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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.03.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 989/06
Rechtsgebiete: SchutzTV, Änderungs-TV Nr. 23, TVAL II, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

SchutzTV § 5 Ziff. 2
SchutzTV § 8 Ziff. 1
Änderungs-TV Nr. 23 § 1
Änderungs-TV Nr. 23 § 1 Ziff. 5
Änderungs-TV Nr. 23 § 2
Änderungs-TV Nr. 23 § 3
TVAL II § 9 Abs. 2
ArbGG § 66 Abs. 1 S. 1
ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 233
BGB § 276
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 3 Sa 989/06

Entscheidung vom 20.03.2007

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 07.11.2006 - 8 Ca 1021/06 - wird unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages als unzulässig verworfen.

2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf Euro 6.454,98 festgesetzt.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt für die Zeit ab dem 1.4.2006 die Zahlung einer höheren Einkommensschutzzulage als sie ihm bislang gezahlt wird. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers mit den US-Stationierungsstreitkräften findet aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung der TVAL II Anwendung. Nachdem der Kläger zuvor Tätigkeiten eines "Einsatzleiters (Feuerwehr), P-3", ausgeübt hatte, verrichtet der Kläger seit dem 01.07.2005 (- in der Einverständniserklärung des Klägers vom 01.07.2005 , Bl. 16 d.A., so bezeichnete -) Tätigkeiten eines "Wasser- und Kläranlagenwärter Helfer, A 3-3" (- das Arbeitsgericht bezeichnet die neue Tätigkeit als die eines "Wasser- und Kläranlagenhelfers" , - der Kläger hat sich auf S. 2 der Klageschrift als "Wasserwerker" bezeichnet). Der Kläger wechselte deswegen zum 01.07.2005 aus dem Feuerwehrdienst auf seinen neuen Arbeitsplatz, weil sich ergeben hatte, dass er aus gesundheitlichen Gründen für eine Beschäftigung im Feuerwehrdienst nicht mehr geeignet ist. Die dem Kläger seit dem 01.07.2005 auf dem neuen Arbeitsplatz zustehende monatliche Grundvergütung unterschreitet seine bisherige monatliche Grundvergütung. Der Arbeitgeber zahlt dem Kläger eine Einkommensschutzzulage aufgrund folgender Bestimmungen :

TVAL II Anhang P- I - Ziffer 16. b).......

" ...

(2) Unterschreitet die dem Arbeitnehmer auf dem neuen Arbeitsplatz zustehende monatliche Grundvergütung die bisherige monatliche Grundvergütung, so wird die Einkommensschutzzulage gemäß § 5 Ziffer 2 SchutzTV festgesetzt.

(3) Erreichen die dem Arbeitnehmer auf dem neuen Arbeitsplatz zustehende monatliche Grundvergütung und die gemäß Abs. 2 ermittelte Einkommensschutzzulage zusammen nicht den Betrag von 86,50 v.H. der monatlichen Grundvergütung des Arbeitnehmers vor der Veränderung, so wird die Einkommensschutzzulage entsprechend erhöht ...".

Die Tarifvertragsparteien haben den Änderungstarifvertrag Nr. 23 zum TVAL II vom 27.01.2006 (Bl. 73 ff. d.A.; folgend : ÄnderungsTV Nr. 23 ) abgeschlossen.

In § 1 - Änderungen des TVAL II - des ÄnderungsTV Nr. 23 heißt es u.a.:

"Der Tarifvertrag vom 16.12.1966 für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften .......... wird wie folgt geändert:

1. Im Hauptteil ...

...

2. Im Anhang B

Im Teil I (Mantelbestimmungen) wird die Ziffer 3c ersatzlos gestrichen.

3. .....

4. .....

5. Im Anhang P

Die Sonderbestimmungen des Anhangs P TVAL II werden durch die in der Anlage 1 vereinbarte Neufassung ersetzt.

6. .....

.....".

§ 2 - Übergangsbestimmungen - des ÄnderungsTV Nr. 23 lautet u.a.:

1. .....

