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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 11.01.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 420/04
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BAT/OKK, BGB, VBL-Satzung


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 264
ZPO § 524 Abs. 2 Satz 2
BAT/OKK § 46
BAT/OKK § 46 Abs. 1
BGB § 242
VBL-Satzung § 40 Abs. 2
VBL-Satzung § 41
VBL-Satzung § 42
VBL-Satzung § 43
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Sa 420/04

Verkündet am: 11.01.2005

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 18.03.2004 - 7 Ca 1301/03 - wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 9.077,61 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die am 06.06.1942 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. bei deren Rechtsvorgängerin vom 01.05.1974 bis zum 31.01.2004 als Angestellte beschäftigt gewesen. Das LAG Köln wies mit dem Urteil vom 15.10.1986 - 7 Ca 254/86 - (Bl. 10 ff d.A.) die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des ArbG Bonn vom 12.02.1986 - 3 Ca 2092/85 - (Bl. 274 ff. d.A.) zurück. Das ArbG Bonn hat in dem zuletzt genannten Urteil entschieden, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin so zu stellen, als wenn sie mit Wirkung ab 01.05.1974 bei der VBL versichert gewesen wäre.

[- Mit VBL ist die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder gemeint -].

Am 03.12.1987 schloss die Beklagte mit dem Betriebsrat die aus Bl. 17 ff d.A. ersichtliche Betriebsvereinbarung, auf deren Inhalt - nebst Anlage - auszugsweise wiedergegeben in Bl. 266 d.A. - verwiesen wird (- folgend: BV 1987). In Ziffer 8 der BV 1987 heißt es u.a.:

"... 8. Soweit bei Mitarbeitern nach Ziffer 7 der Beitrag von 4 v. H. im Einzelfall nicht ausreicht, um eine zur VBL in der Fassung der 21. Satzungsänderung gleichwertige Versorgung sicherzustellen, sichert der W. GmbH die Differenz über die Unterstützungskasse des VBLU ab und tätigt die dafür notwendigen Zuwendungen. Wenn diese Leistung nicht möglich ist, wird eine vergleichbare andere Versorgung zugesagt. Die hierfür notwendige Versorgung wird in der Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung festgelegt. Die Anlage hat der Betriebsrat vertraulich zu behandeln. ...".

Vorangegangen waren dieser BV 1987 der Entwurf einer BV (s. Bl. 21 ff d.A.; folgend: BV-Entwurf) sowie das Schreiben der DAG-Bezirksleitung vom 12.11.1987 (Bl. 24 ff d.A.), worauf jeweils verwiesen wird. Die Fassungen der Satzung der VBL haben sich im Laufe der Zeit u.a. so verändert, wie sich dies aus der Anlage zum Schreiben der VBL vom 13.09.2004 (Bl. 184 ff d.A.) ergibt. Die 27. (VBL)-Satzungsänderung vom 29.03.1995 (BAnz Nr. 109 vom 13.06.1995 und Nr. 119 vom 29.06.1995) führte - im Zusammenhang mit der nach der VBL-Satzung vorgesehenen Errechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts - Abzüge

- des Solidaritätszuschlages und

- des Arbeitnehmeranteils am Beitrag zur Pflegeversicherung

ein.

Die Parteien streiten über die Frage, ob bei der Berechnung der Höhe der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin die beiden eben genannten Abzüge zu berücksichtigen sind. Die Beklagte bejaht diese Frage. Die Klägerin verneint die Frage.

Die Klägerin ist nach näherer Maßgabe ihres schriftsätzlichen Vorbringens der Ansicht, dass ihre betriebliche Altersversorgung auf der Grundlage der VBL-Satzung in der Fassung der 21. Satzungsänderung zu erfolgen habe. Die BV 1987 enthalte insoweit eine auf diese Fassung bezogene statische (- und keine dynamische -) Verweisung auf die VBL-Satzung.

