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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 01.04.2004
Aktenzeichen: 6 Sa 1214/03
Rechtsgebiete: BetrVG, BGB


Vorschriften:

BetrVG § 95 Abs. 1
BetrVG § 95 Abs. 3
BetrVG § 99
BetrVG § 102
BGB § 125
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 1214/03

Verkündet am: 01.04.2004

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - AZ: 5 Ca 3168/02 - vom 06.05.2003 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Versetzung.

Die Beklagte ist eine Firma, die Reibbeläge herstellt.

Die Klägerin ist dort seit dem 19. Oktober 1976 angestellt. Zuletzt war sie auf der Kostenstelle 2310 als Fertigungsdisponentin für SBB PKW Bremsbeläge tätig.

Sie war in die Entgeltgruppe E 11 T eingruppiert und erhielt ein monatliches Gehalt von 3535, 03 € brutto.

In § 10 ihres Angestelltenvertrages heißt es:

"Vertragsveränderungen und Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform."

Seit ihrer Einstellung wechselte die Klägerin mehrfach intern die Stelle und zwar 1982, 1997 und im Jahr 2000.

In keinem dieser Fälle ist der zwischen den Parteien geschlossene Angestelltenvertrag schriftlich geändert worden.

Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat, dem die Klägerin angehörte.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die chemische Industrie Anwendung.

Im Sommer 2001 sollte die Klägerin aufgrund von Strukturveränderungen im Werk Hamm der Beklagten in den Bereich Dokumentation/Statistik eingesetzt werden.

Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt 50 Jahre alt und wies eine entsprechend lange Betriebszugehörigkeit auf, so dass nach § 14 des Manteltarifvertrags für die chemische Industrie die Regelung über den so genannten Verdienstschutz im Alter galt. Danach ist ein Mitarbeiter in die für die neue Aufgabe maßgebliche Entgeltgruppe einzugruppieren. Gleichzeitig ist das bisherige Entgelt für den Zeitraum von neun Monaten ungekürzt weiter zu zahlen.

Nach Ablauf dieser Neunmonatsfrist verbleibt der Mitarbeiter sodann in der neuen Entgeltgruppe, erhält aber eine Vergütung gemäß der vorherigen tariflichen Entgeltgruppe.

Für die neue Aufgabe musste die Klägerin in die Entgeltgruppe E 06 K umgruppiert werden. Ihre Vergütung richtete sich jedoch weiterhin an ihrer vorherigen Entgeltgruppe E 11 T aus. Zu einer Gehaltseinbuße kam es nicht.

Eine Änderungskündigung von Seiten der Beklagten ist in diesem Zusammenhang nicht ausgesprochen worden.

Die Beklagte beantragte beim Betriebsrat Anfang November 2001 die Zustimmung zur Versetzung der Klägerin auf den neuen Arbeitsplatz. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung jedoch.

Daraufhin beantragte die Beklagte beim Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied -die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung der Klägerin in den Bereich Dokumentation/Statistik. Das Arbeitsgericht Koblenz gab diesem Antrag durch Beschluss vom 5. März 2002 statt. Der Beschluss ist rechtskräftig, die Zustimmung damit gerichtlich ersetzt worden.

Bereits vor der gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung wechselte die Klägerin in den Bereich Dokumentation/Statistik.

Seit diesem Zeitpunkt ist sie auf dem neuen Arbeitsplatz auch tätig.

Die Klägerin hat mit am 15. Oktober 2002 eingegangenem Schriftsatz Klage beim Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - gegen die Vorgehensweise der Beklagten erhoben.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, dass die Umgruppierung nicht im Wege der Versetzung hätte durchgeführt werden dürfen. Erforderlich sei der Ausspruch einer Änderungskündigung gewesen, der aber nicht erfolgt sei. Der Betriebsrat sei bezüglich einer Änderungskündigung auch nicht beteiligt worden.

Das Vorgehen der Beklagten stelle tatsächlich eine fristlose Änderungskündigung dar. Eine solche sei jedoch nicht möglich.

Darüber hinaus sei die Versetzung nichtig, da sie durchgeführt worden sei, bevor die Zustimmung des Betriebsrates ersetzt war.

Zu einer individualvertraglichen Vereinbarung, dass sie an dem neuen Arbeitsplatz eingesetzt werden dürfe, habe sie nie ihr Einverständnis erteilt. Sie habe insofern ihre Vorbehalte erklärt. Zudem bedürfe eine solche Änderung des Vertrages der Schriftform.

