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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.07.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 1015/05
Rechtsgebiete: BGB, BetrVerfG, KSchG


Vorschriften:

BGB § 119
BGB § 121
BGB § 124
BGB § 124 Abs. 1
BetrVerfG § 102
BetrVerfG § 103
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 1015/05

Entscheidung vom 20.07.2006

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22.07.2005 - AZ: 6 Ca 675/04 - wird zurückgewiesen ebenso wie die Berufung des Klägers.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.

Für den Kläger gibt es kein Rechtsmittel.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, welche die Beklagte mit Schreiben vom 26.03.2004 als ordentliche und hilfsweise außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit Auslauffrist aus betriebsbedingten Gründen erklärt hat und um die Frage, welcher Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.

Die Beklagte betreibt früher als Z. firmierend einen Klinikbetrieb mit Rheuma-Krankenhaus und zwei Rehabilitationskliniken, in denen 220 Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Am 29.03.2000 haben die Parteien einen ab 01.04.2000 geltenden Arbeitsvertrag unterschrieben, wonach der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in Privatkrankenanstalten in der jeweils gültigen Fassung gelten solle, wobei bis dahin die Geltung des Bundesmanteltarifvertrages (BMT-G) vereinbart gewesen ist.

Der Kläger, welcher seit 01.03.1986 für die R-H AG und ab 01.05.2000 für die Beklagte als Arbeiter seit der Vertragsänderung mit 25 Wochenstunden beschäftigt ist, ist Ersatzmitglied des im Betrieb der Beklagten gewählten aus neun Mitgliedern bestehenden Betriebsrates.

Der Kläger hat seine Klage, welche am 16.04.2004 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, im Wesentlichen damit begründet,

dass die Kündigung, mit der die Beklagte die bislang gezahlte Weihnachtsgeldleistung ab dem Jahre 2004 einstellen wolle, deshalb unwirksam sei, weil der Wille der Beklagten, Kosten zu senken, noch keinen Kündigungsgrund zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung darstelle, zumal die von ihr befürchteten und behaupteten Einkommensverluste auf Dauer nicht zu befürchten seien.

Die Kündigung sei darüber hinaus tarifwidrig, weil auch nach dem Tarifvertrag für die Privatkrankenanstalten edF vom 30.01.1992 dem Kläger ein Weihnachtsgeld in Höhe von 100,99 % des September-Einkommens zustünde.

Die Kündigung sei zudem unwirksam, weil er Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied genieße und am 26.03.2004 an einer Betriebsratssitzung teilgenommen habe.

Für die hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung gebe es keinen wichtigen Grund.

Zudem richte sich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses nach wie vor nach dem mit der X. am 27.02.1986 abgeschlossenen Arbeitsvertrag, weswegen der BAT anzuwenden sei. Die Änderungsvereinbarung vom 29.03.2000, mit der lediglich die Arbeitszeit und die entsprechende Vergütung abgeändert worden sei, habe er nur auf Druck der Beklagten hin unterschrieben. Die Vereinbarung, die den Wechsel der anwendbaren Tarifverträge beinhalte, habe er mit Schreiben vom 10.02.2005 angefochten.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch außerordentliche, noch durch die ordentliche Änderungskündigung vom 26.03.2004 geändert wird, sondern zu den Bedingungen des schriftlichen Arbeitsvertrags mit der X. vom 27.02.1986, hilfsweise zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages mit der Beklagten vom 29.03.2000 fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dieser Antrag ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass die Betriebsratsanhörung deshalb wirksam durchgeführt worden sei, weil der Betriebsrat von Anfang an umfassend in die Gespräche und die Entwicklung eingebunden gewesen sei und man ihn zur vorliegenden Kündigung mit Schreiben vom 18.03.2004 und 23.03.2004 ordnungsgemäß angehört habe.

Die Änderungskündigung sei deshalb gerechtfertigt, weil sie nicht tarifwidrig sei, da zumindest der Kläger nicht der den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft angehöre, so dass es auf ihre Mitgliedschaft, die zudem eine außerordentliche ohne Tarifbindung seit 09.06.1999 sei, nicht ankommen könne.

