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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: 4 Sa 204/07
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 1 Abs. 2 |
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 21.12.2006 - AZ: 5 Ca 327/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger, welcher seit 1. September 1989 bei der Beklagten in deren Redaktion in Z. als Redakteur beschäftigt ist, wendet sich mit der Klage vom 17. Mai 2006 gegen eine betriebsbedingte Kündigung, welche mit Schreiben vom 08.05.2006 (Bl. 4 d. A.) erklärt worden ist.
Der Kläger hat zur Begründung vorgebracht, dass ein dringender betrieblicher Grund nicht gegeben sei, weil die Beklagte den Arbeitskräftebedarf nicht richtig ermittelt habe. Die Beklagte habe das Arbeitsvolumen in der Redaktion rein mathematisch vorgenommen und nicht berücksichtigt, dass die Arbeiten der Redaktion gänzlich unterschiedlich seien.
Zudem sei die Vergabe eines Teils der Redaktion kartellrechtlich nicht zulässig und könne auch nicht Grundlage für eine Kündigungsmaßnahme sein.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die seitens der Beklagten mit Schreiben vom 8. Mai 2006 zum 30. November 2006 ausgesprochene Kündigung nicht beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, dass am 25.04.2006 durch die Geschäftsführung die Entscheidung getroffen worden sei, einen Teil der redaktionellen Inhalte der Z.er Zeitung von einem externen Dienstleister zu beziehen. Dieser Zukauf, der kostengünstiger sei als die Herstellung der Seiten durch eigene Redakteure, betreffe die Bereiche Politik, Wirtschaft, Sport, Aus aller Welt und die Themenseiten. Die Arbeitsmenge und der Arbeitskräftebedarf sei anhand der produzierten redaktionellen Seiten abzuleiten, weil im Kalenderjahr 2005 zwölf Redakteure mit der Erstellung der 6211 redaktionellen Seiten beschäftigt gewesen seien, während künftig noch 3261 Seiten durch die redaktionelle Bearbeitung geliefert werden müssten, weswegen sich der Arbeitskräftebedarf auf 5,8 Redakteure reduziert habe. Aufgrund dieser Situation habe man fünf der zwölf Redakteure gekündigt.
Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 21.12.2006 der Klage deshalb stattgegeben, weil ein Arbeitskräfteüberhang durch die Vergabe der redaktionellen Arbeiten nicht erkannt werden könne, weil die lokal arbeitenden Redakteure in der Tendenz mehr schreiben müssten, als die Kollegen, die die umfangreichen Nachrichtendienste auswerteten. Die Beklagte hätte darlegen müssen, wie viel Arbeitnehmer bzw. Arbeitsstunden für die Fertigung der fremdvergebenen Seiten bislang erforderlich gewesen sind, weil nur dann hätte festgestellt werden können, wie viel Arbeitsbedarf entfällt. Die von der Beklagten angestellte hypothetische durchschnittliche auf jeden Redakteur entfallende Seitenzahl sei nicht aussagekräftig, sodass aus diesem Grunde bereits die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei.
Nach Zustellung des Urteils am 28.02.2007 ist die Berufung am 27.03.2007 eingegangen und am 11.04.2007 im Wesentlichen damit begründet worden,
dass die gewählte Darstellung detailliert und aussagekräftig sei, um den künftigen Arbeitskräftebedarf zu ermitteln. Die Arbeitsstunden einer Zeitungsseite könnten nicht dargestellt werden, was auch am Tätigkeitsbild eines Redakteurs vorbeigehe, da es keine zeitliche Vorgabe für die Erstellung eines Artikels gebe. Verschiedene Artikel seien arbeits- und zeitintensiv, andere wiederum nicht, weil dies von der Tätigkeit des Redakteurs abhänge, der einmal recherchiere, ein anderes mal sich auf das absolut Notwendige begrenze oder dem Bericht eines freien Mitarbeiters einfach übernehme. Zudem seien die einzelnen Artikel inhaltlich so unterschiedlich, dass verschieden hoher Arbeitsaufwand betrieben werden müsse, gleich ob es sich um Redigieren oder Selbstschreiben handele. Bei der Frage, welcher Arbeitskräfteüberhang bestehe, müsse anhand der Frage geklärt werden, wie viel Arbeitskräfte für die noch verbleibende Arbeitsmenge benötigt würden. Dies seien nach der Darstellung der Beklagten sieben, wobei man von zwölf Mitarbeitern fünf Redakteuren gekündigt habe.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 21.12.2006, AZ: 5 Ca 327/06 abzuändern und die Klage abzuweisen.
