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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.11.2003
Aktenzeichen: 5 Sa 753/03
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, TVG, LandesprivatschulG


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 134
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 612
TVG § 3
TVG § 4
TVG § 5
LandesprivatschulG § 6
LandesprivatschulG § 28
LandesprivatschulG § 28 Abs. 1
LandesprivatschulG § 28 Abs. 5
LandesprivatschulG § 32
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Im Namen des Volkes Urteil

5 Sa 753/03

Verkündet am: 04.11.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Busemann als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Z und den ehrenamtlichen Richter Y als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des ArbG Koblenz -Ausw. Kammern Neuwied - vom 11.12.2002 - 11 Ca 2199/02 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

III. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 29.810,65 festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger ist seit dem 01.04.1993 bei dem Beklagten als Lehrer beschäftigt. Der Kläger verfolgt mit seiner Klage (restliche) Vergütungsansprüche für die Schuljahre "2000/2001" und "2001/2002", - d.h. für die Zeit vom 01.08.2000 bis zum 31.07.2002. Der Kläger beansprucht für das Schuljahr "2000/2001" an "Gehalt nach BAT" EUR 45.210,67 und für das Schuljahr "2001/2002" EUR 47.160,23.

Von diesen Beträgen zieht er die Vergütungen ab, die der Beklagte ihm für das Schuljahr "2000/2001" in Höhe von EUR 34.624,69 und für das Schuljahr "2001/2002" in Höhe von EUR 27.935,56 tatsächlich gezahlt hat. Der Kläger erstrebt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des sich hieraus ergebenden Differenzbetrages in Höhe von EUR 29.810,65.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des ArbG Koblenz -Ausw. Kammern Neuwied- vom 11.12.2002 - 11 Ca 2199/02 - (dort Seite 3 ff = Bl. 83 ff d.A.). Gegen das die Klage abweisende, am 06.05.2003 zugestellte Urteil vom 11.12.2002 - 11 Ca 2199/02 - hat der Kläger am 03.06.2003 Berufung eingelegt und diese am 05.08.2003 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (- vgl. dazu den Verlängerungsbeschluss vom 30.06.2003 - 5 Sa 753/03 -, Bl. 117 d.A. -) begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 05.08.2003 (Bl. 118 ff d.A.) verwiesen. Der Kläger macht dort insbesondere bezüglich der arbeitsvertraglichen Verfallklausel geltend, dass das Arbeitsgericht das Spannungsverhältnis zwischen den Ziffern 8. und 9. der "Vereinbarung über die Zusammenarbeit" nicht bzw. nicht ausreichend gewürdigt habe. Bei Zugrundelegung der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung bleibe im Ergebnis kein Anwendungs- bzw. Spielraum mehr für einen etwaigen Klärungsprozess im Rahmen der Friedenspflicht. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass es dem Beklagten aus den von ihm, dem Kläger, genannten Gründen verwehrt sei, sich auf die Verfallklausel zurückzuziehen. Der Beklagte - so der Vorwurf des Klägers - habe den Kläger sozusagen hingehalten, um ihn dann im Rechtsstreit mit der Verfallklausel zu konfrontieren.

Soweit es im Übrigen um die eigentliche Anspruchsgrundlage des Zahlungsbegehrens geht, macht der Kläger vor allem geltend, dass zumindest im Rahmen der Fürsorgepflicht, ein Feststellungsanspruch des Klägers auf ein entsprechendes angemessenes Gehalt bestehe. Insoweit entfalteten das LPrivSchG und die dazu ergangene Durchführungsverordnung "Drittwirkung" auch im Verhältnis der Parteien. Dazu führt der Kläger weiter aus.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des ArbG Koblenz -Ausw. Kammern Neuwied- vom 11.12.2002 - 11 Ca 2199/02 - den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 29.810,65 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 28.08.2003 (Bl. 154 ff d.A.), auf deren Inhalt wegen aller Einzelheiten verwiesen wird.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat ihr deswegen zu Recht nicht stattgegeben.

1.

Etwaige Ansprüche des Klägers für die Zeit vom 01.08.2000 bis zum 31.05.2002 sind gem. der Ziffer 9 - Verfallklausel - der "Vereinbarung über die Zusammenarbeit" (folgend: "Vereinbarung") verfallen, d.h. erloschen. Diese arbeitsvertragliche Verfallklausel hält sowohl der Einbeziehungskontrolle als auch der Inhaltskontrolle stand. Die Berufungskammer folgt den diesbezüglichen Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts (Urteil - 11 Ca 2199/02 - dort Seite 8 ff = Bl. 88 ff d.A.) und stellt dies hiermit ausdrücklich bezugnehmend gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt - was die Berufungskammer aufgrund eigenständiger Überprüfung festgestellt hat - keine von der Beurteilung des Arbeitsgerichts abweichende rechtliche Bewertung. Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht auch insoweit als es um die Fälligkeit der Ansprüche des Klägers sowie darum geht, dass es dem Beklagten nicht verwehrt ist, sich auf die Verfallklausel zu berufen.