2. Neufassung der Lohn- und Gehaltsgruppeneinteilung P für Feuerwehrpersonal

Feuerwehrleute, die nach den Merkmalen der bis zum 31.03.2006 geltenden Lohn- und Gehaltsgruppeneinteilung P eingruppiert waren und für die die Sonderbestimmungen P weiterhin Anwendung finden, werden aus Anlass der Neufassung der Tätigkeitsmerkmale der Lohn- und Gehaltsgruppeneinteilung P mit Wirkung vom 01.04.2006 nicht in eine niedrigere Gruppe eingruppiert als bisher.

3. Überleitung der Angestellten im Feuerwehrdienst

.....

.....".

§ 3 - Schlussbestimmungen - des ÄnderungsTV Nr. 23 lautet:

"Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 01.04.2006 in Kraft. Abweichend von Satz 1 tritt § 2 Nr. 1 mit Wirkung vom 01.01.2006 in Kraft".

In der - im ÄnderungsTV Nr. 23 vom 27.01.2006 normierten - Neufassung des Anhangs P - Sonderbestimmungen P für Feuerwehrpersonal, Werkschutzpersonal, Wachpersonal - heißt es u.a. bei Ziffer I. - Mantelbestimmungen - Ziffer 12. - sonstige Vereinbarungen -

"... a) Die Bestimmung des § 8 Ziffer 1 des Tarifvertrages über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (Schutz-TV) gelten auch für diejenigen Arbeitnehmer des Feuerwehrpersonals ....., die eine Beschäftigungszeit von mindestens 10 Jahren im Feuerwehrdienst ..... zurückgelegt und das 40. Lebensjahr vollendet haben, wenn sich durch ärztliche Untersuchungen (Anhang P Ziffer I. 2) endgültig ergeben hat, dass sie für eine Beschäftigung im Feuerwehrdienst ..... nicht mehr geeignet sind.

b) Wird ein Arbeitnehmer des Feuerwehrpersonals ....., der die Voraussetzungen des vorstehenden Abschnitts a) erfüllt, auf einem neuen Arbeitsplatz bei demselben Arbeitgeber untergebracht, so hat er Anspruch auf Einkommensschutz nach folgenden Bestimmungen.

(1) Unterschreitet die dem Arbeitnehmer auf dem neuen Arbeitsplatz zustehende monatliche Grundvergütung die bisherige monatliche Grundvergütung, so hat er Anspruch auf eine Einkommensschutzzulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der neuen und der bisherigen tarifvertraglichen Grundvergütung .....".

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 07.11.2006 - 8 Ca 1021/06 - (dort S. 2 f. = Bl. 32 f. d.A.). Gegen das am 15.11.2006 zugestellte - die Klage abweisende - Urteil des Arbeitsgerichts vom 07.11.2006 - 8 Ca 1021/06 - hat der Kläger am 20.12.2006 Berufung eingelegt und diese am 15.01.2007 mit dem Schriftsatz vom 12.01.2007 begründet.

Seinen - hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist - gestellten Wiedereinsetzungsantrag begründet der Kläger in der Berufungsschrift vom 19.12.2006 (Bl. 41 ff. d.A.; nebst eidesstattlicher Versicherung der Rechtsanwaltsgehilfin A. M., Bl. 46 d.A.). Dort heißt es u.a., dass die Verfahrensakte am 11.12.2006 in das Arbeitszimmer des Prozessbevollmächtigten des Klägers (RA M.) verbracht worden sei. Dieser habe bis zum 13.12.2006 wegen längerer Auswärtstermine am 11.12.2006 und 13.12.2006 sowie wegen durchgängiger Sprechstunde am 12.12.2006 keine Kenntnis von der vorgelegten Akte nehmen können. Am 13.12.2006 sei die Akte von einer anderen Mitarbeiterin wegen Posteingangs (Schreiben der Rechtsschutzversicherung des Klägers; s. dazu Bl. 110 d.A.) aus dem Arbeitszimmer des Prozessbevollmächtigten genommen und am 14.12.2006 zusammen mit dem neuen Posteingang erneut in dessen Arbeitszimmer verbracht worden. Ein irgendwie gearteter Hinweis auf die Akte bzw. insbesondere auf den Ablauf der Berufungsfrist sei nicht erfolgt. Auch der in der Kanzlei anwesende weitere Sozius sei nicht über den für den 15.12.2006 anstehenden Ablauf der Berufungsfrist unterrichtet worden. Es bestehe die ausdrückliche Weisung, an jedem (Arbeits-)Tag die Eintragungen im Fristenkalender dahingehend zu überprüfen, ob die eingetragenen Fristen durch entsprechende Sachbearbeitung erledigt seien. Werde festgestellt, dass eine eingetragene Frist auch am letzten Tage der Frist noch nicht durch entsprechende Sachbearbeitung oder in sonstiger Weise erledigt sei, müsse der sachbearbeitende Rechtsanwalt, hilfsweise ein anderer in der Kanzlei tätige Rechtsanwalt, hierüber unterrichtet werden, - es müsse dessen Entscheidung über die weitere Sachbearbeitung eingeholt werden. Ohne dass es hierfür einen besonderen nachvollziehbaren Grund gegeben hätte, habe es die Rechtsanwaltsgehilfin M. im Zuge des normalen Schreib- und Telefondienstes versäumt, den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf den bevorstehenden Ablauf der Berufungsfrist hinzuweisen. Ergänzende Angaben zum Wiedereinsetzungsantrag macht der Kläger im Schriftsatz vom 6.3.2007 (Bl. 107 ff. d.A.).