Im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (- vgl. dazu die Vereinbarung vom 04.11.2003, Bl. 113 f. d.A. -) hat sich die Klägerin entschieden, dass ihr Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch eine Einmalzahlung/Abfindung auszugleichen ist. Die Parteien streiten über die zutreffende Höhe dieser Abfindung. Die Beklagte beruft sich darauf, dass der Abfindungsbetrag entsprechend der Heubeck-Berechnung (Bl. 115 d.A.;folgend: Heubeck I-Berechnung) EUR 142.934,26 betrage (- vgl. demgegenüber die weitere Heubeck-Berechnung "ohne Berücksichtigung von Beiträgen zur gesetzlichen Pflegeversicherung und vom Solidaritätszuschlag", Bl. 116 d.A. folgend: Heubeck II-Berechnung; diese weitere Berechnung führt zu einem Abfindungsbetrag in Höhe von EUR 152.011,87).

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 18.03.2004 - 7 Ca 1301/03 - (dort Seite 3 ff = Bl. 63 ff d.A.). Das Arbeitsgericht hat nach näherer Maßgabe seines Urteilstenors die Verpflichtung der Beklagten festgestellt, die der Klägerin gem. BV 1987 zustehende Altersversorgung auf der Grundlage der Altersversorgung der VBL in der Fassung der 21. Satzungsänderung zu berechnen.

Gegen das am 10.05.2004 zugestellte Urteil vom 18.03.2004 - 7 Ca 1301/03 - hat die Beklagte am 01.06.2004 Berufung eingelegt und diese am 28.06.2004 begründet. Die Klägerin hat die Berufung am 15.07.2004 mit dem Schriftsatz vom 13.07.2004 beantwortet und dabei ihren Klageantrag "im Wege der Teilklage" dahingehend geändert, dass sie nunmehr auf die Zahlung des Differenzbetrages (nebst Zinsen) klagt, der sich aus den Beträgen von EUR 152.011,87 und EUR 142.934,26 (aus den beiden Heubeck-Berechnungen "Heubeck I" und "Heubeck II", Bl. 115 f d.A.) ergibt (= EUR 9.077,61). Zwecks Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf deren Schriftsätze

- vom 23.06.2004 (= Berufungsbegründung, Bl. 108 ff d.A),

- vom 13.08.2004 (Bl. 162 ff d.A.) und

- vom 25.11.2004 (Bl. 263 ff d.A.)

verwiesen. Die Beklagte hält den von der Klägerin erstinstanzlich gestellten Klageantrag für unzulässig. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren auf Zahlung klagt, sieht die Beklagte darin eine unzulässige Klageänderung. Die Beklagte, die in die geänderte Klage nicht einwilligt, hält die Klageänderung nicht für sachdienlich. Im Übrigen - so argumentiert die Beklagte weiter - sei die Klage aber auch aus den von ihr (- s. dazu insbesondere Bl. 109 ff d.A. -) dargestellten Gründe unbegründet. Die Beklagte bezieht sich insbesondere auch auf das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 05.11.2001 - 7 Sa 416/01 - (Bl. 117 ff. d.A.).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des ArbG Koblenz vom 18.03.2004 - 7 Ca 1301/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Weiter beantragt die Klägerin,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 9.077,61 nebst 5 % Zinsen seit dem 01.02.2004 zu zahlen.

Die Beklagte erklärt,

dass sie in die geänderte Klage nicht einwillige. Die Zulassung der geänderten Klage - so macht die Beklagte geltend - sei auch nicht sachdienlich.

Die Klägerin beantragt hilfsweise,

die Berufung unter Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Urteils des ArbG Koblenz vom 18.03.2004 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt vorsorglich,

die Klage mit dem geänderten Antrag abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und die von ihr vorgenommene Änderung des Klageantrages nach näherer Maßgabe ihrer Schriftsätze

- vom 13.07.2004 (= Berufungsbeantwortung, Bl. 136 ff d.A.),

- vom 31.08.2004 (Bl. 177 ff d.A.),

- vom 22.11.2004 (Bl. 199 ff d.A.) und

- vom 02.12.2004 (Bl. 268 d.A.),

worauf jeweils verwiesen wird.