Der Belegungsrückgang im Krankenhaus als auch in den Rehabilitationskliniken habe dazu geführt, in der Vergangenheit betriebsbedingte Kündigungen zur Personalanpassung auszusprechen, wobei sich dies als nicht erfolgreich dargestellt habe. Die Personalkosten seien im Verhältnis zum Umsatz stärker gestiegen, weswegen sich die Schere zwischen Budget und Kosten immer weiter geöffnet habe.

Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2004 ende mit einem Verlust von 960.000,-- € und würde sich auf einen Verlust von 1,28 Millionen € belaufen, wenn das Weihnachtsgeld nicht gestrichen werde. Dieser letzt genannte Verlust würde die Insolvenzreife der Beklagten bedeuten.

Die Beklagte habe ein umfassendes Sanierungskonzept entwickelt, welches aus Verbesserung der Belegung, Senkung des Sachkostenanteils und Reduzierung der Personalkosten bestehe. Da die Beklagte rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch ein unabhängiger und selbständiger Betrieb sei, könne auf eine finanzielle Rettung durch den Mehrheitsaktionär, Y. GmbH & Co. KG aG, nicht gerechnet werden.

Die Änderungskündigung stelle für die Arbeitnehmer einen Verlust von 6,5 bis 7,7 % des Jahreseinkommens dar und sei deshalb ohne weiteres zuzumuten. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass die Zuwendung nicht völlig gestrichen werden solle, sondern durch eine erfolgsabhängige Sonderzahlung ersetzt werde.

Die angebliche Teilnahme des Klägers an einer Betriebsratssitzung vom 26.03.2004 werde bestritten, zumal die Beklagte von einer Sitzung an diesem Tag keine Kenntnis erlangt habe.

Das Kündigungsschreiben sei dem Kläger schon am 26.03.2004 ausgehändigt worden und zwar vor der von ihm behaupteten Sitzung.

Soweit der Kläger ausführe, dass nicht der Änderungsvertrag vom 29.03.2000, sondern der ursprüngliche Vertrag vom 27.02.1986 die Rechte und Pflichten umschreibe, so sei dieser Antrag deshalb unbegründet, weil es der Wunsch des Klägers gewesen sei, seine wöchentliche Arbeitszeit zu vermindern und es in diesem Zusammenhang ohne Drohung zu dem Änderungsvertrag gekommen sei.

Dieser Vertrag gelte weiterhin, welcher nach § 4 lediglich 100 % eines Monatseinkommens vorsehe, weil er bislang nicht angefochten sei und wegen der einzuhaltenden Anfechtungsfristen auch nicht mehr wirksam angefochten werden könne.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage des Klägers entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen, wobei dieses Ergebnis im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Rüge des Klägers im Hinblick auf die Anhörung des Betriebsrates und seine Funktion als Ersatzmitglied dahin gestellt bleiben könne, weil nach seiner Auffassung die ordentliche betriebbedingte Änderungskündigung unwirksam sei, weil keine Insolvenzgefahr vorliege.

Die Änderungskündigung zum Zwecke der Lohnreduzierung bei unveränderter Arbeitsleistung sei nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig, weil grundsätzlich geschlossene Verträge einzuhalten seien. Ein Geldmangel allein könne den Schuldner von seiner vertraglichen Verpflichtung nicht entlasten, weswegen die Dringlichkeit eines schwerwiegenden Eingriffs in das Leistungs- und Lohngefüge wie es die Änderungskündigung zur Durchführung einer Lohnsenkung darstelle, nur dann gegeben sei, wenn bei Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen würden, die absehbar zu einer Reduzierung einer Belegschaft oder sogar zu einer Schließung eines Betriebes führen können. Deshalb sei ein umfassender Sanierungsplan zu fordern, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpfen müsse.

Die Beklagte habe keinen umfassenden Sanierungsplan vorgetragen, zumal die von ihr behaupteten Maßnahmen solche seien, die jeder Unternehmer zur Kostenreduzierung ausschöpfen werde, auch wenn der Bestand des Betriebes nicht gefährdet sei.

