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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 07.06.1999
Aktenzeichen: 4 Sa 317/99
Rechtsgebiete: DRK-TV


Vorschriften:

DRK-TV § 14 Abs. 2 c
Rettungssanitäter, die sich auf Anordnung des Arbeitsgebers an der Arbeitsstelle aufhalten, um in Nachtschichten auf Alarmierung hin zu Einsatzfahrten aufzubrechen, leisten nicht nur Bereitschaftsdienst außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Diese Zeiten fallen vielmehr in die verlängerte regelmäßige Arbeitszeit nach § 14 Abs.2 c DRK-TV.

Nicht erheblich ist, ob diese Zeiten als Arbeitsvereitschaft zu bewerten sind.


Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 17.11.1998 - 2 Ca 1301/98 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die rechtliche Qualifizierung der vom Kläger geleisteten Arbeiten und ihrer vergütungsrechtlichen Folge. Der Kläger ist bei dem Beklagten, der Aufgaben des Rettungsdienstes gem. § 2 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Rettungsdienstgesetzes erfüllt, als Rettungsassistent im Schichtdienst beschäftigt. Vereinbarungsgemäß findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-TV) Anwendung. Die Arbeitszeit des Klägers ist gem. § 14 Abs. 2 c DRK-TV auf den höchst zulässigen Umfang von 54 Wochenstunden verlängert worden.

Außerhalb dieser regelmäßigen Arbeitszeit ordnete der Beklagte sogenannte Bereitschaftsdienste an. Zunächst lag der Bereitschaftsdienst immer am Wochenende und dauerte von 7.00 Uhr bis 7.00 Uhr des darauffolgenden Tages. Gemäß Betriebsvereinbarung 1/98 wurde festgelegt, dass die Mitarbeiter des Beklagten im mobilen Rettungsdienst insgesamt 498 Stunden außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit in Form des Bereitschaftsdienstes zu leisten haben. Dieser Bereitschaftsdienst ist ausschließlich in Nachtdienst zu leisten, wobei Sonn- und Feiertage ausgenommen sind. Alle Mitarbeiter werden im gleichen Umfang (durchschnittlich 498 Stunden jährlich) zu Bereitschaftsdiensten herangezogen.

Diese wurden zu 50 % als Arbeitszeit bewertet und entsprechend in einen Freizeitausgleich eingestellt. Innerhalb der tarifvertraglichen Frist ist ein weiterer Ausgleich von Freizeit nicht erfolgt. Der Kläger, der die Auffassung vertritt, dass die als Bereitschaftsdienst angeordneten Zeiten in Wirklichkeit Vollarbeitgewesen sind, verfolgt mit seiner Klage die in rechnerischer Höhe unstreitige Auszahlung von Arbeitsvergütung wegen nicht erfolgtem Freizeitausgleich aus dem Zeitraum Juli 1997 bis März 1998.

Die Anordnung des Bereitschaftsdienstes beinhaltete die Weisung, sich in der Rettungsdienststelle aufzuhalten. Dem Kläger war erlaubt während der Dienstzeiten zu schlafen, unstreitig zwischen den Parteien ist aber auch, dass diejenigen Mitarbeiter, deren Schicht nicht als Bereitschaftsdienst gewertet wurde ebenso berechtigt waren, während der Nachtschichten zu schlafen.

Die Mitarbeiter sind verpflichtet, auf telefonische Alarmierung hin Einsatzfahrten durchzuführen und anschließend die Einsatzbereitschaft des Rettungsmittels wieder herzustellen. Zu diesem Zwecke, die Alarmierung erfolgt von den Rettungsleitstellen fernmündlich, sind die Telefone in der Nähe der Betten angebracht. Die Rettungssanitäter werden nicht von sich aus tätig, da sie in der Regel nicht ohne telefonische Information über Notwendigkeiten eines Einsatzes informiert werden, sondern rücken regelmäßig nach Mitteilung durch die Rettungsleitstelle aus. In einem parallel liegenden Einigungsstellenverfahren des Kreisverbandes B hat die Arbeitgeberseite dargelegt, auch vertreten durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten, ihrer Meinung nach brauchten Arbeitnehmer im Bereitschaftsdienst maximal in der Regel nichtlänger als 3 Minuten vom Eingang des Anrufes auf der Dienststelle bis zur Abfahrt des Rettungsdienstmittels. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erklärte der Geschäftsführer des Beklagten, er erwarte schon aus dem Berufsverständnis eines Rettungsassistenten, dass dieser auch im Bereitschaftsdienst sich so schnell als möglich zur Rettungsleistung herrichten würde und dass die 3 Minuten ein geschätzter Nährungswert seien.