Die Klägerin macht insbesondere unter Bezugnahme auf das Schreiben der DAG-Bezirksleitung vom 12.11.1987, den BV-Entwurf und das Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 11.06.1986, Bl. 151 ff d.A. sowie die BV 1987 selbst geltend, dass die von der Beklagten favorisierte Auslegung der BV 1987 weder in deren Wortlaut, noch in den äußeren Umständen des Abschlusses der BV noch in den übrigen anerkannten Auslegungsmethoden eine Stütze finde. Die BV 1987 stelle für Mitarbeiter, die - wie die Klägerin - vor dem 01.01.1982 in das Unternehmen eingetreten seien, eine Nachversorgung für die bereits in der Vergangenheit erworbenen Ansprüche sicher. Sinn und Zweck der Ziffer 8 der BV 1987 sei es (gewesen), eine Schlechterstellung derjenigen Arbeitnehmer, die bereits vor dem 01.01.1982 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis eingetreten seien, gegenüber den anderen von der BV erfassten Arbeitnehmern zu vermeiden. Aus diesem Grunde hätten sich die Parteien der BV entschlossen, Ziffer 8 der BV 1987 auf die VBL in der 21. Satzungsänderung festzuschreiben. Diesbezüglich bietet die Klägerin u.a. Beweis an durch Vernehmung der auf Seite 4 f des Schriftsatzes vom 13.07.2004 benannten Zeugen Dr. V. u.a. Die Klägerin trägt vor, dass Ziffer 8 der BV 1987 - aus den von der Klägerin weiter genannten Gründen - eine statische Verweisung darstelle. Die Klägerin behauptet, dass nur ein Monat nach Abschluss der BV 1987 bereits die Satzung in der Fassung der 23. Satzungsänderung in Kraft getreten sei. Hätten die "Parteien" nicht ausdrücklich eine Altersversorgung auf der Basis der VBL in der Fassung der 21. Satzungsänderung festschreiben wollen, hätten sie - so meint die Klägerin - zumindest die aktuell gültige Satzungsänderung in die Vereinbarung aufgenommen. Bei der in Ziffer 8 der BV 1987 enthaltenen Verweisung handele es sich auch nicht um eine bloße Berechnungsgröße. Dazu führt die Klägerin weiter aus (s. dazu insbesondere Bl. 141 ff d.A.).

Weiter macht die Klägerin - nach näherer Maßgabe ihres Vorbringens ( - insbesondere auch im Schriftsatz vom 13.07.2004, dort S. 8 f. = Bl. 143 f. d.A. -) - geltend, dass als Ausgleich für die - von ihr beschriebene - Umwälzung der Lohnsteuerpflicht eine Festschreibung des Zustandes durch Einbeziehung der VBL-Satzung idF der 21. Satzungsänderung zugunsten der betroffenen Mitarbeiter erfolgt sei.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Mit dem gerichtlichen Schreiben vom 26.08.2004 (Bl. 176 d.A.) wurde eine Auskunft bei der VBL eingeholt. Das Auskunftsschreiben der VBL nebst Anlage befindet sich in Bl. 184 f d.A., worauf ebenfalls Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufungen der Parteien sind an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Klarzustellen ist, dass auch die Klägerin ein Rechtsmittel eingelegt hat - nämlich eine Anschlussberufung. In der Änderung des ursprünglichen Antrages, mit dem die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten beantragt war, in einen Zahlungsantrag liegt (- neben einer zulässigen Klageänderung gleichzeitig -) eine zulässige Anschlussberufung. Die in dem geänderten Antrag liegende Anschlussberufung ist an sich statthaft. Dass die Klägerin nicht ausdrücklich eine Anschlussberufung eingelegt hat, ist unschädlich. Die ausdrückliche Bezeichnung als Anschlussberufung ist nicht nötig. Von einem Anschlussrechtsmittel ist - nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung - immer dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelbeklagte eine Abänderung des Urteils zu seinen Gunsten erreichen will. Da die Klägerin nicht mehr die Feststellung der erstinstanzlich tenorierten Verpflichtung der Beklagten begehrt, sondern stattdessen Zahlung, begehrt sie eine Abänderung des Urteils zu ihren Gunsten, die sich nicht alleine auf die Zurückweisung der Berufung der Beklagten beschränkt. Dieses Ziel kann die Klägerin nur durch eine Anschlussberufung erreichen. Diese Anschlussberufung ist rechtzeitig innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingelegt und begründet worden (§ 524 Abs. 3 ZPO). Die - von der Beklagten vermisste - Beschwer ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung der Anschlussberufung (vgl. BGH NJW 1980, 702).

