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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: 4 Sa 2115/03
Rechtsgebiete: InsO, BGB, ArbGG


Vorschriften:

InsO § 129
InsO § 134
BGB § 305 Abs. 1 Satz 1
BGB § 309 n. F.
BGB § 309 Nr. 13
ArbGG § 69
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 2115/03

Verkündet am: 29.04.2004

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 29.10.2003 - 1 Ca 948/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine Schadenersatzforderung. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der V GmbH. Gemäß schriftlichem Anstellungsvertrag vom 02.06.1986 war der Beklagte bei der Gemeinschuldnerin als Bauleiter und Prokurist beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist vereinbart, dass alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben binnen einer Ausschlussfrist von 2 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von 4 Wochen einzuklagen sind. Die Tätigkeit des Klägers umfasste die Abwicklung und Überwachung von Baustellen und allen damit verbundenen Arbeiten.

Die Klage wird gestützt auf die Behauptung des Klägers, der Beklagte habe durch Nichtweiterleitung von für Monteure auszuzahlende Spesenbeträge einen Schaden verursacht. Mit Schreiben vom 27.11.2002 haben die Rechtsanwälte Dr. B und W als Vertreter der rechtlichen Interesse der Gemeinschuldnerin den Beklagten aufgefordert, er müsse über einen Betrag von 90.000,00 DM Rechenschaft ablegen und Rückzahlung leisten. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 03.12.2002 haben diese den Vorwurf, der Beklagte habe Kassenfehlbestände in Höhe von 90.000,00 DM zu verantworten, zurückgewiesen. Der Kläger mit bei Gericht am 22.05.2003 die Rückzahlung der Kassenfehlbestände in Höhe von 47.488,63 € eingeklagt. Er hat die Auffassung vertreten, der Schadenersatzanspruch sei nicht verfallen, es handele sich nicht um einen Anspruch, der in dem arbeitsvertraglich begründeten Austauschverhältnis stehe. Außerdem habe der Beklagte den Kassenfehlbestand anerkannt. Die Nichtunterbrechung der Ausschlussfrist sei nach § 129 InsO i. V. m. § 134 InsO anfechtbar. Der damalige Rechtsanwalt der Gemeinschuldnerin habe Herrn Sch über das mögliche Eingreifen der Ausschlussfrist, also auch über die Gefahr einer Verjährung des Schadenersatzanspruchs in Kenntnis gesetzt und zwar im Anschluss an einen gemeinsam wahrgenommenen Gerichtstermin am 17.12.2002.

Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 47.488,63 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die Klagefrist nach § 13 des Anstellungsvertrages sei nicht eingehalten worden. Der Schadenersatzanspruch unterfalle der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist. Zur Insolvenzanfechtung trägt der Beklagte vor, nur bewusste Unterlassungen könne diese rechtfertigen. Der vormalige Geschäftsführer habe es jedoch nicht bewusst unterlassen, den Ablauf der Verfallfrist zu verhindern. Er habe offensichtlich an die Existenz dieser Frist nicht gedacht, bzw. aus Kostengründen davon abgesehen Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Hilfsweise rechnet der Beklagte mit restlichen Urlaubsabgeltungsansprüchen und mit ihm zustehenden Gehaltsansprüchen auf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 29.10.2003 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der Schadenersatzansprüche durch dieses vorbezeichnete Teil-Urteil abgewiesen. Die Ausschlussfrist sei nicht gewahrt. Der Kläger habe die geltend gemachte Forderung nicht anerkannt. Das Vorbringen des Klägers zum angeblichen Anerkenntnis sei unsubstantiiert. Der Kläger habe vorgetragen, gegenüber dem vormaligen Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin habe der Beklagte immer wieder erklärt, er müsse sich keine Gedanken machen, weil er den Kassenfehlbestand ausgleichen werde. Dieses Anerkenntnis ergebe sich auch bereits daraus, dass der Beklagte sich monatlich habe 750,-- DM am Gehalt abziehen lassen. Die Tatsache, dass mit Einverständnis des Beklagten seit dem Jahr 1997 monatlich ein Betrag von 750,-- DM bei der Gehaltszahlung einbehalten worden sei, lasse lediglich den Schluss zu, dass grundsätzlich der Kassenfehlbestand durch den Beklagten anerkannt worden sei, jedoch nicht den Schluss darauf, dass er den Fehlbestand von zuletzt noch offenen 47.488,63 € anerkannt habe. Zu Gunsten des Klägers geht das Gericht davon aus, dass durch das Schreiben vom 27.11.2002 die erste Stufe der vertraglichen Ausschlussfrist gewahrt sei, wonach Ansprüche binnen 2 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen seien, wobei die Fälligkeit nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt als 2 Monate vor dem Schreiben vom 27.11.2002 angenommen wird. Jedenfalls sei die 2. Stufe der vertraglichen Ausschlussfrist versäumt. Der Beklagte habe die Verantwortung für den Kassenfehlbestand von 90.000,-- DM zurückgewiesen. Er habe also die geltend gemachte Forderung abgelehnt. Mit Zugang des Ablehnungsschreibens sei die 4-wöchige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung in Gang gesetzt worden. Es handele sich um einen Anspruch, der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebe. Der Beklagte sei auch nicht daran gehindert, sich auf das Eingreifen der Ausschlussfrist zu berufen, weil die insolvenzrechtliche Anfechtung nicht durchgreife. Aus dem Sachvortrag des Klägers ergebe sich nicht, ob die Gemeinschuldnerin bewusst oder unbewusst die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung hat verstreichen lassen. Insbesondere habe der Kläger nicht vorgetragen, weshalb der vormalige Geschäftsführer die Forderung nicht eingeklagt habe. Den Vortrag des Beklagten, der vormalige Geschäftsführer habe Ende November 2002 aus Kostengründen von einer Klageerhebung abgesehen, habe der Kläger ausdrücklich als unzutreffend bezeichnet. Damit bliebe aber völlig unklar, ob das Unterlassen der gerichtlichen Geltendmachung wissentlich oder/und willentlich erfolgt sei oder nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Gegen das am 12.12.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 15.12.2003 eingelegte Berufung. Der Kläger hat seine Berufung, nachdem die Frist zur Begründung bis 26.02.2004 verlängert worden war, mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger vertritt die Auffassung, die vertragliche Grundlage für die Kassenverwaltung sei nicht der Arbeitsvertrag sondern ein separates Auftragsverhältnis, auf den die Verfallklausel nicht eingreife. Der geltend gemachte Anspruch resultiere nicht aus Arbeitsverhältnis, sondern aus einem neben dem Arbeitsverhältnis selbständig abgeschlossenen Auftrag. Dies ergebe sich auch daraus, dass dem Beklagten seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses Prokura eingeräumt worden sei. Der Beklagte habe die Forderung dem Grunde und auch der Höhe nach anerkannt. Dies ergebe sich daraus, dass der Beklagte immer wieder erklärt habe, der Gemeinschuldner müsse sich keine Gedanken machen, er werde den Kassenfehlbestand ausgleichen. Der Beklagte selbst habe stets Zugang zu den gesamten Buchungsunterlagen gehabt und dezidiert Kenntnisse über die anvertrauten Gelder. Auch habe der Geschäftsführer Sch anlässlich dessen Eigenkündigung im Juni 2002 auf den Negativ-Saldo hingewiesen und ihn eindringlich gebeten, diesen vor seinem Weggang auszugleichen. Ihm sei also voll umfänglich bekannt gewesen, in welcher Höhe durch sein auftragswidriges Verhalten ein Kassenfehlbestand sich ergeben hatte. Daher sei davon auszugehen, dass der Beklagte den Ersatzanspruch auch der Höhe nach anerkannt habe, so dass die Einhaltung vertragsvereinbarter Ausschlussfristen, deren Wirksamkeit überdies nach den Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen zweifelhaft sei, entbehrlich.

Hilfsweise stehe dem Kläger ein schuldrechtlicher Anspruch auf Rückgewähr zur Insolvenzmasse zu, da das Unterlassen der Klageerhebung der Insolvenzanfechtung unterliege. Die Insolvenzgläubiger seien durch das Unterlassen des Gemeinschuldners objektiv benachteiligt worden, ohne das Unterlassen also bei Klageerhebung hätte sich die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger ohne Zweifel günstiger gestaltet. Auch die Erschwerung der Zugriffsmöglichkeit sowie eine Erschwerung oder Verzögerung der Verwertbarkeit stelle eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung in dem Sinne dar. Die Leistung des Verstreichenlassens der Ausschlussfrist sei unentgeltlich, weil hierfür objektive Kriterien maßgebend seien. Der ehemalige Geschäftsführer Sch sei auf die Verfallfrist hingewiesen worden. Der bisherige Vortrag, es werde bestritten, dass der Gemeinschuldner wegen fehlender Mittel für einen Prozess von der Klageerhebung abgesehen habe, werde nicht mehr aufrechterhalten. Das Unterlassen der Klageerhebung müsse lediglich bewusst und gewollt geschehen. Dies sei der Fall.