Zwecks Darstellung der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 12.01.2007 (Bl. 55 ff. d.A.) verwiesen. Dort führt der Kläger u.a. aus:

Soweit das Arbeitsgericht aus der Verwendung der Gegenwartsform ("wird") in P Ziffer I. 12 b) herleite, dass nur diejenigen Feuerwehrmänner einen Anspruch auf Zahlung einer Einkommensschutzzulage in Höhe der vollen Lohndifferenz hätten, die seit dem 01.04.2006 auf einem anderen Arbeitsplatz untergebracht worden seien, sei dies nach Wortlaut, Sinn und Zweck der tariflichen Regelung fehlerhaft. Der Kläger verweist darauf, dass der gesamte Tarifvertrag durchgängig stets in der Gegenwartsform geschrieben sei und dass das Wort "wird" identisch sei mit dem Text des Tarifvertrages in den bis zum 31.03.2006 geltenden Fassungen. Die Gegenwartsform besage dementsprechend überhaupt nichts darüber, ob die tarifvertragliche Regelung nur für diejenigen Arbeitnehmer gelten solle, die die im Tarifvertrag normierten Voraussetzungen ab dem Zeitpunkt der Neufassung erfüllten. Weiter verweist der Kläger darauf, dass sich der Zeitpunkt der Unterbringung auf einem neuen Arbeitsplatz keineswegs mit dem Zeitpunkt decken müsse, in dem der betreffende Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen aus dem Feuerwehrdienst habe ausscheiden müssen. Wäre die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts richtig, würde dies bedeuten, dass es von dem - mehr oder weniger zufälligen - Zeitpunkt der tatsächlichen Unterbringung auf einem neuen Arbeitsplatz abhängig wäre, in welcher Höhe der Arbeitnehmer eine Einkommensschutzzulage erhalte. Dies könne nicht richtig sein.

Der Kläger macht geltend, dass - wenn die Tarifvertragsparteien nur die Höhe der den betreffenden Arbeitnehmern zu zahlenden Einkommensschutzzulage neu regelten - diese Neuregelung mangels einer abweichenden ausdrücklichen Regelung im Tarifvertrag ab dem maßgeblichen Zeitpunkt für alle betroffenen Arbeitnehmer gelte. Soweit ein Arbeitnehmer unter denselben tariflichen Voraussetzungen bereits früher eine Einkommensschutzzulage in der bislang im Tarifvertrag geregelten Höhe erhalten habe, erhöhe sich die Zulage auch für ihn dann auf die nunmehr tarifvertraglich festgelegte Höhe. Allein dieses Ergebnis entspreche Wortlaut, Sinn und Zweck des Tarifvertrages. Der Kläger behauptet, dass zwischen den Tarifvertragsparteien uneingeschränkte Einigkeit bestanden habe, dass auch den zu einem früheren Zeitpunkt aus dem Feuerwehrdienst ausgeschiedenen Arbeitnehmern ab dem 01.04.2006 bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine Einkommensschutzzulage in der nunmehr tarifvertraglich festgelegten Höhe zustehe (Beweis: Einholung einer Auskunft bei den Tarifvertragsparteien; s. dazu auch den Schriftsatz des Klägers vom 13.02.2007, Bl. 70 f. d.A.). Keinesfalls solle die hinsichtlich der Höhe der Einkommensschutzzulage vereinbarte Tarifänderung nur für diejenigen Arbeitnehmer gelten, die erst ab dem 01.04.2006 aus dem Feuerwehrdienst ausscheiden müssten und auf einem neuen Arbeitsplatz untergebracht würden.

