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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 17.02.2004
Aktenzeichen: 5 TaBV 2001/03
Rechtsgebiete: BetrVG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BetrVG § 37
BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 37 Abs. 6 S. 3
BetrVG § 40
BetrVG § 40 Abs. 1
ArbGG § 81 Abs. 3
ArbGG § 81 Abs. 3 S. 1
ArbGG § 87 Abs. 2 S. 3 Halbsatz 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 264 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 TaBV 2001/03

Verkündet am: 17.02.2004

Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des ArbG Mainz vom 21.10.2003 - 2 BV 2005/03 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Der Arbeitgeber teilte dem Betriebsrat mit dem Schreiben vom 21.05.2003 (Bl. 7 d.A.) mit, dass die Kosten für den Besuch des Seminars "Mobbing - Diskriminierung am Arbeitsplatz Teil I" vom 10.11.2003 bis zum 14.11.2003 in Hamburg nicht übernommen würden.

Der Betriebsrat leitete mit der Antragsschrift vom 08.07.2003 das vorliegende Beschlussverfahren mit dem Antrag ein,

den Antragsgegner (Arbeitgeber) zu verpflichten, die Teilnahme der Betriebsratsvorsitzenden X. W. an dem Seminar "Mobbing - Diskriminierung am Arbeitsplatz Teil I" vom 10.11.2003 bis 14.11.2003 in Hamburg zu gestatten und die Kosten für die Seminarteilnahme zu übernehmen.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses des ArbG Mainz vom 21.10.2003 - 2 BV 2005/03 - (dort Seite 2 ff = Bl. 56 ff d.A.). Gegen den den Antrag zurückweisenden Beschluss vom 21.10.2003 - 2 BV 2005/03 -, dem Betriebsrat am 03.11.2003 zugestellt, hat der Betriebsrat am 25.11.2003 (mit der Beschwerdeschrift vom 24.11.2003) Beschwerde eingelegt und diese am 29.12.2003 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz des Betriebsrates vom 22.12.2003 (Bl. 79 ff d.A.) verwiesen. Ergänzend äußert sich der Betriebsrat mit dem Schriftsatz vom 09.02.2004 (Bl. 117 ff d.A.), worauf ebenso verwiesen wird wie auf die Betriebsratsbeschlüsse, die der Betriebsrat mit dem Schriftsatz vom 09.02.2004 zur Gerichtsakte gereicht hat (- nämlich: Beschluss vom 26.06.2003 hinsichtlich der Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten RA D., ein Beschlussverfahren einzuleiten; Beschluss vom 13.11.2003 hinsichtlich der Einlegung der Beschwerde und (ebenfalls) vom 13.11.2003 hinsichtlich der Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten RA D. mit der Beschwerdeführung, - s. Bl. 120 ff d.A.).

In der Beschwerdebegründung weist der Betriebsrat u.a. darauf hin, dass ihm mittlerweile die drei - auf Seite 3 der Beschwerdebegründungsschrift vom 22.12.2003 genannten - Mobbingkomplexe vorliegen würden (s. dazu insbesondere Bl. 81 d.A. und Bl. 90 f d.A. = S. 12 f der Beschwerdebegründungsschrift).

Er, - so führt der Betriebsrat weiter aus -, könne zunächst nur die subjektive Wahrnehmung der betroffenen Arbeitnehmerinnen mitteilen, - diese hätten sich aber hilfesuchend an ihn gewandt und ihrerseits die Auffassung vertreten, dass es sich um ein gravierendes Mobbingverhalten entweder der Vorgesetzten, der Kollegen oder des Arbeitgebers handele. Der Betriebsrat sei bereit, bei Wahrung der Vertraulichkeit, im einzelnen Namen zu nennen bzw. im Rahmen einer sachgerechten Diskussion diese Namen offen zu legen, um das Mobbingverhalten abzustellen. Im Rahmen seiner weiteren Ausführungen vertritt der Betriebsrat die Auffassung, dass keinem Betriebsratsmitglied zugemutet werden könne, auf eigene Kosten ein Betriebsratsseminar zu besuchen, dessen Erforderlichkeit der Arbeitgeber bestreite; wenn es zu einer Negativentscheidung über die Erforderlichkeit komme, bleibe das Betriebsratsmitglied auf seinen eigenen Kosten "sitzen". Von daher mache es keinen Sinn, die Betriebsräte auf eine einstweilige Verfügung zu beschränken. Nach Ansicht des Betriebsrates muss es möglich sein, der abstrakt vom Arbeitgeber behaupteten Position, es gäbe keinerlei Anlass für eine Betriebsratsschulung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG, mit einem konkreten, aktuell betriebsbezogenen Vortrag entgegen zu treten. Nur so wäre es möglich, eine Sachverhaltsgestaltung wie vorliegend auszuschließen, - dass nämlich das vom Betriebsrat per Beschluss vorgesehene Seminar bereits abgelaufen sei, wenn eine rechtskräftige Entscheidung ergehe.