Das vom Kläger erwähnte Spannungsverhältnis zwischen den Ziffern 8. und 9. der "Vereinbarung" besteht tatsächlich nicht. Die beiden Vorschriften haben unterschiedliche Anwendungsbereiche und Regelungsgegenstände. Alleine dadurch, dass ein Anspruch im Sinne des Satzes 1 der Ziffer 9. der "Vereinbarung" gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht wird, verstößt die (eine) Vertragspartei noch nicht gegen die in Ziffer 8. der "Vereinbarung" normierte Friedenspflicht. Soweit man in der - in der zweiten Stufe der "Verfallklausel" vorgesehenen - gerichtlichen Geltendmachung (Ziffer 9. Satz 3 der "Vereinbarung") nach allgemeinem Sprachgebrauch eine gewisse Störung der arbeitsvertraglichen Friedenspflicht erkennen wollte, haben die Parteien ein insoweit unter Umständen gegebenes Konkurrenzproblem eindeutig arbeitsvertraglich geregelt. Ziffer 8 der "Vereinbarung" sieht nämlich "gerichtliche Schritte", die zur "Terminwahrung" erforderlich sind, gerade nicht als einen Verstoß gegen die Friedenspflicht an. Vielmehr erlaubt die Ziffer 8 der "Vereinbarung" ausdrücklich derartige Schritte bzw. Maßnahmen. Damit stellt sich die gerichtliche Geltendmachung gem. Ziffer 9 Satz 3 der "Vereinbarung" kraft ausdrücklicher arbeitsvertraglicher Regelung nicht als Verstoß gegen die Friedenspflicht der Ziffer 8 der "Vereinbarung" dar. Soweit es um die Frage geht, ob der Beklagte den Kläger von der rechtzeitigen Geltendmachung von Ansprüchen abgehalten hat, reicht das tatsächliche Vorbringen des Klägers nicht aus, um einen Verstoß des Beklagten gegen die Grundsätze von Treu und Glauben feststellen zu können. (Auch) aus der vom Kläger mit der Berufungsbegründungsschrift vorgelegten Korrespondenz ergibt sich ein Verstoß des Beklagten gegen die in § 242 BGB normierten Grundsätze nicht. Insoweit heißt es im Schreiben vom 09.10.2001 unmissverständlich: "Sobald Ihr Mandant [- gemeintist der Kläger -] die aktuelle Gehaltsabrechnung seiner Ehefrau vorgelegt hat und sich daraus seine Berechtigung zum Bezug des Kinderzuschlages ergibt, wird dieser auch wieder ausgezahlt". Dieses Schreiben lässt nicht erkennen, dass der Beklagte den Kläger von der rechtzeitigen schriftlichen oder gerichtlichen Geltendmachung in treuwidriger Weise abgehalten hätte.

2.

Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf § 69 Abs. 2 ArbGG auch darin, dass es für das vom Kläger verfolgte Zahlungsbegehren an der notwendigen Anspruchsgrundlage fehlt.

a) Soweit es um etwaige Kinderzuschläge gem. § 3 Ziffer 2 der Gehaltsordnung geht, hat der Kläger weder hinreichend dargelegt, noch nachgewiesen, dass er der "Hauptverdiener" im Sinne der Zuschlagsregelung ist.

b) Soweit der Kläger eine Vergütung "nach BAT" verlangt, kann dahingestellt bleiben, inwieweit die diesbezügliche Berechnung als solche schlüssig ist. Jedenfalls ist darauf zu verweisen, dass weder die entsprechenden Vergütungstarifverträge für den öffentlichen Dienst noch die Tarifverträge über Zulagen, Zuwendung und Urlaubsgeld für allgemeinverbindlich im Sinne des § 5 TVG erklärt worden sind. Anhaltspunkte für eine beiderseitige Tarifgebundenheit im Sinne der §§ 3 und 4 TVG sind nicht ersichtlich. Es liegt auch keine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die vorgenannten tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes vor. Die Parteien haben die Vergütung vielmehr so geregelt ,wie sich dies aus der "Vereinbarung" nebst Gehaltsordnung ergibt. Diese privatautonom getroffene Vereinbarung ist weder gem. § 134 BGB nichtig, noch gem. § 138 BGB sittenwidrig.