Der Kläger hat vorgetragen, es handele sich nicht um Bereitschaftsdienstzeiten sondern um normale Arbeitszeit, die als solche auch zu vergüten bzw. durch Freizeit abzugelten sei. Die Bereitschaftsdienste unterschieden sich inhaltlich in keiner Weise von ihren sonstigen Einsätzen in den Nachtschichten. Es seien jeweils die gleichen Tätigkeiten zu verrichten. Er könne nicht jeder beliebigen Freizeitbeschäftigung nachgehen, es sei ihm nicht möglich Sport zu treiben oder sein Kraftfahrzeug zu reparieren. In diesem Falle müsste er sich nach einem eingehenden Hilferuf zunächst durch duschen und umkleiden in einen arbeitsfähigen Zustand versetzen. Ein zeitnahes Ausrücken wäre daher nicht mehr möglich und die Hilfeleistungsfrist des § 8 Abs. 2 des Rettungsdienstgesetzes könne regelmäßig nicht mehr eingehalten werden. Soweit während einsatzfähiger Zeiten geschlafen werde, sei dieser Schlaf wegen der Möglichkeit jederzeit aufgeweckt und zu einem Einsatz geholt zu werden, erheblich weniger erholsam als der normale Nachtschlaf.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.216,31 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, die Heranziehung des Klägers zu Bereitschaftsdiensten sei durch § 14 Abs. 5 DRK-TV gedeckt. Es stehe im Ermessen des Arbeitgebers, wie er die Arbeiten organisiere. Rettungsassistenten könnten die einsatzfreien Zeiten während der Bereitschaftsdienste grundsätzlich nach Belieben gestalten, sie dürften auch schlafen. Ihre Betätigung dürfe lediglich dem unverzüglichen Ausrücken nach Eingang eines Hilferufes nicht entgegenstehen. Tätigkeiten also, die eine Arbeitsaufnahme nach vorangehender gründlicher Körperreinigung ermöglichen würden, seien ihnen daher untersagt. Bereitschaftsdienste unterschieden sich auch inhaltlich von der sonstigen Arbeit, nur im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit seien die Arbeitnehmer beispielsweise verpflichtet, nicht einsatzbezogene Tätigkeiten wie die Kontrolle der Lagerbestände an Medikamenten und Verbrauchsmaterial zu verrichten, ferner bei Bedarf Rücksprache mit Vorgesetzten zu halten. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates seien nicht verletzt worden, weil die Dienstpläne, obwohl eine ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrates nicht vorlag, im Einklang mit der im Rahmen des Einigungsstellenverfahrens erzielten Vereinbarung aufgestellt wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 17.11.1998 - 2 Ca 1301/98 - verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen und im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen zur Anordnung von Bereitschaftsdienst seien vorliegend nicht gegeben, weil die vom Kläger abverlangte Arbeitsleistung qualitativ nicht lediglich Bereitschaftsdienst gewesen sei. Auf die Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das dem Beklagten am 22.02.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 02.03.1999 eingelegte und gleichzeitig begründete Berufung. Der Beklagte wendet sich aus Tatsachen- und Rechtsgründen gegen die angefochtene Entscheidung.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 17.11.98 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, insbesondere weist er darauf hin, dass von ihm während der Bereitschaftsdienste und der als normale Arbeitszeit vergüteten weiteren Nachtschichten pro Woche keine unterschiedliche Arbeitsleistung abverlangt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren sowie auf die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen. Es wird weiter verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 07.06.1999.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 518, 519 ZPO). Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Im Ergebnis und in der Begründung sehr sorgfältig und zutreffend hat das Arbeitsgericht der Klage des Klägers entsprochen. Die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung haben keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte erkennen lassen, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis tragen könnten.

