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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.01.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 1309/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1 |
Aktenzeichen: 4 Sa 1309/03
Verkündet am: 29.01.2004
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2003 - 1 Ca 751/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte. Die Klägerin ist seit 15.04.2000 als Pflegeassistentin bei der Beklagten beschäftigt. Ihre Bruttovergütung beträgt ca. 880,-- € monatlich. Mit Schreiben vom 20.03.2003, wegen dessen Wortlaut auf das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2003 verwiesen wird, mahnte die Beklagte die Klägerin ab und wies darauf hin, dass im Wiederholungsfalle mit weitergehenden arbeitsrechtlichen Schritten zu rechnen sei und zwar mit der außerordentlichen fristlosen Kündigung. Im Schreiben findet sich der Vorwurf, der Klägerin sei bekannt, dass im Betrieb ein allgemeines Verbot von Alkoholgenuss während der Arbeitszeit bestehe, zur Überzeugung stehe fest, dass die Klägerin gegen dieses Alkoholverbot verstoßen habe.
Die Klägerin hat mit am 14.04.2003 beim Arbeitsgericht Trier eingegangener Klage geltend gemacht, die Abmahnung entbehre jeder Grundlage. Sie sei weder alkoholisiert gewesen, noch habe sie während der Arbeitszeit gegen das Alkoholverbot verstoßen. Die Beklagte habe den Alkoholgenuss während der Arbeitszeit zum Gegenstand einer Abmahnung gemacht und nicht lediglich Trunkenheit während der Arbeitszeit. Dies könne nicht festgestellt werden, sie sei an dem Tag erkrankt gewesen und die von der Beklagten auf Alkoholgenuss oder Alkoholisierung zurückgeführten Verhaltensweisen hätten krankheitsbedingte Ursachen, die in keinem Zusammenhang mit dem Genuss von Alkohol ständen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 20.03.2003 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin habe gegen die vertragliche Nebenpflicht verstoßen, ihre Arbeitsleistungen nicht in alkoholisiertem Zustand zu erbringen, die Ausfallerscheinungen seien alkoholbedingt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin A F und Sch. Es wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.09.2003 verwiesen.
Im vorbezeichneten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Abmahnung sei gerechtfertigt, ein Entfernungsanspruch der Klägerin bestehe nicht. Mit der Abmahnung werde in erster Linie gerügt, dass die Klägerin offensichtlich alkoholisiert an ihrem Arbeitsplatz angetroffen wurde. Der in der Abmahnung dargestellte Sachverhalt sei im Wesentlichen von den Zeugen bestätigt worden. Die Zeugen seien glaubwürdig, gegenteilige Anhaltspunkte seien nicht erkennbar. Die Zeugen hätten ihre Aussage individuell und in den wesentlichen Punkten übereinstimmend abgegeben, insbesondere aus der Aussage der Zeugin F ergebe sich, dass die Klägerin offensichtlich Alkohol getrunken habe. Zwar hätten die Zeugen nicht unmittelbar den Alkoholgenuss beobachtet, die von den Zeugen geschilderten Indizien sprächen jedoch eindeutig dafür. So habe die Klägerin nach Aussage der Zeugin F zwei oder drei leere Alkoholfläschchen aus der Tasche ihres Kittels genommen, die Zeugin habe in dem Zimmer einer Bewohnerin ein Glas mit Alkohol vorgefunden, wobei sie meinte das sei Wein gewesen. Sie habe von einer Angehörigen der Bewohnerin vorher erfahren, dass die Klägerin mit dem besagten Glas in der Hand in das Zimmer gekommen sei. Zur Überzeugung des Gerichts stehe daher fest, dass die Klägerin am 20.03.2003 an ihrem Arbeitsplatz Alkohol getrunken habe. Aus diesem Grund sei die ausgesprochene Abmahnung gerechtfertigt. Dabei komme es nicht darauf an, ob die von den Zeugen beobachteten Ausfallerscheinungen wie Lallen, unkontrollierter Gang, sowie eine Reihe von unerledigten Tätigkeiten allein auf den Alkoholgenuss oder auch auf krankheitsbedingte Ursachen zurückzuführen seien.
Gegen das der Klägerin am 18.09.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 17.10.2003 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat ihre Berufung, nachdem die Frist bis 10.12.2003 verlängert worden war, mit am 08.12.2003 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Klägerin macht geltend, das Arbeitsgericht hätte nicht die Feststellung treffen dürfen, die Klägerin habe während der Arbeitszeit Alkohol getrunken. Sie sei voll umfänglich darlegungs- und beweispflichtig. Mit Indizien könne dieser Beweis nicht geführt werden. Auch würden die Indizien nicht ausreichen, um den Pflichtverstoß Alkoholgenuss während der Arbeitszeit objektiv zu belegen. Der Pflichtverstoß, wegen dessen abgemahnt worden sei, sei nicht festzustellen. Das Auffinden von drei leeren Alkoholfläschchen, Riechen nach Alkohol, Lallen, nicht ordnungsgemäßer Gang, mangelnde Koordination stellten keine Anzeichen dafür dar, dass während der Arbeitszeit Alkohol von der Klägerin genossen wurde. Insoweit könnten eine Vielzahl anderer Ursachen vorliegen. Dies gelte insbesondere deswegen, weil die Klägerin bereits in erster Instanz unter Beweisantritt darauf hingewiesen habe, dass die von der Beklagten in der Abmahnung angeführten Umstände gerade nicht zwingend auf den behaupteten Pflichtverstoß Alkoholgenuss während der Arbeitszeit hindeuten. Die von der Beklagten herangezogenen Umstände rechtfertigten diesen Vorwurf nicht.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 03.09.2003 - 1 Ca 751/03 - die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 20.03.2003 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 29.01.2004.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO). Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
II.
