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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 06.02.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 1122/02
Rechtsgebiete: BErzGG, BAT


Vorschriften:

BErzGG § 21
BAT § 50
BAT § 50 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 6 Sa 1122/02

Verkündet am: 06.02.2003

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 06.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Carle als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter M und G für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.09.2002 - AZ: 8 Ca 1472/02 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin stand seit dem 12.09.1994 aufgrund mehrerer Befristungsabreden in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, wobei der letzte der 8 befristeten Arbeitsverträge vom 01.07.1999 bis zum 30.06.2002 für eine Tätigkeit im Studierenden-Sekretariat der Universität Koblenz-Landau abgeschlossen worden ist. In diesem Vertrag ist geregelt, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Beklagten jeweils geltenden Fassung richten solle. Außerdem ist in § 1 aufgeführt, dass die Klägerin als Angestellte zur Vertretung von Frau K befristet nach § 21 Bundeserziehungsgeldgesetz in der jeweiligen Fassung weiterbeschäftigt wird.

Die Klägerin hat ihre Klage, welche am 03.05.2002 beim Gericht eingegangen ist, im Wesentlichen, damit begründet, dass es an einem sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses deshalb fehle, weil sie Frau K bis zu deren Arbeitsaufnahme im Juli 2002 gar nicht vertreten habe, weil diese zu keinem Zeitpunkt auf der von der Klägerin eingenommenen Stelle im Studierenden-Sekretariat gearbeitet habe.

Dies folge auch schon aus der unterschiedlichen Eingruppierung, weil sie nach der Vergütungsgruppe VII BAT und Frau K zumindest nach Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass sie in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu der Beklagten steht und

2. die Beklagte zu verurteilen, sie über den 30.06.2002 hinaus zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dies ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass der zuletzt abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag das Arbeitsverhältnis bis 30.06.2002 wirksam auflöse. Es treffe zwar zu, dass Frau K auf der Stelle im Studierenden-Sekretariat noch nicht eingesetzt worden sei, sondern ständig von wechselnden Angestellten und zuletzt durch die Klägerin habe vertreten werden müssen, weil sie nach einem Erziehungsurlaub Sonderurlaub nach § 50 BAT in Anspruch genommen habe.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 23.09.2002 die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag eine wirksame Befristung enthalte. Ein erforderlicher sachlicher Grund für die Befristung sei dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers für die Dauer einer Elternzeit eingestellt werde. Neben dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelung müsse auch ein Fall des tarifvertraglich geregelten Sonderurlaubs nach § 50 Abs. 1 BAT für die Zeit der Pflege eines Kindes als ein Grund für eine befristete Einstellung einer Vertreterin angesehen werden. Die eingestellte Ersatzkraft müsse auch nicht, wie die Klägerin meint, auf dem konkreten Arbeitsplatz und mit den konkreten Arbeitsleistungen eingesetzt bzw. betraut werden. Es sei ausreichend, dass der zur Einstellung führende Personalbedarf gerade durch den Ausfall der im Sonderurlaub befindlichen Betreuungsperson kausal verursacht worden sei.

Welche Tätigkeiten der Vertreter ausführen solle, sei der Umorganisation bzw. der Umsetzungsbefugnis des Arbeitgebers vorbehalten, der eine andere Konzeption als die, die vor dem Vertretungsfall bestanden habe, erstellen dürfe.

Auch die vielen befristeten Arbeitsverträge, die die Klägerin mit der Beklagtenseite abgeschlossen habe, führten nicht dazu, dass die Befristung als unwirksam erachtet werden müsse. Mit der Anzahl der Befristung würden auch die Anforderungen an den sachlichen Grund steigen, weil in diesen Fällen von einem Dauerbedarf gesprochen werden könne, der nicht ohne weiteres durch befristete Beschäftigungsverhältnisse abgedeckt werden sollte.

