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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 02.02.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 779/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG
Vorschriften:
BGB § 140 | |
BGB § 343 | |
BGB § 619 a | |
ArbGG § 69 |
Aktenzeichen: 4 Sa 779/05
Entscheidung vom 02.02.2006
Tenor:
1. Die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 23.08.2005 - 3 Ca 369/05 - werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger 1/4, dem Beklagten 3/4 auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses, in diesem Zusammenhang insbesondere um die Rechtswirksamkeit einer ausgesprochenen Arbeitgeberkündigung, um Gehaltsfortzahlungsansprüche sowie um einen Schadenersatzanspruch.
Der Kläger war bei dem Beklagten seit 03.01.2005 als Kraftfahrer beschäftigt. Die Parteien vereinbarten eine Probezeit von 6 Monaten während derer das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden kann.
Im Arbeitsvertrag findet sich wörtlich:
"§ 9 Vertragsbruch
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich für den Fall der rechtswidrigen und schuldhaften Nichtaufnahme der Arbeit, der vertragswidrigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder bei Veranlassung des Arbeitgebers durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten zur fristlosen Kündigung eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatslohnes ohne Nachweis eines Schadens zu zahlen.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, einen weitergehenden Schaden geltend zu machen."
Weiter findet sich in dem vorformulierten Vertrag, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit einem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Partei schriftlich geltend gemacht worden sind. Lehnt die Gegenseite den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Der Kläger sollte vereinbarungsgemäß für jeden Arbeitstag Spesen in Höhe von 24,00 € steuerfrei erhalten. Er arbeitete im Januar 2005 an 21 Arbeitstagen, hieraus ergab sich ein Spesenanspruch von 504,00 €. Der Beklagte deklarierte den Anspruch teilweise als Urlaubsabgeltung und Spesen brutto und zog deshalb 123,92 € von dem Spesenbetrag ab.
Der Beklagte kündigte mit Schreiben vom 25.02.2005, dem Kläger am 28.02.2005 das Arbeitsverhältnis fristlos mit der Begründung, der Kläger habe seit dem 20.02.2005 grundlos seine Arbeit nicht mehr aufgenommen.
Mit Schreiben vom 22.04.2005 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis rein vorsorglich nochmals wegen Nichtaufnahme der Arbeit.
Der Kläger forderte mit Schreiben vom 15.04.2005 seinen Lohnanspruch für Februar und März 2005 in Höhe von jeweils 2.341,45 € brutto sowie Spesen und Urlaubsabgeltung. Für die Zeit vom 01. bis 18.02.2005 betrugen die Spesen bei 14 Arbeitstagen 336,00 €.
Bei einer Fahrt am 19., 20. oder 21.01.2005 mit dem Sattelzug des Beklagten fuhr der Kläger auf das Betriebsgelände der Fa. B. W. Gartencenter GmbH in B. Dabei stieß er infolge Unachtsamkeit gegen das Vordach des Gartencenters, beschädigte dieses und den Sattelzug. Nach einem Kostenvoranschlag welcher der Beklagte vorgelegt hatte, betrug der Schaden am Lkw 5.870,00 € netto.
Am 05.02.05 wurde unter Mithilfe des Klägers von dem beschädigten Sattelaufleger eine Reparatur vorgenommen.
Gegenüber dem Kläger machte der Beklagte den Schaden schriftlich mit Widerklage vom 01.04.2005, zugestellt am 07.04.2005 geltend.
Am 22.02.2005 sollte der Kläger eine Fahrt nach Dänemark antreten, er traf daher gegen 22:00 Uhr in der Firma des Beklagten ein. Dabei kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Parteien, deren Inhalt im Einzelnen streitig ist. Der Kläger nahm die Arbeit nicht auf, sondern zeigte bei der Polizeiinspektion B-Stadt den Beklagten an. Polizeibeamte suchten daraufhin das Speditionsgelände des Beklagten in B-Stadt auf und stellten nach einer Einsatzmeldung des Polizeibeamten R. fest, dass das vordere Kennzeichen der Zugmaschine B- fehlte und dass laut Ladepapiere des Klägers zwei Coils (Stahlrollen) nach Dänemark gefahren werden sollten, dass diese zusammen ein Gewicht von 24.489 Kilogramm hatten, dass sich auf der Ladefläche des Auflegers jedoch drei Coils mit einem Gesamtgewicht von 35.732 Kilogramm befanden.