Eine Lohnreduzierung im Wege der Änderungskündigung sei, wenn damit der Wirtschaftsplan für ein bestimmtes Jahr ausgeglichen werden solle, unzulässig, wobei es nicht davon abhänge, ob dieses Ziel mit der Änderungskündigungswelle überhaupt erreicht werden könne.

Der Verzicht der Arbeitnehmer auf das Weihnachtsgeld werde die wirtschaftlichen Probleme der Beklagten nicht lösen, weswegen auch die hilfsweise erklärte außerordentliche Kündigung, an deren Wirksamkeit noch höhere Anforderungen zu stellen seien, als unwirksam betrachtet werde.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestehe zudem zu den Bedingungen, wie sie in der Änderungsvereinbarung vom 29.03.2000 niedergeschrieben seien. Die Auffassung des Klägers, wonach der am 27.02.1986 abgeschlossene schriftliche Arbeitsvertrag einschlägig sei, sei nicht nachvollziehbar, weil die Vereinbarung vom 29.03.2000 neben der Änderung der wöchentlichen Arbeitsstunden und des Lohnes auch den zur Anwendung kommenden Tarifvertrag in zulässiger Weise abändere. Der Kläger sei damit einverstanden gewesen, da er ihn unterschrieben habe und eine Anfechtung liege ersichtlich bislang nicht vor, zumal auch die Anfechtungsfrist des § 124 BGB nicht gewahrt sei. Zudem sei die pauschale Behauptung, er sei bedroht worden zu unsubstantiiert.

Nach Zustellung des Urteils am 28.11.2005 hat die Beklagte am 20.12.2005 Berufung eingelegt, ebenso wie der Kläger, dem das Urteil am 01.12.2005 zugestellt war.

Die Beklagte hat ihre Berufung im Wesentlichen damit begründet,

dass der Kläger keinen Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied genieße, weil die Kündigung am 26.03.2004 zugegangen sei und nicht sicher sei, ob der Kläger an dieser Sitzung teilgenommen und ein Vertretungsfall vorgelegen habe und der Kläger der richtige Vertreter gewesen sei.

Die Beklagte habe nicht nur den Wunsch gehabt, Kosten zu sparen, sondern sei aufgrund der betrieblichen Entwicklung gezwungen gewesen, die sich dramatisch dargestellt habe, einer drohenden Insolvenz durch die Änderungskündigung und weitere Maßnahmen zu begegnen.

Man habe bereits Einsparungen und sonstige Maßnahmen im Wirtschaftsplan für 2004, der am 27.11.2003 beschlossen worden sei, eingestellt. Nachdem man im Jahre 2003 ein Gesamtergebnis von 3.776.000,-- € erzielt habe, habe man davon ausgehen dürfen, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen, weil im Sachkostenbereich Einsparungen von rund 500.000,-- € und im Bereich der Personalkosten durch die damals geplante Kürzung des Weihnachtsgeldes um 35 % weitere 175.000,-- € hätten realisiert werden können.

Darüber hinaus sei ein Investitionsstop durchgeführt worden und man habe nur noch die zwingend erforderlichen Maßnahmen durchführen wollen.

Die Beklagte sei kein unselbständiger Betriebsteil der Y. GmbH& Co. KG aA, sondern sei rechtlich und wirtschaftlich selbständig, so dass kein Konzernverbund vorliege und der Kündigungsgrund im Betrieb der Beklagten und nicht im Konzern zu suchen sei.

Das Arbeitsgericht habe seine Behauptung, dass der Verzicht der Arbeitnehmer auf das Weihnachtsgeld nicht geeignet sei, die wirtschaftlichen Probleme der Beklagten zu lösen, nicht begründet, obwohl die Beklagte ausgeführt habe, dass die eingeleiteten Maßnahmen gerade die drohende Insolvenz verhindern würden.