Die Vergütungsvereinbarung der Parteien verstößt insbesondere nicht gegen ein gesetzliches Verbot. Weder dem Landesprivatschulgesetz, noch der hierzu erlassenen Durchführungsverordnung lässt sich eine Regelung entnehmen, die eine Vergütungsvereinbarung - wie sie vorliegend die Parteien getroffen haben - untersagt. Soweit in § 6 des Landesprivatschulgesetzes die genügende Sicherung der wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung der Lehrer verlangt wird, hat diese Regelung lediglich Bedeutung für das Verhältnis des Beklagten zum Land Rheinland-Pfalz. Ein Anspruch des Klägers darauf, Bezahlung nach den eben erwähnten tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes zu erhalten, lässt sich daraus nicht ableiten.

Weder dem Landesprivatschulgesetz noch der hierzu erlassenen Durchführungsverordnung lässt sich ein Genehmigungsvorbehalt dahingehend entnehmen, dass eine ohne Genehmigung abgeschlossene Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien zwar nicht nichtig, wohl aber schwebend unwirksam wäre. Zwar heißt es in § 32 Landesprivatschulgesetz, dort im Absatz 1 Satz 2, dass eine Schule in freier Trägerschaft, die öffentliche Finanzhilfe beansprucht, bei einem Antrag nach § 28 Abs. 1 oder 5 Landesprivatschulgesetz insbesondere nachzuweisen hat, dass sie den Lehrern Bezüge nach staatlichen Grundsätzen gewährt. (Auch) aus dieser Vorschrift ergibt sich aber kein Genehmigungsvorbehalt, der unter Umständen zu einer schwebenden Unwirksamkeit - oder gar zur Nichtigkeit - arbeitsvertraglicher Vergütungsvereinbarungen - führen würde. Die in § 32 Abs. 1 S. 2 in Bezug genommene Vorschrift des § 28 Landesprivatschulgesetz regelt die Verfahrensweise bei der Gewährung von Beiträgen zu den Personal- und Sachkosten einer staatlich anerkannten Ersatzschule. Auch in diesem Zusammenhang ist die Frage, ob der Beklagte seinen Lehrern Bezüge nach staatlichen Grundsätzen gewährt, alleine von Bedeutung für das Verhältnis des Beklagten zum Land Rheinland-Pfalz. Entsprechendes gilt für die in § 32 der Durchführungsverordnung zum Landesprivatschulgesetz enthaltene Regelung.

Ist hiernach ein Rückgriff auf § 612 BGB nicht über § 134 BGB möglich, so kommt ein solcher - wie das Arbeitsgericht überzeugend ausgeführt hat - vorliegend auch nicht aufgrund des § 138 BGB in Betracht. Dem tatsächlichen Vorbringen des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers lassen sich die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Nichtigkeit gem. § 138 Abs. 1 und Abs. 2 BGB nicht entnehmen.

c) Soweit es um eine etwaige Gehaltsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage geht, so ist es nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkanntes Recht, dass der Wegfall oder die Veränderung bzw. Störung der Geschäftsgrundlage (nur) dann erheblich wird, wenn und soweit das Festhalten an der ursprünglichen Regelung ein Verstoß gegen Treu und Glauben wäre. Enthält bereits der Vertrag nach seinem Inhalt Regeln für das Fehlen, den Wegfall oder die Änderung bestimmter Umstände, scheidet eine Anpassung gem. § 242 BGB aus (vgl. BGH vom 01.02.1984 - VIII ZR 54/83 -). Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die am Ende der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Gehaltsordnung (dort § 6 S. 2) enthaltene Bestimmung eine ausreichende Regelung für Fehlen, Wegfall oder Änderung bestimmter Umstände enthält und ob der Kläger vorrangig darauf zu verweisen ist. Immerhin ist dort vorgesehen, dass in jedem Schuljahr Vorstand, Finanzkreis, Personalkostenkreis und IK gemeinsam auf Antrag eines Mitarbeiters die Gehaltsordnung überprüfen und bei einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung der Schule und/oder aufgrund von sozialen Notwendigkeiten Änderungen beschließen können. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, reicht das tatsächliche Vorbringen des Klägers im Übrigen jedoch nicht aus, um in Bezug auf die streitgegenständlichen Zeiträume und Ansprüche feststellen zu können, dass das Festhalten des Beklagten an der von ihm angewandten Vergütungsregelung für den Kläger zu einem gem. § 242 BGB nicht mehr hinnehmbaren Ergebnis führen würde. Schließlich hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung auch einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus positiver Forderungsverletzung verneint. Das Arbeitsgericht hat insoweit genügend substantiierten Sachvortrag des Klägers vermisst. Diese Lücke im Sachvortrag hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht ausreichend geschlossen.

II.

Die Kosten seiner hiernach erfolglosen Berufung muss gem. § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger tragen. Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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