Der Arbeitgeber muss bei Abschluss des befristeten Vertrages eine Prognose dahin anstellen, wann der Vertretungsbedarf enden wird. Im vorliegenden Falle sei die Richtigkeit der Prognose daraus abzuleiten, dass die Beklagte eine Vereinbarung über die Gewährung weiteren Sonderurlaubs für Frau K bis einschließlich 30.06.2002 getroffen hatte und die Klägerin diese bis zu diesem Zeitpunkt vertreten solle. Damit sei die Richtigkeit der Prognose, wann mit einer Rückkehr der Frau K zu rechnen sei, belegt.

Nach Zustellung des Urteils am 16.10.2002 hat die Klägerin am 30.10.2002 Berufung eingelegt, welche am 12.12.2002 begründet wurde.

Die Klägerin greift das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit an, dass das Arbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt habe, dass bei langjährig befristet beschäftigten Arbeitnehmern, die zur Vertretung eines abwesenden Mitarbeiters eingestellt würden, der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses konkrete Anhaltspunkte für die anzustellende Prognose dass der Beschäftigungsbedarf für den befristet tätigen Mitarbeiter entfallen werde. Die Beklagte habe keine konkreten Anhaltspunkte dafür gehabt, dass die Mitarbeiterin K auf die Arbeitsstelle der Klägerin zurückkehren werde, weil sie selbst ausführe, dass sie durchgängig nach dem jeweiligen Auslaufen des Sonderurlaubs mit der Rückkehr von Frau K gerechnet habe.

Dies belege, dass es konkrete Anhaltspunkte nicht gegeben habe und auch eine Annahme, dass Frau K tatsächlich zurückkehren werde, nicht begründet gewesen sei, da diese seit 1983, also 16 Jahre nicht mehr berufstätig gewesen sei.

Außerdem sei Bedarf für eine weitere Arbeitskraft bei der Beklagten angesichts der studierenden Zahlen gegeben.

Außerdem habe Frau K die seinerzeit neu geschaffene Stelle nie tatsächlich eingenommen, so dass die Klägerin keine Mitarbeiterin habe vertreten können, die auf dieser Stelle schon gearbeitet hatte.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.09.2002 wird festgestellt,

1. dass die Klägerin in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu der Beklagten steht und

2. die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 30.06.2002 hinaus zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wird im Wesentlichen damit verteidigt, dass bei Abschluss des letzten befristeten Vertrages die Prognose richtig gestellt worden sei, das nämlich die vertretene Frau K wieder auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde, weil die Beklagtenseite gerade keine konkreten Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass dies nicht der Fall sei.

Auch der Umstand, dass die Klägerin nicht die Tätigkeiten verrichtete, die die von ihr vertretene Mitarbeiterin K wahrzunehmen habe, zähle bei einer wirksamen Befristung nicht, weil der Arbeitgeber bestimmen kann, ob er den Arbeitsausfall überhaupt oder wie er ihn zu überbrücken beabsichtigt. Dem Arbeitgeber sei es freigestellt, die eigentlich von dem verhinderten Mitarbeiter zu erledigenden Arbeiten auf andere Beschäftigte zu verteilen und ganz oder teilweise von einer Vertretungskraft erledigen zu lassen.

Der Umstand, dass offene Stellen bei der Beklagten vorhanden seien, hindere die Annahme der wirksamen Befristung des Arbeitsvertrages nicht, zumal sich die Klägerin auf die Stelle bewerben könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Zur Ergänzung und wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist deshalb nicht begründet, weil das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der Arbeitsvertrag, den die Klägerin am 25.03.1999 abgeschlossen hat, führt zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mit Ablauf des 30.06.2002, weil die dort enthaltene Befristung wirksam ist. Das Arbeitsgericht hat die Voraussetzungen, die das Gesetz und die Rechtsprechung an die Befristung eines Beschäftigungsverhältnisses stellen, richtig dargestellt und ist auch unter richtiger Anwendung dieser Grundsätze zum zutreffenden Ergebnis gekommen. Wegen der Angriffe der Klägerin in der Berufungsinstanz, die sich im Wesentlichen darauf konzentrieren, dass die jeweils im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Hinblick auf die Rückkehr der vertretenen Frau K beziehende Prognose für einen Vertretungsbedarf, nicht richtig gewesen sei und dass eigentlich gar keine Vertretung der Frau K deshalb stattgefunden habe, weil die Klägerin auf einer Stelle, auf der Frau K niemals beschäftigt worden sei, soll kurz darauf eingegangen werden.