Angesichts der Entwicklung in den Monaten Januar und Februar 2004 und einer darauf beruhenden Hochrechnung sei man für das Gesamtjahr 2004 zu einem Ergebnisrisiko von rund minus 1,28 Millionen € gekommen, wobei die buchmäßige Eigenkapitaldecke der Beklagten laut Bilanz bis 31.12.2003 noch 719.859,35 € betragen hätte, so dass eine buchmäßige Überschuldung der Beklagten und damit ein Insolvenzgrund vorgelegen hätte.

Auch Maßnahmen wie Arbeitszeitkonten, Kurzarbeit oder Arbeitszeitverkürzung seien deshalb keine geeigneten Mittel gewesen, weil Kurzarbeit nur bei einer vorübergehenden kurzfristigen Situation genehmigt werde, Arbeitszeitkonten keine Kostenreduzierung darstellten und sich nur 7 Mitarbeiter letztendlich bereit erklärt hätten, ihre Arbeitszeit zu verkürzen.

Man habe die Kürzung des Weihnachtsgeldes schon im Januar 2004 nur dadurch erreichen können, dass angesichts der langen Kündigungsfristen der langjährig beschäftigten Mitarbeiter die Kündigung noch im März auf den Weg gebracht worden sei.

Das Volumen der Weihnachtsgeldzahlung für alle 193 betroffenen Arbeitnehmer habe 495.000,-- € betragen, wobei 83 Mitarbeiter freiwillig bereit gewesen seien, den neuen Vertrag zu unterzeichnen, was jedoch zur Abwendung der drohenden Insolvenz noch nicht ausgereicht hätte. Zudem habe man den Arbeitnehmern, die freiwillig auf die Sonderzahlung verzichtet hätten, erklärt, dass sie die Zahlung erhalten würden, sollte die vorgenommene Änderungskündigung der anderen Arbeitnehmer sich als nicht wirksam herausstellen.

Neben diesen Sparmaßnahmen habe man noch Einsparungen im Sachkostenbereich verhandelt und sei auch zu Einigungen gekommen, was zu einer Kosteneinsparung von weiteren 633.000,-- € geführt habe. Die Nichtbesetzung frei gewordener Stellen habe sich in 2004 auf einen eingesparten Betrag von 405.000,-- € belaufen.

Auch die Regelungen im Aktienkaufvertrag seien nur deklaratorisch, weil im Zeitpunkt des Kaufes die Beklagte unter ihrer früheren Firmenbezeichnung Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz gewesen sei.

Nachdem die angestellte Hochrechnung anhand der vorgestellten Daten für Januar und Februar 2004 einen Fehlbetrag von 1.280,000,-- € ergeben hätte, habe man den Wirtschaftsplan neu beschlossen und den eingestellten 65 %-igen Weihnachtsgeldbetrag gänzlich gestrichen, so dass man den Fehlbetrag auf 785.000,-- € habe reduzieren können, da sich das eingesparte Gesamtvolumen an Weihnachtsgeld für die 193 betroffenen Arbeitnehmer auf 495.000,-- € belaufen habe.

Zwar sei der Monat Januar ein belegungs- und umsatzschwächerer Monat als dies in den Geschäftsmonaten Februar bis November eines jeden Jahres der Fall sei. Jedoch habe man im Vergleich zu den Jahren 2002 und 2003 einen deutlichen Rückgang verzeichnen müssen, der im Verhältnis zu 2003 durchschnittlich 12,4 % betragen habe. Bei einer geplanten Auslastung von insgesamt 74,2 % für die beiden Einrichtungen hätte sich anhand der Zahlen für Januar und Februar 2004 eine durchschnittliche Belegung von 60,13 % ergeben, was einer Planunterschreitung von 14,07 % für 2004 bedeutet hätte.

Den Arbeitnehmern sei zudem ein Angebot unterbreitet worden, welches bei einer zufrieden stellenden Ertragslage sogar höhere Leistungen zulassen würde.

Die Beklagte habe auch keine bilanzwidrigen Rücklagen gebildet, zumal die Aufstellung, aus der der Kläger diesen Rückschluss ziehe, nicht die Bilanz 2004, sondern den Wirtschaftsplan der Beklagten für dieses Jahr darstelle.

