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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 26.05.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 134/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 09.01.2008 - 3 Ca 2006/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreites streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten noch die Zahlung von rückständiger Entgeltfortzahlung verlangen kann. Die Klägerin war bei der Beklagten ab dem 01.08.2001 als Näherin beschäftigt. Ihr monatlicher Arbeitsverdienst belief sich zuletzt auf 1.141,33 EUR brutto bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden.

Im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens, veranlasst durch eine ordentliche Kündigung der Beklagten vom 20.10.2006 zum 31.12.2006 schlossen die Parteien am 09.02.2007 einen gerichtlichen Vergleich, durch den die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2006 festgestellt wurde.

Im Hinblick auf dieses Verfahren hatte die Beklagte der Klägerin eine Prozessbeschäftigung ab dem 02.01.2007 angeboten. Eingesetzt war die Klägerin bis zum 07.01.2007. Ab dem 08.01.2007 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt.

Der im Kündigungsschutzverfahren abgeschlossene Vergleich enthält u. a. nachfolgende Regelung (Ziffer 4):

"Bezogen auf eine derzeit bestehende Arbeitsunfähigkeit wird die Klägerin der Beklagten gegenüber die erforderlichen Auskünfte erteilen, die das Bestehen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung begründen sollen."

Streitgegenstand ist, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, die von der Klägerin nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 08.01. bis zum 09.02.2007.

Auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien finden die tarifvertraglichen Regelungen des Haustarifvertrages der Beklagten Anwendung, der unter § 17 beiderseitige Ausschlussfristen enthält.

Hinsichtlich des Wortlauts dieser Regelung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 4 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 79 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, vorgetragen, am 08.01.2007 habe Herr Dr. K. eine erneute Erkrankung festgestellt (Diagnoseschlüssel K29.7/G). Sie sei sodann mit Erstbescheinigung und Folgebescheinigungen bis zum Abschluss des angesprochenen Vergleiches arbeitsunfähig erkrankt gewesen.

Der Beklagten seien - was unstreitig ist - Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zum Nachweis ihrer Arbeitsunfähigkeit ab 08.01.2007 vorgelegt worden. Die Beklagte habe sich aufgrund des gerichtlichen Vergleiches verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitszeiten abzurechnen. Die erforderlichen Auskünfte zur Feststellung der entsprechenden Zeiten seien durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erfolgt.

Die Klägerin hat, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, beantragt,

1. ...

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.317,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klageanträge abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

die Klägerin habe insgesamt die tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht eingehalten. Die im gerichtlichen Vergleich angesprochenen Auskünfte seien im Übrigen durch die Klägerin nicht erteilt worden. Auch bestreite sie, dass die Arbeitsunfähigkeit ab 08.01.2007 aufgrund einer erneuten Erkrankung eingetreten sei.

Vorsorglich werde die Höhe der Entgeltfortzahlung bestritten. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten im erstinstanzlichen Rechtszug wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 6, 7 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 81, 82 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Beklagte daraufhin durch Urteil vom 09.01.2008 - 3 Ca 2006/07 - verurteilt, an die Klägerin € 1.273,10 brutto nebst Zinsen zu zahlen; die weitergehende Klage hat es abgewiesen.

Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 77 bis 88 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 13.02.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 11.03.2008 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 11.04.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere heraus, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die vorliegend anwendbare tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht eingehalten. Der vom Arbeitsgericht herangezogene Vergleichstext bedeutet lediglich die Verpflichtung der Klägerin, erforderliche Auskünfte über eine bestehende Krankheit zu erteilen, damit letztendlich überhaupt ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung entstehen könne. Ein Verzicht auf die Einhaltung der Ausschlussfrist durch die Beklagte könne dadurch nicht gesehen werden. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 09.04.2008 (Bl. 130 bis 134 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 135 bis 152 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 09.01.2008 - 3 Ca 2006/07 - wird hinsichtlich Punkt 1. abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichem Vorbringens und hebt insbesondere hervor, es komme nicht entscheidend darauf an, ob die Beklagte in dem Vergleich vom 09.02.2007 einen Verzicht auf die tarifliche Ausschlussfristen erklärt bzw. gewollt habe oder nicht. Er sei jedenfalls dahin auszulegen, dass dann, wenn eine Arbeitnehmerin ihrer früheren Arbeitgeberin gegenüber Auskünfte erteilen solle, die das Bestehen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung begründen sollten, für den Fall der Erteilung der entsprechenden Auskünfte mit der Vereinbarung zwangsläufig die Folgerung verbunden sein müsse, dass sodann durch die Arbeitgeberin auch Entgeltfortzahlung für den angesprochenen Zeitraum geleistet werde. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 15.05.2008 (Bl. 157 bis 159 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 26.05.2008

Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin für den hier streitgegenständlichen Zeitraum der ausgeurteilte Bruttobetrag an Entgeltfortzahlung nebst Zinsen zusteht.

Anspruchsgrund und Höhe werden im Berufungsverfahren von der Beklagten nicht mehr substantiiert bestritten; von daher bedarf es keiner weiteren Ausführungen. Deshalb wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 12 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 87 d. A.) Bezug genommen.

Mit dem Arbeitsgericht ist des weiteren davon auszugehen, dass die unstreitig anwendbare tarifvertragliche Ausschlussfrist vorliegend nicht dazu führt, dass der grundsätzlich gegebene Anspruch entfallen ist. Die Kammer teilt ausdrücklich die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass Ziffer 4 des vor dem Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 09.02.2007 abgeschlossenen Vergleichs dahin auszulegen ist, dass sich die Beklagte der Klägerin gegenüber dadurch verpflichtet hat, ihr bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Entgeltfortzahlungsanspruchs eine entsprechende Vergütung für den Zeitraum vom 08.01. bis zum 09.02.2007 zu leisten. Wenn sich die Beklagte durch diese vergleichsweise getroffene Regelung nicht zu einer Entgeltfortzahlung hätte bereit erklären wollen, hätte es einer derartigen Vereinbarung überhaupt nicht bedurft. Wenn eine Arbeitnehmerin ihrer früheren Arbeitgeberin gegenüber Auskünfte, die das Bestehen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung begründen sollen, bezogen auf eine derzeit bestehende Arbeitsunfähigkeit, geben soll, so musste für den Fall der Erteilung der entsprechenden Auskünfte mit der Vereinbarung zwangsläufig die Folgerung verbunden sein, dass sodann Entgeltfortzahlung für den angesprochenen Zeitraum durch die Beklagte auch tatsächlich geleistet wird. Insoweit kann sich die Beklagte nicht auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist berufen. Weil die Kammer die insoweit maßgeblichen Ausführungen des Arbeitsgerichts vollinhaltlich für zutreffend hält, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 10 bis 12 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 85 bis 87 d. A.) Bezug genommen.

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abrechnende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierten Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Es macht lediglich deutlich, dass die Beklagte die vom Arbeitsgericht zutreffend vertretene Auffassung hinsichtlich der Anwendbarkeit der tarifvertraglichen Ausschlussfrist, bezogen auf die Auslegung von Ziffer 4 des gerichtlichen Vergleichs vom 09.02.2007, der die Kammer vollinhaltlich folgt, nicht teilt. Weitere Ausführungen sind deshalb nicht veranlasst. Wenn die Beklagte sich bei Vergleichsabschluss vorbehalten wollte, sich später gegebenenfalls auf tarifvertragliche Ausschlussfristen zu berufen, hätte sie einen derartigen Vorbehalt ausdrücklich erklären müssen. Dies ist nicht geschehen, so dass die Berufung zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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