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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 16.03.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 907/05
Rechtsgebiete: BErzGG, KSchG, BGB


Vorschriften:

BErzGG § 18 Abs. 1 Satz 1
BErzGG § 19
KSchG § 9 Abs. 1 Satz 2
KSchG § 9 Abs. 2
KSchG § 13
KSchG § 13 Abs. 1 Satz 3
BGB § 626
BGB § 626 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 907/05

Entscheidung vom 16.03.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 23.08.2005 - 2 Ca 465/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um die von der Klägerin beantragte Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung nach ausgesprochener außerordentlicher Arbeitgeberkündigung.

Die Klägerin war seit 01.01.1995 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte tätig. Ihr monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt 2.370,-- Euro.

Die Klägerin befand sich zunächst nach Geburt ihres Kindes in zweijähriger Elternzeit bis zum 21.07.2004. Mit Schreiben vom 08.04.2004 beantragte sie die Verlängerung der Elternzeit um ein Jahr, was die Beklagte ablehnte. Daraufhin erhob die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Trier Klage. Mit Urteil vom 13.07.2004 wurde ihre auf Zustimmung zur Verlängerung ihrer bisher in Anspruch genommenen Elternzeit um ein weiteres Jahr ab 21.07.2004 abgewiesen. Das Arbeitsgericht führte aus, die Verlängerung der Elternzeit bedürfe der Zustimmung des Arbeitgebers, auf welche die Klägerin keinen Anspruch habe. Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 22.07.2004 die Klägerin unter Kündigungsandrohung auf, die Arbeit wieder aufzunehmen. Die Klägerin kam der Aufforderung nicht nach, die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 27.07.2004 fristlos. Hiergegen erhob die Klägerin am 30.07.2004 Kündigungsschutzklage.

Auf die Berufung der Klägerin änderte die Kammer mit Urteil vom 04.11.2004, 4 Sa 606/04, das Urteil des Arbeitsgerichts Trier ab und stellte fest, dass sich die Klägerin im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien auch über den 21.07.2004 hinaus in Elternzeit befinde und zwar bis zum 21.07.2005. Die Kammer ließ die Revision zu, die Beklagte legte das Rechtsmittel nicht ein.

Im anhängigen Kündigungsschutzverfahren nahm die Beklagte mit Schreiben vom 07.04.2005 die fristlose Kündigung zurück. Die Klägerin selbst kündigte das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit (zum 21.07.2005) mit Schreiben vom 19.04.2005.

Die Klägerin hat die Rücknahme der fristlosen Kündigung durch die Beklagte nicht angenommen und mit am 05.08.2005 angekündigtem Antrag ihre Klage um einen Auflösungsantrag erweitert.

Sie hat vorgetragen,

ihr sei es unzumutbar, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, das Vertrauensverhältnis sei erschüttert. Sie müsse bei einer Rückkehr in den Betrieb befürchten, unkorrekt behandelt und gegenüber anderen Arbeitnehmern benachteiligt zu werden. Sie habe ausschließlich wegen der Gründe, die zum Auflösungsantrag geführt hätten selbst gekündigt. Die Beklagte habe ihr angeboten, während der Elternzeit stundenweise zu arbeiten. Nach einer entsprechenden Meldung ab Oktober 2004 habe man ihr erklärt, aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage bestehe kein Bedarf an ihrer Mitarbeit. Diese Begründung sei nur vorgeschoben. Ihrer Mutter habe die Beklagte das Urlaubsgeld 2003 nicht bezahlt, ihr mit zu kurzer Frist gekündigt und sie sodann zur Zurücknahme der Kündigungsschutzklage bei Zahlung eines Monatsgehaltes bewegen wollen verbunden mit der Äußerung, im Falle einer Weiterbeschäftigung habe sie nichts mehr zu lachen. Später sei ihre Mutter wiederholt den Anfeindungen und Mobbingversuchen des Geschäftsführers der Beklagten ausgesetzt gewesen.

