Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.07.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 182/06
Rechtsgebiete: ZPO, GmbHG


Vorschriften:

ZPO § 308
GmbHG § 11 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 182/06

Entscheidung vom 20.07.2006

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern T. - vom 30.11.2005 - Az: 4 Ca 27/05 - abgeändert und die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Klage, welche am 13.01.2005 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, hat der Kläger gegen die nunmehrige Beklagte zu 1) eine Klage auf Zahlung von rückständigem Lohn und Spesen, eine Entfernungsklage wegen einer Abmahnung vom 03.12.2004 und eine Klage auf Unterlassung von Behauptungen erhoben. Diese Klage ist mit Schreiben vom 15.02.2005 um die Vergütung für Januar 2005 erweitert worden, welche mit Schreiben vom 29.04.2005 teilweise zurückgenommen und auf die Beklagte zu 2) in diesem Umfang erweitert worden ist.

Im Termin vom 30.11.2005 hat die Klägerseite den neu gefassten Klageantrag gegen die Beklagte zu 2) gestellt, welcher im Wesentlichen damit begründet worden war, dass die Beklagte zu 1), KTL Z. Ltd. in X. W., 01010 V. (England) gegründet worden sei und eine Betriebsstätte in T. unterhalte, in der der Gesamtgeschäftsbetrieb abgewickelt werde.

Aus der Gewerbeanmeldung vom 27.03.2003 - Stadtverwaltung T. - ergebe sich, dass Frau E., U. Straße 29, T., Inhaberin der Beklagten zu 1) sei.

Da nicht klar sei, wer Arbeitgeber des Klägers sei, müsse neben der verklagten KTL Z. Ltd. auch deren Inhaberin, E., verklagt werden.

Die Beklagte zu 1) habe außergerichtlich Klageforderungen anerkannt und zwar:

a) restlicher Vergütungsbetrag Oktober 2004 230,40 € netto

b) Spesen November 2004: 390,00 € netto

c) Spesen Dezember 2004: 96,00 € netto

Darüber hinaus seien die Beklagten verpflichtet, die Löhne für November und Dezember 2004 in Höhe von je 1.440,-- € netto zu zahlen, was insgesamt den Klagebetrag von 3.596,40 € netto ausmache, der seit 13.01.2005 in gesetzlicher Höhe zu verzinsen sei.

Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis zum 18.01.2005 selbst aufgekündigt, so dass noch der anteilige Lohn für Januar 2005 in Höhe von 1.051,80 € brutto nebst der geforderten Verzinsung offen stünde.

Der Kläger hat beantragt, (laut Niederschrift im Sitzungsprotokoll vom 30.11.2005)

1. die Beklagte zu 2) wird als Gesamtschuldnerin verurteilt, an den Kläger 3.596,40 € netto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2005 zu zahlen,

2. die Beklagte zu 2) wird als Gesamtschuldnerin verurteilt, an den Kläger 1.051,80 € brutto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung zu zahlen,

3. die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte zu 2) hat beantragt,

die Klage deshalb abzuweisen, weil sie nicht passiv legitimiert sei.

Das Arbeitsgericht hat durch das angefochtene Teilurteil vom 30.11.2005 der Klage gegen die Beklagte zu 2) bezüglich der geltend gemachten Forderung entsprochen, wobei zwischen Netto- und Bruttobeträgen, die Gegenstand des gestellten Klageantrags vom 29.04.2005 gewesen sind, eine Unterscheidung nicht gemacht wurden und hat die Beklagte zu 2) verurteilt, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Die Begründung des Arbeitsgerichts lautet zusammengefasst, dass die Beklagte zu 2) deshalb legitimiert sei, weil sie Direktor einer Firma sei, die ausschließlich in Deutschland am Betriebssitz in T. gehandelt habe und diese Firma nicht mehr existent sei.

Die Abmahnung sei zu entfernen, da sie weder eine Hinweis- noch eine Warnfunktion enthalte.

Im Übrigen sei die Klage deshalb abzuweisen, weil der Kläger nicht dargelegt habe, dass die Beklagte zu 2) behauptet habe, er habe Herrn Horst E. erpressen wollen.

Nach Zustellung des Urteils an die Beklagte zu 2) am 31.01.2006 ist Berufung am 23.02.2006 eingelegt und am 22.03.2006 im Wesentlichen damit begründet worden, dass die Beklagte zu 2) nicht Inhaberin der Beklagten zu 1) sei, die ordnungsgemäß angemeldet gewesen sei und sich um eine der GmbH vergleichbare Rechtsperson handele, was sich auch aus dem Formular ergebe, wo in Feld Nr. 3 der Geschäftsführer anzugeben sei, was auch erfolgte.

Weshalb die Beklagte zu 2) deshalb haften solle, weil sie Direktor sei, sei nicht ersichtlich, zumal die Beklagte zu 2) als Geschäftsführerin der Beklagten zu 1) tätig gewesen und die Voraussetzung einer persönlichen Haftung seitens des Klägers nicht dargelegt sei.

Die Beklagte zu 2) könne auch mangels Arbeitgebereigenschaft nicht verpflichtet sein, eine Abmahnung, wobei fraglich sei, ob das Schreiben vom 03.12.2004 eine Abmahnung darstelle, zu entfernen.

