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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 03.07.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 140/09
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 540 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufungen des Beklagten und der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 3.2.2009 - 3 Ca 770/08 - werden auf ihre jeweiligen Kosten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers und um Überstundenansprüche, die mit einem behaupteten Schaden des Arbeitgebers verrechnet worden sein sollen. Die am 20.09.1961 geborene Klägerin war seit ca. 9 Jahren bei dem Beklagten als Fahrerin beschäftigt. Sie war mit dem Ausfahren von Prospekten und Zeitungen befasst. Mit Schreiben vom 07.04.2008 sprach der Beklagte die fristlose hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Von einer weitergehenden wiederholenden Darstellung des unstreitigen Sachverhaltes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Hier wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 03.02.2009 - 3 Ca 770/08 - (Bl. 194-199 d. A.). Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung hilfsweise ordentliche Kündigung vom 07.04.2008 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht zu unveränderten Bedingungen. 2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern fortbesteht. 3. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits zu den bisherigen Arbeits- und Vertragsbedingungen als Fahrerin weiter zu beschäftigen. 4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 210,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen ab 01.03.2008 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. 5. Der Beklagte wird verurteilt, die monatlichen Abrechnungen vorzulegen betreffend die Klägerin vorläufig für die Monate Oktober, November und Dezember 2007 und Januar, Februar, März, April und Mai 2008. 6. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.000,00 EUR zu zahlen nebst Zinsen hieraus 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz ab 01.01.2008. Der Beklagte hat

Klageabweisung

beantragt. Das Arbeitsgericht hat mit dem vorerwähnten Urteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 07.04.2008 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.07.2008 fortbestanden hat und - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - die weitergehende Klage auf Zahlung abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,

der Kammer sei nicht deutlich geworden, in welchem Umfang Arbeitspflichten der Klägerin bestanden hätten. Umfang und Inhalt der Arbeitsleistung sei im Arbeitsvertrag nicht bestimmt. Auf welche Weise betriebliche Zuweisungen in welcher Frist erfolgt seien und ob diese konkret für die streitgegenständlichen Zeiten bestanden hätten, sei nicht dargelegt. Die Klägerin habe durch ihr Erscheinen in der Nacht zur Übernahme der Freitagstour ihre Arbeitswilligkeit untermauert. Dass diese unverrichteter Dinge wieder gegangen sei, nachdem sie bemerkt habe, dass ein Ersatzfahrer vor Ort bereitgestanden habe, stelle keine beharrliche Arbeitsverweigerung dar. Insoweit hätte eine Abmahnung in Betracht gezogen werden müssen. Zahlungsansprüche seien nicht schlüssig dargelegt. Die Forderung in Höhe von 210,-- € für Oktober 2007 bis Februar 2008 sei selbst unter Berücksichtigung der außergerichtlichen Korrespondenz nicht begründet, der Antrag auf Zahlung von 5.000,-- € sei ebenfalls nicht schlüssig begründet worden. Die Klägerin benenne für einen nicht näher bezeichneten Zeitraum von mehreren Monaten irgendwann nach dem 04.07.2006 oder 30.06.2006 mehrere Touren und setze Zahlungsansprüche gegenüber. Hierbei handele es sich um vage Angaben. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf das angefochtene Urteil (Seite 7-16 = Bl. 199-208 d. A.) Bezug genommen. Gegen das den Parteien am 19.02.2009 zugestellte Urteil richten sich die von der Beklagten am 10.03.2009 und von der Klägerin am 18.03.2009 eingelegte Berufungen, welche innerhalb der laufenden Berufungsbegründungsfristen begründet wurden. Die allein gegen die Feststellung der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung gerichtete Berufung des Beklagen beanstandet insbesondere, dass das Arbeitsgericht nicht die Verpflichtung der Klägerin zur Auslieferung ihrer Prospekttour für Freitag, den 04.04.2008 bis spätestens 19:00 Uhr berücksichtigt habe. Der Zeugin Z. sei es nicht gelungen, die Klägerin zu erreichen. Die Touren seien fest vereinbart gewesen. Hiervon sei die nächtliche Freitagstour zu unterscheiden. Der Zeuge A. sei nicht als Ersatzfahrer für die Tour am 05.04.2008 um 01:00 Uhr eingesetzt gewesen. Dieser habe dies auch der Klägerin gegenüber nicht erklärt. Eine Freistellung sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Der Beklagte beantragt insoweit,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 03.02.2009 - 3 Ca 770/08 - wird in Ziffer 1 abgeändert. Die Klage der Klägerin wird abgewiesen. Die Klägerin, die Zurückweisung der Berufung beantragt, erwidert, die Zeugin Z. sei am 16.03.2008 in C-Stadt erschienen und habe ihr den Busschlüssel sowie die Tankkarte abgenommen. Ein Anruf aus dem Büro des Prozessbevollmächtigten durch sie - die Klägerin - am 20.03.2008 um 08:30 Uhr sei ohne Erfolg geblieben. Sie habe zu keinem Zeitpunkt unentschuldigt gefehlt. Die Berufung der Klägerin, die sich gegen die Abweisung ihrer verfolgten Zahlungsansprüche wendet, führt aus, der Beklagte habe sie - die Klägerin - für einen von dieser verursachten Schaden Mehrarbeit in Höhe von 5.000,-- -€ verrichten lassen. Das Gericht habe die entsprechenden Zeugen nicht gehört (Beweis: Zeugnis X.). Der Beklagte habe erklärt: "Nun hast Du den Betrag von 5.000,-- € abgearbeitet". Der Beklagte sei nicht nur mit der Klägerin, sondern auch mit den anderen Arbeitnehmern nach Gutsherrenart umgesprungen. Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 02.03.2009 - 3 Ca 770/08 - den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 210,-- € zu zahlen nebst Zinsen hieraus ab 01.03.2008 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und weiter, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.000,-- € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.07.2008. Der Beklagte beantragt,