Die Beklagte habe mit der Verweigerung des dritten Jahres der Elternzeit sich für die Niederlage gegenüber ihrer Mutter rächen wollen. Die Ablehnung sei willkürlich und schikanös gewesen ebenso die Aufforderung zum Arbeitsantritt, da die Beklagte gewusst habe, dass dies mit einem zweijährigen Kind nicht möglich gewesen sei und dass sie bereits Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt habe. Die Beklagte habe die Arbeitsbescheinigung unzureichend ausgefüllt. Der Geschäftsführer habe ihr gegenüber erklärt, dass er jeden Mitarbeiter, sogar Schwangere aus dem Betrieb herausbekomme.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 27.07.2004 ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet hat,

2. das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 28.07.2004 aufzulösen und die Beklagte zur Zahlung einer angemessenen Abfindung in einer Größenordnung von 10.000,-- Euro zu verurteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, aufgrund ihrer Eigenkündigung habe die Klägerin kein berechtigtes Interesse mehr an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Da das Arbeitsverhältnis infolge der Kündigung vor dem möglichen Erlass eines Auflösungsurteils ende, könne es nicht mehr aufgelöst werden. Die Klägerin habe durch ihr eigenes Verhalten dafür gesorgt, dass das Ende des Arbeitsverhältnisses zwischen Auflösungszeitpunkt und Auflösungsurteil liege. Sie habe zu keinem Zeitpunkt einen schriftlichen Antrag auf Verringerung ihrer Arbeitszeit gestellt. Selbst bei Stellen eines solchen Antrags hätte sie -die Beklagte- dies aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen müssen. Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Mutter könnten für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht herangezogen werden. Mit ihrer Verweigerung der Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit habe sie einen vertretbaren Rechtsstandpunkt eingenommen der auch durch das Arbeitsgericht bestätigt worden sei. Jedenfalls sei bei der Höhe der Abfindung zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis auch ohne die gerichtliche Auflösung nicht über den Zeitpunkt der Elternzeit hinaus bestanden hätte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 23.08.2005 verwiesen.

Im vorbezeichneten Urteil hat das Arbeitsgericht zunächst festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst wurde, weil diese gegen das absolute Kündigungsverbot durch § 18 Abs. 1 Satz 1 BErzGG verstoße.

Der Auflösungsantrag sei allerdings unbegründet. Der Auflösungsantrag sei bereits deshalb abzuweisen, weil die Klägerin selbst ihr Arbeitsverhältnis zum 21.07.2005 gekündigt habe. Dass die Beendigung bereits vor dem Kammertermin eingetreten war, sei nicht auf die Terminsbestimmung durch das Gericht oder andere prozessuale Gründe, auf die die Klägerin keinen Einfluss hatte, zurückzuführen sondern darauf, dass die Klägerin selbst das Arbeitsverhältnis bereits zum 21.07.2005 gekündigt habe. Die Begründetheit des Auflösungsantrages sei nach den bei Erlass des Urteils vorliegenden Umständen zu prüfen. Die Auflösungsgründe seien zukunftsbezogen. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Eigenkündigung der Klägerin sei die Grundlage für eine zukunftsgerichtete Feststellung entfallen. Eine Prognose über die Zumutbarkeit der Fortsetzung könne naturgemäß nicht mehr erfolgen, auch sei für hypothetische Zumutbarkeitsprüfung unter Außerachtlassung der zwischenzeitlich eingetretenen anderweitigen Beendigung, kein Raum. Da die Klägerin auch nicht verpflichtet war, ihre Arbeitsleistung zu erbringen oder auch nur den Betrieb betreten musste, könne von einer Unzumutbarkeit auch nicht ausgegangen werden. Dies würde sich auch hilfsweise auf die Höhe der Abfindung auswirken.