Der Kläger beantragt,

1. ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und

2. auf seine Berufung hin in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 07.11.2006 - 8 Ca 1021/06 - festzustellen, dass die dem Kläger zustehende und gezahlte Einkommensschutzzulage für die Zeit ab dem 01.04.2006 gemäß Abschnitt I. Ziffer 12. des Anhangs P zum TVAL II in der ab dem 01.04.2006 gemäß ÄnderungsTV Nr. 23 zum TVAL II geltenden Fassung zu berechnen ist.

Die Beklagte beantragt,

1. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückzuweisen

und

2. die Berufung zurückzuweisen.

Nach der im Schriftsatz vom 16.01.2007 (Bl. 67 f. d.A.), worauf verwiesen wird, begründeten Ansicht der Beklagten ist dem Kläger die nachgesuchte Wiedereinsetzung zu versagen.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 22.02.2007 (Bl. 100 ff. d.A.), worauf Bezug genommen wird.

Die Beklagte führt dort u.a. dazu aus, dass der Kläger seit dem 01.07.2005 nicht mehr dem Geltungsbereich der Sonderbestimmungen P I Ziffer 1 TVAL II unterliege. Sie verweist darauf, dass die Arbeitszeit des Klägers gemäß § 9 Abs. 2 TVAL II festgesetzt ist (- und nicht nach den Sonderbestimmungen P I 3).

Entgegen der Ansicht des Klägers - so macht die Beklagte geltend - seien die Tarifvertragsparteien gerade nicht davon ausgegangen, dass auch die Arbeitnehmer, die bereits aus dem Geltungsbereich der Sonderbestimmungen (P) ausgeschieden seien, eine Einkommensschutzzulage in der nunmehr tarifvertraglich festgesetzten Höhe erhalten sollten. Dies ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut der Tarifbestimmung als auch aus der Tatsache, dass ein entsprechender Regelungswille durch die Tarifparteien weder in Form einer Protokollnotiz noch durch eine Übergangsbestimmung dokumentiert sei. Die Tarifvertragsänderung gelte nur für diejenigen Arbeitnehmer, die nach der Neufassung des Tarifvertrages aus dem Feuerwehrdienst ausscheiden.

Zur näherer Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zwar an sich statthaft. Da sie jedoch nicht rechtzeitig i.S.d. § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG eingelegt wurde, muss sie als unzulässig verworfen werden. Die Berufung gegen das am 15.11.2006 zugestellte Urteil vom 7.11.2006 - 8 Ca 1021/06 - ist erst am 20.12.2006, also nach Ablauf der am 15.12.2006, 24:00 Uhr, endenden Berufungsfrist - und damit verspätet -, bei dem Berufungsgericht eingegangen.

1. Gegen diese Fristversäumung hat der Kläger allerdings in zulässiger Weise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, - insbesondere hat er den Antrag in der gebotenen Form (§ 236 ZPO) und innerhalb der hierfür geltenden Frist (§ 234 ZPO) gestellt. Sein Antrag ist jedoch unbegründet. Die Fristversäumung beruht auf einem Verschulden im Sinne von § 233 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO. Zwar liegt nach der Antragsbegründung auch ein Büroversehen (in Form eines Verschulden der Angestellten Machenschalk) vor. Auf diesem Büroversehen beruht die Fristversäumung jedoch nicht alleine. Den Prozessbevollmächtigten trifft daran vielmehr, wie die Beklagte zutreffend eingewandt hat, auch ein eigenes Verschulden. Dabei kann der rechtlichen Prüfung in tatsächlicher Hinsicht das zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuch erfolgte Vorbringen des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten ebenso als richtig zu Grunde gelegt werden wie die Angaben der Angestellten M. in der eidesstattlichen Versicherung vom 19.12.2006 . Dazu im einzelnen:

2. Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand u.a. dann zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung der Berufung einzuhalten. Nach § 85 Abs. 2 ZPO steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Die Verhinderung ist nicht verschuldet, wenn der Säumige diejenige Sorgfalt aufgewendet hat, die man verständigerweise von ihm erwarten konnte . Bei der entsprechenden Prüfung ist auf die gesamten Umstände abzustellen. Hinsichtlich des - die Wiedereinsetzung ausschließenden - Verschuldensgrades kann (- wegen § 276 Abs. 2 BGB -) schon leichte Fahrlässigkeit - auch als bloßes Mitverschulden - genügen, da § 233 ZPO nicht nach dem Grad des Verschuldens unterscheidet .

a) Vorliegend kann eine Verletzung der an einen Anwalt bei der Fristensicherung und Fristenwahrung zu stellenden Sorgfaltspflichten nicht verneint werden. Dem Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwalt/Verbandsvertreter) einer Partei wird insoweit zwar - anders als früher - keine äußerste Sorgfalt (mehr) abverlangt, - er muss aber im Rahmen des § 276 BGB nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rspr (vgl. BGH vom 28.09.1989 - VII ZR 115/89 -) alles ihm Zumutbare tun und veranlassen, damit die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels gewahrt wird. Insoweit anfallende Tätigkeiten und Aufgaben darf er freilich - in dem von der Rechtsprechung beschriebenem Umfang - an sein Büropersonal delegieren, - die Verantwortung dafür, dass ein Rechtsmittelschriftsatz rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingeht, trägt aber in einem Fall der vorliegenden Art letztlich (auch) der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt. Ein Rechtsanwalt muss insbesondere dafür Sorge tragen, dass die Berufungsschrift als fristwahrender Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird.

b) Im Rahmen dieser Verantwortung hatte sich hier die Pflicht zur Fristensicherung und Fristwahrung dadurch konkretisiert, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die Handakte bereits einige Tage vor Fristablauf zur Bearbeitung (d.h. zur Fertigung der Berufungsschrift) - also gerade zum Zweck der Vornahme einer fristgebundenen Prozesshandlung - vorgelegt worden war. Diese Vorlage erfolgte unstreitig am Montag, dem 11.12.2006, - also rechtzeitig vor Fristablauf.

- In diesem Zusammenhang kann in tatsächlicher Hinsicht dahingestellt bleiben, ob die Akten dem Prozessbevollmächtigten mit oder ohne äußere Kenntlichmachung als Fristsache vorgelegt worden sind. Erfolgte die Vorlage ohne äußere Kenntlichmachung als Fristsache, dann konnte der Prozessbevollmächtigte zwar nicht ohne weiteres erkennen, dass die Bearbeitung fristgebunden war. In diesem Falle hätte er sich aber in angemessener Zeit durch einen Blick in die Akten wenigstens davon überzeugen müssen, um was es sich handelte und wie lange er sich mit der Bearbeitung Zeit lassen konnte. Auch in einem solchen Fall darf der Rechtsanwalt die ihm vorgelegte Akte jedenfalls nicht von Montag bis Freitag - also nahezu eine ganze Arbeitswoche lang - gänzlich unbeachtet lassen. Hätte der Prozessbevollmächtigte, wie es geboten war, innerhalb des genannten Zeitraumes einen Blick in die Akte geworfen, hätte er feststellen können, dass bis zum 15.12.2006 eine Berufungsschrift beim Landesarbeitsgericht einzureichen war. (Gerade) unter Berücksichtigung der auf S. 2 des Schriftsatzes vom 19.12.2006, dort unter Ziffer 3. (= Bl. 43 d.A.), vorgetragenen Umstände, lag doch am 15.12.2006 die Annahme nahe, dass sich bei den in der Zeit ab dem 11.12.2006 - im Arbeitszimmer des Prozessbevollmächtigten - vorgelegten Akten auch die eine oder andere Fristsache befinden musste bzw. konnte.