Die Berufung des Klägers sei nicht begründet, weil einer Anfechtung erst mit Schreiben vom 10.02.2005 erfolgt sei, der bei der Beklagten am 27.12.2005 eingegangen sei. Bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder Drohung, komme es auf die Person des Vertragspartners an, der die anfechtbare Willenserklärung abgebe.

Der Kläger sei weder getäuscht noch genötigt worden, weil auf seinen Wunsch hin die Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erfolgt sei. Durch den Wechsel des anwendbaren Tarifvertrages sei der Kläger auch in finanzieller Hinsicht nicht schlechter gestellt gewesen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 22.07.2005 - AZ: 6 Ca 675/04 - wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der berufungsbeklagten Partei auferlegt.

3. Die Berufung des Klägers wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - wird insoweit aufgehoben, als es feststellt, dass das Arbeitsverhältnis unverändert sei dem 29.03.2000 fortbesteht,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis stattdessen unverändert seit dem 27.02.1986 fortbesteht.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil bzgl. der Feststellungsklage im Wesentlichen damit,

dass die Änderungskündigung deshalb ungerechtfertigt sei, weil kein Sanierungsplan vorliege und auch keine Sanierungserforderlichkeit gegeben sei, was sich bereits aus den Rückstellungen in der von ihm behaupteten Höhe ergebe.

Darüber hinaus sei die Beklagte im Begriff eine weitere Klinik für 17 Millionen Euro zu erwerben und stütze die Änderungskündigung auf längst vergangene, sich als unrichtig dargestellte Prognosen, wobei der Wirtschaftsplan als Grundlage gedient habe, welcher ein Zahlenwerk darstelle, welches man selbst dahingekritzelt hätte.

Den Änderungsvertrag habe man mit Schreiben vom 12.02.2005 angefochten und die Jahresfrist des § 121 BGB laufe ab Kenntnis aller Umstände, welche die Drohung als anfechtbare Handlung ausmache. Dies sei erst mit Anwaltseinschaltung und mit Klageerhebung selbst gewesen, sodass die Frist zwei Tage vor Klageerhebung der Anwaltsberatung am 14.04.2004 in Gang gesetzt worden sei, so dass das Schreiben vom 12.02.2005 reichlich vor Fristablauf mit Anfechtungserklärung vorgelegen habe.

Zur Ergänzung des Tatbestandes und wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind - nebst der umfangreichen Anlagen - ebenso Bezug genommen, wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten und des Klägers ist statthaft und zulässig, weil sie innerhalb der gesetzlichen Fristen eingelegt und begründet worden ist. Die Berufung der Beklagten ist jedoch deshalb nicht erfolgreich, weil das Arbeitsgericht zu Recht der Kündigungsschutzklage des Klägers entsprochen hat.

Die Berufungskammer lässt es dahingestellt, ob das Anhörungsverfahren nach § § 102, 103 BetrVerfG wirksam durchgeführt wurde, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt.

Die Klage ist deshalb begründet, weil der Beklagten kein Kündigungsgrund i. S. d. §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG, der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, gegeben ist. Die von der Beklagten erklärte Änderungskündigung wird auf externe Gründe gestützt, weil sie Umsatzrückgang, bedingt durch sinkende Belegzahlen, anführt. Grundsätzlich ist es möglich, eine Entgeltminderung nach § 2 KSchG, also im Wege einer Änderungskündigung herbeizuführen, wobei jedoch zu fordern ist, dass eine Situation eingetreten ist, die ohne Ausspruch der Änderungskündigung eine Beendigungskündigung nach sich ziehen wird. Dies bedeutet, dass die Voraussetzungen an die Wirksamkeit einer derartigen Änderungskündigung nicht geringer sind, als die, die an eine Beendigungskündigung zu stellen sind.