Die Beklagte zu 2) beantragt,

das Teilurteil vom 30.11.2005, Az: 4 Ca 27/05, zugestellt am 31.01.2006, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Antrag wird im Wesentlichen damit begründet, die Behauptung der Beklagten zu 2), die Beklagte zu 1) sei eine mit einer deutschen GmbH vergleichbaren Rechtspersönlichkeit sei nicht zutreffend, da eine Firma KTL Z. Ltd. in England nie existent gewesen sei.

Da der komplette Geschäftsbetrieb in T. abgewickelt worden sei und ein Geschäftsbetrieb in England nie bestanden habe, sei zwingend von einer Haftung für die Vergütungsansprüche des Klägers neben der Beklagten zu 1) auch von der der Beklagten zu 2) auszugehen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze, die im Berufungsverfahren nebst deren Anlagen zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, da innerhalb der gesetzlichen Fristen form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Berufung ist auch insgesamt erfolgreich, weil das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Beklagte zu 2) auf die Zahlung der geltend gemachten Bezüge haftet und verpflichtet ist, das Abmahnschreiben vom 03.12.2004 zu entfernen.

Die Berufung ist erfolgreich, soweit die Beklagte zu 2) verurteilt wurde, die Abmahnung vom 03.12.2004 aus der Personalakte zu entfernen, weil dieser Antrag in dem gestellten Antrag, welcher im Schreiben vom 29.04.2005 angekündigt und laut Sitzungsprotokoll (Bl. 55 d. A.) vom 30.11.2005 auch so gestellt wurde, nicht enthalten ist. Ausweislich des Schreibens vom 29.04.2005 ist dieser Antrag ebenso wie der Antrag zu 3) wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Eigenkündigung des Klägers nicht mehr weiter verfolgt worden. Dieser Teil des Teilurteils gegen die Beklagte zu 2) ist deswegen bereits abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, § 308 ZPO.

Das Teilurteil ist auch in Ziffer 1 der Verurteilung abzuändern und die Klage deshalb abzuweisen, wobei dahin gestellt bleiben kann, ob das Arbeitsgericht in zulässigerweise die Beträge in Ziffer 1 und Ziffer 2 des neu gefassten Antrages vom 29.04.2005 zusammenfasst, weil es sich hierbei um Netto- und Bruttobeträge handelt, weil die Beklagte zu 2) nicht die Zahlung schuldet. Die Kammer lässt zudem dahin gestellt, ob es zulässig ist, wenn eine Verurteilung unter dem Gesamtschuldnervorbehalt, wie im vorerwähnten Klageantrag ankündigt, erfolgen soll, eine Verurteilung ohne diesen Vorbehalt zulässig ist, weil die Beklagte zu 2) als Schuldnerin dieser Bezüge nicht in Betracht kommt.

Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um eine Gesellschaft nach englischem Recht, weswegen nach den Entscheidungen des EuGH (Überseering und Inspire-Art) grundsätzlich das englische Recht anzuwenden ist. Der EuGH hat die Anwendung nationalen Rechts in Ausnahmefällen zugelassen, nämlich dann, wenn ein konkreter Missbrauch der Niederlassungsfreiheit vorliegt. Die Beklagte zu 1) ist ordnungsgemäß in England gegründet worden und hat eine Zweigniederlassung in Deutschland gegründet und dies auch ordnungsgemäß eintragen lassen. Auch wenn es sich bei dieser Zweigniederlassung in T. um die Hauptniederlassung gehandelt haben sollte, weil in England bis auf die Registrierung keinerlei tatsächlichen Tätigkeiten entfaltet wurden und dort allenfalls ein Registeroffice unterhalten wurde, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es sich hier um eine wirksame als Private L C gegründete und damit nach englischem Recht rechtsfähige Gesellschaft handelt. Daraus folgt zugleich, dass deren Personalstatut auch in Bezug auf die Haftung für in ihrem Namen gegründete rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten einschließlich der Frage nach einer etwaigen diesbezüglichen persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter oder Geschäftsführer gegenüber den Gläubigern, hier des Klägers maßgeblich ist. Aus diesem Grunde scheidet im vorliegenden Falle die Haftung der Beklagten zu 2) analog § 11 Abs. 2 GmbHG für die von ihr als Geschäftsführer, und nicht als Inhaberin, wie der Kläger ausführt, was sich auch aus dem Anmeldeformular (Bl. 36 d. A.) bei näherem Hinsehen ergibt, weil dort nämlich unter Ziffer 3 bis Ziffer 9 bei juristischen Personen die gesetzlichen Vertreter angegeben sind, rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeiten, wie dem Eingehen eines Arbeitsvertrages, ausscheidet.

Nach dem für das Personalstatut diese Private L C maßgeblichen englischen Recht haftet deren Geschäftsführer als Leitungsorgan wie im deutschen GmbH Recht grundsätzlich nicht persönlich für Gesellschaftsverbindlichkeiten.

Es kommt zwar auch im englischen Recht eine Durchgriffshaftung in Frage. Diesem Rechtsgedanken braucht die Kammer deshalb nicht nachzugehen, weil der Kläger die Voraussetzung nicht dargelegt hat, die zu einer derartigen Rechtsfolge Veranlassung geben könnten, wobei dieser Tatsachenvortrag unter Beachtung der Vorschriften für die englische L zu erfolgen hätte.

Für die Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht fehlt es an der gesetzlich begründbaren Voraussetzung angesichts der gesetzlichen Vorgaben in §§ 72 Abs. 2 ArbGG.

Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass er die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde nach § 72 a ArbGG angreifen kann.

Ende der Entscheidung

Zurück