B.

Die Berufung der Beklagten ist begründet, - die Anschlussberufung der Klägerin ist dagegen unbegründet.

Es ist in der Regel nicht sachgerecht, die Teilhabe an kollektiven Regelungen auf Dauer auf einen momentan gegebenen - d.h. zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgefundenen - Regelungsbestand festzuschreiben (- d.h. zu "zementieren" bzw. "einzufrieren" -). Aus diesem Grunde ist es anerkanntes Recht, dass eine sich - wie hier - auf eine kollektive Regelung beziehende Verweisung im Zweifel als dynamische Bezugnahme auszulegen ist. Davon ist - mit dem Ergebnis, dass sich die Klage als unbegründet erweist, - auch vorliegend auszugehen.

Dazu im Einzelnen:

I.

Allerdings erweist sich die Klage mit dem geänderten Antrag als zulässig. Geht man davon aus, dass in der Umstellung des Klageantrages (- von Feststellung auf Zahlung -) keiner der in § 264 ZPO genannten Tatbestände gegeben ist, so ist - wie von der Berufungskammer vorgenommen - die Klageänderung jedenfalls als sachdienlich zuzulassen. Bei der Zulassung der geänderten Klage als sachdienlich hat sich die Berufungskammer hinsichtlich des Begriffs der Sachdienlichkeit und bei der Ermessenausübung von den diesbezüglich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung jeweils entwickelten Grundsätzen leiten lassen (- diese Rechtsprechung ist nachgewiesen von Zöller/Greger 25. Aufl., ZPO § 263 Rz. 13 ff.). Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier zur Bejahung der Sachdienlichkeit und zur Zulassung des Zahlungsantrages.

Die Umstellung des Klageantrages begegnet erst recht dann keinen Zulässigkeitsbedenken, wenn der Übergang von der Feststellungsklage auf die Zahlungsklage bereits gemäß § 264 ZPO nicht als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. auch dazu Zöller/Greger ZPO § 263 Rz. 8 und § 264 Rz. 3, 3 b). Die hiernach zulässige Zahlungsklage erweist sich jedoch - wie der erstinstanzliche Feststellungsantrag der Klägerin - als unbegründet.

II.

Weder besteht die erstinstanzlich tenorierte Verpflichtung der Beklagten, noch ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin (über den Betrag von EUR 142.934,26 hinaus weitere) EUR 9.077,61 nebst Zinsen zu zahlen.

1.

Diese Verpflichtung würde nur dann bestehen, wenn der Versorgungsanspruch der Klägerin statisch und nicht dynamisch ausgestaltet wäre. Die Berufungskammer teilt die Ansicht der Beklagten, dass der Versorgungsanspruch der Klägerin nicht statisch an der VBL-Satzung in der Fassung der 21. Satzungsänderung ausgerichtet ist. Grund und Höhe des Versorgungsanspruches der Klägerin bestimmen und bestimmten sich - jedenfalls zunächst - nicht nach der BV 1987, sondern nach den Grundsätzen und Bestimmungen, die im Urteil des LAG Köln vom 15.10.1986 - 7 Sa 254/86 - genannt werden. Demgemäß ist die Beklagte auf der Grundlage des § 46 Abs. 1 BAT/OKK und des Versorgungs-TV/OKK verpflichtet, die Klägerin so zu stellen, als wenn sie mit Wirkung vom 01.05.1974 bei der VBL versichert gewesen wäre. Dieser Versorgungsverschaffungsanspruch der Klägerin ist dynamisch ausgestaltet. Er richtet sich nämlich nach den eben zitierten tariflichen Bestimmungen nebst VBL-Satzung in der jeweils gültigen Fassung. Aus diesem Grunde muss die Klägerin - wie die anderen BAT- bzw. BAT/OKK -Angestellten auch - die Veränderungen hinnehmen, die sich in Bezug auf die Errechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts aufgrund der 27. Satzungsänderung (der VBL-Satzung) mit Wirkung ab dem 01.04.1995 ergeben. Diese - in der Einführung von Abzügen des Solidaritätszuschlages und des Arbeitnehmeranteils am Beitrag zur Pflegeversicherung bestehende - Satzungsänderung war im Verhältnis zu den betroffenen Arbeitnehmern/Versorgungsempfängern zulässig. Sie verstößt weder gegen das - seinerzeit noch geltende - AGBG, noch gegen § 242 BGB (vgl. BGH vom 10.12.2003, MDR 2004, 630; vgl. zur Entwicklung des VBL-Versorgungssystems auch BGH vom 16.03.1988, MDR 1988, 761).