Der Kläger hat vorgetragen, der Beklagte habe am 20.02.2005 das Arbeitsverhältnis mündlich mit sofortiger Wirkung gekündigt. Das Fahrzeug, mit dem er nach Dänemark fahren sollte, habe kein vorderes Kennzeichen gehabt. Außerdem sei der Sattelaufleger überladen gewesen. Der Beklagte habe darauf bestanden, dass er das Fahrzeug in diesem Zustand nach Dänemark bringe und erklärt, wenn ihm dies nicht passe, könne er seine Sachen aus dem Lkw räumen und gehen.
Nach dem Unfall in B. habe er den Beklagten angerufen und ihm den Unfall, den Schaden und die näheren Umstände geschildert. Durch den Unfall seien nur die A-Säule des Sattelauflegers vorne rechts verbogen und die Plane leicht eingerissen gewesen. Für die Schäden des Kostenvoranschlags sei ein früherer Unfall ursächlich.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten durch die fristlosen Kündigungen des Beklagten vom 25.02.2005 und 22.04.2005 nicht aufgelöst worden ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend hat er beantragt,
an den Beklagten 8.571,53 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 07.04.2005 zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, er habe nicht gekündigt, sondern zum Kläger gesagt, wenn es ihm nicht passe könne er jederzeit die Sachen räumen und gehen. Der Kläger habe geantwortet, okay, dann räume ich.
Das zur Abfahrt vorgesehene Fahrzeug habe sich in ordnungsgemäßem Zustand befunden, das Fahrzeug sei nicht überladen gewesen, auch sei ein Kennzeichen vorhanden gewesen.
Der Kläger habe keine Veranlassung gehabt, bei dem Unfall vom 21.01.2005 in B. das Gelände des Gartencenters zu befahren. Nach dem Unfall habe er sich unberechtigt vom Unfallort entfernt. An dem Sattelauflieger sei ihm durch das Unfallereignis ein Schaden von 5.870,00 € entstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 23.08.2005 verwiesen. In diesem Tatbestand hat das Arbeitsgericht auch Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Weiter hat das Arbeitsgericht Beweis erhoben über die Behauptungen des Beklagten zum Inhalt der Auseinandersetzung vom 20.02.2005 durch Vernehmung des Herrn F. B.
Auf das Sitzungsprotokoll vom 23.08.2005 wird verwiesen.
Im Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage zum Teil entsprochen und ausgeführt, die fristlose Kündigung sei rechtsunwirksam, weil der Beklagte einen wichtigen Grund nicht dargetan habe. Er habe die Gründe, welche der Kläger zu seiner Rechtfertigung vorgetragen hat, nicht widerlegen können. Aufgrund der Aussage des Zeugen B. könne weder ausgeschlossen werden, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis am 20.04.2004 fristlos gekündigt hat, noch sicher festgestellt werden, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß war, d. h. dass das vordere Nummernschild vorhanden und das Fahrzeug nicht überladen war. Die Aussage sei weder widerspruchsfrei noch eindeutig. Hierzu hat das Arbeitsgericht im Einzelnen ausgeführt. Das Gericht habe jedenfalls nicht feststellen können, dass der Wagen, den der Kläger fahren sollte, im ordnungsgemäßen verkehrssicheren Zustand war, das vordere Kennzeichen vorhanden war und dass der Wagen nicht überladen war. Außerdem habe der Beklagte die Behauptung des Klägers nicht widerlegen können, wonach er gesagt habe, er solle das Fahrzeug räumen und das Gelände verlassen. Für das klägerische Vorbringen sprächen auch die sonstigen Umstände, insbesondere die Feststellungen der Polizeibeamten. Der Beklagte habe im Termin zur letzten mündlichen Verhandlung zwar die Behauptung nachgeschoben, der Kläger habe nicht mit seinem angestammten Fahrzeug nach Dänemark fahren sollen, welches fahrbereit auf dem Firmengelände stand, sondern mit einem anderen Fahrzeug. Dieses Vorbringen sei zum einen verspätet, weil das Gericht dem Beklagten schon im Gütetermin aufgegeben habe, zu dem noch einzureichenden Schriftsatz des Klägers Stellung zu nehmen. Zum anderen sei dieses Vorbringen vorgeschoben, weil der Beklagte sich erstmals ein halbes Jahr nach dem Vorgang hierauf berufen habe.