Im Übrigen bestreite sie, dass ihr alter Arbeitsplatz weggefallen sei.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

die "Gruppierung/Versetzung"

der Klägerin durch die Beklagte zum 01.01.2002 von der Kostenstelle 2310 zur Kostenstelle 2301 verbunden mit einer Umgruppierung als technische Angestellte zur kaufmännischen Angestellten und Herabsetzung ihrer Tarifentlohnung von 6914, 00 DM auf 3816, 00 DM für unzulässig zu erklären.

Am 24. Oktober 2002 erhielt die Klägerin von der Beklagten eine schriftliche Mitteilung, die mit "Versetzung und Umgruppierung" überschrieben war. In ihr ordnete die Beklagte die sofortige Versetzung der Klägerin an und teilte die Zusammensetzung des jetzigen Entgelts mit.

Daraufhin hat die Klägerin mit am 31. Oktober 2002 beim Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - eingegangenen Schriftsatz weiter beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die "Versetzung/Umgruppierungsmitteilung" der Beklagten vom 24.10.2002 nicht verändert wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Änderungskündigung nicht erforderlich gewesen und auch nicht in der Mitteilung vom 24. Oktober 2002 zu sehen sei.

Zwischen den Parteien sei am 16. November 2001 vereinbart worden, dass die Klägerin an der neuen Arbeitsstelle eingesetzt werde. Vorbehalte habe die Klägerin im Rahmen dieser Vereinbarung nicht erklärt.

Aufgrund der Strukturveränderungen sei der alte Arbeitsplatz der Klägerin in Wegfall geraten, so dass für sie ein neuer Arbeitsplatz gesucht werden musste.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Versetzung der Klägerin rechtswirksam erfolgt und tarifvertraglich abgesichert sei. Der Arbeitsplatz der Klägerin sei in Wegfall geraten und es musste eine neue Beschäftigung für die Klägerin gesucht werden. Eine finanzielle Schlechterstellung der Klägerin sei nicht erkennbar. Auch sei eine Änderungskündigung nicht erforderlich gewesen.

Das Urteil ist der Klägerin am 28. August 2003 zugestellt worden, woraufhin sie am 22. September 2003 Berufung eingelegt und diese am 1. Oktober 2003 begründet hat.

Die Klägerin nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen vollumfänglich Bezug.

Sie greift darüber hinaus das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit an, dass eine derartige Änderung von Vertragsbedingungen nur durch eine Änderungskündigung möglich gewesen wäre. Eine Beteiligung des Betriebsrats sei insofern jedoch unterblieben.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei in der Mitteilung an sie vom 24. Oktober 2002 eine verkappte Änderungskündigung zu sehen. Der nachträgliche Ausspruch der Änderungskündigung verstoße gegen § 102 BetrVG.

Fehlerhafterweise sei das Arbeitsgericht zu dem Schluss gekommen, die Versetzung sei durch die rechtskräftige Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates wirksam geworden. Der gerichtliche Beschluss betreffe nur die kollektivrechtliche Seite, vorliegend gehe es jedoch um die individualrechtliche Seite.

Ausdrücklich bestreite sie, dass sie mit der Versetzung an den neuen Arbeitsplatz einverstanden gewesen sei. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass sie im Beschlussverfahren, die Versetzung unter Vorbehalt angenommen habe. Denn durch diese nicht vorbehaltlose Annahme könne kein Vertrag über eine Versetzung zustande kommen.

Entscheidend sei jedoch, dass nach § 10 ihres Angestelltenvertrages Vertragsänderungen und Vereinbarungen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform bedürften. Die von der Beklagten behauptete mündliche Vereinbarung darüber, dass sie den neuen Arbeitsplatz akzeptiert habe, sei daher schon wegen Verstoß gegen das Schriftformerfordernis nichtig.

Die Beklagte lege zudem auch nicht dar, dass auf die Einhaltung der Schriftform verzichtet worden sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - AZ: 5 Ca 3168/02 - vom 06.05.2003 aufzuheben und

1. die Gruppierung/Versetzung der Klägerin durch die Beklagte zum 01.01.2002 von der Kostenstelle 2310 zur Kostenstelle 2301 verbunden mit einer Umgruppierung als technische Angestellte zur kaufmännischen Angestellten und Herabsetzung ihrer Tarifentlohnung von 6914 DM auf 3816 DM für unzulässig zu erklären.