Der Betriebsrat wirft dem Arbeitsgericht vor, die Besonderheiten des vorliegenden Falles, - aber auch die Rechtsprechung des BAG nicht hinreichend berücksichtigt zu haben.

Es sei falsch, dass Thema "Mobbing" unter die Kategorie "Spezialwissen des Betriebsrates" zu subsumieren. Es könne nicht darauf ankommen, ob bereits ein konkreter Sachverhalt eingetreten sei oder nicht, sondern es müsse der Betriebsrat von vornherein in der Lage sein, anstehende Probleme offensiv aufzugreifen, abzuarbeiten und zu lösen. Der Betriebsrat sieht eine deutliche Parallele zur Thematik "Arbeitssicherheit" aus der BAG-Entscheidung vom 15.05.1986 - 6 ABR 74/83 - AP Nr. 54 zu § 37 BetrVG 1972. Nach näherer Maßgabe seines weiteren Vorbringens regt der Betriebsrat die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Auch bezieht er sich auf die Entscheidungen des BAG AP Nr.n 18 und 35 zu § 37 BetrVG 1972. Die Gesamtbetriebsvereinbarung (vom 15.09.2000, Bl. 11 ff d.A.) stelle einen indiziellen Rahmen dafür dar, dass das Thema "Mobbing" im Unternehmen und damit auch im Betrieb als allgemeines Thema bekannt, aufgegriffen und geregelt worden sei. Wenn dem aber so sei, dann sei es gerechtfertigt, diesen Themenbereich als so grundlegend zu bezeichnen, dass der Betriebsrat auch ohne aktuellen, fallbezogenen Anlass in der Lage sein müsse, sich die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen.

Unabhängig davon seien hier aber auch - so meint der Betriebsrat weiter - die Anforderungen des BAG für die Fallgestaltungen, die unter dem Terminus "Spezialwissen" abgehandelt würden, erfüllt. Er, der Betriebsrat, habe eine aktuelle Problem- und Konfliktlage vorgetragen. Die (entsprechenden) Mitarbeiter hätten dem Betriebsrat gegenüber die Befürchtung geäußert, dass eine Offenbarung ihrer Mobbing-Opferlage zu negativen Konsequenzen führen könnte. Die Mitglieder des Betriebsrates benennen sich zum Beweis dafür, dass die Mobbingfälle an den Betriebsrat herangetragen worden seien; die Betriebsratsmitglieder stünden dafür - ggf. im Wege (auch) der Beteiligtenanhörung - zur Verfügung.

Der Betriebsrat beantragt,

1. festzustellen, dass die Teilnahme der Betriebsratsvorsitzenden X. W. an dem Seminar "Mobbing-Diskriminierung am Arbeitsplatz Teil I" vom 10.11.2003 bis zum 14.11.2003 in Hamburg erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG gewesen wäre und

2. den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller zu gestatten, die Betriebsratsvorsitzende auf ein Seminar mit dem Thema "Mobbing - Diskriminierung am Arbeitsplatz Teil I" für die Dauer von 5 Arbeitstagen mit dem Inhalt, den das in Hamburg in dem genannten Zeitraum veranstaltete Seminar hat, im Jahre 2004 zu entsenden, sofern und so lange die zeitliche Lage dieses Seminars den betrieblichen Notwendigkeiten entspricht;

3. - hilfsweise - festzustellen, dass der Antragsteller berechtigt ist, die Betriebsratsvorsitzende zu einem Schulungsseminar zum Thema "Mobbing" zu entsenden.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrates zurückzuweisen.