2.

Die Klägerin ist von diesen Änderungen nicht ausgenommen. Ihr Versorgungsverschaffungsanspruch ist nicht statisch ausgestaltet.

a) Der - dynamisch ausgestaltete - Versorgungsanspruch bzw. Versorgungsverschaffungsanspruch der Klägerin und die entsprechende Verpflichtung der Beklagten - so wie sie jeweils im LAG-Urteil vom 15.10.1986 - 7 Sa 254/86 - rechtskräftig festgestellt worden sind -, sind durch die BV 1987 nicht abgelöst worden. Eine diesbezügliche Rechtsfolge ist - trotz der in Ziffer 9 BV enthaltenen Regelung, die auf den ersten Blick auf das Gegenteil schließen lässt, - letztlich in der BV 1987 nicht - auch nicht in Ziffer 8 BV 1987 - angeordnet worden. Soweit in Ziffer 8 der BV 1987 auf die 21. Satzungsänderung Bezug genommen wird, wird damit lediglich ein Vergleichsmaßstab bzw. ein Berechnungsmodus bestimmt. Keineswegs wird der Klägerin dort eine Versorgungszusage dahingehend erteilt, dass die Beklagte der Klägerin eine monatliche Versorgungsrente in Höhe des Betrages zusagt, um den unter Zugrundelegung der VBL-Satzung in der Fassung der 21. Satzungsänderung vom 04.10.1985 die Summe der in § 40 Abs. 2 VBL-Satzung genannten Bezüge hinter der nach den §§ 41 bis 43 errechneten Gesamtversorgung zurückbleibt.

b) Die Berufungskammer legt die BV 1987 unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze aus, die der BAG-Rechtsprechung zu entnehmen sind, wie sie von Kania/Dieterich u.a. 5. Aufl., Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht - BetrVG § 77 Rz. 3 a.E. zitiert wird. Insoweit ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der BV 1987, - bei dem anerkanntermaßen jede Auslegung anzusetzen hat -, dass der Klägerin dort keine statische Versorgungszusage in dem von ihr geltend gemachten Sinne erteilt worden ist. Den Charakter einer Versorgungszusage im eigentlichen Sinne - sieht man einmal von den Ziffern 7 ff. der BV 1987 ab - hat die BV 1987 lediglich in Ziffer 5. Dort sagt die Beklagte - sinngemäß - eine Versorgung in der Höhe zu, die der Versicherungsleistung des VBLU bzw. der Unterstützungskasse des VBLU entspricht, - die Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer sollen sich grundsätzlich (nur) nach der Satzung und den allgemeinen Versicherungsbedingungen des VBLU bzw. nach Satzung und Leistungsplan der Unterstützungskasse des VBLU richten. Insoweit ist die Beitragsbelastung der Beklagten auf die Entrichtung von Beiträgen in Höhe von 4% des regelmäßigen vertraglichen Monatsentgelts (ohne Urlaubsgeld und vwL) begrenzt (Ziffer 3. BV 1987).