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Versetzung/Umgruppierungsmitteilung der Beklagten vom 24.10.2002 nicht verändert werden wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt vollumfänglich Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Insbesondere sei in der Mitteilung an die Klägerin vom 24. Oktober 2002 lediglich eine Information über die Zusammensetzung des Entgeltes zu sehen.

Entscheidend sei aber, dass zwischen den Parteien am 16. November 2001 individualrechtlich vereinbart worden sei, dass die Klägerin an der Arbeitsstelle Dokumentation/Statistik eingesetzt werden sollte. Vorbehalte habe die Klägerin nicht erklärt.

Dass die Klägerin sich wegen der Mündlichkeit der Abrede auf das Schriftformerfordernis berufe, verstoße gegen Treu und Glauben, § 242 BGB.

Seit ihrer Einstellung bei der Beklagten habe sie mehrfach innerbetrieblich die Arbeitsstelle gewechselt und dabei nie auf einer schriftlichen Änderung ihres Angestelltenvertrages bestanden. Dies zeige, dass von beiden Parteien die Beweissicherungsfunktion der Schriftformklausel als nicht so wichtig erachtet wurde. Die Klägerin könne sich daher nun nicht darauf berufen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, sowie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 38- 40 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie innerhalb der gesetzlichen Fristen form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, jedoch deshalb nicht erfolgreich, weil das Arbeitsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat.

Die Klägerin ist rechtswirksam von der Kostenstelle 2310 als Fertigungsdisponentin für SBB PKW Bremsbeläge in den Bereich Dokumentation/Statistik versetzt worden, nachdem die zunächst fehlende Zustimmung des Betriebsrates der Beklagten zu dieser Maßnahme durch rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz -Auswärtige Kammern Neuwied- vom 05.03.2002 ersetzt worden ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin konnte die Veränderung der arbeitsvertraglichen Bedingungen ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung im Wege der Versetzung gemäß. §§ 99; 95 Abs. 3, 1 BetrVG vorgenommen werden. Denn die Klägerin hat ihr Einverständnis ohne Vorbehalt mit der Maßnahme erklärt.

Eine Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG ist daher auch nicht erforderlich gewesen.

Der Ausspruch einer Änderungskündigung ist nur dann erforderlich, wenn ein Arbeitgeber einseitig Maßnahmen durchsetzen will, die nicht mehr von seinem Direktionsrecht umfasst sind.

Das Direktionsrecht berechtigt den Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers einseitig durch Weisungen zu konkretisieren im Hinblick auf Zeit, Ort, Inhalt sowie Art und Weise der zu leistenden Arbeit. Rechtsgrundlage einer Versetzung ist demnach das Direktionsrecht des Arbeitgebers.

Eine Versetzung ist jedoch nur möglich, wenn der Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel enthält. Enthält der Arbeitsvertrag keine oder eine unwirksame, ist der Arbeitgeber darauf angewiesen, dass sich der Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden erklärt. Nur wenn ein solches Einverständnis nicht vorliegt, bedarf es des Ausspruchs einer Änderungskündigung.

Ein Einverständnis der Klägerin zu ihrer Versetzung liegt auch vor.

Unstreitig hat die Klägerin bereits vor der rechtskräftigen Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates ihre neue Arbeitstelle angetreten und dort ihre Arbeit aufgenommen.

Nach der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts ist derjenige, der eine ihm zugewiesene neue Arbeitsstelle antritt und ohne einen Vorbehalt zu erklären arbeitet, mit den geänderten Arbeitsbedingungen einverstanden.

Die Berufungskammer unterstellt daher zu Gunsten der Klägerin, dass sie vor Aufnahme der Tätigkeit am zugewiesenen neuen Arbeitsplatz und vor der gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates ihre Arbeit nur unter dem Vorbehalt aufgenommen, dass die fehlende Zustimmung ersetzt wird.

Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Versetzung ohne die Zustimmung des Betriebsrates bzw. deren gerichtlicher Ersetzung gar nicht hätte umgesetzt werden dürfen. Nach der Ersetzung der Zustimmung durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz -Auswärtige Kammern Neuwied- vom 05.03.2002 ist dieser Vorbehalt aber erloschen.

Weitere Vorbehalte sind von Seiten der Klägerin jedoch nicht gemacht worden. Deshalb kann dahinstehen, ob der Vortrag der Klägerin ein substantiiertes Bestreiten der Behauptung der Beklagten darstellt, der dahin geht, dass die Klägerin gerade keinerlei Vorbehalte gemacht hat.