Der Arbeitgeber verteidigt den Beschluss des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen in der Beschwerdebeantwortung vom 29.01.2004 (Bl. 112 ff d.A.), auf die verwiesen wird. Der Arbeitgeber rügt dort insbesondere, dass sich der Vortrag des Betriebsrates auf die bloße Behauptung beschränke, dass im Betrieb Mobbing tatsächlich stattfinde. Die angeblichen Vorfälle würden (jedoch) weder zeitlich, noch inhaltlich hinsichtlich der daran beteiligten Personen konkretisiert. Der Arbeitgeber hält die Substantiierung der drei Sachverhalte, auf die der Betriebsrat den konkreten Schulungsbedarf stützen wolle, für völlig unzureichend.

Aus der Existenz der Gesamtbetriebsvereinbarung kann nach Ansicht des Arbeitgebers ebenfalls kein Schulungsbedarf abgeleitet werden. Auch komme eine Gleichsetzung von Mobbing mit dem Thema "Arbeitsschutz und Unfallverhütung und Arbeitssicherheit" nicht in Betracht.

Der Arbeitgeber bestreitet die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrates hinsichtlich der Maßnahmen, die mit den zweitinstanzlich geltend gemachten Anträgen verfolgt werden sollen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

B.

I.

Die Beschwerde erweist sich bereits als unzulässig (§ 89 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 ArbGG). Das Arbeitsgericht hat die Zurückweisung des Antrages nicht nur damit begründet, dass der Betriebsrat nicht ausreichend zur Frage der "Erforderlichkeit" (- konkreter Schulungsbedarf -) vorgetragen habe, sondern auch darauf, dass der Betriebsrat trotz einer entsprechenden Rüge des Arbeitgebers nicht dargetan habe, dass seinem Begehren ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss zugrunde liege. Bei dem zuletzt genannten Argument handelt es sich um eine die Zurückweisung des Antrages selbständig tragende Begründung (- vgl. dazu den gerichtlichen Hinweis vom 02.02.2004 - 5 TaBV 2001/03 -, Bl. 116 d.A.). Dies hat das Arbeitsgericht - (auch) optisch hervorgehoben - dadurch deutlich gemacht, dass es diesen Teil der Entscheidungsgründe unter der Ziffer II. 1. unter einem eigenen Gliederungspunkt - getrennt von der weiteren Argumentation unter Ziffer II. 2. - erörtert hat.

Der erstinstanzlich vom Betriebsrat gestellte Antrag war von mehreren Anspruchsvoraussetzungen abhängig. Dazu gehörte insbesondere auch der Nachweis einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Kostentragung setzt einen wirksamen Entsendebeschluss des Betriebsrates voraus. Mit der diesbezüglichen - selbständig tragenden - Begründung setzt sich die Beschwerdebegründung des Betriebsrates nicht auseinander. Diese Lücke in der Beschwerdebegründung führt zur Unzulässigkeit der Beschwerde. Hat das Arbeitsgericht seine Entscheidung - wie hier im Beschluss vom 21.10.2003 - auf mehrere voneinander unabhängige, selbständige rechtliche Erwägungen gestützt, so muss sich die Rechtsmittelbegründung des jeweiligen Rechtsmittelführers innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist mit sämtlichen Begründungen auseinandersetzen. Geschieht dies (- wie hier in Bezug auf die Begründung: "ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss ist nicht dargetan" -) nicht, ist das Rechtsmittel unzulässig, da die Begründung des Arbeitsgerichts nicht insgesamt zur Überprüfung durch das LAG gestellt wurde.

II.

Die Beschwerde bleibt - worauf der vorliegende Beschluss ebenfalls gestützt wird - aber auch unabhängig von dem unter B I. erörterten Argument erfolglos.

1.