Maßstab für die Prüfung der Sozialwidrigkeit einer ordentlichen Änderungskündigung ist nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern allein die soziale Rechtfertigung der Änderung von Arbeitsbedingungen und damit ein aus Sicht des Arbeitgebers milderer Maßstab (vgl. Personalbuch 2001-Eisemann, Änderungskündigung, Rdnr. 17). Das Änderungsangebot des Arbeitgebers ist daher maßgebend und zu berücksichtigen (vgl. BAG AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969; Erfurter Kommentar/Ascheid a. a. O., Rdnr. 45 zu § 2 KSchG) Aus der Berücksichtigung des Änderungsangebotes bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit ergibt sich mithin ein zweistufiges Prüfungsverfahren. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob für die Vertragsänderung ein Grund in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers oder dringende betriebliche Erfordernisse das Änderungsangebot noch bedingen. Liegt insoweit überhaupt kein Kündigungsgrund vor, erübrigt sich die Prüfung des Änderungsangebots. Liegt ein Kündigungsgrund vor, ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der Arbeitgeber sich darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (vgl. BAG AP Nr. 28 zu § 2 KSchG 1969; Kittner/Zwanziger, a. a. O., Rdnr. 134 zu § 2 KSchG).

Umsatzrückgang, der zu einem Verlust führt, kommt als betrieblicher Grund für eine Kündigung in Frage, sofern man die Dringlichkeit erkennen kann. Dies ist dann gegeben, wenn ohne weitere Umstände der Arbeitsanfall so zurückgeht, dass das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt und deshalb die Weiterbeschäftigung nicht möglich ist. Die Beklagte versucht, über den Weg der Änderungskündigung Kosten einzusparen, was überwiegend als gangbarer Weg angesehen wird, wenn die betriebliche Situation sich als existenzgefährdend, also dringlich i. S. d. Gesetzes darstellt.

Die in diesem Zusammenhang zu fordernde Unternehmerentscheidung, dass Kosten eingespart werden sollen, ist für die Berufungskammer im Wirtschaftsplan zu sehen, der am 27.11.2003 zunächst für 2004 beschlossen worden ist und nach Vorlage der Belegzahlen für Januar und Februar 2004 im März 2004 geändert wurde. Wenn sich diesem Wirtschaftsplan auch nur nüchterne Zahlen entnehmen lassen, so belege doch die Größenordnung, dass sich der unternehmerische Willen, Kosten zu senken, darin niedergeschlagen hat.

Über die Plausibilität und darüber, ob sie letztendlich zu den vom Arbeitgeber gewünschten Ziel führt, ist in diesem Zusammenhang nicht zu befinden, da lediglich zu untersuchen ist, ob überhaupt die Unternehmerentscheidung vorliegt und welchen konkreten Inhalt sie hat.

Diese Entscheidung hat die Beklagte auch umgesetzt, als sie nach Einschaltung des Betriebsrates die Änderungskündigung an die Mitarbeiter verschickte, die nicht freiwillig auf ihr Weihnachtsgeld nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung verzichtet haben.

Die von einigen Stimmen in der Literatur geforderte Voraussetzung, dass der Arbeitgeber, der Entgeltkürzungen durch Änderungskündigung vornehmen will, einen Sanierungsplan aufstellt, sieht die Kammer ebenfalls als erfüllt an, da es nicht darauf ankommen kann, dass dieses Vorhaben schriftlich umgesetzt wird. Es genügt, was die Beklagte auch im Berufungsverfahren belegt hat, dass geplante Verhandlungen eingeleitet werden, die sonstigen Kostenstellen betreffen. Die Beklagte hat dargelegt, dass nicht nur im Personal-, sondern auch im Sachkostenbereich Einsparungen erzielt werden konnten, die sich auf insgesamt 633.000 € belaufen. Auch der Entschluss, nur noch die nötigsten Investitionen vorzunehmen, gehören in diesen Konzeptbereich ebenso wie die Bemühung, die Belegzahlen zu verbessern.

Die Kammer lässt dabei offen, ob zu fordern ist, dass bei einer Sanierung alle im Betrieb Arbeitenden bei der Lastenverteilung zu erfassen sind, weil die Beklagtenseite immer nur von Mitarbeitern redet und nicht auch die Geschäftsführung erwähnt, der ein Beitrag zur wirtschaftlichen und finanziellen Gesundung der Beklagten abzufordern ist.