Im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend hat das Arbeitsgericht Trier die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Tatsachen aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher voll umfänglich Bezug auf den begründeten Teil des angefochtenen Urteils und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 ArbGG).
Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf Folgendes hinzuweisen:
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht bei seiner Verhandlung und Entscheidung zu Grunde zu legen die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten.
Das Arbeitsgericht hat in seinem angefochtenen Urteil festgestellt, es sei davon überzeugt, dass die Klägerin während der Arbeitszeit Alkohol zu sich genommen hat. Das Arbeitsgericht hat dieses aufgrund durchgeführter Beweisaufnahme und aufgrund Würdigung von Indiztatsachen festgestellt. Diese Tatsachenfeststellung ist nicht zu beanstanden, auch nicht mit den Argumenten der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung. Richtig ist lediglich der Ansatzpunkt, dass die Beklagte zur Überzeugung des Gerichts vermitteln muss, dass die in der Abmahnung gerügten Verhaltensweisen seitens der Klägerin auch tatsächlich begangen wurden. Dabei wird zu Gunsten der Klägerin unterstellt, dass die Beklagte ein Verstoß gegen das Alkoholverbot, also ein allgemeines Verbot des Alkoholgenusses während der Arbeitszeit zum Gegenstand der Abmahnung gemacht hat und nicht lediglich das Erbringen der Arbeitsleistung im alkoholisierten Zustand, wobei die Zuführung von Alkohol nicht zwingend während der Arbeitszeit erfolgen muss. Das Arbeitsgericht hat festgestellt, zu seiner Überzeugung stehe der Alkoholgenuss während der Arbeitszeit fest. Diesen Feststellungen begegnen keine Zweifel im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass denkgesetzlich auch andere Ursachen vorhanden sein können, aus dem Vorliegen von Indiztatsachen lässt sich jedoch auf die Haupttatsache schließen. In dem Kittel der Klägerin befanden sich drei leere Likörfläschchen, welche nicht der Klägerin gehörten, sondern Heimbewohnern geschenkt worden waren. Eine Erklärung der Klägerin, weswegen sich diese Alkoholfläschchen in ihrem Kittel befanden, hat sie im Laufe des Verfahrens nicht abgegeben. Wenn sie sich schon darauf beruft, dass diese Indiztatsachen nicht geeignet sein können, Rückschlüsse auf Alkoholgenuss zu ziehen, hätte sie, da es Tatsachen aus ihrem eigenen Wahrnehmungsbereich darstellen, präzise erläutern müssen, wie drei geleerte Likörfläschchen in ihren Kittel gelangt sind. Hierzu fehlt jede tatsächliche Angabe. Die Klägerin kann damit nicht gehört werden, dass auch andere Ursachen für ihre Ausfallerscheinungen in Betracht kämen. Die Zeugin F hat, wie vom Arbeitsgericht festgestellt, glaubwürdig bekundet, dass die Klägerin deutlich nach Alkohol gerochen hat. Wenn die Klägerin meint, dies könne auch andere Ursachen haben, hätte sie darstellen müssen, welche anderen Lebens- oder Genussmittel sie zugeführt hat, die einen Alkoholgeruch verursachen.
Wird weiter berücksichtigt, dass nach Aussage der Zeugin die Klägerin bei Beginn ihrer Schicht einen deutlich klaren und verständigen Eindruck machte, wohin gegen im Verlaufe des Nachmittags deutliche Ausfälle festzustellen waren, ist der Schluss gerechtfertigt, dass die Klägerin in der Zwischenzeit, also während ihrer Arbeitszeit Alkohol zu sich genommen hat. Genau diese Schlussfolgerung hat das Arbeitsgericht gezogen, die Berufungskammer teilt diese Schlussfolgerung. Steht es damit fest, dass die Klägerin den in der Abmahnung enthaltenen Pflichtenverstoß tatsächlich begangen hat, die Abmahnung auch ansonsten keine unangemessene Sanktion darstellt und keine unrichtigen Tatsachenbehauptungen enthält, war das auf Entfernung gerichtete Verlangen der Klägerin unbegründet. Es kam, wie vom Arbeitsgericht dargestellt nicht darauf an, ob Ausfallerscheinungen der Klägerin auch dadurch verursacht sein könnten, dass sie offensichtlich, wie auch schon durch das zur mündlichen Verhandlung vorgelegte Attest belegt, an sonstiger psychischer oder seelischer Erkrankung leidet.
Die Berufung war nach allem mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.
Ende der Entscheidung
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