Der Feststellungsantrag zu 1. erweist sich als unbegründet.

a) Insoweit liegt eine entsprechend § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Antragsbeschränkung (- und keine gem. den §§ 81 Abs. 3 und 87 Abs. 2 S. 3 Halbsatz 2 ArbGG zu beurteilende Antragsänderung -) vor. Der Betriebsrat will mit der entsprechenden Antragsbeschränkung dem Umstand Rechnung tragen, dass seinem erstinstanzlich gestellten Antrag mit dem damaligen Inhalt jedenfalls deswegen nicht (mehr) entsprochen werden kann, weil das erstinstanzlich verfahrensgegenständliche Seminar in Hamburg bereits (- während des in der Vergangenheit liegenden Zeitraumes vom 10.11. bis zum 14.11.2003 -) stattgefunden hat.

b) Zwar bestehen Bedenken, ob sich der Feststellungsantrag, den der Betriebsrat zu Ziffer 1. im Beschwerdeverfahren stellt, auf ein (Teil-)Rechtsverhältnis bzw. ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO bezieht. Die Frage der "Erforderlichkeit" der Teilnahme an dem konkreten Seminar in Hamburg betrifft wohl nur ein Element eines vergangenen Rechtsverhältnisses. Auch ist es nicht ohne weiteres einleuchtend, dass das nach dieser Bestimmung weiter erforderliche rechtliche Interesse gegeben ist. Es ist spricht einiges dafür, dass die vom Betriebsrat angestrebte Feststellung ausschließlich vergangenheitsbezogen und ohne jeden Gegenwartsbezug ist. Für eine ausschließlich vergangenheitsbezogene Feststellung spricht, dass weder für den Betriebsrat, noch für die Betriebsratsvorsitzende mit dem Hamburger Seminar Kosten verbunden gewesen sind. Es ist nicht ersichtlich, dass sich aus der vom Betriebsrat mit dem Antrag zu 1. begehrten Feststellung noch konkrete Folgen für die Gegenwart oder Zukunft ergeben könnten. § 256 Abs. 1 ZPO findet auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren Anwendung. Für eine nur in die Vergangenheit gerichtete Feststellung, aus der keinerlei Rechtswirkungen für die Zukunft folgen, besteht ein solches Rechtsschutzinteresse regelmäßig nicht. Es ist - nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung (- s. dazu die Nachweise bei Matthes in GMPM-G 4. Aufl. ArbGG § 81 Rz 25 f -) - nicht ohne weiteres Aufgabe der Gerichte, einem Beteiligten zu bescheinigen, ob er im Recht war oder nicht, und auch nicht, eine ggf. alle Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären.

Die Beschwerdekammer möchte aus Gründen der Rechtssicherheit (Einheitlichkeit der Rechtsprechung) jedoch nicht von der Rechtsauffassung abweichen, die dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 10.06.1974 - 1 ABR 136/73 - zu Grunde liegt (vgl. auch BAG vom 16.03.1976 - 1 ABR 43/74 -). Mit Rücksicht auf die zitierte Rechtsprechung wird deswegen die Zulässigkeit des im Beschwerdeverfahrens zu 1. gestellten Feststellungsantrages bejaht.

c) Dieser Feststellungsantrag erweist sich jedoch als unbegründet.

aa) Der Betriebsrat hat es (auch) im Beschwerdeverfahren versäumt, - bezogen auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt - einen konkreten Schulungsbedarf darzulegen. Es ist anerkanntes Recht, dass der Betriebsrat in einem Fall der vorliegenden Art eine betriebliche Konfliktlage darlegen muss, aus der sich für ihn - im Zeitpunkt des Entsendebeschlusses - ein Handlungsbedarf zur Wahrnehmung einer gesetzlichen Aufgabenstellung ergibt und zu deren Erledigung er das auf der Schulung vermittelte Wissen benötigt (vgl. BAG vom 15.01.1997 - 7 ABR 14/96 -). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung bezieht, ob ein vernünftiger Dritter unter den im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrates gegebenen Umständen eine derartige Entscheidung (= Entsendebeschluss/hier: Entsendung zu dem Seminar "Mobbing - Diskriminierung am Arbeitsplatz Teil I") getroffen hätte. Die gerichtliche Überprüfung hat also die Prüfungspflicht des Betriebsrates im Zeitpunkt seines Entsendebeschlusses zur Grundlage (vgl. BAG vom 07.06.1989 - 7 ABR 26/88 -; vom 28.04.1988 - 6 AZR 39/86 - und vom 17.06.1998 - 7 ABR 25/97 -).