Die unwirksame Kündigung sei nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umzudeuten.
Der Klageantrag auf Zahlung des Lohns Februar und März sei teilweise begründet. Der Kläger habe in der Zeit vom 01. bis 19.02.2005 Anspruch auf Zahlung weil das Arbeitsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt fortbestanden habe. Für die Zeit ab dem 20.02.2005 habe sich der Beklagte in Annahmeverzug befunden. Der Beklagte habe zumindest gesagt, wenn es dir nicht passe, könne er jederzeit die Sachen räumen und gehen. Das Fahrzeug habe kein Kennzeichen gehabt und sei überladen. Der Kläger war also nicht verpflichtet, mit dem verkehrsuntauglichen Fahrzeug zu fahren und berechtigt, seine Arbeitskraft so lange zurückzuhalten, bis der Beklagte ihm eine ordnungsgemäße Fahrt zuteilte. Für die Zeit ab Zugang der fristlosen Kündigung habe sich der Beklagte in Annahmeverzug befunden. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung der Spesen für Januar und Februar sei begründet, die Höhe der Ansprüche habe der Kläger der Beklagten nicht bestritten. Er habe auch Anspruch auf Erteilung ordnungsgemäßer Lohnabrechnungen. Im Übrigen sei die Klage nicht begründet. Nach dem 14.03.2005 habe infolge der nicht rechtsunwirksamen ordentlichen Kündigung kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden.
Die Widerklage sei unbegründet, die Vertragsstrafe sei in einem Formulararbeitsvertrag vereinbart. Diese halte den Wirksamkeitskontrollen nach geltendem Recht nicht stand. Eine geltungserhaltende Reduktion komme nicht in Betracht.
Der Beklagte habe auch keinen Schadenersatzanspruch wegen der Schäden die an dem Kraftfahrzeug entstanden seien. Es handele sich zum einen um einen Unfall bei betrieblich veranlasster Tätigkeit. Hierzu trage der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast sowohl für die objektiven Voraussetzungen der Pflichtverletzung als auch für das Maß des Verschuldens. Dem Vorbringen der Parteien lasse sich nicht ohne Weiteres entnehmen, ob der Kläger schuldhaft den Unfall verursacht hat ggf. mit welchem Grad des Verschulden. Seine Unfallschilderung spreche eher gegen ein Verschulden, welches den Grad der leichten Fahrlässigkeit übersteige. Der Beklagte habe das Vorbringen im Einzelnen nicht bestritten.
Im Übrigen sei der Anspruch verfallen. Der Beklagte habe nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers, den verursachten Schaden bereits am nächsten Tag auf seinem Betriebsgelände in Augenschein genommen habe. Dies werde durch das Vernehmungsprotokoll bestätigt. Er sei also zu diesem Zeitpunkt in der Lage gewesen, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen. Eine Fälligkeit sei spätestens mit dem 01.02.2005 eingetreten, erstmals schriftlich geltend gemacht sei die Forderung mit Schriftsatz, zugestellt am 07.04.2005, also nach Ablauf der Zwei-Monats-Frist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsbegründung verwiesen.
Das Urteil wurde dem Kläger am 19.09.2005, dem Beklagten am 20.09.2005 zugestellt.
Der Beklagte hat am 20.09.2005 Berufung eingelegt, der Kläger hat am 14.10.2005 Berufung eingelegt. Der Beklagte hat seine Berufung, nachdem die Frist zur Begründung bis zum 08.12.2005 verlängert worden war, mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger hat seine Berufung, nachdem die Frist zur Begründung bis 19.12.2005 verlängert worden war, mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Beklagte bekämpft die Feststellung des Arbeitsgerichts, dass die außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam war und die Abweisung der Widerklage. Er vertritt die Auffassung, die Vereinbarung der Vertragsstrafe verstoße nicht gegen Treu und Glauben und sei unwirksam. Es komme eine geltungserhaltende Reduktion in Betracht. Der Rechtsgedanke des § 343 BGB sei heranzuziehen.