Im Einklang mit dem Arbeitsgericht und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geht die Berufungskammer davon aus, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages der Arbeitgeber eine Prognose dahingehend anzustellen hat, ob und wann der zu vertretene Mitarbeiter wieder zurückkehren wird. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung (7 AZR 328/97 = AP Nr. 204 zu § 620 BGB befristeter Arbeitsvertrag) ausgeführt, dass bei mehrfacher Befristung und Abschluss des letzten Zeitvertrages konkrete Anhaltspunkte für die Prognose zum künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedarfs vorliegen müssen, die sich auf die zu erwartende Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters beziehen. Die Klägerin selbst schreibt in ihrer Begründungsschrift, dass die beklagte Hochschulleitung durchgängig mit der Rückkehr von Frau K gerechnet hat. Damit räumt sie doch selbst ein, dass die Beklagtenseite keine Veranlassung hatte, bei Abschluss des letzten befristeten Vertrages, davon auszugehen, dass Frau K nicht mehr zurückkehren wird. Es bestand auch kein weiterer Anhaltspunkt, weil sie noch einen befristeten Sonderurlaub nach § 50 BAT für sich in Anspruch genommen hatte, der mit Ablauf des 30.06.2002 sein Ende finden sollte und auch tatsächlich dann gefunden hat.

Damit kann von einer falschen Prognose bei Abschluss des letzten Vertrages nicht ausgegangen werden.

Auch der weitere Einwand, dass Frau K zuvor nie die Stelle, die man für sie freihielt tatsächlich ausfüllte, so dass die Klägerin auch Frau K nicht habe vertreten können, geht ebenfalls ins Leere, weil nicht gefordert wird, dass der Aufgabenkreis des Mitarbeiters, der vertreten wird, kongruent sein muss, mit dem, den der Vertreter einnimmt. Diese Aussage des Bundesarbeitsgerichtes im Urteil vom 08.05.1985 (AZ: 7 AZR 191/84 = AP Nr. 97 zu § 620 BGB, befristeter Arbeitsvertrag) ist in keiner der nachfolgenden Entscheidung angetastet worden, weil es nämlich in der Dispositionsbefugnis des Arbeitgebers steht, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat, ob er die Tätigkeiten, die der Mitarbeiter eigentlich zu verrichten hätte, überhaupt durch neue Kräfte erledigen lässt oder aber, wenn er sich dazu entschließt, den vorhandenen Arbeitsanfall verteilt. Das Bundesarbeitsgericht hält es noch nicht einmal für erforderlich, dass bei Vertragsschluss geplant ist, dass die Vertretungskraft Aufgaben übernehmen soll, die auch vom Vertretenen vertraglich geschuldet waren. Denn der zeitweilige Ausfall eines Mitarbeiters und die dadurch bedingte Einstellung einer Ersatzkraft können durchaus erfordern, dass ein völlig neuer Arbeitsplan erstellt wird, in dem sich die bisherigen Aufgaben eines Mitarbeiters einem anderen Mitarbeiter allenfalls teilweise zuordnen lassen. Die Organisationsbefugnis des Arbeitgebers ist in diesem Falle schon deshalb nicht in zu beanstandender Weise durchgeführt, weil gerade die neu geschaffene Stelle für Frau K dazu zwangsläufig führen musste, dass Arbeitsbereiche neu eingeteilt bzw. vorhandene Aufgaben verteilt werden.

Dass noch unbesetzte Stellen bei der Beklagten vorhanden sind, ändert am gegebenen Ergebnis deshalb nichts, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem entsprechenden Inhalt hat und auch eine Umsetzung nach Ablauf des befristeten Vertrages gerade wegen dessen Beendigung, vorgenommen werden muss.

Nach dem Vorstehenden ist die Berufung als nicht begründet zurückzuweisen, was dazu führt, der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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