Legt man - soweit es um den Zeitpunkt des Entsendebeschlusses des Betriebsrates geht - das vom Betriebsrat mit dem Schriftsatz vom 09.02.2004 vorgelegte Sitzungsprotokoll über die Betriebsratssitzung vom 26.06.2003 zugrunde, so hat der Betriebsrat den Entsendebeschluss am 26.06.2003 gefasst. Nicht ersichtlich ist, dass damals - d. h. am 26.06.2003 - ein konkreter Schulungsbedarf bzw. ein entsprechender aktueller Handlungsbedarf im Sinne des Beschlusses des BAG vom 15.01.1997 - 7 ABR 14/96 - bestanden hätte.

bb) Auf der Veranstaltung (- vom 10.11. bis zum 14.11.2003 in Hamburg "Mobbing ... Teil I") ist kein Grundwissen vermittelt worden, bei dem eine nähere Darlegung zur Erforderlichkeit der Wissensvermittlung verzichtbar wäre. Die Schulung befasste sich vielmehr mit einem speziellen Thema, bei dem nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Betriebsrat dieses Wissen unabhängig von der jeweiligen betrieblichen Lage zur sachgerechten Bewältigung seiner gesetzlichen Aufgabenstellung stets benötigt. Die Beschwerdekammer ist unter Berücksichtigung und nach Überprüfung der diesbezüglichen Argumentation des Betriebsrates der Auffassung, dass die vom Bundesarbeitsgericht im Beschluss vom 15.01.1997 - 7 ABR 14/96 - dargelegten Grundsätzen (weiter) zutreffend sind und auf eine Fallgestaltung der vorliegenden Art zu übertragen sind. Aus diesem Grunde hätte der Betriebsrat - bezogen auf den seinerzeitigen Entsendebeschluss - einen aktuellen betriebs- oder betriebsratsbezogenen Anlass, aus dem sich ein entsprechender Schulungsbedarf hätte ergeben können, darlegen müssen. Daran hat es der Betriebsrat fehlen lassen. Soweit es um die Würdigung des erstinstanzlichen Vorbringens des Betriebsrates zu diesem Punkt geht, folgt die Beschwerdekammer den diesbezüglichen Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts im Beschluss vom 21.10.2003 (dort insbesondere S. 7 f = Bl. 61 f d.A.) und stellt dies hiermit ausdrücklich bezugnehmend fest. Für die Würdigung der vom Betriebsrat im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Anlassfälle (s. dazu insbesondere Seite 3 des Schriftsatzes vom 22.12.2003) gilt im Ergebnis nichts anderes. Diesbezüglich bestehen bereits durchgreifende Bedenken gegen die Annahme, die dort allgemein beschriebenen Vorgänge hätten sich bereits vor bzw. im Zeitpunkt des seinerzeitigen Entsendebeschlusses ereignet. Diese Bedenken ergeben sich daraus, dass der Betriebsrat darauf hinweist, dass ihm mittlerweile neben dem schon (erstinstanzlich) vorgetragenen Sachverhalt drei Mobbingkomplexe vorliegen würden. Trotz entsprechender ausdrücklicher Rüge des Arbeitgebers in der Beschwerdebeantwortung hat der Betriebsrat sein Vorbringen hinsichtlich der (angeblich) vorliegenden "Mobbingkomplexe" nicht weiter in eine Darstellung konkreter Einzelheiten zergliedert. Insbesondere ist nicht dargetan, wann datumsmäßig genau (- vor der Beschlussfassung vom 26.06.2003 ?) die behaupteten Mitteilungen von Mitarbeiterinnen gegenüber dem Betriebsrat erfolgt sein sollen. Schon deswegen kann nicht festgestellt werden, dass die Teilnahme der Betriebsratsvorsitzenden an dem verfahrensgegenständlichen Seminar "Mobbing ..." erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG gewesen wäre.

