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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.11.2004
Aktenzeichen: 6 Sa 615/04
Rechtsgebiete: LPersVG


Vorschriften:

LPersVG § 82 Abs. 4
LPersVG § 82 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 615/04

Verkündet am: 04.11.2004

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen/Rh. - AZ: 3 Ca 707/04 - vom 17.06.2004 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Kündigung der Beklagten vom 19.09.2004 das seit 05.12.1985 bestehende Beschäftigungsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos beendet hat.

Die Beklagte hat die außerordentliche Kündigung auf Verfehlungen des Klägers gestützt, der trotz bestehenden Fahrverbotes weiterhin seinen privaten Pkw gefahren und unter anderem auch dienstliche Termine damit wahrgenommen habe, dass der Kläger nebenberuflich mit dem Dienstwagen eines Kurierdienstes als Fahrer unterwegs gewesen sei, wobei diese Nebentätigkeit erst mit der Erklärung vom 05.02.2004 angezeigt worden sei.

Der Kläger habe für Herrn Z., der Arbeitsstunden aufgrund einer entsprechenden Auflage der Staatsanwaltschaft im Stadion, Stadionvorgelände und in der Leichtathletikhalle habe leisten müssen, nicht abgeleistete Stunden dokumentiert. Im Zusammenhang mit diesen Stunden sei es zu einem Vorfall mit Herrn Z. gekommen, der zu einer Anzeige geführt habe.

Der Kläger hat die Kündigung mit der Klage vom 04. März 2004 angegriffen und vorgebracht, dass die fristlose Kündigung deshalb unbegründet sei, weil keine Abmahnung erfolgt sei. Er habe eine Stellungnahme durch seine Anwältin mit Schreiben vom 15.02.2004 eingereicht, aus der sich ergebe, dass er von Herrn Z. erpresst und bedroht worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 19.02.2004 nicht beendet wird,

2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Platzwart weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass sie den Personalrat mit Schreiben vom 16.02.2004 über den Sachverhalt unterrichtet habe, woraufhin der Personalrat mit Schreiben vom 19.02.2004 der Kündigungsabsicht zugestimmt habe.

Das Arbeitsgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 17.06.2004 der Klage vollumfänglich stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Kündigung deshalb unwirksam sei, weil der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Da der Kläger in der Klageschrift die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats mit Nichtwissen bestritten habe, sei der Beklagten im Gütetermin aufgegeben worden, darzulegen, wann der Personalrat durch wen mit welchem Inhalt und Ergebnis vor Kündigungsausspruch angehört worden sei. Das Schreiben vom 16.02.2004 (Bl. 48 d. A.) verweise auf den Kündigungsschreibenentwurf, der diesem Schreiben beigelegt worden sei. Erst im Kammertermin am 17.06.2004 habe die Beklagte behauptet, dass die Stellungnahme des Klägers, wozu er mit Schreiben vom 10.02.2004 (Bl. 38 d. A.) bis zum 13.02.2004 aufgefordert war, sei am 16.02.2004 bei der Beklagten eingegangen und dem Personalrat noch nachgereicht worden. Das Arbeitsgericht hat sodann hieraus den Schluss gezogen, dass die Beklagte auf ihre Tatsachenbehauptung hin, die vom Kläger bestritten worden sei, hätte Beweis antreten müssen, was durch die Vorlage der Kopie des Anwaltsschreibens vom 15.02.2004 (Bl. 39-47 d. A.) und dem darauf kopierten Aktenvermerk nicht ordnungsgemäß erfolgt sei.

Da die Beklagte beweisfällig geblieben sei, sei der Kündigungsschutzklage und dem Weiterbeschäftigungsanspruch zu entsprechen.

Das Urteil ist der Beklagten am 19.07.2004 zugestellt worden, woraufhin am 29.07.2004 Berufung eingelegt wurde, die am 15.09.2004 im Wesentlichen damit begründet worden ist, dass die Stellungnahme des Klägers nach Ablauf der gesetzten Frist am 16.02.2004 um 16:17 Uhr bei der Beklagten eingegangen sei, nachdem ihr Anhörungsschreiben bereits an den Personalrat gegangen war. Um 16:17 Uhr habe bei der Beklagten niemand mehr das Schreiben zur Kenntnis nehmen können, so dass die Stellungnahme erst am 17.02.2004 verspätet eingegangen und für den Entschluss der Beklagten nicht mehr erheblich gewesen sei.