II.

Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung restlicher dienstplanmäßiger erbrachter Arbeitszeit in Höhe der rechnerisch unstreitigen Klageforderung gem. § 611 Abs. 1 BGB i. V. m. seinem Arbeitsvertrag und dem DRK-TV. Dadurch, dass der Beklagte die vom Kläger erbrachten Arbeitsleistungen nicht als regelmäßige Arbeitszeit gewertet hat, vielmehr diese Zeiten lediglich als Bereitschaftsdienst i. S. des § 14 Abs. 5 DRK-TV angesehen und entsprechend in das Freizeitausgleichschema eingestellt hat, sind dem Kläger durch diese rechtliche Qualifizierung Arbeitszeiten nicht durch Freizeit ausgeglichen worden, so dass sich tarifrechtlich ein entsprechender in rechnerischer Höhe unstreitiger Nachzahlungsbetrag ergibt.

Die Entscheidung des Rechtsstreits steht und fällt daher mit der Frage, ob die vom Arbeitnehmer abverlangte Arbeitsleistung materiell rechtlich dem Begriff des Bereitschaftsdienstes i. S. des § 14 Abs. 5 Satz 1 DRK-TV entspricht oder ob ein Mehr an Arbeitsleistung verlangt wird.

Ob es im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers steht, auf welche Art und Weise er seinen Arbeitsbedarf zeitlich abdeckt, etwa durch Neueinstellungen, Überstunden oder durch Ausweitung des Arbeitszeitrahmens und ob der Arbeitgeber willkürlich gehandelt hat, wenn er zwischen Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst gewählt hat, kann im Entscheidungsfalle dahinstehen. Der Beklagte hat sich an die tariflichen Vorgaben zu halten. Die tariflichen Vorgaben definieren, wie die vom Kläger abverlangte Arbeitsleistung zu qualifizieren ist. Die Tarifvertragsparteien unterscheiden nicht nur zwischen Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst, der Rufbereitschaftsdienst kann hier außer Ansatz bleiben, die tariflichen Bestimmungen haben des Weiteren noch eine Zwischenstufe eingefügt.

Die regelmäßige Arbeitszeit kann verlängert werden nach § 14 Abs. 2 a DRK-TV auf bis zu durchschnittlich 45 Wochenstunden, wenn in sie regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 2 Stunden täglich fällt, nach § 14 Abs. 2 b DRK-TV kann eine Arbeitszeit verlängert werden auf 49 Stunden, wenn regelmäßig eine Arbeitsbereitschaft von durchschnittlich mindestens 3 Stunden täglich fällt. Im Unterschied zu den Definitionen in § 14 Abs. 2 a und b DRK-TV über die Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit, wenn Arbeitsbereitschaft anfällt, ist in § 14 Abs. 2 c DRK-TV nicht der Begriff der Arbeitsbereitschaft verwendet, sondern der Begriff, dass der Mitarbeiter lediglich an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten. Dann kann die regelmäßige Arbeitszeit auf durchschnittlich 54 Stunden wöchentlich verlängert werden. Die Verlängerung hat die Beklagte vorgenommen.

Entgegen der Auffassung im Berufungsbegründungsschriftsatz des Beklagten ist die Definition des Bereitschaftsdienstes nicht vergleichbar mit der Definition der Aufenthaltsbeschränkung mit der Verpflichtung vorkommende Arbeiten zu verrichten in § 14 Abs. 2 c DRK-TV. Bereitschaftsdienst ist dahin tariflich definiert, dass sich der Mitarbeiter an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten hat, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.