2.

Der Leistungsantrag zu 2. erweist sich als unzulässig.

a) Eine Antragserweiterung bzw. Antragsänderung liegt insoweit vor, als es dem Betriebsrat im Beschwerdeverfahren nunmehr auch um die Verpflichtung des Arbeitgebers geht, dem Betriebsrat - nach näherer Maßgabe dieses Antrages - die Entsendung der Betriebsratsvorsitzenden auf ein Seminar mit dem Thema "Mobbing ..." zu gestatten. Der Arbeitgeber hat sich in der Beschwerdebeantwortung, ohne zu widersprechen, (auch) auf den geänderten Antrag des Betriebsrates eingelassen. Damit gilt die Zustimmung des Arbeitgebers zur Änderung des Antrages als erteilt. Unabhängig davon ist die Antragsänderung sachdienlich im Sinne des § 81 Abs. 3 S. 1 ArbGG in Verbindung mit § 87 Abs. 2 S. 3 Halbsatz 2 ArbGG.

b) Der Leistungsantrag ist (gleichwohl) unzulässig.

aa) Der Betriebsrat begehrt nach näherer Maßgabe dieses Antrages die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Vornahme einer Handlung. Ein diesbezügliches Rechtsschutzbedürfnis des Betriebsrates ist jedoch zu verneinen. Bei Vorliegen der erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen (- § 37 Abs. 6 BetrVG -), bedarf es für eine Fallkonstellation der vorliegenden Art überhaupt keiner Gestattung des Arbeitgebers. Liegen die Voraussetzungen des § 37 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 2 und § 40 BetrVG vor, darf der Betriebsrat einen Entsendebeschluss fassen, ohne dass die Entsendung (auch noch) der Arbeitgeber gestatten müsste. Es ist anerkanntes Recht, dass Voraussetzung einer jeden Klage - entsprechendes gilt für den Antrag im Beschlussverfahren - das Vorhandensein eines Rechtsschutzbedürfnisses ist. Bei Leistungsklagen bzw. Anträgen wegen fälliger Ansprüche bedarf es allerdings grundsätzlich nicht der besonderen Darlegung eines solchen Bedürfnisses, weil dieses regelmäßig aus der Behauptung der Nichtbefriedigung des sachlich-rechtlichen Anspruches folgt. Bedarf es aber einer solchen Verurteilung bzw. Verpflichtung zur Befriedigung des Gläubigers - hier: des Betriebsrates - nicht, so fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Leistungsanspruch gleichwohl gerichtlich geltend gemacht wird. So verhält es sich vorliegend. Dem Betriebsrat steht hier ein einfacherer Weg zur Verfügung, um sein Ziel zu erreichen. Er kann - soweit die gesetzlichen Voraussetzungen (s. dazu insbesondere die §§ 29, 33, 37 Abs. 2 und 6 sowie § 40 Abs. 1 BetrVG) erfüllt sind - ohne Gestattung des Arbeitgebers die Entsendung beschließen.

bb) Das Rechtsschutzbedürfnis ist bezüglich des Antrages zu 2. aber auch deswegen zu verneinen, weil es für die Frage der Erforderlichkeit - wie bereits oben erwähnt - u.a. darauf ankommt, ob im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (- das ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrates -) ein konkreter aktueller betriebs- oder betriebsratsbezogener (Schulungs-)Anlass gegeben ist oder nicht. Ein derartiger Handlungsbedarf kann nicht ein für allemal festgeschrieben werden. Sein Fortbestehen oder erstmaliges Entstehen oder sein Wegfall können nicht unabhängig von der jeweiligen betrieblichen Lage im Zeitpunkt des Entsendebeschlusses unterstellt werden.