die Zurückweisung der Berufung der Klägerin. Er führt aus, die Klägerin habe keine konkreten Verteidigungsmittel vorgetragen, sondern auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen. Weiteres Vorbringen sei zurückzuweisen, da der Klägerin mit Beschluss vom 25.09.2008 aufgegeben gewesen sei, die Zahlungsforderungen zu begründen. In der Nichtanhörung der Zeugen läge kein Verfahrensfehler. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der jeweiligen Berufungsbegründungen wird auf die Schriftsätze des Beklagten vom 16.04.2009 (Bl. 239-246 d. A.) und der Klägerin vom 20.04.2009 (Bl. 250-252 d. A.) sowie die weiteren Schriftsätze des Beklagten vom 14.05.2009 (Bl. 267-281 d. A.) und der Klägerin vom 29.06.2009 (Bl. 287-290 d. A.) sowie auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 03.07.2009 Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaften Berufungen sind sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO). II. Die hiernach insgesamt zulässigen Rechtsmittel haben in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat - soweit die Angriffe der Berufungen reichen - zu Recht darauf erkannt, dass das zwischen den Parteien bestandene Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 07.04.2008 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.07.2008 fortbestanden hat und der Klägerin keine Zahlungsansprüche gegen den Beklagten zustehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer gemäß § 540 Abs. 2 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht hier unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer weiteren Darstellung ab. III. Die Angriffe der Berufung des Beklagten geben lediglich zu folgenden Ergänzungen Anlass: Soweit zum Kündigungssachverhalt ausgeführt wird, die Klägerin sei verpflichtet gewesen, am Freitag, den 04.04.2008 ihre Prospekttour durchzuführen und aus diesem Unterlassen die Berechtigung für die fristlose Kündigung vom 07.04.2008 abgeleitet, kann dem nicht gefolgt werden. Die Sachlage ist nämlich nicht so, dass ein zu einer außerordentlichen Kündigung führender Vertragsbruch der Klägerin anzunehmen wäre (vgl. zum Arbeitsvertragsbruch: HWK-Sandmann, Arbeitsrechtskommentar 3. Auflage, § 626 BGB Rz. 167 m. w. N. auf BAG, Urteil vom 18.09.1991 - 5 AZR 650/90 = AP Nr. 14 zu § 339 BGB). Die Klägerin hat nämlich ohne qualifizierten Widerspruch des Beklagten vorgetragen, dass die im Auftrag des Beklagten handelnde Frau Z. am 16.03.2008 bei ihr erschienen und von dieser die Herausgabe des Busschlüssels und der Tankkarte verlangt habe. Ein Anruf der Klägerin am 20.03.2008 aus der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten zur Klärung ihrer künftigen Fahrtätigkeit habe nicht zum Erfolg geführt. Der angekündigte Rückruf des Beklagten sei nicht erfolgt. Damit ergibt sich kein ausreichender, die ausgesprochene außerordentliche Kündigung rechtfertigender, Sachverhalt. Daran ändert auch die Behauptung der festen Vereinbarung der Touren nichts, da ein Vortrag dazu, wann der Klägerin die Busschlüssel und Tankkarte wieder zur Verfügung standen, um ihre Tätigkeit als Fahrerin durchzuführen zu können, nicht in zivilprozessual ausreichender Form erfolgt ist. Insoweit durfte die angebotene Zeugin Z. aus Gründen des Verbotes der Ausforschung nicht vernommen werden. Zu den Feststellungen des Arbeitsgerichts zur Arbeitswilligkeit der Klägerin für die Tour am 05.04.2008 um 01:00 Uhr fehlt es an ausreichenden Angriffen der Berufung. Im Übrigen sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts, wonach angesichts der unklaren Einsatzsituation für die Klägerin eine Abmahnung in Betracht zu ziehen gewesen wäre, nicht zu beanstanden (vgl. zum Abmahnungserfordernis und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip: Müller-Glöge, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 9. Auflage BGB 230, § 626 Rz. 25). IV. Soweit die Berufung der Klägerin die Aberkennung der geltend gemachten Zahlung von 5.000,-- € mit der Begründung beanstandet, dass der Beklagte die Klägerin für einen von dieser verursachten Schaden Mehrarbeit habe verrichten lassen, liegen auch nach dem Stand des Berufungsverfahrens keine zivilprozessual ausreichenden Tatsachen zur Lage, zum Umfang und zur Notwendigkeit von Mehrarbeit vor (vgl. HWK-Thüsing, a. a. O., § 611 BGB Rz. 138 m. w. N. auf BAG, Urteil vom 25.11.1993 - 2 AZR 517/93 = BAGE 75, 153, vom 03.11.2004 - 5 AZR 648/03 -, vom 25.05.2005 - 5 AZR 319/04 -). Bei dem von der Klägerin verfolgten Anspruch handelt es sich nämlich von der Rechtsqualität her um einen solchen für behauptete Mehrarbeit, der nach dem Stand der Rechtsprechung der umfassenden Darlegung bedarf. Insoweit kommt es auf die Beanstandung der Berufung, das Arbeitsgericht habe die entsprechenden Zeugen nicht gehört, nicht entscheidend an. Dies wäre zivilprozessual unzulässige Ausforschung (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 24. Auflage vor § 284 ZPO Rz. 5). Weitergehende substantielle Angriffe gegen die Abweisung des zusätzlich geforderten Zahlungsbetrages in Höhe von 210,-- € liegen nicht vor. V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. VI. Von der Zulassung der Revision wurde mangels grundsätzlicher Bedeutung abgesehen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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