2. der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er verteidigt das arbeitsgerichtlichte Urteil im Wesentlichen damit,
dass der konkrete Arbeitsplatz des Klägers nicht weggefallen sei, da in dem Lokalbereich kein externer Dienstleister einbezogen worden sei. Die Redakteure hätten auch nicht ressortübergreifend gearbeitet und sich ständig vertreten und ausgeholfen, was sich daraus ergebe, dass der Kläger selbst nunmehr seit 18 Jahren fast ausschließlich in dem Ressort Lokalsport gearbeitet habe. In dem Lokalbereich seien früher sieben Redakteure eingesetzt gewesen, sodass sich daraus ergebe, da nicht alle anderen Redaktionstätigkeiten extern vergeben seien, dass die Berechnung der Beklagten, wie viel Arbeitskräfte sie künftig benötige, nicht zutreffen könne. Zudem sei der Kläger, dessen Arbeitsplatz alleine im Ressort Lokalsport gewesen sei, mit den anderen Redaktionsmitarbeitern nicht vergleichbar.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Schriftsätze, die im Berufungsverfahren nebst deren Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ebenso Bezug genommen, wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 111-114 d. A.).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt worden, aber deshalb nicht erfolgreich, weil das Arbeitsgericht zu Recht dem Kündigungsschutzantrag des Klägers entsprochen hat. Die Kündigung ist nicht wirksam, weil die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 KSchG, der unstreitig Anwendung findet, nicht erfüllt sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG auch aus innerbetrieblichen Umständen, wie der Unternehmerentscheidung, bisher im eigenen Betrieb verrichtete Tätigkeit nach außen zu verlagern, ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein, um eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Bei Kündigungen aus innerbetrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen Maßnahmen er angeordnet hat und wie sich die von ihm behaupteten Umstände unmittelbar oder mittelbar auf die Beschäftigungsmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirken.
Im vorliegenden Falle ist davon auszugehen, dass eine Unternehmerentscheidung vorliegt, die dahin geht, einen Teil der redaktionellen Arbeit nicht mehr im eigenen Hause erledigen zu lassen, sondern von einem externen Dienstleister zu beziehen.
Es liegt auch auf der Hand, dass dann, wenn von 6211 produzierten Seiten künftig noch 3001 Seite von den Redakteuren zu erstellen sind, dass eine Arbeitsmenge nicht mehr benötigt wird und deshalb ein Arbeitskräfteüberhang festzustellen ist.
Da die Beklagte jedoch ausgeführt hat, dass nur ein Teil der redaktionellen Inhalte der Z.er Zeitung von einem externen Dienstleister bezogen werden und der redaktionelle Teil unverändert weitergeführt wird, kann nicht erkannt werden, dass die mathematische Dreisatzberechnung der Beklagten einen dringenden betriebsbedingten Kündigungsgrund abgibt, weil nicht erkannt werden kann, dass tatsächlich die Beschäftigungsmöglichkeit für fünf Redakteure entfallen ist.
Unstreitig unter den Parteien ist es, dass die Redaktionstätigkeit völlig unterschiedlich ausfällt, weswegen es sich verbietet, all diese verschiedenen Tätigkeiten gleich zu bewerten und allein aus der Blattzahl die verbleibenden Arbeitsstellen zu ermitteln. Nimmt man noch hinzu, dass nach Vortrag des Klägers bisher in der Redaktion für die lokalen Seiten sieben Redakteure beschäftigt waren und nicht alle daneben noch verrichteten Redaktionsarbeiten durch den externen Dienstleister bezogen werden, verbleibt ein Rest von redaktioneller Tätigkeit, von dem nicht erkannt werden kann, von wem dieser künftig in zumutbarer Weise abgearbeitet oder bearbeitet werden wird.
Die Berufungskammer sieht also ebenso wie das Arbeitsgericht nicht, dass tatsächlich der Arbeitskräftebedarf sich von zwölf auf sieben reduziert hat und damit auch keinen dringenden betrieblichen Grund, der die Kündigung des Klägers unvermeidbar werden lässt.
Da die Berufung der Beklagten nicht erfolgreich ist, hat sie die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO.
Die Kammer hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht deshalb nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt sind. Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass die Nichtzulassung der Revision selbständig durch eine Beschwerde nach § 72a ArbGG angefochten werden kann.
Ende der Entscheidung
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