Eine besondere Regelung erfahren allerdings die Arbeitnehmer, die - wie die Klägerin - bereits vor dem 01.01.1982 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum W. eingetreten waren.

c) Bei diesen - bzw. speziell bei der Klägerin - war zu beachten, dass die Beklagte verpflichtet war (und ist), die Klägerin so zu stellen, als wenn die Klägerin mit Wirkung vom 01.05.1974 bei der VBL versichert gewesen wäre. Wie oben ausgeführt, hatte die Klägerin nach näherer Maßgabe des Urteils vom 15.10.1986 - 7 Sa 254/86 - einen entsprechenden aus § 46 Abs. 1 BAT/OKK nebst Versorgungs-TV abgeleiteten Versorgungsverschaffungsanspruch erworben. Dieser - dynamisch ausgestaltete - und rechtskräftig festgestellte Versorgungsverschaffungsanspruch ist mit Inkrafttreten der BV 1987 nicht in einen statischen Versorgungsanspruch der Klägerin umgestaltet worden. Aus der Ziffer 8 BV 1987 ergibt sich dies jedenfalls nicht. Dort wird lediglich die wirtschaftliche Sicherstellung des Versorgungsanspruches der Klägerin geregelt - ohne einen eigenen von § 46 BAT/OKK nebst Versorgungstarifvertrag unabhängigen Versorgungsanspruch zu normieren. Die Betriebspartner haben dort keineswegs geregelt, dass sich der Versorgungsanspruch der Klägerin statisch nach der VBL-Satzung in der Fassung der 21. Satzungsänderung richten soll. So oder so ähnlich lautet die in Ziffer 8 BV 1987 enthaltene Formulierung gerade nicht. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Ziffer 8 BV 1987 geht es vielmehr um die Sicherstellung einer - im Vergleich - zur "VBL-Altersversorgung" - gleichwertigen Versorgung. Zu diesem Zweck hatte die Beklagte eine (etwaige - und hier auch tatsächlich gegebene -) Differenz über die Unterstützungskasse des VBLU abzusichern und die dafür notwendigen Zuwendungen zu tätigen. Diese Regelung der wirtschaftlichen Sicherstellung des Versorgungsanspruches der Klägerin, die sich notwendigerweise an ganz genauen Vorgaben und Daten, d.h. an den Bestimmungen der VBL-Satzung in einer konkreten Fassung, orientieren musste, bedeutet aber keineswegs, dass damit der ursprüngliche Versorgungsanspruch der Klägerin, - so wie er vom LAG Köln a.a.O. rechtskräftig festgestellt worden ist -, durch einen statischen Versorgungsanspruch abgelöst wurde. Die Betriebspartner sind sich erkennbar der Problematik bewusst gewesen, dass die nach der BV-Versorgungszusage gemäß den Ziffer 3 und 5 BV 1987 von der Beklagten im Regelfall zu entrichtenden Beiträge (4% des monatlichen Entgelts) bei einigen Mitarbeitern - wie bei der Klägerin - nicht ausreichen würden, um den Arbeitnehmern im Versorgungsfalle tatsächlich eine VBL-entsprechende Versorgung gewähren zu können. Diese Problematik ergab sich deswegen, weil die in Ziffer 7. BV 1987 genannten Mitarbeiter erst ab dem 01.01.1987 in die Versicherung aufgenommen wurden. Durch diesen Aufnahme- Zeitpunkt sollten diese Mitarbeiter keine Nachteile erleiden. Deswegen bedurfte es der wirtschaftlichen Sicherstellung, wie sie dann im Einzelnen in Ziffer 8 BV 1987 geregelt ist.

d) Das Argument "Umwälzung der Lohnsteuerpflicht" zwingt nicht dazu, die Betriebsvereinbarung i.S. des Klagebegehrens auszulegen. Die in diesem Zusammenhang von der Klägerin dargelegten Umstände haben im Wortlaut der BV 1987 selbst nicht genügend Niederschlag gefunden.