Weiter seien die Schadenersatzansprüche nicht verfallen. Der Beklagte habe erst am 05.02.2005 Kenntnis von dem Unfallereignis erhalten. Im Übrigen hätte das Arbeitsgericht hinsichtlich der Kenntniserlangung vom Schaden am Lkw und am Gartencenter trennen müssen. Vom Schaden am Gartencenter habe er erst nach Erhalt des Schreibens vom 23.09.2005 Kenntnis erhalten. Hinsichtlich der Pflichtverletzung gelte die Regel der Umkehr der Beweislast. Der Beklagte sei bei dem Unfall nicht anwesend gewesen, so dass er den Hergang nicht darlegen und beweisen könne. Der Kläger habe das Maß seines Verschuldens darlegen und beweisen müssen.
Das Arbeitsgericht habe auch eine falsche Beweiswürdigung vorgenommen. Der Zeuge B. habe eindeutig und widerspruchsfrei bekundet, dass der Beklagte im Rahmen der Auseinandersetzung den Kläger aufgefordert habe, er solle nach Dänemark fahren, weiter habe er eindeutig widerspruchsfrei bekundet, dass der Kläger nicht mit dem Fahrzeug ohne Nummernschild sondern mit einem anderen Fahrzeug fahren sollte. Mit richtiger Beweiswürdigung hätte das Arbeitsgericht zum Ergebnis kommen müssen, dass der Kläger vertragswidrig gehandelt habe.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 23.08.2005 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Trier - 3 Ca 369/05 -
1. die Klage abzuweisen,
2. widerklagend den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 8.571,53 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2005 zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Mit seiner Berufung macht er geltend, eine Umdeutung der außerordentlichen Kündigung komme nicht in Betracht, da diese nicht dem mutmaßlichen Willen entsprochen habe und auch dem Kläger nicht erkennbar gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 23.08.2005 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Trier, Aktenzeichen: 3 Ca 369/05
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 25.02.2005 und 22.04.2005 nicht, auch nicht zum 14.03.2005, aufgelöst worden ist.
2. Den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger weitere 1.273,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.04.2005 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, beiden Parteien sei nach den Geschehnissen vom 20.02.2005 auf dem Betriebsgelände des Beklagten, der Strafanzeige des Klägers vom gleichen Tag gegen den Beklagten sowie der Tatsache, dass der Kläger seine Arbeit nicht mehr antrat, klar gewesen, dass das Arbeitsverhältnis auf jeden Fall beendet werden sollte. Der Beklagte habe dies auch durch Wiederholung der Kündigung manifestiert. Auch der Kläger habe Zeichen gesetzt, er habe seine Arbeitskraft weder nach der fristlosen Kündigung noch nach der vom 22.04.2005 angeboten. Er habe sich vielmehr erstmals am 15.04.2005 gemeldet und habe nur noch Geld gewollt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 02.02.2006.
Entscheidungsgründe:
I.
Beide Berufungen sind zulässig, sie sind insbesondere, nach wirksamer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).
Beide Berufungen haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
II.
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher gem. § 69 ArbGG voll umfänglich Bezug auf den begründenden Teil des angefochtenen Urteils.
Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf Folgendes hinzuweisen:
Die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Vertragsstrafenklausel halte den Kontrollen über allgemeine Geschäftsbedingungen nach derzeit geltendem Recht nicht mehr Stand, deckt sich mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der sich die Kammer anschließt. Eine geltungserhaltende Reduktion kommt nicht in Betracht (vgl. BAG Urt. v. 04.03.2004 - 8 AZR 196/03 - in AP Nr. 3 zu § 309 BGB).
Den dortigen Ausführungen des Arbeitsgerichts ist nichts mehr hinzuzufügen.
Hinzu kommt, dass die Klausel auch wegen mangelnder Bestimmtheit unwirksam ist. Sie bezeichnet neben der zu leistenden Strafe die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nicht so klar, dass er sich in seinem Verhalten darauf einstellen kann (vgl. BAG Urt. v. 21.04.2005 - 8 AZR 425/04 - in AP Nr. 3 zu § 307 BGB).
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts zur geltend gemachten Widerklageforderung ist ebenfalls begründet.