Das Arbeitsgericht hat weiter ausgeführt, es bestehe kein Anhaltspunkt, dass die Beklagte die Beschäftigung der Klägerin in Teilzeit während der Elternzeit in rechtswidriger Weise abgelehnt hätte, zumal die Klägerin nicht im Vertrieb tätig sei. Vorfälle im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Mutter seien nicht geeignet, der Klägerin selbst die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen. Die Arbeitsaufforderung und die fristlose Kündigung seien nach dem Urteil des Arbeitsgerichts vom 13.07.2004 gerechtfertigt gewesen und hätten zumindest auf einer vertretbaren Rechtsauffassung beruht. Eine unwirksame fristlose Kündigung gebe auch nicht automatisch ein Auflösungsgrund. Die Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten, er bekomme jeden aus dem Betrieb heraus, habe nicht die Klägerin betroffen, eine unzureichend ausgefüllte Arbeitsbescheinigung reiche für sich genommen als Auflösungsgrund nicht aus, zumal ein vorsätzliches Verhalten nicht nachgewiesen werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Das Urteil wurde der Klägerin am 02.11.2005 zugestellt. Sie hat hiergegen am 11.11.2005 Berufung eingelegt und diese Berufung, nachdem die Frist zur Begründung bis einschließlich 02.02.2006 verlängert worden war, mit am 31.01.2006 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin greift aus Rechtsgründen die Auffassung des Arbeitsgerichts an, die erklärte Eigenkündigung stehe einem Auflösungsbegehren entgegen. Primärer Grund für die tatsächliche Auflösung sei die unbegründete außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Deshalb werde der Auflösungsanspruch auch als kapitalisierte Form des Bestandsschutzes angesehen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sei es möglich, den Auflösungsantrag bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz zu stellen. Daher spiele es keine Rolle, dass das Arbeitsverhältnis bereits früher durch Eigenkündigung der Klägerin beendet war. Es könne der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen, dass sie von ihrer Kündigungsmöglichkeit des § 19 BErzGG Gebrauch gemacht habe.

Die Klägerin habe eine Vertrauensstellung inne gehabt. Der Mitgeschäftsführer P. habe der Klägerin angeboten, die freiwerdende Stelle der Personalsachbearbeiterin bei der Firma K. in S., der Muttergesellschaft der Beklagten, zu übernehmen. Dies sei mit einem beruflichen Aufstieg verbunden worden. Das uneingeschränkte Vertrauensverhältnis habe sukzessive seit Herbst 2002 Risse erlitten. Das Vertrauensverhältnis sei dadurch erschüttert worden, auf welche Art und Weise die Beklagte im Sommer 2003 versucht habe, die Mutter der Klägerin um ihr Urlaubsgeld zu bringen vor allem bei Ausspruch der Kündigung gegenüber der Mutter absichtlich und vorsätzlich eine dreimonatige Kündigungsfrist zu unterlaufen durch Ausspruch einer Kündigung mit einer Frist von lediglich einem Monat. Gerade der Mitgeschäftsführer habe sich bei der Klägerin als Personalsachbearbeiterin nach der Länge der einzuhaltenden Kündigungsfrist erkundigt. Die im Prozess mit der Mutter erlittene Niederlage habe zu der Absicht der Beklagten geführt, sich an der Klägerin zu rächen. Sie habe eine weitere Elternzeit für das dritte Lebensjahr des Kindes M. ignoriert und ohne Angabe jeglicher Gründe lapidar abgelehnt. Die Ablehnung sei willkürlich und schikanös und habe das Vertrauensverhältnis der Parteien nachhaltig zerstört. Auch das Verlangen der Beklagten, die Klägerin müsse nach Ablauf des zweiten Jahres der Elternzeit ihre Tätigkeit als Vollzeitkraft wieder aufnehmen, obwohl ihr die Unmöglichkeit angesichts der Betreuung des zweijährigen Kindes bewusst war, sei eine willkürliche und schikanöse Maßnahme, ebenso die dann anschließende außerordentliche Kündigung.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier - 2 Ca 465/05 - vom 23.08.2005 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 28.07.2004 aufzulösen und die Beklagte zur Zahlung einer angemessenen Abfindung in einer Größenordnung von 10.000,-- Euro zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Auflösung des Arbeitsverhältnisses stünden bereits Billigkeitsgesichtspunkte entgegen. Die Beklagte habe einen durchaus vertretbaren Rechtsstandpunkt eingenommen, die von der Klägerin herangezogenen Gründe, die zur Unzumutbarkeit des Arbeitsverhältnisses führen könnten, lägen nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstände der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Weiter wird verwiesen auf die Feststellung zum Sitzungsprotokoll vom 16.03.2006.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO). Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