Wie das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 30.01.1996 - (3 AZR 1030/94 = AP Nr. 5 zu § 1 TVG "Tarifverträge: DRK") ausgeführt hat, sind die Anforderungen des Bereitschaftsdienstes noch geringer als die einer Arbeitsbereitschaft. Der Bereitschaftsdienst als solcher zählt zur Ruhezeit. Er ist nur eine Aufenthaltsbeschränkung, verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf unverzüglich tätig zu werden. Wache Achtsamkeit wird nicht verlangt. Der Arbeitnehmer kann ruhen oder sich sonst wie beschäftigen und muss nicht von sich aus tätig werden, sondern nur auf Anweisung des Arbeitgebers. Dieser Inhalt des Bereitschaftsdienstes ergibt sich aus der Begriffsbestimmung des § 14 Abs. 5 DRK-TV. Dagegen verlangt § 14 Abs. 3 c DRK-TV, dass der Arbeitnehmer an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten. Diese Bestimmung enthält nach ihrem Wortlaut nicht nur eine stärkere Beschränkung des Aufenthaltsortes, sondern sieht auch mehr Initiative der Arbeitnehmer beim Tätigwerden vor. Sie müssen nicht nur die im Bedarfsfall vorkommende Arbeit auf Anforderung des Arbeitgebers aufnehmen, sondern von sich aus diese Arbeiten verrichten. Bereits diese unterschiedliche Wortwahl innerhalb des gleichen Paragraphen eines Tarifvertrages deutet auf einen unterschiedlichen Regelungsgehalt hin.

Die vom Beklagten angesprochene Parallelität ist eben nicht ersichtlich. In gradueller Hinsicht unterscheidet sich die Arbeitsleistung innerhalb der regelmäßig verlängerten Arbeitszeit nach § 14 Abs. 3 c DRK-TV von dem Bereitschaftsdienst i. S. des § 14 Abs. 5 TV.

Zwar kam es für die Entscheidung im vom Bundesarbeitsgericht am 30.01.1996 (a.a.O.) anhängigen Rechtsstreit nicht auf die Unterscheidung zwischen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst an. Die Unterscheidung zwischen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst ist auch für den vorliegenden Rechtsstreit nicht erheblich, die tarifliche Entscheidung, gewisse gegenüber der Vollarbeit unstreitig nicht so sehr in Anspruch nehmende Arbeitsleistungen als Arbeitszeit, andere als Bereitschaftsdienst zu werten, ist aber von den Tarifpartnern vorgegeben und definiert. Die Tarifvertragsparteien haben in § 14 Abs. 2 c DRK-TV Arbeitsleistungen, die nicht einmal Arbeitsbereitschaft darstellen, sondern lediglich dadurch geprägt sind, dass der Mitarbeiter an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten, als gegenüber dem Bereitschaftsdienst unterschiedlich qualifiziert.

Die Abgrenzung ob Bereitschaftsdienst vorliegt, muss an diesen unterschiedlichen Kriterien vorgenommen werden. Eine Überschneidung der Begriffe findet nicht statt, es ist daher nicht angängig, Arbeitszeiten, die lediglich durch die Qualifizierung des § 14 Abs. 2 c DRK-TV geprägt sind, als Bereitschaftsdienst zu interpretieren.

Wesentliches Abgrenzungskriterium ist, dies wurde vom Bundesarbeitsgericht herausgearbeitet, somit der Umstand, ob der Arbeitnehmer Initiative entwickeln muss oder nur auf Anweisung des Arbeitgebers die Arbeit aufzunehmen hat.

Zusätzlich zur Auffassung des Arbeitsgerichts, dass volle Arbeitsleistung, Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst nicht nur abstrakt, sondern nur nach dem Inhalt der konkreten arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung abgegrenzt werden können, ist festzuhalten, dass die in § 14 Abs. 2 c DRK-TV abgeforderte Anwesenheitspflicht mit der Verpflichtung, im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten, ebenfalls nach dem Inhalt der konkret arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung abgegrenzt werden muss.