Die mögliche Unwirksamkeit der formularmäßig vereinbarten Ausschlussfristen führt nur dazu, dass der Gegner des Verwenders, hier also der Kläger sich auf eine etwaige Unwirksamkeit berufen könnte, nicht jedoch der Verwender, hier der Beklagte. Muss er die Ausschlussfrist einhalten, hat er dies im vorliegenden Fall nicht getan. Unstreitig gibt er an, dass er am 05.02.2005 von dem Schaden an dem Aufleger Kenntnis gehabt hat. Entgegen seiner Auffassung geht es hier nicht um den Schaden am Gartencenter, da dieser durch die Kaskoversicherung abgedeckt wurde und vom Beklagten im vorliegenden Verfahren nicht mehr widerklagend geltend gemacht wird. Konnte er nach seiner eigenen Einlassung am 05.02. die Beschädigung des Lkws feststellen war er auch in der Lage, sich einen Überblick über den Umfang des Schadens zu verschaffen und damit in der Lage, innerhalb der Zweimonatigen Ausschlussfrist die Ansprüche erstmals schriftlich beim Kläger anzumelden. Diese Frist hat er durch die Zustellung der Widerklage am 07.05.2005 nicht gewahrt.
Im Übrigen ist die Auffassung des Beklagten unzutreffend, es läge hinsichtlich des Grades des Verschuldens eine Beweislastumkehr vor.
In § 619 a BGB ist bestimmt, dass abweichend von § 280 Abs. 1 der Arbeitnehmer Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten hat, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Hier ist also eine Ausnahme von der allgemeinen Teilung der Darlegungs- und Beweislast gesetzlich begründet, wonach sich der Schuldner im Falle einer Schadenersatzforderung zu entlasten hat.
Es verbleibt also bei der bisherigen Rechtslage, dass der Arbeitgeber objektiv und subjektiv den Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers bei Beschädigung betriebseigener Sachen bei betrieblich veranlasster Tätigkeit darzulegen hat.
Nun mag zwar zuzugeben sein, dass dies im Regelfall der Arbeitgeber, welcher bei der Beschädigung nicht anwesend ist, ohne nähere Einlassung des Arbeitnehmers nicht kann.
Der Kläger hat aber erstinstanzlich, ohne dass dies vom Beklagten nachvollziehbar bestritten wurde, dargelegt, unter welchen Umständen es zur Beschädigung kam. Der Kläger wollte das Fahrzeug an einem Gartencenter wenden, um das Fahrzeug zur Übernachtung abzustellen, es war dunkel und hat geregnet, er hat dann einen mit seinem Aufleger ein Gartendach gestreift. Dass diese Darstellung nicht zutreffend ist, hat der Beklagte durch konkrete Tatsachen nicht untermauert, insbesondere wäre seinerseits dann seine Sache gewesen, Tatsachen vorzutragen, aus denen der Schluss gezogen werden kann, dass der Kläger über das sich aus dieser Einlassung gegebene Maß der leichtesten Fahrlässigkeit hinaus mit mittlerer Fahrlässigkeit oder grob fahrlässig gehandelt hat. Entsprechender Sachvortrag des Beklagten findet sich nicht. Es muss daher bei der allgemeinen Verteilung der Haftung für Schäden bei betrieblich veranlasster Tätigkeit verbleiben, wonach der Arbeitnehmer bei leichtester Fahrlässigkeit überhaupt nicht haftet.
Die weiteren Angriffe des Beklagten gegen das angefochtene Urteil sind ebenfalls nicht erfolgreich. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung zu Grunde zu legen die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung geboten ist (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Neue Angriffe hat der Beklagte im Berufungsverfahren nicht dargetan. Es sind auch im Berufungsverfahren keine konkreten Anhaltspunkte aufgetaucht, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen könnten. Das Arbeitsgericht hat zutreffend die Beweiswürdigung vorgenommen auf die Widersprüche in der Aussage des Zeugen B. hingewiesen, die nicht mit der lapidaren Feststellung angegriffen werden können, der Zeuge habe klar und bestimmt ausgesagt und insbesondere sämtliche Umstände des Einzelfalles mitgewürdigt, insbesondere auch die unstreitigen Einlassungen des Beklagten und die Feststellungen, die der Polizeibeamte getroffen hat. Dass der Polizeibeamte entsprechende Feststellungen getroffen hat wird vom Beklagten nicht bestritten, hier ist auch der Einwand nicht hilfreich, die Akte sei nicht Gegenstand der Verhandlung gewesen. Dass der Beklagte den Inhalt der polizeilichen Ermittlungsakte nicht kennt, ist nicht dargestellt, insbesondere da auch der Prozessbevollmächtigte des Beklagten diesen im anhängigen Strafverfahren bzw. Bußgeldverfahren vertritt.