Der Kläger beantragt,

das am 29.10.2003 verkündete, am 12.12.2003 zugestellte Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Trier - 1 Ca 948/03 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 47.488,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Berufung mache keine Umstände geltend, aus denen sich ergebe, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruhe. Der Beklagte habe die Forderung nicht anerkannt. Die Richtigkeit der vorgelegten Aufzeichnung war und werde weiterhin bestritten. Neben dem Arbeitsvertrag sei ein gesondertes Auftragsverhältnis nicht vereinbart worden. Die Verwaltung der Montagegelder gehöre zum Arbeitsinhalt eines Bauleiters im Rahmen der Abwicklung und Überwachung von Baustellen und aller damit verbundenen Arbeiten. Die Gelder seien aus der Kasse entnommen und den jeweiligen Kolonnenführern übergeben worden. Der Beklagte habe dann die Kasse später abgerechnet, die entsprechenden Belege vorgelegt und die Verwendung der Gelder nachgewiesen. Kein Monteur habe sich bis heute darüber beschwert, dass ihm Spesen oder Auslagen nicht bezahlt worden seien. Die Erteilung der Prokura sei erst 1993 erfolgt und 1994 ins Handelsregister eingetragen. Die Ausschlussfrist umfasse auch den streitgegenständlichen Anspruch. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei bereits die 1. Stufe der Ausschlussfrist versäumt gewesen. Diese beginne mit der Fälligkeit des Anspruchs. Ein Schadenersatzanspruch werde fällig, sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlange oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt Kenntnis erlangt hätte. Der Schadenersatzanspruch müsse in den Bestand feststellbar sein und geltend gemacht werden können. Dies sei der Fall, sobald der Geschädigte in der Lage sei, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen. Der Beklagte habe den geltend gemachten Anspruch weder dem Grund noch der Höhe nach anerkannt. Das nach dem Sachvortrag des Klägers der Geschäftsführer Sch im Juni 2002 auf den Negativ-Saldo hingewiesen habe und eindringlich gebeten habe, diesen vor dem Weggang auszugleichen, belege nach eigenem Vortrag, dass die 1. Stufe der Ausschlussfrist lange abgelaufen war, bevor überhaupt die Ansprüche schriftlich durch die Rechtsanwälte B und W geltend gemacht worden seien. Hieraus könne nicht entnommen werden, der Beklagte habe irgendetwas zugestanden. Auch die insolvenzrechtliche Anfechtung helfe dem Kläger nicht weiter. Es sei ihm verwehrt nach Belieben seinen Sachvortrag zu wechseln. Auch könne keine Rede davon sein, dass die Vereinbarung eine Ausschlussklausel in einem individuell vereinbarten Arbeitsvertrag gegen § 309 BGB n. F. verstoße. Die Klausel sei zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 29.04.2004.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO). Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und weitgehend der Begründung die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungskammer kann die Auffassung des Arbeitsgerichts nicht teilen, dass bereits die 1. Stufe der eingreifenden vertraglich wirksam vereinbarten Ausschlussfrist durch den Gemeinschuldner eingehalten wurde. Im Übrigen sind die Tatsachen- und Rechtsausführungen des Arbeitsgerichts zutreffend. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gem. § 69 ArbGG hierauf verwiesen.

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf folgende Gesichtspunkte abzustellen:

Der geltend gemachte Anspruch ist ein Anspruch, der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergibt und somit der wirksam vereinbarten vertraglichen Ausschlussfrist unterfällt. Wenn der Kläger sich auf § 309 Nr. 13 BGB zur Begründung der Unwirksamkeit der vereinbarten Verfallklausel beruft, ist lediglich festzuhalten, dass nach seinem eigenen Vortrag die vorformulierte Vertragsurkunde, was auch plausibel erscheint, von der Gemeinschuldnerin vorgefertigt wurde, diese daher Verwender im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ist. § 309 Nr. 13 BGB bestimmt aber nicht, dass eine Klausel, die einer Anzeige oder Erklärung des Verwenders zum Gegenstand hat, unwirksam ist. Daher kann, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob die Besonderheiten des Arbeitslebens die Vereinbarung formularmäßiger Verfallklauseln zulassen, ankommt, die Berufung auf die Rechtsunwirksamkeit der vereinbarten Ausschlussfrist nicht durchgreifen.