Die erkennende Berufungskammer teilt die bereits von der 7. Berufungskammer vertretene Ansicht, der zufolge in Ziffer 8 BV 1987 ein Vergleichsmaßstab im Sinne eines Berechnungsmodus bestimmt wird (LAG Rheinland-Pfalz vom 05.11.2001 - 7 Sa 416/01 -) Das Vorbringen der Klägerin im vorliegenden Verfahren rechtfertigt keine Auslegung, die von der Auslegung im Urteil der 7. Berufungskammer abweicht. Soweit sich die Klägerin demgegenüber auf das Schreiben der DAG-Bezirksleitung vom 12.11.1987 bezieht, ist nicht feststellbar, dass die Betriebspartner die dort enthaltenen Vorschläge insgesamt und übereinstimmend in ihren Normsetzungswillen aufgenommen haben. Jedenfalls findet ein derartiger Wille in dem Wortlaut der BV 1987 selbst nicht genügend Anklang. Es ist in diesem Zusammenhang (auch) unstreitig, dass jedenfalls nicht alle Vorschläge der DAG in der BV 1987 umgesetzt worden sind. Da es den Betriebspartnern seinerzeit jedenfalls nicht gelungen ist, zugunsten der Klägerin eine statische Versorgungszusage mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt in der BV 1987 festzuschreiben, bedurfte es der Vernehmung der von der Klägerin benannten Zeugen nicht. Das in das Wissen dieser Zeugen gestellte tatsächliche Vorbringen der Klägerin rechtfertigt die Anordnung der Vernehmung dieser Zeugen nicht. Soweit die Klägerin weiter darauf abstellt, dass bereits einen Monat nach Abschluss der BV 1987 die VBL-Satzung in der Fassung der 23. Satzungsänderung in Kraft getreten sei, folgt dem die Berufungskammer nicht. Die BV 1987 datiert vom 03.12.1987. Knapp einen Monat später ist allerdings die 23. Satzungsänderung (bzw. ein Teil davon) in Kraft getreten. Insoweit wird auf die Aufstellung verwiesen, die die VBL mit dem Schreiben vom 13.09.2004 zu Blatt 185 d.A. gereicht hat. Bei ihrer Argumentation übersieht die Klägerin, dass diese (= 23.) Satzungsänderung erst vom 26.10.1989 datiert und erst im Bundesanzeiger Nr. 244 vom 30.12.1989 bekannt gemacht wurde. Auf die 23. Satzungsänderung konnten die Betriebspartner - da damals überhaupt noch nicht erlassen - folglich am 03.12.1987 nicht abstellen. Bei der in der BV 1987 genannten VBL-Satzung in der Fassung der 21. Satzungsänderung handelt es sich exakt um die damals - am 03.12.1987 - aktuelle Fassung der VBL-Satzung. (Auch) dies ergibt sich aus der VBL-Übersicht (Bl. 185 d.A.). Demgemäß datiert nämlich die 22. Satzungsänderung erst vom 14.12.1987; diese Satzungsänderung ist erst am 23.04.1988 im BAnz. Nr. 77 mit Berichtigung im BAnz. 1987 vom 07.05.1988 bekannt gemacht worden. Beide Zeitpunkte - sowohl der 14.12.1987 als auch der 23.04.1988 - liegen zeitlich nach dem Tag des Abschlusses der BV vom 03.12.1987. Auf das Argument der Klägerin "Vermeidung einer Schlechterstellung" ist noch dahingehend einzugehen, dass nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin schlechter gestellt wird, wenn man die BV 1987 so auslegt, wie dies im vorliegenden Berufungsurteil im Anschluss an das Urteil vom 05.11.2001 - 7 Sa 416/01 - geschieht. Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin altersversorgungsmäßig so zu stellen, als wenn die Klägerin mit Wirkung vom 01.05.1974 an bei der VBL versichert gewesen wäre. Nur in diesem Umfang besteht die Versorgungsverpflichtung der Beklagten nach Grund und Höhe. Dass die Klägerin insoweit schlechter gestellt ist als die anderen von der BV 1987 erfassten Arbeitnehmer, ist nicht ersichtlich.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt. Die Rechtssache bzw. die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung. Darauf beruht die Zulassung der Revision.

Ende der Entscheidung

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