Die Tätigkeiten, die den Wesensgehalt des Arbeitsverhältnisses eines Rettungsassistenten ausmachen, sind das Fahren oder Begleiten eines Rettungsfahrzeuges und das Betreuen, Versorgen, Transportieren von Kranken oder Verletzten. Dabei ist die Arbeitszeit eines Rettungsassistenten aber auch dadurch geprägt, dass er nicht während seiner gesamten Anwesenheitszeit während der Schicht ständig Tätigkeiten verrichten muss, sondern seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung auch von vorneherein darin besteht, während seiner dienstplanmäßigen Schicht in der Rettungswache anwesend zu sein, sich für Einsätze bereit zu halten und nach Alarmierung durch die Rettungsleitstelle mit dem Rettungswagen zum Einsatzort zu fahren. Den ganz überwiegenden Teil der Arbeitszeiten bilden die Anwesenheitszeiten. Besteht die vertragliche Hauptleistungspflicht damit gerade darin, sich für nicht aufschiebbare Arbeiten bereit zu halten, so kann Bereitschaftsdienst außerhalb dieser dienstplanmäßig zu erbringenden Arbeitsleistung nur angeordnet werden, wenn insoweit gegenüber der sonstigen Arbeitstätigkeit ein weniger an Leistung verlangt wird (vgl. auch LAG R.P. Urteil v. 02.11.1995 - 7 Sa 593/95). Hierzu bedarf es konkreter Verhaltensanweisungen des Arbeitgebers. Eine konkrete Weisung, worin sich die Zeiten des Bereitschaftsdienstes von den Zeiten der eigentlichen Arbeitsleistung unterscheiden sollten, ist indes vorliegend nicht ersichtlich. Für die Rettungsassistenten unterscheiden sich die Schichten, in denen nach Anordnung des Arbeitgebers Bereitschaftsdienst zu leisten sind, inhaltlich nicht von der normalen Arbeitszeit in anderen Schichten, jedenfalls soweit sie die sonstigen werktäglichen Nachtschichten betreffen. In den Zeiten des Bereitschaftsdienstes fällt nicht weniger Arbeit an, als während der normalen Schichten, wobei in beiden Fällen normalerweise die Zeit ohne eigentliche Arbeitsleistung überwiegt.

Ein weiteres Abgrenzungskriterium ist der Umstand, dass der Beklagte den Kläger angewiesen hat, an der Arbeitsstelle anwesend zu sein. Diese Verpflichtung an der Arbeitsstelle anwesend zu sein, findet sich nur in § 14 Abs. 2 c DRK-TV. Nun ist es zwar denkbar, dass die weitere Fassung des § 14 Abs. 5 DRK-TV, wo die Aufenthaltsbeschränkung auf einen vom Arbeitgeber bestimmten Ort normiert wird, auch die Anordnung umfasst, an der Arbeitsstelle anwesend zu sein. Die unterschiedliche tarifliche Gestaltung legt aber nahe, dass eine Arbeitsleistung mehr dem § 14 Abs. 2 c DRK-TV zugerechnet wird, wenn der Mitarbeiter an der Arbeitsstelle anwesend sein muss, als im Falle einer anderweitigen Anordnung. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist aber, dass die vom Kläger verlangte Arbeitsleistung nicht lediglich die Verpflichtung enthält, im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Der Kläger ist vielmehr verpflichtet, an der Arbeitsstelle anwesend zu sein, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten.

Die Kammer folgt hier dem Abgrenzungsmerkmal des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 30.01.1996 (BAG a.a.O.). Der Kläger muss nicht nur auf Anweisung des Arbeitgebers tätig werden, er muss nicht nur sich auf einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Vielmehr muss er an der Arbeitsstelle anwesend sein um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten. Er muss von sich aus tätig werden und nicht nur eine Anforderung des Arbeitgebers abwarten. Dies liegt in der Natur des von der Beklagten organisierten Rettungsdienstesbegründet. Der Kläger muss nicht erst eine konkrete Weisung des Arbeitgebers entgegennehmen, um sich dann einsatzfertig zu machen, er muss von vornerein, dies wird von der Beklagten verlangt, seine Freizeitaktivitäten innerhalb der Schichtzeiten so einrichten, dass er bei einer Alarmierung durch die Rettungsleitstelle möglichst zeitnah ausrücken kann. Dies wird durch den Umstand bestätigt, dass die Beklagte vom Kläger ein Ausrücken mit dem Fahrzeug innerhalb eines Zeitrahmens von etwa 3 Minuten erwartet.