Herr Y. habe die Stellungnahme vom 15.02.2004 am 16.02.2004 pro Forma dennoch an den Personalrat weitergeleitet. Dieser Vorgang sei als Vermerk angebracht und auch der Gegenseite bekannt gewesen und erst im Kammertermin bestritten worden, so dass die Beklagte habe keinen Beweis mehr anbieten können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 17.06.2004 - AZ: 3 Ca 707/4 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit, dass die Beklagte, die mit Schreiben vom 10.02.2004 gesetzte Frist bis einschließlich Montag, den 16.02.2004 verlängert habe. Die Stellungnahme des Klägers sei am 16.02.2004 um 16:17 Uhr eingegangen, so dass sie deshalb rechtzeitig sei, weil bei der Fristsetzung keine Uhrzeit genannt worden sei und der 16.02.2004 um 24:00 Uhr ablaufe.

Mit der Aufforderung vom 10.02.2004 habe die Beklagte zu verstehen gegeben, dass der Entschluss, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen noch nicht gefallen sei und dies erst nach Prüfung der Stellungnahme des Klägers erfolgen solle.

Die Beklagte habe dem Personalrat nicht darüber informiert, dass sie ihren Kündigungsentschluss von weiteren Ermittlungen bzw. dem Inhalt der Stellungnahme des Klägers abhängig gemacht habe, was sie hätte jedoch mitteilen müssen.

Auch wenn die Stellungnahme des Klägers nach Einleitung des Anhörungsverfahrens an den Personalrat weitergeleitet sein sollte, so sei die Anhörung deshalb nicht ordnungsgemäß durchgeführt, weil für den Arbeitgeber bei der ergänzenden Unterrichtung keine Person gehandelt habe, die selbst kündigungsberechtigt oder vom Kündigungsberechtigten dazu autorisiert sei, dem Personalrat im Anhörungsverfahren Information zu geben. Herr Löschner, der die Stellungnahme des Klägers weitergeleitet haben soll, sei nicht kündigungsberechtigt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils sowie auf den Inhalt der Schriftsätze nebst deren Anlagen, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten, da innerhalb der Fristen formgerecht eingelegt, ist deshalb unbegründet, weil das Arbeitsgericht der Klage zu Recht stattgegeben hat. Die dem Kläger mit Schreiben vom 19.02.2004 erklärte Kündigung ist unwirksam, weil das Anhörungsverfahren gemäß § 82 Abs. 4, Abs. 3 Satz 2 LPersVG durchgeführt ist.

Die Beklagte hat ihre Entscheidung, ob sie zu der Kündigung schreiten will oder nicht, erkennbar in dem Schreiben an den Kläger vom 10.02.2004 von der Stellungnahme des Klägers abhängig gemacht. Ohne die Stellungnahme des Klägers jedoch zu berücksichtigen, weil unstreitig der Betriebsrat am 16.02.2004 bereits von der Kündigungsabsicht informiert wurde, und die Stellungnahme nicht vorgelegt worden ist, obwohl diese innerhalb der verlängerten Frist am 16.02.2004 bei der Beklagten vorgelegen hat. Die Stellungnahme ist unstreitig am 16.02.2004 um 16:17 Uhr eingegangen und von Herrn Löschner als Kopie unter dem gleichen Datum an den Betriebsrat zur Kenntnis gegeben worden.

Die Klägerseite weist zu Recht daraufhin, dass im laufenden Anhörungsverfahren dem Arbeitgeber die Möglichkeit gegeben ist, unzureichende Unterlagen oder Information nachzubessern. Dabei ist jedoch erforderlich, dass bei der ergänzenden Unterrichtung eine Person vom Arbeitgeber eingeschaltet wird, die selbst kündigungsberechtigt ist oder aber zur weiteren Information des Personalrates autorisiert ist. Herr Löschner ist nicht kündigungsberechtigt, wovon die Kammer mangels Bestreitens ausgeht, und auch erkennbar nicht zur Vornahme der nachträglichen Information autorisiert worden ist. Die Kammer folgt auch der Auffassung der Klägerseite, dass es einer weiteren Mitteilung der Beklagten an den Personalrat bedurfte, warum sie trotz der Stellungnahme des Klägers jetzt eine Kündigung für angebracht hält.

Da die Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung des Anhörungsverfahrens bezüglich des Personalrates unwirksam ist, besteht auch der vom Kläger verfolgte Weiterbeschäftigungsanspruch und die Berufung ist als nicht begründet mit der Kostenfolge der §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO zurückzuweisen.

Gegen diese Entscheidung ist die Revision an das Bundesarbeitsgericht deshalb nicht zugelassen, weil erkennbar die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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