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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.11.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 352/08
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 311 Abs. 1
BGB § 766
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 7.5.2008 - 1 Ca 137/08 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des persönlich in Anspruch genommenen Beklagten, Versicherungsprämien für einen zugunsten des Klägers abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag abzuführen. Der Kläger wurde seit 01. März 2000 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages bei der Firma A. & Sohn GmbH in St. Julian, deren Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der Beklagte war, beschäftigt. Der vom Beklagten unterzeichnete Arbeitsvertrag für Angestellte hat auszugsweise folgenden Inhalt: Vorbemerkung:

Die Geschäftsleitung der Firma A. & S GmbH, sind vor Abschluss dieses Arbeitsvertrages nachfolgend aufgeführte Details über Herrn C. bekannt: 1. Herr C. ist Geschäftsführer der B+F Hausbau GmbH, Industriestraße 23, B-Stadt und hält 50 % Geschäftsanteile. Aufgabe des Unternehmens ist die Erstellung schlüsselfertiger oder teilausgebauter Massiv- bzw. Fertighäuser incl. Planung und Bauleitung sowie An- und Verkauf von Bauland und Immobilien. 2. Herr C. ist Gesellschafter der B+F Holzbau GmbH, Industriestraße 23, B-Stadt und hält dort 50 % der Geschäftsanteile. Das Unternehmen führt konventionelle Zimmerer-, Dachdecker- und Bauspenglerarbeiten aus. Die Planung und Erstellung von teil- oder schlüsselfertigen Fertighäusern gehört ebenfalls z deren Produktpalette. 3. Herr C. ist Mitgesellschafter der V+F Immobilien GmbH, Industriestraße 23, B-Stadt und hält dort 25 % der Geschäftsanteile. Das Unternehmen ist eine Vertriebsgesellschaft mit dem Aufgabenbereich von An- und Verkauf von Grundstücken und Immobilien. 4. Herr C. ist Mitgesellschafter der Firma HFM, Projekt-Entwicklungs-Managment GmbH, Trierer Straße 44, B-Stadt. Seine Anteile werden dort treuhänderisch von dem Mitgesellschafter Herrn A., St. Julian laut Notarvertrag Prof. Zr Homburg/Saar gehalten.

Der Aufgabenbereich des Unternehmens ist identisch dem der Firma B+F Hausbau GmbH. Mit Antritt des Arbeitsvertrages wird Herr C. seine noch bestehende Verpflichtung aus der Geschäftsführertätigkeit bei der Firma B+F Hausbau mit Abschluss der noch laufenden Geschäfte aufkündigen. Verpflichtungen und andere Arbeitsverträge zu den voraufgeführten Unternehmen, in denen Herr C. Geschäftsanteile hält, bestehen nicht. Die Unternehmen werden durch eingesetzte Geschäftsführer vertreten.

Herrn C. ist es jedoch erlaubt und freigestellt, in beratender und unterstützender Funktion die vorgenannten Unternehmen in seiner Freizeit zu unterstützen.

Dies vorausgeschickt, schließt die Firma A. & S GmbH, G, St. J (nachfolgend kurz AG = Arbeitgeber) und Herrn C., Z, geb. am 14. April 1956, P 5, C-Stadt (nachfolgend kurz AN = Arbeitnehmer) folgenden

........ § 6 Vergütung und Zuwendungen ..... Mit Beginn des Arbeitsvertrages schließt der AG eine private Lebensversicherung bei einer namhaften Versicherungsgruppe über die kürzeste Laufzeit von 12 Jahren zu Gunsten des AN ab. a) Versicherungsauszahlungssumme nach 12 Jahren Laufzeit (28. Febr. 2012) DM 250.000,00.

b) unwiderruflicher Begünstigter der AN, mit Angaben seiner persönlichen Daten im Versicherungsbrief. 100.000,- c) Risikoschutz in Höhe von DM 100.000,00 im Todesfall des AN. Der AG verpflichtet sich, diese Lebensversicherung, die in Anlage an diesen Arbeitsvertrag beigelegt wird, auch im Kündigungsfalle und Auflösung dieses Arbeitsvertrages durch den AG oder AN nach zwölfjähriger Laufzeit in voller und einmaliger Höhe an den AN auszuzahlen. Im Kündigungsfall können keine weiteren Abfindungsforderungen gestellt werden. Diese Lebensversicherung ist eine Abfindungsklausel, unabhängig über die Dauer des Arbeitsvertrages gleichzusetzen. Für diesen Teil des Arbeitsvertrages der Versicherungsklausel tritt der Geschäftsführer und Inhaber der Firma A. & S GmbH, Herr A., in die persönliche Erfüllung und Haftung. Zugunsten des Klägers wurde bei der A Lebensversicherung-AG eine Kapitallebensversicherung unter der Nr. 339629371 abgeschlossen mit einer jährlichen Prämie von 14.925,12 €, fällig zu Beginn eines jeden Kalenderjahres und als Gesamtbetrag zu überweisen auf das Konto bei der Al Lebensversicherungs-AG, Dresdner Bank Stuttgart Konto-Nr. 0000000000 BLZ: 000 000 00. Durch Beschluss des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 02. April 2007 wurde über das Vermögen der Firma A. & S GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Wegen der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 05.01.2007. Die bis einschließlich 31.12.2006 durch die Firma A. & S GmbH zugunsten des Klägers geleisteten Versicherungsprämien wurden ab Januar 2007 nicht mehr entrichtet. Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte aufgrund seines rechtsgeschäftlichen Schuldbeitritts für die von der Arbeitgeberin seit Januar 2007 nicht mehr erbrachten Versicherungsprämien in Höhe von insgesamt 29.850,24 € für die Jahre 2007 und 2008. Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, 29.850,24 EUR zu Gunsten des Klägers auf dessen Lebensversicherungsvertrag Nr. 339629371 bei der A Lebensversicherungs-AG, Postfach, 60257 Frankfurt, durch Überweisung auf das Konto der A Lebensversicherungs-AG, Dresdner Bank Stuttgart, Kto.-Nr. 0000000000 (BLZ 000 000 00) zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert,