- Ein Verschulden ist erst recht dann gegeben, wenn die Vorlage am Montag, dem 11.12.2006, mit äußerer Kenntlichmachung als Fristsache erfolgte. In diesem Fall musste er unschwer - bereits aufgrund der äußeren Kenntlichmachung - erkennen, dass in dieser als "Fristsache" gekennzeichneten Akte unverzüglich eine fristwahrende Prozesshandlung vorzunehmen war.

c) Die Umstände, die der Kläger zur Antragsbegründung vorgetragen hat, stehen dem Vorwurf des Verschuldens nicht entgegen. Insbesondere konnte sich der Prozessbevollmächtigte von der eigenen - ihn selbst treffenden - Verantwortung für die Einhaltung der Berufungsfrist auch nicht durch eine Anweisung befreien, ihn oder seinen Partner täglich an noch unerledigte Fristsachen zu erinnern (vgl. dazu Grandel/Musielak, Kommentar, 5. Auflage 2007 , ZPO § 233 Rn 23 mwN; Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 8.11.2002 - 10 Sa 1100/02; BGH, Beschluss vom 11.12.1991 - VIII ZB 38/91; BGH 14.01.1997 - VI ZB 24/96).

Auch der Umstand, dass die Akte vorübergehend - im Laufe des 13.12.2006 - aus dem Arbeitszimmer entfernt wurde, steht der Feststellung eines Verschuldens nicht entgegen. Bereits am 14.12.2006 wurde die Akte ja unstreitig wieder in das Arbeitszimmer verbracht und stand somit dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt erneut zur Verfügung. Schließlich lässt vorliegend auch eine etwaige Überlastung des Prozessbevollmächtigten den Vorwurf des Verschuldens nicht entfallen ( vgl. B/L/A/Hartmann 64.Aufl. ZPO § 233 Rz 166 ).

II.

Muss die Berufung hiernach - unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages - bereits als unzulässig verworfen werden, kommt es auf die Frage, ob das Rechtsmittel aus materiellrechtlichen Gründen erfolglos bleiben muss, nicht an. Es ist also letztlich nicht zu entscheiden, ob die Tarifvertragsparteien die neue Bestimmung des Anhang P - I. 12. b) auch auf "Unterbringungen" (Umsetzungen bzw. Versetzungen) angewendet wissen wollen, die bereits vor dem Inkrafttreten des ÄnderungsTV vom 27.1.2006 vollzogen worden sind. Käme es darauf an, könnte folgendes zu bedenken sein:

Zwar gilt der TV AL II ( vgl. § 66 Ziffer 1 TV AL II ) als solcher an sich bereits seit dem 1.1.1967. Das Inkrafttreten von - zum TV AL II vereinbarten - Änderungstarifverträgen bestimmt sich jedoch nach näherer Maßgabe des jeweiligen ÄnderungsTV (vgl. § 66 Ziffer 2 TV AL II). Der hier in Rede stehende ÄnderungsTV vom 27.1.2006 ist - soweit vorliegend von Interesse - erst am 1.4.2006 in Kraft getreten, - also deutlich nach der zum 1.7.2005 erfolgten Unterbringung des Klägers auf einem Arbeitsplatz des Wasserwerks A-Stadt. (Jedenfalls) am 1.4.2006 unterfiel der Kläger nicht mehr dem persönlichen Geltungsbereich des Anhangs P des TV AL II .

Ob allein der - in § 1 Ziffer 5. ÄnderungsTV enthaltenen - Formulierung "werden ersetzt", der Wille der TV-Parteien entnommen werden kann, die Neuregelung auch für Altfälle (d.h. auf vor dem 1.4.2006 erfolgte bzw. vollzogene "Unterbringungen") zu normieren, erscheint zweifelhaft. Dagegen spricht, dass tarifliche Normen grundsätzlich eben nur ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens wirken. Zu den - von diesem Grundsatz zu machenden - Ausnahmen gehören freilich auch die Fälle echter und unechter Rückwirkung. In den Fällen der unechten Rückwirkung werden durch Anknüpfung an in der Vergangenheit liegende Sachverhalte tarifliche Rechtswirkungen für die Zeit ab Inkrafttreten der Norm ausgelöst. Dass sich vorliegend die TV-Parteien einer derartigen oder einer ähnlichen Regelungstechnik bedienen wollten, klingt im Tarifwortlaut eher nicht genügend an. Ein derartiger Normsetzungswille hat aber wohl auch im übrigen im Änderungs-TV nicht genügend Niederschlag gefunden. Insbesondere enthalten die Übergangsbestimmungen des § 2 Änderungs-TV Nr. 23 keine entsprechende Aussage.

III.

Die Kosten seiner hiernach erfolglosen Berufung muss gemäß § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger tragen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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