cc) Der Leistungsantrag erweist sich schließlich auch mit Rücksicht auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Bestimmtheitserfordernis) als unzulässig. Dem Arbeitgeber soll hier eine Handlungspflicht (= die Gestattung der Entsendung) auferlegt werden. In einem derartigen Fall kommt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO besondere Bedeutung zu. Für den in Anspruch genommenen Beteiligten (- hier: den Arbeitgeber) muss aufgrund einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung eindeutig klar sein, was von ihm verlangt wird. Die Prüfung, welche Maßnahmen (- hier: Gestattung) der Schuldner/Antragsgegner vorzunehmen hat, darf nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer gerichtlich titulierten Verpflichtung nachgekommen ist, - nicht aber wie diese inhaltlich gestaltet ist. Zwar ist ggf. - nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung - eine Antragsauslegung möglich und geboten. Diese Möglichkeit führt hier jedoch nicht zu einer hinreichenden Präzisierung des Antragsbegehrens. Der vorliegende Leistungsantrag genügt infolge der Einschränkung durch den Nebensatz "sofern und solange die zeitliche Lage dieses Seminars den betrieblichen Notwendigkeiten entspricht" nicht den sich aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ergebenden Anforderungen.

3.

Der Hilfsantrag (Feststellungsantrag) ist zwar zulässig, jedoch unbegründet.

a) Dieser Feststellungsantrag bezieht sich auf ein (Teil-)Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Er ist genügend bestimmt. Er erstreckt sich auf alle hiernach für ein Schulungsseminar zum Thema "Mobbing" ergebenden (Entsendungs-)Fallgestaltungen. Es ist anerkanntes Recht, dass das Bestehen, der Inhalt oder der Umfang eines Mitbestimmungsrechts oder eines sonstigen sich für den Betriebsrat aus dem BetrVG ergebenden Rechts losgelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden kann, wenn die Streitfrage oder Maßnahme, für die ein solches Recht in Anspruch genommen wird, häufiger im Betrieb auftritt bzw. sich auch zukünftig jederzeit wiederholen kann. Eine gerichtliche Entscheidung kann u. U. in der Lage sein, das betreffende Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten umfassend zu klären und seinen Inhalt auch für die Zukunft hinreichend konkret festzustellen. Voraussetzung ist, dass ein Antrag, der mehrere mögliche Einzelfälle erfasst (Globalantrag), inhaltlich hinreichend bestimmt ist und keine Zweifel darüber entstehen lässt, für welche Maßnahmen im einzelnen ein betriebsverfassungsrechtliches Recht des Betriebsrates bestehen soll. Dies ist erforderlich, um für den Umfang der Rechtskraft klare und eindeutige Verhältnisse zu schaffen. Vorliegend beschreibt der Hilfsantrag/Feststellungsantrag die vom Anlassfall (= Entsendebeschluss vom 26.06.2003/Seminar vom 10.11. bis 14.11.2003 in Hamburg) losgelöste allgemeine Frage hinreichend deutlich. Er ist weit gefasst und deckt alle denkbaren Fallgestaltungen ab.

b) Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil von der weiten Antragsfassung zumindest auch eine Fallgestaltung erfasst ist, bei der der Betriebsrat nicht berechtigt ist, die Betriebsratsvorsitzende zu einem Schulungsseminar zum Thema "Mobbing" zu entsenden. Der Feststellungsantrag deckt z. B. auch die Fallgestaltung ab, dass der Betriebsrat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an einem derartigen Seminar die betrieblichen Notwendigkeiten nicht berücksichtigt hat (-, obwohl § 37 Abs. 6 S. 3 BetrVG dem Betriebsrat insoweit die Berücksichtigung der betrieblichen Notwendigkeiten vorschreibt). Der weitgefasste (Global-)-Antrag deckt auch die Fallgestaltung ab, dass im Zeitpunkt des - ohnehin erforderlichen - Entsendebeschlusses des Betriebsrates ein erstmaliger oder ein fortbestehender aktueller Handlungsbedarf (= konkreter Schulungsbedarf im Sinne des BAG-Beschlusses vom 15.01.1997 - 7 ABR 14/96 -) zu verneinen ist. Dies führt zur Zurückweisung des Hilfsantrages als unbegründet.

C.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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