Eine Anforderung des Arbeitgebers auf Aufnahme gewisser Tätigkeiten ergeht nicht. Es liegt in der Natur der Sache begründet, dass die Rettungsassistenten vor Ort in der Rettungsdienststelle lediglich auf Alarmierung durch eine dritte Stelle hin tätig werden, weil sie von sich aus keine Vorgänge überwachen um dann einzugreifen.

Die Rettungsassistenten müssen während der Wartezeit jederzeit bereit sein, sofort ohne jede weitere Vorbereitung ihre Arbeit aufzunehmen. Ihnen sind daher zwangsläufig solche Tätigkeiten untersagt, die ein sofortiges Ausrücken erschweren.

Die Tarifpartner haben in § 14 Abs. 2 c DRK-TV die Anwesenheitspflicht des Arbeitnehmers an der Arbeitsstelle verbunden mit der Verpflichtung, im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten, aufgrund der Tarifsystematik der regelmäßigen Arbeitszeit zugeschlagen. Hierin liegt der Schwerpunkt der vom Kläger auch in den Nachtschichten werktags geschuldeten Arbeitsleistung. Er muss an der Arbeitsstelle anwesend sein, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten. Eine Anforderung des Arbeitgebers, im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten erst aufzunehmen, wird nicht erteilt. Die Verpflichtung des Rettungssanitäters, nach einem Telefonanruf sofort im Rahmen des von ihm für erforderlich Gehaltenen tätig zu werden, ergibt sich aus der Ausgestaltung des Dienstes und den vom Arbeitgeber gestellten Erwartungen.

Die tarifliche Bestimmung des § 14 Abs. 5 DRK-TV ist nicht so zu verstehen, dass die Anrufe durch die Rettungsleitstelle als Anordnungen des Arbeitgebers zu verstehen sind. Gegenüber dem Arbeitnehmer wird ein Mehr verlangt, er muss nicht nur im Bedarfsfall die Arbeit aufnehmen, sondern er muss, da er sich auch an der Arbeitsstelle aufhalten muss, im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten von sich aus verrichten, wenn ihm nur ein Einsatzsignal gegeben wurde. Macht die Tarifsystematik also einen Unterschied von Seiten der Arbeitsleistung, die nicht mit einer normalen Vollarbeit gleichgesetzt werden können dergestalt, dass eine Anwesenheitsverpflichtung an der Arbeitsstelle mit der Verpflichtung im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten, als Arbeitszeit zu werten ist und eine Anordnung sich an einer bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen als Bereitschaftsdienst zu werten ist, die vom Kläger zu verrichtende Arbeit aber nicht den geringeren Merkmalen des Bereitschaftsdienstes entspricht, sondern unter die Bestimmung des § 14 Abs. 2 c DRK-TV zu subsumieren ist, sind die vom Kläger abverlangten Zeiten der Beschäftigung nicht lediglich Bereitschaftsdienst. Die Beklagte ist daher verpflichtet, diese Zeiten als Vollarbeit innerhalb der verlängerten regelmäßigen Arbeitszeit zu bewerten, hieraus folgt der entsprechende Zahlungsanspruch.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits war es nicht erheblich, ob und inwieweit der Arbeitnehmer berechtigt ist, sein Privat-PKW zu waschen, allein die vom Beklagten abverlangte Verpflichtung, sich an der Arbeitsstelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall vorkommende Arbeiten zu verrichten, die nach Auffassung der Kammer vom Kläger abverlangt wird, rechtfertigt die Qualifizierung der Tätigkeit nicht nur als Bereitschaftsdienst.

Unerheblich ist weiter, ob und ggfs. wie der Betriebsrat bei der rechtlichen Qualifizierung mitbestimmt hat. Aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG folgt jedenfalls nicht eine Mitbestimmung, wie gewisse Zeiten vergütungsrechtlich zu behandeln sind.

Nach allem war wie geschehen zu entscheiden und der Klage des Klägers zu entsprechen. Die Berufung der Beklagten musste der Zurückweisung unterliegen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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