedschaft des Klägers im Betriebsrat nicht kannte. Mit Rücksicht darauf ist gemäß § 138 Abs. 3 ZPO festzustellen, dass die Beklagte Ende Mai 2006/Anfang Juni 2006 Kenntnis von den Tatsachen hatte, die zur Beendigung des Sonderkündigungsschutzes der Klägerin gemäß § 103 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 S. 1 KSchG führten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Zurechnen lassen muss sich die Beklagte insoweit die Kenntnis aller kündigungsberechtigten Personen (- wie z.B. die von H. N., J. H., N. K. u.a.; vgl. auch insoweit Bl. 76 d.A.: Aushang "Wichtige Mitteilung!"), - darauf, wann erstmals die Ch. M. (ehemals V.) Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können, kommt es nicht an.

dd) Aufgrund der hiernach spätestens im Frühjahr/Sommer 2006 (bei den kündigungsberechtigten Personen der Beklagten) gegebenen Kenntnis der Beklagten ist die erst am 09.02.2007 zugegangene Kündigung weder innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB, noch unverzüglich i.S.d. § 91 Abs. 5 SGB IX analog erfolgt. Es liegt vielmehr ein schuldhaftes Zögern vor. Nach dem Ende des Sonderkündigungsschutzes der Klägerin bestand in der Tat kein Grund mehr, das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren - 11 BV 4/06 - zu betreiben. Der gegenteiligen Ansicht des Arbeitsgerichts folgt die Berufungskammer nicht. In dem Fall der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung BAG, 27.03.1991 - 2 AZR 418/90 - verhielt es sich so, dass die dortige Klägerin unbeanstandet längere Zeit das Amt eines Personalratsmitglieds ausgeübt hatte. Aus diesem Grunde war es vertretbar, zunächst vor dem Verwaltungsgericht klären zu lassen, ob die (dortige) Klägerin hinsichtlich des besonderen Kündigungsschutzes einem ordnungsgemäß gewählten Personalratsmitglied gleichzustellen sei. Wäre der (dortigen) Klägerin ein gleichwertiger Schutz zuzuerkennen gewesen, wäre die Anrufung des Verwaltungsgerichts notwendig gewesen, - die entsprechende Überlegung des dort beklagten Landes war auch nicht offensichtlich unrichtig.

So oder so ähnlich ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt nicht gelagert. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin nach der Beendigung der Amtszeit des im Jahre 2002 gewählten Betriebsrates überhaupt, denn geschweige denn längere Zeit, das Amt eines Betriebsratsmitgliedes noch ausgeübt haben könnte. Die Problematik, ob einem vermeintlichen Betriebsratsmitglied die gleichen Rechte zuzuerkennen sind wie einem ordnungsgemäß im Amt befindlichen Betriebsratsmitglied, stellte sich im Frühjahr/Sommer 2006 nicht. Sollte die Beklagte damals entsprechende Überlegungen angestellt haben, waren diese offensichtlich unrichtig. Damit ist festzuhalten, dass die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB und die Frist des § 91 Abs. 5 SGB IX analog von der Beklagten hiernach bereits im Frühjahr/Sommer 2006 versäumt worden sind. Da die Sach- und Rechtslage in Bezug auf die Entbehrlichkeit des Zustimmungsersetzungsverfahrens damals objektiv eindeutig war und keinesfalls schwierige oder zweifelhafte Rechtsfragen anstanden, kann dem Einwand der Versäumung der Kündigungserklärungsfrist auch nicht mit dem Hinweis auf den Schutzzweck des § 626 Abs. 2 BGB begegnet werden.

ee) Unabhängig davon ergibt sich die Versäumung der Kündigungserklärungsfrist daraus - worauf selbständig tragend abgestellt wird -, dass die Beklagte selbst nach dem 29.01.2007 die Kündigung nicht unverzüglich erklärt hat. Auf keinen Fall hat die Beklagte davon, dass die Klägerin bei den Wahlen des Jahres 2006 nicht in den Betriebsrat gewählt worden war, erst durch das Gericht im gerichtlichen Anhörungstermin vom 30.01.2007 - 5 TaBV 60/06 - erfahren. Vielmehr hat die Beklagte bereits zuvor mit dem Schriftsatz vom 29.01.2007 selbst zur personellen Zusammensetzung des Betriebsrates "Süd 1" vorgetragen, - und zwar dergestalt, dass dort die Klägerin gerade nicht genannt wurde (Bl. 184 d. Beiakte; (auch) in diesem Zusammenhang vermeidet es die Beklagte, konkret darauf einzugehen, seit wann genau denn die Tatsachen, die in dem Schriftsatz vom 29.01.2007 - 5 TaBV 60/06 - mitgeteilt wurden, J. H. und H. N. oder anderen Kündigungsberechtigten - vgl. Bl. 76 d.A. - bereits bekannt gewesen sind). Die Beklagte kannte damals weiter die Umstände, die einem Aufrücken der Klägerin in den Betriebsrat per 01.10.2006 entgegenstehen. Die Beklagte wusste (auch) damals schon, dass jedenfalls dem Verbund-Storemanager M. keine Vollmacht erteilt war, die diesen im Außenverhältnis zur Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern ermächtigte. Zusätzlich hat sie dann spätestens am 30.01.2007 von der im Anhörungstermin anwesenden Betriebsratsvorsitzenden T. erfahren, dass die Klägerin (auch) nicht tatsächlich zu Betriebsratstätigkeiten herangezogen worden war (S. 2 - unten - der Sitzungsniederschrift vom 30.01.2007 - 5 TaBV 60/06 -, Bl. 194 d. Beiakte). Somit stand allerspätestens damals die Entbehrlichkeit des Zustimmungsersetzungsverfahrens fest. Die (erneute) Anhörung des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 BetrVG war entbehrlich (vgl. APS/Linck 3. Auflage Kündigungsrecht BetrVG § 103 Rz 28). Die streitgegenständliche Kündigung ist der Klägerin erst länger als eine Woche nach dem 30.01.2007, nämlich am 09.02.2007, zugegangen. Dies ist unter den gegebenen Umständen nicht mehr unverzüglich gewesen.

Die außerordentliche Kündigung hat hiernach nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt.

b) Dies gilt im Ergebnis auch für die ordentliche Kündigung, auf die sich die Kündigungsanfrage vom 02.02.2007 (Bl. 16 d.A.) bei Berücksichtigung des dort enthaltenen handschriftlichen Zusatzes ("und vorsorglich zur hilfsweise ordentlichen Kündigung") ebenfalls erstreckt. Die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung ergibt sich aus § 15 Abs. 1 S. 2 KSchG. Der dort normierte einjährige nachwirkende Kündigungsschutz endete jedenfalls nicht vor dem 09.02.2007. Nach der - unwidersprochen gebliebenen - Angabe der Klägerin auf Seite 3 der Berufungsbegründung fanden die Betriebsratswahlen des Jahres 2006 am 22.02.2006 statt. Jedenfalls hat die Beklagte nicht behauptet, dass der nachwirkende Kündigungsschutz der Klägerin vor dem 22.02.2006 bzw. dem 09.02.2006 geendet habe (vgl. dazu § 24 Nr. 1 BetrVG in Verbindung mit § 21 BetrVG).

II. Aus den vorgenannten Gründen musste der Klage stattgegeben werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß den §§ 42 Abs. 4 S. 1 Halbs. 1 und 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung. Darauf beruht die Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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