seine persönliche Haftung sei ausgeschlossen, weil er den Arbeitsvertrag mit dem Kläger nur in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma A. & S GmbH, unterschrieben habe. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat durch Urteil vom 07. Mai 2008 - 1 Ca 137/08 der Klage auf Zahlung von Versicherungsprämien an die A Lebensversicherungs-AG stattgegeben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,

der Beklagte sei aufgrund § 6 Abs. 5 Arbeitsvertrag persönlich verpflichtet, die Versicherungsprämien für den zugunsten des Klägers abgeschlossenen Kapitallebensversicherungsvertrag zu bezahlen. Er habe zugleich in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Arbeitgeberin mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er für diesen Teil des Arbeitsvertrages in die persönliche Haftung und Erfüllung trete. Ein Vorbehalt lasse sich dem Vertragswerk nicht entnehmen, wonach der Beklagte die entsprechende Vereinbarung nur als Geschäftsführer der Arbeitgeberin unterzeichnet habe. Gegen das der Beklagten am 29.05.2008 zugestellte Urteil richtet sich deren am 24.06.2008 eingelegte Berufung mit gleichzeitiger Begründung. Der Beklagte bringt zweitinstanzlich weiter vor,

das Arbeitsgericht habe verkannt, dass ungeachtet der fehlenden Unterschrift des Beklagten im eigenen Namen die streitgegenständliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Firma A. & S GmbH sittenwidrig und nichtig sei. Der in Rede stehende Arbeitsvertrag sei vom Kläger selbst entworfen (Beweis: Zeugnis Manuel A.). Es läge ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, wenn ein Vertragspartner, der Kläger, sich die Möglichkeit offen hielte, durch eine eigene Kündigung sein Arbeitsverhältnis zu beenden, in diesem Falle aber den Arbeitgeber weiter verpflichtet sein zu lassen, in eine Lebensversicherung des Arbeitnehmers einzuzahlen, bis diesem hieraus ein Anspruch auf 250.000,-- DM zustünde. Die arbeitsvertragliche Klausel sei auch nicht eindeutig. Richtigerweise sei diese als Bürgschaft und nicht als Schuldbeitritt auszulegen. An der entsprechenden Schriftform gemäß § 766 BGB fehle es; ebenfalls an einer eigenen schriftlichen Verpflichtungserklärung des Beklagten als Bürge. Eine Bürgschaft wäre auch aufgrund krasser wirtschaftlicher Überforderung des Bürgen sittenwidrig und nichtig. Der Beklagte sei nicht in der Lage, aus seinem Einkommen und seinem Vermögen einen Betrag in Höhe von 1.243,76 € monatlich aus seinem Nettoeinkommen oder seinem Vermögen aufzubringen. Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt

Zurückweisung der Berufung und erwidert unter Übernahme der Auffassung des Arbeitsgerichts, es läge kein Unterschieben eines Arbeitsvertrages vor. Die strittige Klausel sei vom Beklagten höchstpersönlich vorgeschlagen worden. Bei diesem läge auch keine Unerfahrenheit in geschäftlichen Dingen vor, da der seit Jahrzehnten das Geschäft mit Holz-, Kunststoff- und Aluminiumfenstern, Türen und Bauelementen mit zeitweise dreistelliger Mitarbeiterzahl betreibe. Er sei mit allen Wassern gewaschen und habe mehrfache Liquidationen und Neugründungen hinter sich. Er -der Kläger - habe eine selbständige Tätigkeit aufgebaut und sei zu deren Aufgabe bewegt worden. Bei der arbeitsvertraglichen Klausel handelt es sich um eine Abfindungsregelung in Form einer Lebensversicherung. Dieser Charakter spiegele sich in der handschriftlichen Ergänzung des Arbeitsvertrages wider. Der Vertrag sei auch nicht sittenwidrig. Insoweit müsse auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäftes abgestellt werden. Der Kläger habe sich im Übrigen grenzenlos loyal gezeigt, auf Gehaltsbestandteile und ein Firmenfahrzeug verzichtet. Im Übrigen sei von einem Schuldbeitritt und nicht von einer Bürgschaft auszugehen. Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 24.06.2008 (Bl. 42-49 d. A.) und den weiteren Schriftsatz vom 13.08.2008 (Bl. 88-94 d. A.), hinsichtlich der Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz des Klägers vom 28.07.2008 (Bl. 77-83 d. A.) Bezug genommen; zugleich wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 21.11.2008 verwiesen. Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung des Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Es ist gemäß § 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden und damit zulässig. II. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat in dem angefochtenen Urteil vom 07. Mai 2008 - 1 Ca 137/08 - zutreffend erkannt, dass der Beklagte 29.850,24 € zugunsten des Klägers auf dessen Lebensversicherungsvertrag bei der A Lebensversicherungs-AG zu zahlen hat. Die Berufungskammer nimmt gemäß § 540 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG auf den diesbezüglich begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer wiederholenden Darstellung ab. III. Die Angriffe der Berufung unter Berücksichtigung der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer geben zu folgenden Ergänzungen Anlass: 1. Soweit auf die Sittenwidrigkeit der Lebensversicherungsklausel in § 6 Ziffer 5 des Arbeitsvertrages abgehoben wird, bleibt es bei den Feststellungen der Kammer in dem die Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss vom 06.08.2008 (Bl. 84 ff d. A.). Hierauf wird zunächst Bezug genommen. Aus der tatbestandlich wiedergegebenen Vorbemerkung des abgeschlossenen Arbeitsvertrages, wo insbesondere die Aufkündigung der Geschäftsführertätigkeit des Klägers bei der Firma B+F Hausbau sowie dessen gesellschaftsrechtliche Stellung bei verschiedenen Firmen - + Holzbau GmbH, + Immobilien GmbH, H, P-E-M GmbH - wird der Vortrag des Klägers verdeutlicht, dass die unter § 6 Ziffer 5 des Arbeitsvertrages "versprochene" Lebensversicherung als Kompensationsgeschäft für die Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit zu werten ist. Wenn - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - vor Abschluss des Arbeitsvertrages in diesem Zusammenhang über das Lebensversicherungsmodell gesprochen wurde, lag ein hinreichendes Bewusstsein für die sich aus der Vertragsbeziehung ergebenden Konsequenzen vor. Die ebenfalls in der mündlichen Verhandlung angesprochene Möglichkeit, den Arbeitsvertrag am ersten Tag zu kündigen und damit eine Auszahlungspflicht der Lebensversicherung zu erreichen, ist theoretischer Natur und führt nicht zur Sittenwidrigkeit der Vereinbarung. Dies gilt um so mehr, als der Arbeitsvertrag bereits seit mehreren Jahren - seit 01. März 2000 - durchgeführt wurde und letztlich ein in der Spähre der GmbH liegender Umstand - nämlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 02. April 2007 - Ursache für die Nichtzahlung der Prämien war und nicht die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses durch den Kläger. 2. Für die Berufungskammer bestehen auch keine rechtlichen Zweifel, dass der in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Zusatz in § 6 Ziffer 5 letzter Satz - " für diesen Teil des Arbeitsvertrages der Versicherungsklausel tritt der Geschäftsführer und Inhaber der Firma A. & S GmbH, Herr A., in die persönliche Erfüllung und Haftung" - als Schuldbeitritt und - insoweit entgegen der Ansicht der Berufung - nicht als Bürgschaft auszulegen ist. Der Wortlaut der Klausel ergibt deutlich, dass der Beklagte persönlich die Erfüllung und Haftung übernehmen wollte und damit eine sichernde Schuldmitübernahme vorliegt. Der Beklagte sollte als Mitübernehmer zusätzlich neben die Anstellungs-GmbH als Schuldnerin treten. Ein rechtsgeschäftlicher Schuldbeitritt ist gemäß § 311 Abs. 1 BGB möglich (vgl. PWW-Müller, BGB- Kommentar, 2. Auflage § 415 Rz. 12). Für eine angelehnte Schuld (Bürgschaft) - dies macht den Unterschied zwischen Bürgschaft und Schuldbeitritt aus (vgl. PWW-Brödermann, § 765 BGB Rz. 59 a. a. O., m. w. N. auf BGH NJW 2005, 973975) - bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Beklagte hat sich keine nachrangige Haftung vorbehalten. Eines Eingehens auf die von der Berufung als Fehlen beanstandenden Formerfordernisses für eine Bürgschaft bedarf es daher nicht. Im Übrigen deckt die Unterschrift des Beklagten unter den Arbeitsvertrag zugleich die schuldmitübernehmende Klausel ab. Eine doppelte Unterschrift ist nicht erforderlich, wenn der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers und der Schuldmitübernehmer identisch sind. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Von der Zulassung der Revision wurde mangels grundsätzlicher Bedeutung abgesehen, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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