II.

Die Kammer kann ausdrücklich offen lassen, ob das Urteil des Arbeitsgerichts in allen Teilen seiner Begründung zutreffend ist, insbesondere in der Begründung, wonach das Arbeitsgericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in der konkreten Situation aus Billigkeitsgründen nicht mehr in Erwägung ziehen konnte, weil die Klägerin das Arbeitsverhältnis bereits zu einem Zeitpunkt gekündigt hatte, der vor Erlass des Auflösungsurteils liegt.

Die Kammer unterstellt zu Gunsten der Klägerin, dass dies nicht dazu führt, dass eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in Betracht kommt. Hierbei folgt die Kammer den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 17.09.1987 - 2 AZR 2/87 -, wonach eine gerichtliche Auflösung eines Arbeitsverhältnisses dann nicht mehr möglich ist, wenn das Arbeitsverhältnis bereits aus einem anderen Grund vor dem nach § 9 Abs. 2 KSchG anzunehmenden Auflösungszeitpunkt sein Ende gefunden hat. Wenn das Arbeitsverhältnis nach dem vom Gericht nach § 9 Abs. 2 KSchG festzusetzenden Zeitpunkt, aber vor Erlass des Auflösungsurteils geendet hat, steht dies der gerichtlichen Auflösung nicht entgegen. Bei der nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG anzustellenden Prüfung, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erwarten ist, kommt es nicht wie bei der Beurteilung der Sozialwidrigkeit der Kündigung auf den Zeitpunkt der Kündigung an, sondern im Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag ist zu fragen, ob in der Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist (vgl. BAG AP Nr. 10 zu § 9 KSchG 1969).

Die an sich bei der Beurteilung anzustellende Prognose kann bei einer zwischenzeitlich eingetretenen anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses naturgemäß nicht mehr erfolgen. Bei der Prognose ist vielmehr abzustellen auf den Zeitraum zwischen dem Termin, zu dem die streitbefangene Kündigung gewirkt hätte und den Zeitpunkt der anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dieser Zeitraum ist in die Beurteilung einzubeziehen und zwar nicht nur für den Begriff der Zumutbarkeit, sondern zugleich auch für die Höhe der Abfindung.

Gleichwohl kann die Klägerin die begehrte Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung nicht verlangen.

Stellt ein Gericht fest, dass eine außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen (§ 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG). Die Unzumutbarkeit des § 13 KSchG ist nicht identisch mit der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung. Ist eine Kündigung unwirksam, ist nicht schon deshalb allein dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. Dies folgt aus der gesetzlichen Regelung, der an die Auflösung bei unberechtigter außerordentlicher Kündigung noch weitere Anforderungen stellt. Die Unzumutbarkeit muss sich aus weiteren Gründen ergeben, die der Arbeitgeber setzt. Der Arbeitnehmer hat nicht etwa die freie Wahl, ob er bei festgestellter Unwirksamkeit der Kündigung das Arbeitsverhältnis fortsetzen oder ob er gegen eine Abfindung ausscheiden will. In der Regel treten durch jede Kündigung, auch eine außerordentliche Kündigung, Spannungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf. Diese allein vermögen einen Auflösungsantrag noch nicht zu rechtfertigen, was sich bereits daraus ergibt, dass der Gesetzgeber an die Auflösung weitere Unzumutbarkeitskriterien gestellt hat.