Somit steht fest, dass die tatsächlichen Feststellungen des Arbeitsgerichts zum Hergang der Auseinandersetzung am 20.02.2005 nicht in Zweifel gezogen werden können, sie sind bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Dadurch ergibt sich, dass die außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam ist, weil ein nachhaltiger Pflichtverstoß des Klägers nicht festgestellt werden kann.
Im Übrigen würde eine außerordentliche Kündigung der Beklagten wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung schon deswegen scheitern, weil der Beklagte den Kläger unstreitig nicht unter Androhung einer außerordentlichen Kündigung zur Arbeitsaufnahme aufgefordert hat. Im Regelfall ist nämlich vor einer außerordentlichen Kündigung wegen Arbeitsverweigerung eine vorherige vergebliche einschlägige Abmahnung erforderlich. Dies ist lediglich dann entbehrlich, wenn ersichtlich erkennbar feststeht, dass der Kläger unter keinen Umständen gewillt ist, die Arbeitsleistung wieder aufzunehmen.
Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beklagte berechtigt gewesen war, die Arbeitskraft so lange zurückzuhalten, bis ihm funktionsfähige ordnungsgemäße und den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Fahrzeuge zur Verfügung gestellt wurden.
Somit erweist sich nach allem die Berufung des Beklagten als unbegründet.
III.
Die Berufung des Klägers ist ebenfalls nicht begründet.
Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass die Voraussetzungen einer Umdeutung positiv festgestellt werden müssen. Es ist festzuhalten, dass die Beklagte dem Kläger ein Kündigungsschreiben aushändigte, welches die außerordentliche Kündigung enthält. Ausdrücklich hat die Beklagte eine vorsorgliche ordentliche Kündigung nicht ausgesprochen. Dem Kläger ist die außerordentliche Kündigung zugegangen, diese lässt sich jedenfalls in eine vorsorgliche ordentliche Kündigung umdeuten. Der Beklagte hat sich im Prozess, spätestens im Schriftsatz vom 20.01.2006 auf die Umdeutung berufen. Die Umdeutung entspricht auch dem mutmaßlichen Willen des Beklagten. Dies war auch dem Kläger erkennbar. Aus dem Kündigungsschreiben konnte er ersehen, dass die Beklagte auf jeden Fall das Arbeitsverhältnis beenden wollte. Der Wille ergibt sich insbesondere aus der Formulierung, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll, weil der Kläger seine Arbeit grundlos nicht mehr aufgenommen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung etwa wegen Fehlens eines wichtigen Grundes, wegen Fehlens einer Abmahnung, oder wegen Nichteinhaltung der Ausschussfrist das Arbeitsverhältnis nicht beenden sollte, jedenfalls wenigstens mit Auslauf der ordentlichen Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis beenden wollte. Der Kläger befand sich noch in der Probezeit. Es hat eine Auseinandersetzung stattgefunden. Die Auseinandersetzung gipfelte in einer Strafanzeige des Klägers, einer späteren Strafanzeige des Beklagten wegen Verkehrsunfallflucht.
Angesichts dieser Umstände musste es auch für den Kläger erkennbar sein, dass sich der Beklagte auf jeden Fall von ihm aus dem Arbeitsverhältnis lösen wollte, insbesondere auch wegen der von ihm vorher geäußerten Aussagen, dass der Kläger ja gehen könne, wenn es ihm nicht passe. Dem Kläger war erkennbar, dass der Beklagte kein Interesse daran hatte, das Arbeitsverhältnis auch nach Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen.
Dies sind ausreichende Anhaltspunkte, aus denen der Kläger ersehen konnte, dass der Beklagte auf jeden Fall das Arbeitsverhältnis beenden wollte.
Damit erweist sich die Berufung des Klägers als unbegründet, die allein darauf gestützt wird, dass eine Umdeutung nicht in Betracht komme, weil die entsprechenden Umdeutungstatsachen nicht vorlägen.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt § 92 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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