Die Beklagte trägt substantiiert und unter Beweisangebot vor, dass zwischen den Parteien am 16. November 2001 vereinbart worden ist, dass die Klägerin an der neuen Arbeitsstelle eingesetzt werde. Vorbehalte habe die Klägerin im Rahmen dieser Vereinbarung nicht erklärt.

Die Klägerin hält dem lediglich entgegen, sie sei mit der Versetzung nicht einverstanden gewesen und habe Vorbehalte erklärt.

Auch aus der Gesprächsnotiz, die die Klägerin vorlegt, ergibt sich nichts anderes. Denn diese Notiz ist vom 11. Dezember 2002, das Einverständnis der Klägerin lag jedoch nach dem nicht substantiierten Vortrag der Beklagten bereits am 16. November 2001 vor.

Dem steht auch nicht die Ansicht der Klägerin entgegen, dass die von der Beklagten behauptete mündliche Vereinbarung wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis des § 10 des Angestelltenvertrages gemäß § 125, 2 BGB nichtig sei. Denn die Berufung der Klägerin auf das Schriftformerfordernis verstößt gegen Treu und Glauben, § 242 BGB.

Die Berufung auf ein Schriftformerfordernis verstößt dann gegen Treu und Glauben, wenn eine Partei die andere Partei bewusst in den Glauben versetzt, sie werde sich auf die Schriftformklausel nicht berufen.

Die Aufhebung eines solchen Schriftformerfordernisses ist grundsätzlich zulässig.

§ 10 enthält eine sogenannte einfache Schriftformklausel.

Die Vereinbarung solcher Klauseln ist nach den Grundsätzen der Privatautonomie zulässig. Ebenfalls im Rahmen der Privatautonomie können die Parteien aber das vereinbarte Schriftformerfordernis durch mündliche Abmachungen jederzeit wieder aufheben und die ursprüngliche Vertragsregelung durch eine spätere mündliche Vereinbarung ergänzen und/oder ändern.

Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Parteien die Aufhebung der Schriftformklausel ausdrücklich erklären.

Vielmehr ist auch eine stillschweigende Aufhebung möglich, wenn die Parteien die Maßgeblichkeit der mündlichen Vereinbarung übereinstimmend gewollt haben. Das gilt sogar dann, wenn die Parteien bei Abschluss der an sich formbedürftigen Vereinbarung nicht an die Schriftform gedacht haben.

Dies ist damit zu begründen, dass die Parteien durch die Vereinbarung einer einfachen Schriftformklausel nicht für die Zukunft auf ihre Vertragsfreiheit verzichten können.

Das zuletzt Vereinbarte hat deshalb grundsätzlich Vorrang gegenüber früheren Abreden.

Vorliegend hat die Klägerin die Beklagte entgegen § 242 BGB im Glauben gelassen, sie werde sich nicht auf das Schriftformerfordernis berufen.

Denn die Klägerin hat unstreitig seit ihrer Einstellung im Oktober 1976 bei der Beklagten dreimal innerbetrieblich die Arbeitsstelle gewechselt.

In keinem dieser Fälle ist es zu einer schriftlichen Änderung des Angestelltenvertrages gekommen.

Mithin wurde in diesen Fällen das Schriftformerfordernis gemäß § 10 des Angestelltenvertrages von den Parteien übereinstimmend nicht eingehalten. Aufgrund der Tatsache, dass es sich nicht um ein einmaliges Verhalten handelt, sondern die Parteien insgesamt dreimal so verfahren sind, besteht die tatsächliche Vermutung, dass die Parteien auch in weiteren Fällen ohne Einhaltung der Schriftform handeln wollten.

Die Beklagte konnte darauf vertrauen, dass die Klägerin diese bisher ausgeübte Praxis weiter fortführen oder anderenfalls ausdrücklich die Einhaltung der Schriftform nunmehr einfordern würde.

Die Berufung ist nach alledem zurückzuweisen.

Nach dem Vorstehenden hat die Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens deshalb zu tragen, weil die Berufung zurückzuweisen ist, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO.

Veranlassung, die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, ist deswegen gegeben, weil die Frage der Abweichung von der Schriftform grundsätzliche Bedeutung hat. Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG sind erfüllt.

Ende der Entscheidung

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