Die Anforderungen an die Unzumutbarkeit sind nicht identisch mit denen nach § 626 BGB (vgl. BAG AP Nr. 8 zu § 9 KSchG 1969).

Während bei § 626 Abs. 1 BGB darauf abzustellen ist, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht wenigstens bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zum vereinbarten Ende zumutbar ist, kommt es bei § 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG darauf an, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit zumutbar ist.

Offen bleiben kann, ob die Gründe im Zusammenhang mit der Kündigung oder dem Kündigungsschutzprozess stehen müssen oder ob sich der Arbeitnehmer auch auf andere vor der Kündigung liegende Umstände berufen kann (vgl. hierzu BAG Urt. v. 24.09.1992 - 8 AZR557/91 in NZA 1993, 362 - 364).

Die von der Klägerin vorgebrachten Gründe vermögen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch gerichtliches Urteil nicht zu tragen. Insofern sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts zutreffend. Gründe, die im Zusammenhang mit dem Ausscheiden der Mutter stehen, können ohne weiteres nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zurückgreifen. Für die Auffassung, die Beklagte habe sich für das "unrühmliche" Ende des Arbeitsverhältnisses mit ihrer Mutter rächen wollen, sind Anhaltspunkt nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass die Beklagte eine unberechtigte außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. An dieser Stelle ist nochmals hervorzuheben, dass allein der Ausspruch der unwirksamen außerordentlichen Kündigung der Klägerin während bestehender Elternzeit nicht ausreicht, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu rechtfertigen. Die Beklagte hat sich auf einen vertretbaren Rechtsstandpunkt zurückgezogen. Dieser vertretbare Rechtsstandpunkt wurde durch arbeitsgerichtliches Urteil bestätigt. Folgerichtig ging die Beklagte davon aus, dass die Klägerin zur Arbeit verpflichtet war und, da sie diese Arbeitspflichtverletzung trotz Aufforderung mit Abmahnung nicht nachkam, in wiederum vertretbarer Weise davon, dass eine beharrliche Arbeitsverweigerung vorlag, die sie zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung veranlassen durfte.

Weitere insbesondere beleidigende oder ehrverletzende Äußerungen oder Verhaltensweisen seitens der Beklagten können nicht festgestellt werden.

Die Beklagte hat sodann, nachdem rechtskräftig feststand, dass sich die Klägerin im Recht befunden hat und ihr Verlangen nach Elternzeit zu einer Verlängerung der Elternzeit in das dritte Jahr hinein führte, die außerordentliche Kündigung sofort zurückgenommen. Umstände im Zusammenhang mit der Kündigung können somit nicht zur Begründung des Auflösungsantrages herangezogen werden.

Auch die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Umstände vermögen die Auflösung nicht zu tragen. So handelte insbesondere die Beklagte nicht schikanös oder willkürlich, wenn sie die Klägerin zur Arbeitsaufnahme aufforderte, selbst wenn die Klägerin ein zweijähriges Kind zu betreuen hatte. Die Tatsache, dass Elternzeit von allen Müttern nicht in Anspruch genommen wird, die Klägerin zunächst auch von einer Elternzeit von zwei Jahren ausgegangen war, zeigt, dass nicht notwendigerweise zwingend die Unmöglichkeit einer Mutter eines zweijährigen Kindes besteht, Arbeitsleistungen zu erbringen.

Insgesamt kann daher nicht festgestellt werden, dass die Klägerin befürchten musste, im fortbestehenden Arbeitsverhältnis, das ohnehin nicht mit Arbeitspflicht belegt war, die Klägerin befand sich bis zu ihrem freiwilligen Ausscheiden in Elternzeit, in dem sie im Betrieb nicht erscheinen musste, so belastet war, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf nicht hätte in zumutbarer Weise fortgesetzt werden können.

Nach allem musste daher die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben. Sie war mit der Kostenfolge des § 97 Abs.1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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