Auch wenn man also davon ausgeht, dass ein Sanierungsplan erstellt ist, der diesen Anforderungen gerecht wird, verbleibt es dennoch bei der Unwirksamkeit der Kündigung deshalb, weil zum einen der Zeitraum, den die Beklagte zur Darlegung ihrer wirtschaftlichen Notlage anführt, zu gering bemessen ist, da er gerade das Jahr 2003 und die voraussichtlichen Verläufe in 2004 berücksichtigt. Es ist zu fordern, dass mindestens 3 Jahre insgesamt zu umfassen ist, um eine Verstetigung oder Verschlechterung von Entwicklungen erkennen zu können. Dazu reicht es nicht aus, die Ergebnisse des Vorjahres und die Planung des Monats März des laufenden Jahres heranzuziehen, zumal das Ergebnis für das Jahr 2003 mit einem positiven Ergebnis endete. Es reicht auch nach Ansicht der Kammer nicht aus, nur die reinen Umsatzzahlen der Vergleichsmonate anzugeben, da im vorliegenden Falle, angesichts der Kürzungen im Personalbereich andere Kosten anfallen, so dass die Komponente: Ertragslage zu kurz kommt.

Ein derart kurzer Zeitraum reicht nicht aus, zumal für das Jahr 2004 lediglich Prognosen gestellt wurden, um davon ausgehen zu können, dass das Unternehmen der Beklagten wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ernsthaft und nachhaltig gefährdet ist.

Die Berufungskammer sieht den Einwand des Klägers als zu recht erhoben, wo er darauf hinweist, warum eine Insolvenzgefahr zu greifen sei, wenn das Gesamtergebnis mit 1.280.000 € abschließt, während dies bei einem negativen Ergebnis von 960.000 € nicht der Fall sei. Die Beklagte hätte hier ihre wirtschaftliche Notlage durch die BY.l eines Sachverständigen unter Darstellung ihrer Ursachen darlegen und belegen müssen. Dabei genügt es nicht, dass sie auf den Hinweis der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young für das Kalenderjahr 2003 hinweist, weil nicht erkennbar ist, wann die geprüfte Bilanz mit dem Hinweis vorgelegen hat, weswegen nicht erkannt werden kann, ob dieser Hinweis bereits im Vorfeld der Kündigung der Geschäftsleitung der Beklagten bekannt gewesen ist.

Die Beklagte hätte sich also nicht nur auf das noch gute Ergebnis 2003 und die beiden Monate Januar und Februar 2004 - Zahlen verlassen dürfen, zumal auch bei längeren Kündigungsfristen von 6 Monaten noch Zeit bis zum Monat November, dem tariflichen Fälligkeitszeitpunkt der Sonderleistung, gewesen wäre, um verlässlich nachzuvollziehen, dass es zu den befürchteten nachteiligen Entwicklungen kommt. Nur eine gutachterliche BY.l, die die wirtschaftliche Notlage unter Angabe der Ursachen hierfür darstellt ist verlässlich, zumal in dem Wirtschaftsplan der Beklagten Elemente enthalten sind, wie Abschreibungen und sonstiger Aufwand und nicht zu rechenbare Personalkosten, die nicht zwingend in der angenommenen Höhe anfallen müssen, bzw. variabel gestaltet werden können.

Die Beklagte brauchte keine Bankengespräche zur Aufnahme weiterer Kredite zu führen und auch nicht die vom Betriebsrat, so der Kläger, unterbreiteten weiteren Anstrengungen zu unternehmen, wie Kurzarbeitszeitkonten, weil zum einen bereits im Zeitpunkt der Unternehmerentscheidung der fragliche Zeitraum verstrichen war und zum anderen Kosten lediglich verschoben, jedoch nicht aufgehoben werden.

Die Beklagte braucht sich auch nicht auf die Hilfe der Gesellschaftermutter, der Y. GmbH & Co. KG a. A. verweisen zu lassen, weil sie selbst einen Betrieb i. S. d. Kündigungsschutzgesetzes darstellt und kein unselbständiger Betriebsteil des vorgenannten Unternehmens ist.

