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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 14.05.2004
Aktenzeichen: 3 Sa 82/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, EGBGB, HaustürWG


Vorschriften:

BGB § 12
BGB § 312
BGB § 355
ArbGG § 69
ArbGG § 69 II
EGBGB Art. 229 § 5
HaustürWG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 3 Sa 82/04

Verkündet am: 14.05.2004

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 23.09.03 - 1Az.: 1 Ca 1204/03 - wird kostenfällig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen .

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages vom 25.03.2003.

Der Kläger war seit 01.08.2001 bei der Beklagten als Einsatzleiter gegen eine Monatsvergütung von 2.700,00 € beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war befristet bis zum 31.07.2003.

Am 25.03.03 wurde dem Kläger, nach Differenzen mit dem kaufmännischen Niederlassungsleiter, der streitgegenständliche Aufhebungsvertrag vorgelegt und vom Kläger unterschrieben. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Unterzeichnung Verhandlungen vorausgingen oder ob der Kläger unvorbereitet mit dem Vertrag konfrontiert wurde.

Am 27.03.2003 hat der Kläger unter Bezugnahme auf § 312 BGB den Aufhebungsvertrag widerrufen.

Er ist der Meinung, der Aufhebungsvertrag habe in Folge seines wirksamen Widerrufs das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst. Dieses bestehe deshalb bis zum Ablauf der Befristung am 31.07.2003 fort.

Er hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 25.03.2003 nicht aufgelöst worden ist, sondern über dem 25.03.2003 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger im Hinblick auf die mittlerweile durch Fristablauf eingetretene Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur noch seine Lohnansprüche von April bis Juli 2003.

Er beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

a)

für den Monat April 2003 ein Bruttoentgelt in Höhe von € 2.700,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.Mai 2004,

b)

für den Monat Mai 2003 ein Bruttoentgelt in Höhe von € 2.700,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.06.2004,

c)

für den Monat Juni 2003 ein Bruttoentgelt in Höhe von € 2.700,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.07.2004,

d)

für den Monat Juli 2003 ein Bruttoentgelt in Höhe von € 2.700,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.08.2004

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 69, II ArbGG abgesehen; insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

I.

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende und damit zulässige Berufung des Klägers erweist sich in der Sache als unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Der zwischen den Parteien am 25.03.2003 abgeschlossene Aufhebungsvertrag hat das Arbeitsverhältnis mit dem vorgesehenen Zeitpunkt beendet. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt und rechtsfehlerfrei ausgeführt. Das erkennende Gericht bezieht sich gem. § 69, II ArbGG auf die eingehende und zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts und beschränkt sich auf die nachfolgenden, ergänzenden Anmerkungen:

1.

Das Arbeitsgericht ist zunächst richtig davon ausgegangen, dass auf den Aufhebungsvertrag vom 25.03.2003 die Vorschriften der §§ 312, 355 BGB Anwendung finden. Zwar sind nach Art. 229, § 5 EGBGB auch vor dem 01. Januar entstandene Schuldverhältnisse grundsätzlich noch das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner früheren Fassung anzuwenden. Für Dauerschuldverhältnisse wie den Arbeitsvertrag gilt jedoch ab 01. Januar 2003 nur das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner neuen Fassung. Damit ist auf § 12 BGB Anwendung, der sachlich unverändert die Bestimmungen des § 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HaustürWG) in das Bürgerliche Gesetzbuch transferiert hat. Der am 25.03.2003 geschlossene Aufhebungsvertrag unterliegt schon deshalb den Bestimmungen des neuen Rechts. Unabhängig davon wäre nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts auch auf einen vor dem 01.01.2003 abgeschlossenen Aufhebungsvertrag das neue Recht anzuwenden (BAG, 27.01.2003 - 2 AZR 135/03 - EZA Nr. 1 zu § 312 BGB 2002).

Dies bedarf allerdings hier keiner Vertiefung, da es sich in materiellrechtlicher Hinsicht durch das Inkrafttreten des neuen Rechts an der Beurteilung des hier in Frage stehenden Sachverhalts nichts geändert hat.

2.

§ 312 BGB ist ebenso wie der früheren § 1 Haustürwiderrufsgesetz auf im Betriebs geschlossene Aufhebungsverträge nicht anwendbar. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt und richtig ausgeführt. Das Widerrufsrecht des § 312 BGB bezieht sich ebenso wie § 1 Haustürwiderrufsgesetz auf "besondere Vertriebsformen", die seiner Einordnung unter den Untertitel 2 zum Abschnitt 3, Titel 1 BGB deutlich macht. Der Arbeitsvertrag und der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag stellen jedoch keine Vertriebsgeschäfte in diesem Sinne dar (LAG Köln, 06.02.2003 - 10 Sa 948/02 - EZA SD 18/03, S. 4; BAG 27.11.2003 - 2 AZR 177/03; BAG 27.11.03 - 2 AZR 135/03 - EZA SD 10/2004 S. 4 ff).

Hinzu kommt, dass sich der Arbeitgeber bei Abschluss seines Aufhebungsvertrages nicht in der Situation befindet, in der er des besonderen Schutzes des § 312 BGB bedarf. Der Aufhebungsvertrag am Arbeitsplatz findet in der Situation und räumlichen Umgebung statt, in der der Arbeitnehmer mit das Arbeitsverhältnis betreffenden Entscheidung und Vereinbarungen rechnen muss; es fehlt deshalb an dem situationstypischen Überraschungsmoment, in dem der Verbraucher vor vorschnellen Entscheidungen geschützt werden soll.

Es bleibt deshalb festzuhalten, dass der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag sich nicht auf ein Rechtsgeschäft bezieht, das den besonderen Vertriebsformen im Sinne des Untertitels 2 zugeordnet werden könnte, noch dass er in einer Situation zustande kommt, die § 312 BGB im Auge hat.

§ 312 BGB ist deshalb zutreffender Ansicht nach auf derartige arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht anwendbar.

II

Soweit der Kläger sich auf eine Überrumpelungssitutation bezieht, könnte dies auch bei Richtigkeit seines - von der Beklagten bestrittenen - Vorbringens nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führen. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer vor Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung eine Bedenkzeit oder ein Rücktrittsrecht einzuräumen (BAG 14.02.1996 - 2 AZR 234/95 - EZA Nr. 21 zu § 611 BGB, Aufhebungsvertrag. Selbst wenn also diese vom Kläger behauptete "Überrumpelungssituation" bestanden hätte, würde diese für sich nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages führen. Für die Voraussetzungen, unter denen sich ein Anfechtungsrecht des § 119, 123 BGB ergeben könnte, hat der Kläger nichts vorgetragen. Dafür ist auch nichts ersichtlich.

Der Aufhebungsvertrag der Parteien vom 25.03.2003 hat nach allem das Arbeitsverhältnis zum vorgesehenen Termin, dem 31.03.2003, aufgelöst. Für die nachfolgende Zeit bis zum Ablauf der Befristung am 31.07.2003 stehen dem Kläger deshalb aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges keine Vergütungsansprüche zu.

Das Arbeitsgericht hat deshalb zu Recht seine Klage abgewiesen.

III.

Die Kosten seiner nach allem erfolglosen Berufung hat gem. § 97 ZPO der Kläger zu tragen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar; zur Zulassung der Revision bestand nach den Kriterien des § 72 ArbGG kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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