Der streitgegenständliche Anspruch ist ein Anspruch, der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergibt. Die Kammer kann der Rechtsauffassung des Klägers nicht folgen, dass der geltend gemachte Anspruch aus einem selbständig neben dem Arbeitsvertrag vereinbarten Auftragsverhältnis resultiert. Tatbestandlich ist der Abschluss eines gesonderten Auftragsverhältnisses nicht ersichtlich. Der Beklagte war eingestellt als Bauleiter mit dem Aufgabenbereich der Abwicklung und Überwachung von Baustellen und aller damit verbundenen Arbeiten. Hierzu gehört auch die Auszahlung von Spesen an Monteure. Die Entnahme der Gelder aus der Kasse, die Auszahlung der Beträge und die anschließende Kassenabrechnung steht also in untrennbarem Zusammenhang mit der Tätigkeitsbeschreibung im Anstellungsvertrag. Die ordnungsgemäße Erledigung dieser Aufgabe gehörte zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Beklagten. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei Kassenfehlbeständen gibt kein anderes Ergebnis, hier werden lediglich Beweislastfragen zu Gunsten der geschädigten Arbeitgeber dahin gelöst, dass der selbständige Verwalter für den Verbleib des Geldes oder der Warenbestände Rechenschaft abzulegen hat. Sie trifft aber keine Aussage dahin gehend, auf Grund welcher vertraglichen Verpflichtungen diese Verwaltung erfolgt, insbesondere nicht zu der Frage, ob derartige Ansprüche unter eine allgemeine Verfallklausel für Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, fallen.

Auch wenn nach der vom Kläger zitierten Kommentarliteratur derartige Ausschlussklauseln eng auszulegen sind (zu Gunsten der Arbeitnehmer) führt dies nicht dazu, dass der geltend gemachte Anspruch, der sich unmittelbar aus den Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis ergibt, nach der vertraglichen Abrede der Parteien nicht unter die Ansprüche zu subsumieren ist, die der Ausschlussklausel unterfallen.

III.

Der Beklagte hat die Klage nicht anerkannt. Hier ist voll umfänglich auf die arbeitsgerichtliche Urteilsbegründung hinzuweisen. Hierbei kann offen bleiben, ob ein Anerkenntnis dem Grunde nach darin gesehen werden kann, dass sich der Beklagte mit einem monatlichen Einbehalt von 750,-- DM einverstanden erklärt hat. Jedenfalls ist ein Anerkenntnis über den noch weiterhin im Streit bestehenden Anspruch aus diesem Einbehalt nicht zu erklären, allenfalls ein Anerkenntnis hinsichtlich der Beträge, in denen Gehaltsbestandteile nicht ausgezahlt worden sind.

Im Übrigen verwundert es, dass nach dem Sachvortrag des Klägers der Beklagte regelmäßig von ihm zu verantwortende Kassenfehlbestände eingeräumt haben soll, es die Gemeinschuldnerin aber zuließ, dass diese Kassenfehlbestände sogar ab dem Jahre 1997 ausgehend von einem Saldo von 42.494,38 DM über den Saldo Ende 1999 von 50.646,74 DM, 31.12.2000 von 62.064,25 DM und 31.12.2001 von 80.268,18 DM schließlich zu einem Saldo per 29.11.2002 über 47.488,63 € angewachsen sind. Ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Unternehmer, der behaupteter Weise seinem Angestellten Vertrauen entgegen bringt, lässt derartiges Auflaufen von vom Angestellten zu vertretenen Kassenfehlbeständen regelmäßig nicht zu.

Ergibt sich mithin ein Anerkenntnis des Beklagten nicht, war die Gemeinschuldnerin und später der Insolvenzverwalter gehalten, die vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist zu wahren. Die erstmalige schriftliche Geltendmachung im Schreiben vom 27.11.2002 war nach eigenem Vortrag des Klägers verspätet. Der Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Fälligkeit des hier einschlägigen Schadenersatzanspruches bereits dann begann, als es dem Geschädigten möglich war, den Schadenersatzanspruch in seinem Bestand festzustellen und geltend zu machen. Dies ist dann der Fall, sobald der Geschädigte in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen. Der Kläger hat vorgetragen, der Geschäftsführer Sch habe nach der Eigenkündigung des Klägers im Juni 2002 auf den Ausgleich des Kassenfehlbestandes hingewiesen. Damit hat er selbst eingeräumt, dass die Gemeinschuldnerin bereits zu diesem Zeitpunkt über Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruchs Bescheid wusste und den Anspruch auch hätte geltend machen können. Die schriftliche Geltendmachung durch Anwaltsschreiben vom 29.11.2002 konnte damit die vertragliche Ausschlussfrist hinsichtlich der ersten Stufe nicht wahren.