Auch in einem Konzern kommt es dann, wenn die wirtschaftliche Lage von Bedeutung ist, grundsätzlich auf die Situation beim Schuldner, hier dem Arbeitgeber, an. Selbst wenn ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten und der vorgenannten Firma bestehen sollte, so führt dies nicht dazu, sich die eventuell wirtschaftlich günstigere Lage des Mutterunternehmens zurechnen zu lassen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die mangelnde Leistungsfähigkeit durch die Konzernleitung herbeigeführt worden wäre. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen, so dass es allein auf die wirtschaftliche Lage der hiesigen Beklagten ankommt.

Da die Beklagte als Aktiengesellschaft betrieben ist, wäre eine Kapitalerhöhung zum Zwecke der Konsolidierung als eventuell taugliches Mittel, möglicherweise auftauchende finanzielle Engpässe zu beheben, in Betracht gekommen.

Die Beklagte hat es sich zu einfach gemacht, anhand eines Jahresplanes, der zudem auf nur 2 Monaten des laufenden Geschäftsjahres fußt, eine wirtschaftliche Bedrohung des Unternehmens auszumachen und die Kündigung zu erklären, zumal 83 Mitarbeiter auf die Zuwendung verzichtet haben, was für das laufende Jahr einer Ersparnis von 213.000 € unter Zugrundelegung des Rechenwerkes der Beklagten, entspricht.

Nach dem Vorstehenden kann die Berufungskammer nicht erkennen, dass die Existenz der Beklagten in einem Umfang bedroht ist, der die Maßnahme, Änderungskündigungen zum Zwecke der Entgeltminderung, als unumgänglich erscheinen lassen, weswegen die Kündigung unwirksam ist und die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten nicht verändert hat.

Die Berufung des Klägers ist deshalb unbegründet, weil das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass sich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien nach der am 29.03. 2000 geschlossenen Änderungsvereinbarung richtet, weil diese Vereinbarung wirksam zustande gekommen und nicht wirksam angefochten worden ist.

Es kommt hier bei der Frage der arglistigen Täuschung oder der Drohung i. S. d. § 123 BGB nach § 124 BGB darauf an, wann die Täuschung entdeckt oder die Zwangslage aufgehört hat.

Dies bedeutet, dass die Anfechtung von 20.04.2005 wegen der behaupteten Drohung/Nötigung deshalb außerhalb der Frist des § 124 Abs. 1 BGB liegt, weil die Drohungslage spätestens am Tage nach der Unterschriftenleistung beendet war. Der Kläger führt selbst aus, dass die Nötigung zur Unterschriftsleistung eingesetzt worden ist - wobei eine Zwangslage unterstellt wird -, behauptet aber nicht, dass diese Lage für ihn weiterhin nach diesem Zeitpunkt bestanden und ihn von der Anfechtung abgehalten hat.

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann deshalb nicht in Betracht kommen, weil nach der klägerischen Behauptung, nicht er, sondern sein Anwalt arglistig getäuscht worden ist. Nach den §§ 119 BGB kann nur der eine Willenserklärung anfechten, der diese zu den in Frage stehenden Rechtsgeschäft abgegeben hat und dies ist der Kläger, der aber nach eigenem Vortrag "nur" genötigt worden ist. Zumal ist die Unterschrift des Klägers unter die Vereinbarung unter Umgehung seines Anwalts erreicht worden, so dass die Täuschung des Anwaltes nicht Kausal für den Vertragsschluss sein kann.

Die Kosten des Rechtsstreits sind unter den Parteien nach dem Umfang des jeweiligen Obsiegens verteilt, §§ 64 Abs. 6 S 1 ArbGG, 91, 97, 92 ZPO.

Die Kammer hat die Revision für die Beklagte an das Bundesarbeitsgericht zugelassen, weil es einen Rechtsstreit mit Fragen von grundsätzlicher Bedeutung erkennt, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

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