Der Kläger hat auch keinen schuldrechtlichen Rückgewährsanspruch gegenüber dem Beklagten aus den Grundsätzen der Insolvenzanfechtung. Auch hier ist das arbeitsgerichtliche Urteil im Ergebnis richtig. Steht fest, dass bereits die erste Stufe der vertraglich wirksam vereinbarten Ausschlussfrist nicht gewahrt wurde, kann gleichzeitig nicht festgestellt werden, dass das Verstreichenlassen dieser ersten Stufe eine anfechtbare Handlung der Gemeinschuldnerin gewesen ist. Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn sie ist früher als 4 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden (§ 134 Abs. 1 InsO). Die Kammer folgt im Ausgangspunkt der Argumentation des Klägers, dass auch die Nichtwahrung einer vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist, sei es durch nicht rechtzeitige Geltendmachung, sei es durch nicht rechtzeitige Klageerhebung eine anfechtbare Handlung sein kann, weil auch die Unterlassung einer Rechtshandlung gleich steht und die Unterlassung zu einer Verkürzung der Insolvenzmasse bereits dadurch führt, dass die Zugriffsmöglichkeiten erschwert oder unmöglich gemacht werden. Die Beweislast für die unentgeltliche Leistung des Schuldners und für die Gläubigerbenachteiligung trägt der Insolvenzverwalter. Eine Unterlassung im Sinne der Anfechtungsvorschriften ist nur gegeben, wenn das Unterlassen wissentlich und willentlich geschieht. Unbewusstes und fahrlässiges Unterlassen ist nicht anfechtbar. Hinsichtlich der Wissens- und Willensrichtung des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin lässt sich aus dem Tatsachenvortrag des Klägers nicht entnehmen, dass der mit Wissen und Wollen dem Beklagten eine bessere Rechtsposition zukommen lassen wollte. Während erstinstanzlich der Kläger noch bestritten hat, das allein Kostengründe bei Kenntnis der Ausschlussfrist den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin davon abgehalten haben, die gerichtliche Klage zu erheben, hat er diesen Sachvortrag im Berufungsverfahren geändert. Die Kammer kann offen lassen, ob ein ohne Angabe von Gründen gemachtes Austauschen von Tatsachenvortrag zwischen den Instanzen überhaupt beachtenswert ist. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, weswegen der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin gehindert gewesen sein soll, die erste Stufe der Geltendmachung zu wahren. Kostengründe können ihn davon nicht abgehalten haben, weil er ja verspätet mit Schreiben vom 29.11.2002 nach einer kostenpflichtigen Beauftragung eines Rechtsanwaltes diese Ansprüche geltend gemacht hat. Somit kann nicht festgestellt werden, dass er wissentlich und willentlich bereits die erstmalige lediglich schriftliche Geltendmachung in Kenntnis des Umstandes unterlassen hat, dass damit die Durchsetzung des Anspruchs vereitelt oder erschwert wird. Weiter kann nicht festgestellt werden, dass der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin dem Beklagten wissentlich und willentlich eine unentgeltliche Zuwendung zukommen lassen wollte. Der gesamte Verlauf des Rechtsstreits auch die Umstände bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die letzten Monatslöhne wurden nicht mehr gezahlt, spricht nicht dafür, dass der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin der Beklagten etwas unentgeltlich zuwenden wollte.

Die Erkenntnis liegt vielmehr nahe, dass der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin entweder die Ausschlussfrist fahrlässig nicht beachtete oder aber wie der Insolvenzverwalter der Rechtsauffassung war, der Anspruch sei anerkannt und müsse daher nicht mehr entsprechend der vertraglich vereinbarten Form schriftlich geltend gemacht und später eingeklagt werden. Aufgrund dieser Tatsachen kann aber nicht der Schluss gezogen werden, die Gemeinschuldnerin habe wissentlich und willentlich dem Beklagten eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO zuwenden wollen.

Damit fehlt es zur Begründung des schuldrechtlichen Rückgewährsanspruchs des Insolvenzverwalters, der dazu führen würde, dass sich der Beklagte nicht auf das Eingreifen der Ausschlussfrist berufen könnte, an den gesetzlich normierten Tatbestandsmerkmalen.

Aus allem ergibt sich, dass die Berufung des Klägers gegen das angefochtene Urteil erfolglos bleiben musste. Sie war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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